
Eine kleine Revolution: Die Bankenaufsicht greift durch
Das hat es noch nicht gegeben. Die Bankenaufsicht Bafin weist alle Banken und Sparkassen an, endlich aufzuräumen mit rechtlich fragwürdigen Klauseln in Prämiensparverträgen. Darin haben viele Banken jahrelang die Zinsen nach Gutsherrenart festgelegt – und ihren Kunden zu wenig ausgezahlt. Nun müssen die Banken alle betroffenen Kunden von sich aus anschreiben und den Schaden beheben. Eine kleine Revolution.
Bisher lief das immer andersherum. Wenn Geldinstitute vor Gericht Prozesse wegen unrechtmäßiger Gebühren oder anderer Fehler verloren, dann stellten sie sich hinterher einfach tot. Von den Urteilen profitierten stets nur diejenigen, die das Recht bei ihrer Bank selbst einforderten. Alle anderen gingen leer aus.
Banken können Gerichtsurteile einfach aussitzen
Das war sogar dann so, wenn das höchste zuständige Gericht ein Urteil fällte – der Bundesgerichtshof. So lief es bei dessen Kreditgebühren-Urteil 2014; so lief es beim ersten Prämiensparen-Urteil 2004. Und so deutet es sich gerade wieder an beim Urteil von Ende April zu den Bankgebühren.
Dieses betrifft fast jeden (wir berichteten). Der Tenor: Wenn Kunden auf eine Änderung der Geschäftsbedingungen nicht antworten, dürfen Banken das nicht einfach als stillschweigende Zustimmung werten.
Aber zahlen die Banken deshalb nun das zu viel kassierte Geld von sich aus zurück? Es sieht nicht so aus.
Auch die Musterklage hilft nicht allen
Dieses grundsätzliche Problem ist vor ein paar Jahren auch der Politik klargeworden. Deshalb wurde die Musterfeststellungsklage eingeführt, wo ein Verbraucherverband stellvertretend für viele Kunden klagt. Im Falle der Prämiensparverträge gibt es schon neun Musterklagen. Gegen die Saalesparkasse zum Beispiel klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband für rund 600 Kunden, die im Schnitt 4.800 Euro Zinsen nachfordern.
Nur neun Musterklagen bislang – aber geschätzte 250 Banken, die zu wenig Zinsen zahl(t)en.
Wirkt die Revolution?
Vielleicht musst Du ja doch nicht klagen. Wenn sich nämlich die Saalesparkasse und die anderen Banken an die Anweisung der Bankenaufsicht von dieser Woche halten. Allerdings ist das unsicher. Denn auch gegen eine solche „Allgemeinverfügung“ der Bafin können sich die Banken vor Gericht wehren. Dann müsste die Revolution auf sich warten lassen.
Übrigens erwägt die Bankenaufsicht, auch im Fall des Bankgebühren-Urteils eine Allgemeinverfügung zu erlassen. Darauf solltest Du Dich aber nicht verlassen: Wir haben deshalb ein Musterschreiben aufgesetzt.
Bankgebühren: So kommst Du schneller zu Deinem Recht
Da die Banken bislang hinhaltend reagieren, haben wir nach einem Weg gesucht, mehr Druck zu machen. Wir stießen auf zwei empfehlenswerte Dienstleister: Gansel Rechtsanwälte* und Justify*. Die fordern zu viel gezahlte Bankgebühren für Dich ein, gegen ein faires Honorar – rund ein Viertel der eingeklagten Summe.
Wir halten Dich hier im Newsletter auf dem Laufenden, wie Du gegen Banken und andere Anbieter zu Deinem Recht kommst. Hilf uns bitte dabei und schicke uns per Mail eine Kopie (mit geschwärzten persönlichen Daten), falls Du wegen eines Prämiensparvertrages oder der Bankgebühren nun Post von Deiner Bank bekommst.
Matthias Urbach war von 2014 bis 2022 stellvertretender Chefredakteur von Finanztip. Als Diplomphysiker und Absolvent der Henri-Nannen-Schule kombiniert er analytisches und redaktionelles Know-how. Zuvor war er unter anderem als Verlagsdirektor beim SpringerNature-Wissenschaftsverlag und als Leiter von taz.de tätig.
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