Schonvermögen beim Elternunterhalt Dieses Vermögen bleibt unangetastet

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer mehr als 100.000 Euro im Jahr verdient und Eltern im Pflegeheim hat, die vom Staat Hilfe zur Pflege bekommen, muss sich an den Pflegekosten beteiligen.
  • Kannst Du mit Deinen Einkünften von über 100.000 Euro im Jahr den Elternunterhalt nicht zahlen, verlangt das Sozialamt von Dir, auch Dein Vermögen dafür zu verwenden.
  • Das sogenannte Schonvermögen bleibt aber unangetastet. Wohneigentum und ein Anteil der Rücklagen für die Altersvorsorge sind geschützt.

So gehst Du vor

  • Du solltest überprüfen, ob der Staat von Dir Elternunterhalt verlangen kann. Das ist nur dann der Fall, wenn Deine Gesamteinkünfte über 100.000 Euro im Jahr liegen. Weitere Infos dazu findest Du in unserem Ratgeber zum Elternunterhalt.
  • Verlangt das Sozialamt von Dir, auch Deine Rücklagen für den Elternunterhalt zu verwenden, solltest Du darauf hinweisen, dass ein Teil als Schonvermögen besonders geschützt ist.

Ein Platz in einem Pflegeheim ist teuer. Doch es kann schneller gehen als man denkt, dass der eigene Vater oder die Mutter nicht mehr allein zuhause leben kann. Die wenigsten Pflegebedürftigen können sich das Pflegeheim allein mit ihrer Rente leisten. Und irgendwann sind auch Rücklagen und Ersparnisse aufgebraucht. In diesem Fall übernimmt der Staat die Kosten mit der Hilfe zur Pflege. Was bedeutet das finanziell für Dich als Sohn oder Tochter? Wir erklären Dir, wann Du Elternunterhalt zahlen musst, ob es Freibeträge gibt und was es mit dem Schonvermögen auf sich hat.

Elternunterhalt und Schonvermögen?

Bis Ende 2019 war das Thema Schonvermögen beim Elternunterhalt sehr wichtig. Denn viele erwachsene Kinder mussten für die Pflege der Eltern zahlen. Dazu mussten sie sogar ihr eigenes Vermögen antasten.

Es gab keine pauschalen Vermögensfreibeträge im Gesetz. Vor diesem Hintergrund mussten die Gerichte in vielen Einzelfällen zum Elternunterhalt entscheiden, welches Vermögen vor dem Zugriff des Staats als Schonvermögen geschützt ist.

Seit 2020 gilt das Angehörigenentlastungsgesetz. Seitdem müssen sich nur noch erwachsene Kinder ab einem Brutto-Jahreseinkommen von über 100.000 Euro an den Pflegekosten beteiligen (§ 94 Abs. 1a SGB 12). Rund 90 Prozent der Kinder von pflegebedürftigen Eltern wurden laut Bundesarbeitsministerium damit finanziell entlastet: Sie müssen keinen Elternunterhalt zahlen, auch ihre Ersparnisse sind nicht in Gefahr.

Das Thema Schonvermögen betrifft Dich als erwachsenes Kind von pflegebedürftigen Eltern also nur unter drei Voraussetzungen:

  1. Dein Vater oder Deine Mutter ist im Pflegeheim. Das Sozialamt übernimmt einen Teil der Kosten als Hilfe zur Pflege, weil die Einkünfte Deiner Eltern nicht reichen und sie auch kein Vermögen haben oder das bereits aufgebraucht ist.
  2. Du überschreitest mit Deinem Gesamteinkommen die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro. Wie sich diese berechnet, kannst Du im Ratgeber zum Elternunterhalt nachlesen.
  3. Du hast zwar hohe Einkünfte, aber auch hohe Ausgaben. Deshalb kannst Du von Deinen Einkünften den Unterhalt für Deine Eltern nicht bezahlen. Ein möglicher Grund: Du gibst Dein Einkommen fast vollständig für Miete, Auto, Kinder, andere Unterhaltszahlungen oder Kreditraten aus.

Erst dann stellt sich die Frage, ob das Sozialamt von Dir verlangen kann, dass Du den Elternunterhalt aus Deinem Vermögen bezahlst, weil Deine hohen Einkünfte dazu nicht ausreichen.

Was gehört zum Schonvermögen?

Der Begriff Schonvermögen kommt aus dem Sozialrecht. Er wird aber auch im Unterhaltsrecht verwendet. Wenn etwas als Schonvermögen eingeordnet wird, dann musst Du diesen Anteil Deines Vermögens nicht für Unterhaltszahlungen verwenden. Der Staat verlangt nicht, dass Du es für die Zahlung von Elternunterhalt antastest – es wird geschont. Unter Vermögen kann man jedoch vieles verstehen. Wir haben Dir deshalb aufgelistet, was dazu gehört und in welchem Umfang.

