Bild: Julian Stratenschulte, DPA

Wenn Sie keine bösen Überraschungen erleben wollen, lesen Sie Ihren Stromzähler regelmäßig selbst ab. Einer unserer Kollegen aus der IT hatte das nicht getan. Sein Stromversorger schätzte den Verbrauch – ziemlich großzügig, wie sich herausstellte. Erst als unser Kollege dem Anbieter kündigte und den Zählerstand endlich ablas, fiel auf, dass er alles in allem rund 2.500 Euro zu viel für seinen Strom bezahlt hatte.

Darf das sein? Ja. Wenn Sie nicht selbst ablesen und auch keinen Ableser in die Wohnung lassen, darf der Stromanbieter Ihren Verbrauch einfach schätzen. Und das kommt immer wieder vor.

Dabei ist es für Sie eine Sache von fünf Minuten, den Zähler selbst abzulesen und den Wert durchzugeben. Netzbetreiber bieten dazu ein Formular auf ihrer Internetseite an. Zählerstandseingabe, Zählerstandsmeldung oder Zählerstandserfassung heißt es dort. Schreiben Sie sich Ihre Werte auf oder machen Sie Fotos vom Zähler, um die Werte später parat zu haben. Manche Netzbetreiber senden auch Postkarten zum Ausfüllen.

Der Netzbetreiber übermittelt den Wert an Ihren Stromanbieter. Der Anbieter muss Ihren monatlichen Abschlag an Ihrem tatsächlichen Stromverbrauch ausrichten. Uns sind aber auch schon Fälle untergekommen, bei denen trotzdem überhöhte Abschläge verlangt wurden. Fordern Sie Ihren Versorger dann mit diesem Musterschreiben zur Korrektur der Monatsrate auf. Kontrollieren Sie unbedingt auch, ob die Zählerstände auf der Abrechnung korrekt sind.

Stromzähler sind exakte Geräte, trotzdem kam es in Oldenburg zu einem besonderen Fall: Fast 32.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch zeigte dort der Zähler eines älteren Ehepaars, das mit seinem Enkel zusammenlebte. Die Menge ist etwa zehnmal so hoch, wie zu erwarten. Der Grundversorger ließ den Zähler prüfen, fand aber keinen Fehler, und berechnete über 9.000 Euro. Die Familie klagte, verlor in erster Instanz, gewann in zweiter. Vor zwei Wochen schließlich bestätigte der Bundesgerichtshof dieses Urteil: Der Stromverbrauch liege so unrealistisch hoch, dass die „ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers“ bestehe (Az. VIII ZR 148/17). Dass wirklich der Kunde die Energie genutzt hat, könne der Versorger trotz Zähler nicht ausreichend belegen.

Seit einem Jahr bauen die Netzbetreiber nach und nach neue, digitale Stromzähler ein. Sie geben den Stromverbrauch in Echtzeit wieder und speichern die Daten zwei Jahre lang. Bis praktisch alle Haushalte so einen haben, kann es aber noch bis zu 14 Jahre dauern.

Ines Rutschmann
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Stand:

Ines Rutschmann ist unsere Energie-Expertin und widmet sich allen Fragen, die sich Verbraucher rund um Strom und Heizen stellen. Über den Strommarkt berichtete sie erstmals 2005 für die Leipziger Volkszeitung. Danach war sie für den Deutschlandfunk und das Solarstrom-Magazin Photon tätig. Ines ist Diplom-Ingenieurin (FH) und hat einen Masterabschluss in Energiemanagement.

