Eurowings streicht viele Flüge
Bild: Typhoonski, iStock.com

Alles war wunderbar geplant: ein kleiner Urlaub auf Sylt und dann pünktlich zurück am Sonntagnachmittag nach München zur Hochzeitsfeier der besten Freunde. Dann kam die Benachrichtigung von Eurowings: Flug verschoben. Statt um 9:45 Uhr sollte der Flug erst um 13:10 Uhr starten. Statt direkt nach München sollte er einen Umweg über Düsseldorf machen. Reisedauer: vier statt eineinhalb Stunden. Auf den Versuch, den Flug per Mail zu stornieren, kam erst nach fünf Wochen eine Antwort. „Leider konnten wir Sie telefonisch nicht erreichen.“ Man solle doch zurückrufen.

Das ist kein Einzelfall: Derzeit streichen die Fluglinien in Deutschland Flüge wie die Weltmeister: Zwischen Januar und Juni waren es nach Zählungen von EUClaim* alleine 16.477 – und damit 70 Prozent mehr als im Vorjahr. Grund sind auch Unwetter und Streiks, aber ebenso Probleme bei den Airlines. Sie als Kunden werden dann auf andere Flüge geschoben. Das müssen Sie sich aber nicht unbedingt gefallen lassen.

Vor allem Kunden von Eurowings haben es schwer. Die Airline cancelte laut EUClaim allein im Juni 1.092 Flüge – zwölfmal so viele wie im Juni des Vorjahres. Das ist auch eine Folge der Probleme mit der Integration von Teilen von Air Berlin: Insgesamt 77 Flugzeuge und rund 3.000 Beschäftigte wurden übernommen. Erst Ende Juli sind vermutlich wieder alle Air-Berlin-Maschinen im Betrieb.

Stones-Konzert verpasst

Für die Reisenden kann das mehr als nur ärgerlich sein: Etwa für einen Rolling-Stones-Fan aus Düsseldorf, der Mitte Juni mit Eurowings nicht mehr rechtzeitig zum Konzert nach Berlin kam. Oft sind die Ersatzflüge schlechter, die Kunden hatten extra mehr gezahlt, um eine bessere Startzeit zu haben und müssen nun umsteigen – oder in aller Herrgottsfrühe aufbrechen. „Und der Mehrpreis, den die Urlauber bewusst ausgegeben haben, ist futsch“, berichtet Stefanie Deiters-Galiläa, Inhaberin vom Reisebüro Urlaubsoase. Die Reisebüros leiden offenbar so sehr unter den Protesten ihrer Kunden und der Umbuchungsarbeit, dass mehr als 150 Reisebüros inzwischen eine Entschädigung von Eurowings verlangen.

Bei Eurowings selbst kriegen Kunden schon mal die Auskunft, dass die Beantwortung ihrer E-Mail-Anfrage vier sechs Wochen dauern könne. [Aktualisiert nach Hinweis einer Leserin.] Offenbar will die Fluglinie Beschwerden lieber über die Hotline abwickeln. Dort wiederum sind die Wartezeiten ebenfalls lang. Es kann schon mal eine halbe Stunde dauern, bis jemand rangeht. Immerhin erklärte Eurowings auf Nachfrage von Finanztip, man habe die Kapazität der Hotline erhöht. Außerdem habe man „bereits kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung des Flugbetriebes eingeleitet“.

Weitere Störungen auf allen Routen im Sommer

Viele Verspätungen sind auch bei anderen Airlines eine Spätfolge der Air-Berlin-Pleite. Die ist wohl noch lange nicht verdaut: Am 25. Juni entschuldigten sich Airlines und Flughafenbetreiber zusammen in ganzseitigen Anzeigen in mehreren Tageszeitungen und auf Twitter. „Auch der Himmel stößt mal an seine Grenzen“, hieß es da.