Selbst genutzte Immobilie

Am besten geschützt ist das Vermögen, das Du in ein selbst genutztes Eigenheim oder eine selbst bewohnte Eigentumswohnung investiert hast (BGH, 07.08.2013, Az. XII ZB 269/12). Bei der Vermögensbewertung für den Elternunterhalt bleibt die Immobilie aber nicht völlig unberücksichtigt. Das würde zu einer Besserstellung von Immobilienvermögen führen. Wohnst Du in der eigenen Immobilie, werden die ersparten Mietkosten als zusätzliches Einkommen gewertet. Dabei ist nicht die maximal erzielbare Marktmiete bei Neuvermietung anzusetzen, sondern eine angemessene (BGH, 17.10.2012, Az. XII ZR 17/11). Darüber lässt sich streiten, im Zweifel holt das Gericht ein Sachverständigengutachten ein.

Wichtig: Das passiert allerdings erst, wenn Du die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro überschritten hast. Bei der Berechnung, ob Du die 100.000 Euro überschreitest, werden die ersparten Mietkosten nicht zum Gesamteinkommen hinzugezählt (§ 16 SGB IV).

Ist Deine Immobilie noch nicht abgezahlt, kannst Du Zins- und Tilgungsleistungen von den ersparten Mietkosten abziehen, obwohl sie eigentlich der Vermögensbildung dienen. Wer in einer noch nicht abgezahlten Immobilie wohnt, muss sich deshalb viel weniger als die ersparten Mietkosten anrechnen lassen.

Du kannst außerdem Rücklagen für Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten an einer selbst genutzten Immobilie bilden. Voraussetzung ist: Die Rücklagen sind sinnvoll und angemessen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem Fall einen Betrag von rund 160.000 Euro an Rücklagen für den Elternunterhalt nicht berücksichtigt (21.06.2012, Az. II-9 UF 190/11).

Rücklagen für ein neues Auto

Hast Du Geld auf einem Tages- oder Festgeldkonto für ein neues Auto zurückgelegt, musst Du diese Rücklagen nicht für den Elternunterhalt antasten. Dazu musst Du aber regelmäßig mit dem Auto zu Arbeit fahren. Das zuständige Sozialamt kann Dich nicht zwingen, einen Kredit für einen neuen Wagen aufzunehmen, weil das unwirtschaftlich wäre (BGH, 30.08.2006, Az. XII ZR 98/04).

Ersparnisse für die Altersvorsorge

Die Rechtsprechung gestattet es Dir, zur eigenen Alterssicherung Beträge zurückzulegen. Das können Beiträge zu einer Le­bens­ver­si­che­rung, eine Riester-Rente, Wertpapiere oder börsennotierte Indexfonds (ETFs) sein.

Für angemessen hält der Bundesgerichtshof (BGH) ein Altersvorsorgevermögen, das 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens entspricht, das sich mit jährlich 4 Prozent für jedes Deiner Berufsjahre verzinst (07.08.2013, Az. XII ZB 269/12).

Wie berechnet sich der Freibetrag für die Altersvorsorge?

Den Freibetrag für das Altersvorsorgevermögen kannst Du so berechnen (BGH, 30.08.2006, Az. XII ZR 98/04):

5 Prozent vom Jahresbruttoeinkommen x Anzahl der bereits geleisteten Berufsjahre

Diesen Eurobetrag für die zusätzliche Altersvorsorge verzinst Du mit 4 Prozent pro Jahr. So erhältst Du Deinen individuellen Freibetrag, der für Dich bis zum Renteneintritt gilt.

So hoch ist der Freibetrag

Jahresbruttoeinkommendavon
5 %
geleistete BerufsjahreVerzinsungFreibetrag
110.000 €5.500 €104 %68.675 €
120.000 €6.000 €124 %93.761 €

Quelle: Finanztip-Berechnung (Stand: Oktober 2023)

Wie Du Dein Altersvorsorgevermögen anlegst, spielt keine Rolle. Die Anlage auf einem einfachen Sparkonto gilt bereits als Altersvorsorge (OLG Düsseldorf, 21.06.2012, Az. II-9 UF 190/11). Davon rät Finanztip allerdings ab. Es gibt bessere Alternativen. Mehr dazu im Ratgeber zur Altersvorsorge.

Übersteigt Dein tatsächliches Altersvorsorgevermögen den Freibetrag, musst Du aus dem darüber hinausgehenden Teil Elternunterhalt zahlen.

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