9 Kommentare

  1. Hallo mein Strom wurde zu hoch geschätzt seid 2018 das wurde auch eingeräumt so jetzt wird es Bearbeitet Bekomme ich eine nachsalung zurück

  2. Hallo,
    Mein Stromanbieter hat vier mal im Jahr unseren Verbrauch geschätzt,ohne das ich benachrichtigt wurde.
    Dadurch hatte ich 1000KW zuviel ,wir hatten die ganzen Jahre
    Immer so 2400 bis 2800 .jetzt 3687 ..kann ich klagen ..
    .mit freundlichem Gruss
    U.Wentz

    1. Hallo Frau Wentz,
      der Stromanbieter darf schätzen, wenn keine Ablesewerte vorliegen. 2020 wird er das getan haben, weil sich der Mehrwertsteuersatz zum 1. Juli veränderte und zum 1. Januar 2021 zurück auf den ursprünglichen Wert stiegt. Lesen Sie Ihren Zähler ab und vergewissern Sie sich, ob der Wert mit dem letzten Schätzwert harmoniert. Der Stromanbieter kann beim Schätzen nicht beliebige Werte anlegen, sondern muss sich an den aktuellen Verbrauchsdaten orientieren. Sollte Ihr Stromverbrauch zuletzt gestiegen sein, hat der Anbieter möglicherweise einen weiter steigenden Verbrauch angenommen. Das alles lässt sich aber korrigieren, wenn Sie den Zähler selbst ablesen und den Wert übermitteln. Haben Sie weniger verbraucht als geschätzt, rechnet der Anbieter auch eine entsprechend niedrigere Strommenge ab.
      viele Grüße
      Ines Rutschmann

      1. Hallo Frau Wentz,

        dass der Versorger „grundsätzlich“ schätzen darf, wenn ich meinen Zählerstand „nach Aufforderung“ nicht selbst übermittle, ist ja so ziemlich klar. ABER…

        Die Frage lautet ja eigentlich viel mehr …

        Ist es zulässig, dass der Grundversorger „regelmäßig“ (zb 1x je Quartal )
        meinen Zählerstand durch eine Hochrechnung schätzt? Ohne jegliche Begründung oder Erklärung für mich? Ohne mich darüber zu informieren? Und vor Allem, ohne mich erst einmal selbst dazu aufzufordern (bzw. darum zu bitten), die Ablesung selbst durchzuführen und den Zählerstand mitzuteilen ?

        Liebe Grüße 🙂

        Chris

  3. Der o.g. Beitrag erweckt den Eintrug, dass der IT-Mitarbeiter einen Schaden erlitten hat, was bei korrekter Endabrechnung (Ablesung) jedoch nicht der Fall sein wird.
    Grundsätzlich kann eine Schätzung Vor-/Nachteile haben, was aber jedem Verbraucher bewusst sein sollte. Da die (Strom) Preise immer wieder gestiegen sind, kann er neben den Zinsverlust, jedoch einen Preis/Nutzungsvorteil erlangt haben. (Durchschnittspreise niedriger wie bei korrekter Ablesung)

    Des weiteren kann sich der IT-Mitarbeiter nun evtl. eine Anschaffung leisten, die vorher so nicht geplant hatte. 🙂

    Die Schätzung ist dann kritisch zu sehen, wenn der Verbraucher auszieht.
    In einem mir bekannten Fall (Mietwohnung) wurde der Auszug dem Stromunternehmen 4 Wochen zuvor kommuniziert, mit Angaben der neuen Adresse für die Abrechnung sowie dem Nachmieter. Der Zählerständen wurde über die zur Verfügung gestellte Postkarte gemeldet.
    Die Abschlussrechnung mit kleinem Guthaben schien auf den 1. Blick korrekt, jedoch auf Seite 2 (Verbrauchsberechnung) stand plötzlich Schätzung. Zum Glück ist dies trotz Umzugsstress aufgefallen und auf Nachfrage wurde mitgeteilt, dass die Postkarte nicht einging.
    Unverständlich ist, warum das Stromunternehmen trotz aller Informationen keine eigene Ablesung durchführte bzw. den „alte Mieter“ kurz nach dem 31.12. (Auszug) kontaktierte, die neuen (Adress-) Daten waren ja wie o.e. bekannt.

