Kostenvoranschlag bei Handwerkerleistung Kostenvoranschlag einholen vor Beauftragung eines Handwerkers
Finanztip-Expertin für Recht
Wer einen Handwerker beauftragt, hat in der Regel zwei Fragen: „Muss ich für den Kostenvoranschlag eines Handwerkers bezahlen?“ und „Um wieviel darf der Handwerker den Kostenvoranschlag überschreiten?“
Mit einem Kostenvoranschlag legt der Unternehmer den voraussichtlichen Umfang der Arbeiten und die dafür anfallende Vergütung fest. Gerade bei größeren Arbeiten werden häufig mehrere Kostenvoranschläge eingeholt. Das Gesetz spricht übrigens vom Kostenanschlag statt vom Kostenvoranschlag. Es ist aber dasselbe gemeint. Ein Kostenanschlag im Zweifel nicht zu vergüten (§ 632 Abs. 3 BGB). Der Handwerker hat nur dann einen Anspruch auf Bezahlung des erstellten Kostenanschlags, wenn er dies mit dem Verbraucher individuell vereinbart hat.
Der Handwerker kann auch nicht den Kunden im Werkvertrag pauschal auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweisen, in denen dann steht, dass schon der Kostenvoranschlag Geld kostet. Eine solche Klausel wäre unwirksam (OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. Dezember 2005, Az. 19 U 57/05).
Ausnahme: Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Kostenpflicht ist entbehrlich, wenn eine solche branchenüblich ist. Beispiel: Reparaturarbeiten im Elektrobereich und im Kfz-Wesen. Im Zweifel hat der Unternehmer nachzuweisen, dass für die Erstellung des Kostenvoranschlags eine Vergütung vereinbart wurde.
Um wieviel Prozent darf der Handwerker den Kostenvoranschlag überschreiten? Zunächst: Ein Kostenanschlag ist grundsätzlich unverbindlich, weil er damit die wahrscheinlichen Kosten nur ungefähr zusammengestellt hat. Bei einem unverbindlichen Kostenvoranschlag darf die Handwerkerrechnung höher ausfallen.
Dem sind jedoch Grenzen gesetzt. Wenn der Kostenvoranschlag „wesentlich überschritten“ wird, ist der Handwerker gesetzlich verpflichtet, den Besteller hierüber unverzüglich zu informieren (§ 649 Abs. 2 BGB). Unverzüglich heißt immer ohne schuldhaftes Zögern, also sobald wie möglich.
Als unwesentlich gilt nach der Rechtsprechung eine Überschreitung der Kosten von 10 bis 20 Prozent. In besonderen Ausnahmefällen wird von den Gerichten die Grenze manchmal bei 25 Prozent gezogen. Als Faustregel kann daher eine Grenze von 15 Prozent angenommen werden.
Eine unwesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags muss der Auftraggeber grundsätzlich zahlen. Bei einer wesentlichen Überschreitung kann der Besteller den Werkvertrag außerordentlich kündigen. Die Höhe des Zahlungsanspruchs des Handwerkers ist auch davon abhängig, ob von dem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht worden ist (§ 649 Abs. 1 BGB). Kündigt der Kunde den Auftrag, so steht dem Unternehmer nur der Teil der Vergütung zu, der den bereits geleisteten Arbeiten entspricht (§ 645 Abs. 1 BGB).
Beispiel: 70 Prozent der Leistungen wurden erbracht, so stehen dem Handwerker auch nur 70 Prozent der vereinbarten Vergütung zu. Wird der Werkauftrag hingegen nicht gekündigt, ist auch bei wesentlicher Überschreitung der Rechnungsbetrag zu zahlen.
Wenn der Handwerker den Auftraggeber nicht rechtzeitig über die wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags informiert, macht er sich schadensersatzpflichtig. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber so zu stellen ist, wie er bei rechtzeitiger Information durch den Handwerker stehen würde.
Ein Hausbesitzer hatte sich einen Kostenvoranschlag geben lassen und dann dem Handwerker einen Auftrag über Dacharbeiten erteilt. Die Handwerkerrechnung lag deutlich über dem vorher grob erstellten Kostenvoranschlag. Im Urteilsfall musste der Hausbesitzer die Rechnung trotzdem bezahlen (OLG Celle, Urteil vom 6. Juli 2000, Az. 22 U108/99). Nach Ansicht der Richter sei der Kostenvoranschlag nur als eine grobe Schätzung der Kosten anzusehen. So sei schon früh klar gewesen, dass die vereinbarte Summe überschritten wird. Trotzdem habe der Hausbesitzer die Arbeiten fortführen lassen, statt vom Auftrag an den Handwerker zurückzutreten.
Fazit: Ein Kostenvoranschlag ist kostenlos, falls der Handwerker mit dem Auftraggeber nichts anderes vereinbart hat. Erhält der Handwerker den Auftrag und zeigt sich im Laufe der Arbeiten, dass es wesentlich teurer wird (10 bis 20 Prozent), muss er den Besteller hiervon unverzüglich darüber informieren. Der Besteller kann dann außerordentlich kündigen oder den Mehrpreis akzeptieren.