Rechnungen verstehen
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Die Ergebnisliste unseres Vergleichsrechners enthält Werbelinks zu Stromtarifen von Check24 und Verivox. Alle Empfehlungen erfolgen redaktionell unabhängig und erfüllen unsere strengen Finanztip-Kriterien.


Die Stromrechnung soll einfach und verständlich sein. Ist sie aber nicht immer, und das liegt auch an gesetzlichen Vorschriften. Der Staat möchte, dass alle notwendigen Faktoren zur Berechnung auftauchen. Doch bei den vielen Umlagen, Steuern und Verbrauchswerten ist es eine Herausforderung, die Rechnung verständlich zu halten. Dieser Herausforderung sind manche Stromanbieter offenbar nicht gewachsen.

So walzt der Versorger BEV Bayerische Energieversorgung die Informationen auf bis zu vier Seiten aus – inklusive Details, die niemand wissen will. Die BEV-Rechnungen zu lesen und nachzurechnen, gerät zur Herkulesaufgabe. Wir haben das für einen Finanztip-Leser übernommen. Erschreckend: In der Zahlen-Wüste fanden wir zahlreiche Fehler. Auch in anderen Abrechnungen von Lesern haben wir ähnliche Fehler gefunden. Je umfangreicher eine Rechnung ist, desto kritischer sollten Sie also sein.

Haben auch Sie eine komplizierte oder falsche Rechnung bekommen? Egal aus welchem Bereich: Strom, Gas, Handy, Versicherungen, Mietnebenkosten und so weiter. Mailen Sie uns bitte ein Foto davon oder scannen Sie die Rechnung für uns ein. Wir berichten im Laufe des Jahres weiter über die schrecklichsten Rechnungen unserer Leser.

Der Fall BEV

Unser Extrembeispiel einer fehlerhaften Stromrechnung lieferte Ende 2016 die Firma BEV Bayerische Energieversorgung. Der Neukundenbonus fehlt in der Abrechnung, obwohl er unter „vertragsrelevante Informationen“ genannt ist. Zudem stimmen viele Zahlen nicht – unter der Voraussetzung, dass zumindest der angegebene Stromverbraucht richtig ist. Bei 19 von 37 Zahlen auf einer Seite kamen wir beim Nachrechnen auf andere Werte. Die Fehler haben wir unterstrichen.

So war mit dem Kunden ein Grundpreis von 88,32 Euro brutto vereinbart. Das wären netto 74,22 Euro. Auf der Rechnung stehen rund 5 Euro mehr. Der Arbeitspreis sollte 23,47 Cent pro Kilowattstunde brutto betragen. Ohne Steuern wären das 17,67 Cent pro Kilowattstunde – berechnet hat BEV rund 4 Prozent mehr. Mit dem zu hohen Preis hat die BEV noch einmal falsch gerechnet, aber zum eigenen Nachteil. Multipliziert mit dem Stromverbrauch müsste sich beim Arbeitspreis ein Netto-Entgelt von 846,32 Euro ergeben.

Die Aufschlüsselung der einzelnen Umlagen ist aufgrund einer eingeschränkten Preisgarantie notwendig. Auch hier stimmen viele Zahlen nicht: Der Verbrauch im angegebenen Zeitraum betrug 4.278 Kilowattstunden. Mit diesem Wert multiplizierte BEV auch die veränderte Höhe der Umlagen. Aber auf der Rechnung steht ein Verbrauch von 3.122 Kilowattstunden. Eine Umlage ist mit falscher Veränderung angegeben.

Und schließlich sind die Angaben zu den Entgelten für Netznutzung und Messung deutlich zu hoch. Einfluss auf die Höhe der Rechnung haben die falschen Angaben nicht. Im Grund- und Arbeitspreis sind alle Kosten abgedeckt. BEV muss aber Sorge tragen, Umlagen und Entgelte in korrekter Höhe an die Netzbetreiber weiterzuleiten.

Die hohe Zahl von Fehlern in der Abrechnung entspreche nicht dem eigenen Qualitätsanspruch, teilte BEV auf Nachfrage von Finanztip mit. Die Abrechnung hätte so nicht verschickt werden dürfen.

Anleitung: So prüfen Sie Ihre Stromrechnung

Wir empfehlen, dass Sie Ihre Stromrechnungen prüfen. Beachten Sie dabei folgende Punkte:

1. Kontrollieren Sie, ob die Ablesewerte des Stromzählers zum Abrechnungszeitraum gehören. Bei einem unserer Leser war der Zählerstand von Ende Januar 2018 angegeben, aber die Abrechnung reichte nur bis Ende Dezember. Prüfen Sie auch, ob der letzte Ablesewert stimmt. Vorteilhaft ist dabei, wenn Sie Ihren Zähler selbst abgelesen und den Wert notiert haben. Ob ein Wert abgelesen oder geschätzt wurde, muss in der Rechnung über kleine hochgestellte Ziffern angegeben sein. Schließlich sollten Sie nachrechnen, ob sich die verbrauchte Strommenge ergibt, wenn Sie den neuen Zählerstand minus den alten Zählerstand rechnen.