Neben der Entschuldigung hieß es auch: „Im vor uns liegenden Sommer werden die Maßnahmen noch nicht ihre volle Wirkung entfalten können. Es wird daher kurzfristig weiter zu Unregelmäßigkeiten kommen.“

In vielen Fällen dürfen Sie den Flug stornieren

Unsere Empfehlung: Wenn Eurowings oder eine andere Airline Ihren Flug umbucht, müssen Sie das nicht automatisch hinnehmen. Sollte sich der Abflug mehr als zwei, drei Stunden verschieben, ist es meist keine unerhebliche Verschiebung mehr, sondern wie eine Annullierung nach Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung zu werten. Das bedeutet, Sie können den Flug kostenlos stornieren.

Was noch unerheblich ist, was Sie also hinnehmen müssen, hängt nicht allein von der Zahl der Stunden ab. Sondern auch von den Umständen:

Eine erhebliche Änderung der Flugzeit liegt sicher vor, wenn Sie zum Beispiel zu einem Termin wollten (etwa das Stones-Konzert), und das nicht mehr möglich ist – solange Sie nicht zu knapp geplant haben.

Wenn Sie Kinder haben, ist auch erheblich, dass Sie nicht schon um sechs Uhr früh am Flughafen-Check-in sein können. Auch wenn Sie es nicht mehr schaffen, mit dem Zug zum Flug zu kommen, weil der Nahverkehr noch nicht fährt, kann schon aus einer Stunde eine erhebliche Verschiebung werden.

So gehen Sie vor

Verlangen Sie ruhig eine alternative Buchung, wenn der erste angebotene Flug nicht passt. Sie haben dann immer noch die Wahl: Entweder Sie akzeptieren einen Alternativ-Flug oder Sie stornieren. Rechnen Sie aber damit, dass die Fluglinien Ihnen das nicht einfach machen. Am besten kündigen Sie Ihren Stornowunsch in der Hotline an. Schicken Sie aber in jedem Fall eine Mail hinterher, in der Sie alle wichtigen Flug- und Kundendaten nennen. Und setzen Sie eine Frist von 14 Tagen.

Wenn das Geld zum Ende der Frist nicht da ist, können Sie es mit dem sogenannten Chargeback-Verfahren versuchen – falls Sie per Kreditkarte gezahlt haben. So nennt sich der Käuferschutz der Kreditkarten-Unternehmen, mit dem Sie Ihr Geld zurückholen können. Aber Vorsicht: Falls Sie über einen Reisevermittler gezahlt haben, treffen Sie damit den Falschen und handeln sich eventuell weiteren Ärger ein. Denn der Reisevermittler hat Ihr Geld längst an Zwischenhändler weitergereicht und auf mögliche Stornos keinen Einfluss. Deshalb wird er sich dem Chargeback wohl widersetzen. Besser ist es, Sie fordern den Reisevermittler auf, Ihren Ärger mit der Airline zu regeln.

Sollten Sie weniger als 14 Tage vor Abflug von einer Flugverschiebung informiert werden, haben Sie unter Umständen auch noch Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Mehr dazu im Ratgeber Fluggastrechte.

Übrigens: Bevor Sie stornieren, sollten Sie sich natürlich vergewissern, dass es anderswo auch wirklich noch bessere Flüge gibt.

Bitte teilen Sie uns mit, welche Erfahrungen Sie mit den Airlines beim Stornieren machen. Entweder per Mail oder als Kommentar unter diesem Artikel.

Andere Regeln bei Pauschalreisen

Falls Sie übrigens den Flug im Rahmen einer Pauschalreise gebucht haben, gelten ganz andere Regeln. Mehr dazu im Ratgeber Flugzeitverschiebungen bei Pauschalreisen.

Matthias Urbach
Autor

Stand:

Matthias Urbach war von 2014 bis 2022 stellvertretender Chefredakteur von Finanztip. Als Diplomphysiker und Absolvent der Henri-Nannen-Schule kombiniert er analytisches und redaktionelles Know-how. Zuvor war er unter anderem als Verlagsdirektor beim SpringerNature-Wissenschaftsverlag und als Leiter von taz.de tätig.

