Vorfälligkeitsentschädigung
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Wollen Sie aus Ihrer Baufinanzierung vorzeitig aussteigen, wird Sie die Bank ordentlich zur Kasse bitten. Der Fachbegriff dafür lautet Vorfälligkeitsentschädigung. Damit will die Bank den entgangenen Zinsgewinn wieder reinholen. Doch nicht in jedem Fall ist eine solche Entschädigung gerechtfertigt.

In sozialen Notsituationen können Sie um die Vorfälligkeitsentschädigung herumkommen. Etwa wenn der Hauptverdiener verstorben ist oder erwerbsunfähig beziehungsweise arbeitslos wurde. Das steht zwar so nicht im Gesetz, aber einige Banken haben sich in ihren Kreditbedingungen dazu verpflichtet, zum Beispiel die ING-Diba. An diese Grundsätze muss sich die Bank auch halten, ansonsten handelt sie treuwidrig, wie die Juristen es nennen. So hat das Landgericht Frankfurt die ING-Diba verurteilt, mehr als 37.000 Euro an einen Kunden zurückzuzahlen, der arbeitslos geworden war und sein Haus verkaufen musste (Urteil vom 22. Juni 2018, Az. 2-21 O 74/18).

Wann die Bank ebenfalls nicht abkassieren darf

Keine Vorfälligkeitsentschädigung darf die Bank verlangen, wenn sie selbst den Vertrag gekündigt hat, weil der Kunde seine Raten nicht mehr zahlen konnte und in Verzug war. Das hat der Bundesgerichtshof bereits 2016 entschieden (Urteil vom 19. Januar 2016, Az. XI ZR 103/15; Urteil vom 22. November 2016, Az. XI ZR 187/14).

Nach zehn Jahren können Kreditnehmer immer kündigen und zwar ohne Vorfälligkeitsentschädigung (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Auch wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, darf die Bank im Rahmen der Rückabwicklung keine Vorfälligkeitsentschädigung fordern.

Es gibt noch einen Trick: Wer sein Haus verkauft und deshalb die Finanzierung vorzeitig beenden muss, der kann einen Ersatzkreditnehmer benennen, der das Darlehen übernimmt. Klappt die Übernahme des Kredits bei guter Bonität des Ersatzkreditnehmers, dann darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.

Kommen Sie um die Vorfälligkeitsentschädigung nicht herum, sollten Sie zumindest deren Berechnung überprüfen lassen. Oft genug berücksichtigen Banken zum Beispiel Sondertilgungsmöglichkeiten nicht.

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Britta Beate Schön
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Stand:

Britta Beate Schön ist bei Finanztip für sämtliche Rechtsthemen zuständig. Die promovierte Juristin und Rechtsanwältin war als Leiterin der Rechtsabteilung bei Finanzdienstleistern wie der Telis Finanz AG und der Interhyp tätig. Vorher lehrte und forschte sie in Japan als DAAD-Junior-Professorin für deutsches und Europarecht. Ihr Studium absolvierte sie in Münster, Genf, Regensburg und Leipzig.

1 Kommentar

  1. Guten Tag,

    mit anderen Worten, man stellt die monatliche Darlehenstilgungsraten-Zahlung ein und wartet auf die Kündigung der Bank? Zahlt dann mit einem Schlag das Rest-Darlehen ohne Vorfälligkeitsentschädigung und ist schuldenfrei? Und die Bank hat dann nicht das Recht, z. B. die Immobilie zwangszuversteigern und einen vor die Tür zu setzen?

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