    Das Thema digitale Stromzähler sollte differenziert betrachtet werden, da deren (kWh) Preise in der Regel höher ist – es werden ja div. Zeitfenster berücksichtigt.
    Bei den „alten“ Stromzähler erfolgt ja nur ein Durchschnittspreis (24h gleich) oder halt Tag/Nachtstromzähler, die jedoch selten vorhanden sind, da Grundgebühren dann für 2 Zähler notwendig und die Ersparnis auffressen.

    Zum BGH-Urteil: Die Korrektheit der Stromzähler steht seit Jahren immer wieder in Frage. Die Energieunternehmen unterstellen ja immer, dass er korrekt arbeitet. Gegenteilige Annahmen muss der Abnehmer durch eine kostenpflichtige Eichmessung (ca. 200 Euro) durchführen.
    In einem mir bekannten Fall (Abrechnungsjahr 2017) ist es ähnlich wie in Oldenburg. Eine Bürofläche die seit einigen Jahren leer steht, hat einen Basisverbrauch von ca. 150 kWh.
    Im Januar wurde der Zählerstand per Foto dokumentiert und im November war plötzlich ein Verbrauch von 3.900 kWh vorhanden und von November bis Februar ebenfalls nur 0,6 kWh (=ca. 150 kWh p. Jahr). Es fand keine Zwischenvermietung, Nutzung o.ä. statt – die Fläche war wie o.e. leer und da der Eigentümer nicht vor Ort ist, hatte nur der Hausverwalter einen Schlüssel für die Einheit.

    1. Guten Tag ich habe Meine Eon Abrechnung bekommen.Und muss ein Betrag in Höhe von 985.eur Nachzahlen.Das ist Unmöglich da wir soviel Strom nicht verbraucht Haben.
      Zählerstand.
      Habe auch Telefonisch mit 2.Mitarbeiten gesprochen.Auch die sagten das ist ein Unding.Darauf hin habe ich Mit der Edis Ablesestelle telefoniert.Und Bat von 2019 Kontoauszüge vom ganzen Jahr.Die ich dann zur Prüfung oer Email dort hin schicken tue.Ich Wohne jetzt 16.Jahre hier.So eine Nachzahlung ist mir noch nie passiert.Wir sind sehr sparsam. Oder durch ein Mitarbeiter von edis sich ein Zahlendreher ein geschlichen hat.Frage Kann ich vor Gericht klagen.Stellt man mir den Strom ab.

      1. Liebe Birgitreball294,
        den Strom stellt der Netzbetreiber nicht sofort ab, sondern muss dies mit einem Vorlauf von mindestens 4 Wochen tun. Wenn dann noch mehr als 100 Euro offen sind, wird ein konkreter Tag der Anschlusssperrung mitgeteilt.

        Sie sollten es aber nicht so weit kommen lassen, sondern folgendes tun: Lesen Sie selbst Ihren Stromzähler ab; machen Sie am besten ein Foto vom Zählerstand. Ist er niedriger als auf der Abrechnung von Eon, ist bereits belegt, dass die Abrechnung falsch ist. Widersprechen Sie dann der Abrechnung und legen Sie das Foto bei.

        Sollte der Edis-Mitarbeiter korrekt abgelesen haben (oder wurde der Zählerstand möglicherweise nur geschätzt), besteht die Möglichkeit, dass der Zähler falsch zählt (wann läuft die Eichfrist ab?) oder andere Personen über Ihren Anschluss Strom gezapft haben. Wenn Sie sicher sind, dass Sie den Mehrverbrauch nicht zu verantworten haben, dann widersprechen Sie ebenfalls der Abrechnung und weisen Sie nach, wie hoch Ihr Verbrauch in der Vergangenheit war und dass Sie keine zusätzlichen großen Elektroverbraucher in den vergangenen Monaten angeschafft oder betrieben haben.

        Der Bundesgerichtshof hat 2018 in einer Sache entschieden, dass bei der „Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers“ der Lieferant nachweisen müsse, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin den in Rechnung gestellten Strom tatsächlich bezogen haben. In der Sache ging es um einen um den Faktor 1000 höheren Strombezug (https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=1&nr=80854&pos=25&anz=198).

        Viel Erfolg,
        Ines Rutschmann

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