5 Kommentare

  1. Mein Flug wurde von Freitag Abend 21 Uhr auf Freitag früh 08 Uhr vorverlegt. Da ich tagsüber arbeiten muss, habe ich absichtlich einen späten Flug gebucht. Ich habe der der Eurowings mehrfach schriftlich mitgeteilt, habe dafür auch Vorgangsnummern bekommen, aber keine weitere klärende Mail. In den 72 Stunden vor dem Abflug habe ich jeden Tag versucht in der Hotline mit jemandem zureden, da bin ich nach 3 Stunden!!! automatisch rausgeworfen worden. Auch am Flughafen München selbst, war ich zweimal um mit jemandem von Eurowings reden zu können. Es ist eine absoluten Unverschämtheit, so mit langjährigen Kunden umzugehen. Was kann ich jetzt noch tun um mein Geld zurück zu bekommen??
    Bin für jeden Tip dankbar.

  2. wir hatten für einen Kurzurlaub in Barcelone einen Flug gebucht bei Eurowings. Es sollte morgens um 11:00 losgehen; damit hätten wir vom ersten Tag noch etwas gehabt. Weit vor der 14-Tagefrist wurde der Flug gestrichen und wir sind dann erst um 17:00 erst geflogen (der Flug um 11 war deutlich teurer!).

    Die Mail mit sechs Wochen Bearbeitungszeit haben wir dann auch erhalten.

    Es war uns nicht ganz klar ob wir einen Flug hätten buchen können bei einem anderen Airline zu der ursprünglichen Zeit, und die Kosten für die Tickets als „Schaden“ von Eurowings erstatten lassen können, deswegen haben wir die Verschiebung in Kauf genommen.
    Die Gesetzgebung bzw. die Verbraucherrechte in diesem Bereich finden wir verwirrend und den unterschied zwischen Pauschalreisen und „selbstgebuchte“ Flüge verstehen wir nicht.

  3. Was mich nervt ist das die Entschädigung bei Verspätungen offenbar NUR über Fluggastportale zu bekommen ist. Meine Erfahrung (neben Air Berlin, aber da war ja alles zu spät): selbst eigentlich solvente Unternehmen lassen meine Meldung unbearbeitet und keine ordnungsgemäße Vorgangsbearbeitung erkennen (insbesondere fehlt Eingangsbestätigung mit Vorgangsnummer und eine Statusmitteilung nach 1 und 2 Wochen falls noch kein Abschluss), die Hotlines sind so gestrickt das man viel Zeit braucht und dann nichts zum Status erfährt. Es würde mich nicht wundern, wenn die Fluganbieter an den Fluggastportalen beteiligt sind, um auf diesem – ja nun zwangsweise zu gehenden – Weg mit der zu zahlenden Provision für die Fallbearbeitung die Kosten für Erstattungen zu reduzieren. Einfach nur widerlich dieses Verhalten, aber typisch, wenn kein Druck der Politik/Justiz besteht.

    1. Auf finanzielle Verflechtungen von Fluggastportalen und Fluggesellschaften haben wir keinen Hinweis. Halte ich für unwahrscheinlich. Es gibt noch die Möglichkeit, sich über ein Schlichtungsverfahren seine Entschädigung zu holen. Das funktioniert oft auch, setzt aber voraus, dass Sie es zuerst auf eigene Faust versucht haben. Zuständig ist die SÖP.

    2. Ich kann ihre Geschichte nur bestätigen. Eurowings kann man nur mit einem Wort beschreiben: „Katastrophe“. Ich bin den Weg ohne „Fluggastportale“ gegangen und habe erst die Airline angeschrieben. Keine Eingangsbestätigung, wie Sie schon sagten. Nach 2 Monaten habe ich den Fall der söp übergeben. Komisch ist jetzt, dass ich eine E-Mail von fluege.de bekommen habe, um meine Forderungen geltend zu machen. Ich habe mit diesem Portal nicht gebucht oder kommuniziert. Da stehen sogar die Namen von mir und meiner Partnerin drin. Wurden hier sogar ohne meine Zustimmung Daten weitergegeben? Ich habe mit diesem Portal nichts am Hut, weil ich bei der Airline direkt gebucht habe. Meine Vermutung ist dahingehend, dass Eurowings einfach nix auf die Reihe bekommt und outsourcing um jeden Preis betreibt. Wer Passagiere fliegen will, muss dazu auch eine ordentliche Airline haben.

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