2. Vergleichen Sie den Grundpreis und den Arbeitspreis mit den vertraglich vereinbarten Konditionen. Diese Preise sind im Vertrag häufig mit Mehrwertsteuer angegeben, aber auf der Abrechnung als Netto-Beträge. Das Perfide daran: Erst mit Taschenrechner erkennen Sie, ob die Preise in der Abrechnung korrekt sind.

3. Ein weiteres Problem, mit dem manche unserer Leser konfrontiert werden, steht in Zusammenhang mit Bonuszahlungen. Steht Ihnen nach dem ersten Vertragsjahr ein sogenannter Neukundenbonus zu, prüfen Sie, ob er aufgeführt ist und ob seine Höhe stimmt. In der Regel senkt der Neukundenbonus die Stromkosten um einen bestimmten Prozentsatz. Zur Berechnung können die Netto-Kosten dienen, wenn der Versorger die Mehrwertsteuer erst nach Abzug des Bonus berechnet und hinzuaddiert. Oder er zieht den Bonus gleich von den Brutto-Stromkosten ab. Was nicht geht, ist, die Mehrwertsteuer auf die Gesamtkosten zu beziehen, aber die Steuer erst nach Abzug des Bonus aufzuschlagen.

4. Haben Sie einen Vertrag mit eingeschränkter Preisgarantie, so listen Versorger die Veränderung der fünf staatlichen Umlagen auf den Strompreis auf. Ob diese Zahlen stimmen, können Sie über die Seite netztransparenz.de abgleichen. Dort finden Sie die Höhe der Umlagen für jedes einzelne Jahr. Die Veränderung von einem Jahr zum anderen müssen Sie dabei selbst ausrechnen.

So sieht eine transparente und einfach verständliche Abrechnung aus

Auch wenn eine Stromrechnung viele Angaben enthalten muss, kann sie transparent und übersichtlich gestaltet sein. Die Elektrizitätswerke Schönau zeigen beispielhaft, wie es geht: Ganz oben finden sich die Zählerstände und die Höhe des verbrauchten Stroms. Darunter sind Grundpreis und Arbeitspreis und Stromsteuer als Netto-Beträge genannt, wie es laut Gesetz sein soll. Auf die Summe berechnet der Versorger die Mehrwertsteuer.

Um die aufgeführten Netto-Preise mit den vereinbarten Preisen zu vergleichen, ist es jedoch nicht notwendig, Vertrag und Taschenrechner hervorzuziehen. Die vereinbarten Preise sind ganz unten aufgeführt, sowohl mit als auch ohne Mehrwertsteuer. Sie lassen sich direkt mit jenen in der Verbrauchsabrechnung vergleichen.

Ines Rutschmann
Autor

Stand:

Ines Rutschmann ist unsere Energie-Expertin und widmet sich allen Fragen, die sich Verbraucher rund um Strom und Heizen stellen. Über den Strommarkt berichtete sie erstmals 2005 für die Leipziger Volkszeitung. Danach war sie für den Deutschlandfunk und das Solarstrom-Magazin Photon tätig. Ines ist Diplom-Ingenieurin (FH) und hat einen Masterabschluss in Energiemanagement.

16 Kommentare

  1. Ja, es ist richtig, dass auf die Stromsteuer – aber auch auf alle anderen staatlichen Preisbestandteile wie Umlagen – noch die Mehrwertsteuer geschlagen wird. Über die Stromsteuer und die fünf Umlagen auf den Strompreis verdient der Staat mit. Während die Stromsteuer eine konstante Höhe hat, verändern sich die Umlagen jedes Jahr. Steigen sie, bedeutet das auch mehr Einnahmen über die Mehrwertsteuer (bei gleich hohem Stromverbrauch in Deutschland).

  2. Ist das eigentlich richtig, dass man auf die Stromsteuer, die auf die kWh aufgeschlagen wird, dann auch noch Mehrwertsteuer zahlen muss? Ist mir grad aufgefallen bei der Prüfung meiner Stromrechnung. Ist schon frech von Vater Staat. Das Geld, von dem ich meinen Stromlieferanten bezahle, habe ich ja auch schon (Einkommen-)versteuert…

  3. Ein Jahr Belieferung ist vorbei, den zugesagten Neukundenbonus (25% auf Rechnung) bekam ich erst nach mehrfachem Anrufen, auf der Abrechnung dann auch ganz klein beschrieben. Die restl. 30€ wegen „Minderverbrauch“ kamen dann noch später auch erst nach erneutem Anruf. Aber nun passt es.

