Liebe Leserin, lieber Leser,
das ist erfreulich im Abgasskandal: Vor dem Landgericht Hamburg hat Anfang März unser Finanztip-Abonnent Horst Bartsch das bislang weitreichendste Urteil eines VW-Besitzers gegen einen Konzern-Autohändler erstritten. Bartsch soll nicht nur einen neuen VW Tiguan Diesel für seinen alten, 2015 gekauften Tiguan erhalten – obwohl VW den Wagen mit neuer Software nachgerüstet hat. Er soll auch keine Nutzungsentschädigung für das alte Auto zahlen müssen. Kleiner Wermutstropfen: Der Händler kann noch in Berufung gehen.
Bartsch war auf Volkswagen sauer. „Erst bekommen wir ein mangelhaftes Auto, dann bleibe ich auch nach der Nachrüstung auf Problemen wie höherem Spritverbrauch und Emissionen sitzen. Dann habe ich den Anwalt eingeschaltet“, sagt er. Geholfen hat ihm die Kanzlei Wietbrok Rechtsanwälte in Hamburg.
Das Urteil reiht sich ein in mehr als 2.400 Prozesse, mit denen VW-Kunden vor Landgerichten ihre Rechte geltend gemacht haben. Und in rund 30 Prozent der Fälle auch gewonnen haben, wie VW einräumt. Aber: Wenn der VW-Händler verliere, gehe man immer in Revision und „in der Regel wird dafür kein Druck“ auf die Händler ausgeübt, so das Unternehmen.
Die Auseinandersetzung gewinnt also an Schärfe. Dazu trägt auch bei, dass das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote in Städten ermöglicht hat. Mehr als 75 Prozent aller Fahrer erwarten seither, dass die Autokonzerne Diesel-Autos auf eigene Kosten neben der Software auch mit Hardware nachrüsten. Mehr als die Hälfte würden dafür auch vor Gericht ziehen.
Aber wie? Mit dem Mut machenden Beispiel unseres Lesers Horst Bartsch und mit Wissen – aus unserem Ratgeber! Wenn Sie rechtsschutzversichert sind, zahlt Ihre Versicherung wahrscheinlich die Kosten für Anwalt und Rechtsstreit.
Es gibt mehrere Strategien, die sich anbieten, um VW Paroli zu bieten.
- Erfolgreiche Kläger haben vor Gericht oft mit folgender Argumentation gesiegt: Wenn das Kraftfahrtbundesamt eine Nachrüstung fordert, sei der Mangel erheblich. Und wenn VW nicht erfolgreich nachrüstet, dürfe der Kunde sein Auto zurückgeben.
- Alternativ können Sie als Käufer den Kaufpreis deutlich mindern. Das sollten Sie dann auch tun. Statistiken von Autoportalen zeigen, dass der Wert gebrauchter Diesel-PKW durch die Mängel bei der Luftreinhaltung um Tausende Euro gefallen ist.
- Sogar eine Rückgabe des Autos wegen arglistiger Täuschung ist vor Gericht vielversprechend. Entsprechend hat das Landgericht München geurteilt, weil ein nachgerüsteter Seat deutlich mehr Sprit brauchte und deshalb höhere Emissionen als zugesichert herausblies.
- Wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, können Sie auch über die Anwaltskooperation vw-verhandlung.de* wenden. Oder mithilfe des Rechtsdienstleisters Myright* versuchen, über eine Sammelklage zu Ihrem Recht zu kommen. Ein Kostenrisiko haben Sie dort nicht. Im Erfolgsfall behalten die Dienstleister aber 29 Prozent (VW-Verhandlung) oder 35 Prozent (Myright) vom erstrittenen Ergebnis.
- Und wenn Sie Ihr Auto finanziert haben, womöglich bei der VW-Bank, haben Sie noch die Chance, den Kreditvertrag zu widerrufen, falls die Rücktrittsbelehrung fehlerhaft war. Gerade die Kreditverträge der VW-Bank sind nach Ansicht von Fachanwälten fehlerhaft.
Übrigens: Seit Dienstag scheint es, als ob auch mindestens 11.000 Käufer eines 5er- oder 7er-BMW gute Aussichten auf einen Erfolg beim Umtauschen haben könnten. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt wegen Schummel-Software, die in den Autos unbestritten eingebaut ist.
Ihr Hermann-Josef Tenhagen
und das gesamte Finanztip-Team
Als Chefredakteur verantwortet Hermann-Josef Tenhagen alle Inhalte und die grundsätzliche Ausrichtung von Finanztip. Er war 15 Jahre Chefredakteur bei der Zeitschrift Finanztest (Stiftung Warentest). Davor war er unter anderem Nachrichtenchef der Badischen Zeitung und stellvertretender Chefredakteur bei der taz. Er studierte Politik, Volkswirtschaft, Pädagogik und Literaturwissenschaften.
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Toll, „Herzlichen Glückwunsch“ Herr Hermann-Josef Tenhagen sowie Ihrem Team und meinem Ex-Shanty-Chorsänger Horst Bartsch!
Wie muss ich mich mit meinem 2013 gekauftem DB (200 CDI Blue Edition) verhalten)?
Habe aber keine Rechtsschutzversicherungen