  4. „Der Arbeitspreis sollte 23,47 Cent pro Kilowattstunde brutto betragen. Ohne Steuern wären das 17,67 Cent pro Kilowattstunde“
    Die kWh sind doch auch mit 19% MwSt besteuert oder? In meiner Rechnung ergeben 23,47/1,19 nicht 17,67 respektive 17,67*1,19 keine 23,47. Habe ich hier einen Rechenfehler? Danke und Grüße

    1. Das ist bestimmt ein Test, ob wir auch alle aufpassen 😉
      Bei mir kommen netto auch 19,72 c/kwh raus

      1. Die BEV hat in der Abrechnung die Stromsteuer und die Mehrwertsteuer separat ausgewiesen. Der Arbeitspreis sollte laut Vertrag 23,47 ct/kWh betragen, ohne Mehrwertsteuer landet man bei 19,72 ct/kWh – richtig. Davon noch die Stromsteuer runterrechnen und man landet bei 17,67 ct/kWh.

  5. Bei der BEV Energie ist das ein prizipelles Problem mit der Abrechnung. Entweder sind die Sachbearbeiter auf die Baumschule gegangen oder steckt da System dahinter.
    Die Rechnungsstellung hatte bei uns keine Bonuszahlungen ausgewisen und die Position Messtelle und Betrieb war zweimal berrechnet. Nach langem Hin und Her tel. Faxe etc pp.
    haben die immer noch nicht reagiert. Erst mit der Drohung einer Anzeige wegen Abrechnungsbetrug. Dann wurde über die Reclabox eine Gutschrift eingeräumt über die Höhe der Doppeltberrechnung und Bonus wurde auch erstattet. Die Rechnung wurde jedoch nicht korrigiert.
    Hier kann sich jeder ein Bild davon machen. Stress, Unmut nehmen die billigend in Kauf.

  6. Vielen Dank für diesen Wertvollen Beitrag. Ich habe mir gerade meine enervatis und BEV Rechnung zusenden lassen, die ähnlich fehlerhaft sind. Bonus, Gutschrift etc. wurden bislang noch nicht erstattet und stehen nachwievor aus, nur ein Minibetrag für den gebrochenen, letzten Monat wurden bislang erstattet. Bei meiner Mutter genau das Gleiche….. aber wir bleiben dran.
    Haben Sie nicht im Newsletter angeboten fehlerhafte Rechnungen zu sammeln? Wohin sollte man diese mailen?
    Gruß, EG

  7. Danke Finanztest, auch ich habe mir auf Ihren Bericht hin meine BEV-Rechnung genau angesehen und tatsächlich haben die sich um ca. 10% zu meinem Nachteil verrechnet. Fehler oder gewollt???

  8. Wir können bei der Abrechnung nicht betrogen werden, da wir vom selben Stromversorger Strom beziehen, an dem wir mit Genossenschaftsanteil beteiligt sind. Und dies ist auch noch Ökostrom. Kauft Genossenschaftsanteile bei einem seriösen Stromversorger wie Greenpeace energy oder EWS Schönau und lasst euch von denen Strom liefern.

  9. ManniDry
    Ich habe bei intensiver Prüfung der BEV-Abrechnung-2017 eine ganze Reihe von ct-Abwei-chungen festgestellt, die zwar summa summarum nicht gravierend sind, aber schleierhaft bzgl. ihres Entstehens bzw. ihrer Herkunft.
    Fälschlicher Weise werden statt der eingezogenen 12 Abschlagszahlungen nur 11 in der Jah-
    resabrechnung berücksichtigt.
    Des Weiteren schafft BEV es nicht, gem. ihrer eigenen AGB Punkt 7.1 die Abrechnung nach sechs Wochen zugestellt zu haben. Ebenso „vermeidet“ BEV trotz AGB Punkt 8.3, das Abrech-nungsguthaben „… unverzüglich zu erstatten“ oder „… spätestens aber mit der nächsten Abschlagszahlung zu verrechnen.“
    Werde nun entsprechende Schritte einleiten.

  10. Danke für die Erklärung.
    Ich habe bis jetzt keine Probleme mit den Stromanbieter, obwohl ich fast jedes Jahr die Lieferanten wechsle.
    Aber ich wähle immer nur den kWh und Stromzähler Preis!
    KEINE Bonus, Paketen, Vorauszahlungen oder anderen Prämien – was eigentlich „verarschung“ bedeutet.
    Bald, im Mai, muss ich wieder (wenn der jetziger Stromlieferant die Preise erhöht) neu suchen….
    Gruß.

  11. Dieses Abrechnungsgebahren ist bei der BEV nicht neu (aus leidvoller Erfahrung).
    Erst mit Drohung der „Aufsichtsbehörde“ eingelenkt – zunächst Bonus nicht ausgezahlt, sowohl Grund- als auch Kwh Preis stimmten nicht mit Vertrag überein.
    Es gab mal eine „Eigenmarke“ mit Namen: ernervatis.
    Als die Beurteilungen im web / check24 so schlecht wurden, hat die BEV diese Marke wieder eingestampft.

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