Strombonus abgelehnt
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Dank üppiger Bonuszahlungen gehören die Stromtarife der 365 AG zu den günstigsten im Markt. Sie laufen unter den Markennamen „Immergrün“, „Almado-Energy“, „Almado.de“, „Idealenergie“ oder „Meisterstrom“. Doch es kommt immer wieder vor, dass Kunden der Bonus vorenthalten wurde.

Seit Jahren baut der Stromversorger Kriterien in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ein, die den Bonus-Anspruch der Kunden einschränken. Mehrere dieser Klauseln erklärte das Oberlandesgericht Köln für unzulässig (Az. 6 U 132/16). Inzwischen ist das Urteil rechtskräftig, denn die 365 AG ist mit einer Beschwerde am Bundesgerichtshof gescheitert. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Sollten Sie einen versprochenen Bonus bei Immergrün oder Almado-Energy nicht erhalten haben, können Sie ihn nun mit Verweis auf das Urteil einfordern. Nutzen Sie das Musterschreiben der Verbraucherzentrale (PDF). Machen Sie das am besten sofort – denn es gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. Haben Sie den Stromvertrag beispielsweise 2015 geschlossen, bleibt Zeit bis Ende 2018. Voraussetzung ist aber in jedem Fall: Der Versorger verweigerte Ihnen die Zahlung aufgrund einer der als unwirksam erkannten Klauseln – oder einer inhaltlich identischen. Auch dürfen Sie sich nicht auf ein „Kulanzangebot“ eingelassen haben.

Ohne Bonus kommt der Vertrag empfindlich teurer

Um bis zu ein Viertel sollen sich die Stromkosten bei der 365 AG im ersten Jahr verringern – dank dem Neukundenbonus. Auf der Abrechnung stellten etliche unserer Leser aber fest: Der Bonus fehlt. Auf Nachfrage erhielt einer zum Beispiel folgende Antwort: „Wir haben Ihr Anliegen geprüft und teilen Ihnen mit, dass eine Bonuszahlung leider nicht möglich ist. Für Ihren Vertrag … besteht kein Bonusanspruch.“

Anschließend listete das Unternehmen auf, gegen welche Voraussetzungen der Kunde verstoßen habe: Er speise Solarstrom ins Netz und sei selbstständig tätig. Ob jemand von zu Hause arbeitet oder eine Photovoltaik-Anlage installiert ist, hatte die 365 AG bei Vertragsschluss aber gar nicht abgefragt.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen klagte gegen insgesamt sieben Klauseln in der AGB-Fassung von Anfang 2015. Das Oberlandesgericht Köln gab der Verbraucherzentrale im Mai 2017 in allen Punkten Recht: Der Versorger dürfe den Bonus nicht von völlig intransparenten Voraussetzungen im Kleingedruckten abhängig machen. Seit dem 27. Februar 2018 ist das Urteil rechtskräftig.

Diese sieben Klauseln der 365 AG sind unwirksam

Bei den für unwirksam erklärten Klauseln drehen sich vier um Bonuszahlungen selbst und drei weitere um andere Sachverhalte. Inhaltlich handelt es sich um diese:

  • Der Kunde ist verpflichtet, mitzuteilen, wenn im Haushalt eine der folgenden Anlagen installiert ist oder installiert wird: Reservestromanlage, Notstromaggregat, Photovoltaik-Anlage, Elektrospeicherheizung, Wärmepumpe, Münzzähler, Chipkartenzähler, Wandler, Doppel- oder Mehrtarifzähler.
  • Einen Anspruch auf einen Bonus hat der Kunde bei vollständiger Vertragserfüllung. Das bedeutet, dass der Kunde seinen „vertraglichen Verpflichtungen nicht wesentlich zuwiderhandelt“.
  • Ein Bonus steht Haushaltskunden bei ausschließlich privater Nutzung des Stromschlusses zu.
  • Der Bonus wird abgerechnet, wenn der Kunde den Zählerstand zum Ende der Mindestvertragszeit mitgeteilt hat.
  • Kunden in Pakettarifen zahlen auch dann die volle Höhe des Paketpreises, wenn sie weniger Strom verbraucht haben, als im Paket enthalten.
  • Über Änderungen staatlicher beeinflusster Preiskomponenten auf den Strompreis informiert der Versorger in Textform. Nicht erwähnt ist dabei, dass dem Kunden bei einer Preisänderung ein Sonderkündigungsrecht zusteht.
  • Kündigt der Kunde den Vertrag, braucht der Versorger eine erteilte Einzugsermächtigung nicht mehr nutzen. Der Kunde ist dann verpflichtet, die Zahlung von Abschlägen durch Überweisung oder Dauerauftrag sicherzustellen. (Über einen Vorgang dieser Art berichteten wir hier schon einmal.)

Die Kölner Richter untersagten es der 365 AG, die im Urteil zitierten Klauseln als auch inhaltlich identische Klauseln weiterhin anzuwenden. Das bedeutet: Auch wenn Sie nach März 2015 – dem Zeitpunkt, als die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ein erstes Anwaltsschreiben an das Unternehmen schickte – einen Vertrag mit der 365 AG abgeschlossen haben und andere AGB galten, können Sie sich vielleicht auf das Urteil berufen und noch die Auszahlung eines Bonus fordern.

Unwirksame Klauseln wurden geändert – aber womöglich nicht ausreichend

Die 365 AG hat zwar die für unwirksam erklärten Klauseln angepasst. Inhaltlich sind die veränderten Klauseln den alten aber noch durchaus ähnlich. Das sieht auch die Verbraucherzentrale NRW so: „In der Tat gegen die neuen AGB in zwei Punkten aus unserer Sicht Anlass zur Prüfung, ob wir ein Ordnungsgeld beantragen können“, erklärt Michelle Jahn von der Gruppe Verbraucherrecht.

Dabei geht es um die beiden erstgenannten Punkte in unserer Aufzählung oben: Den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und anderen Geräten, für deren Betrieb laut aktuellen AGB nun die Zustimmung der 365 AG erforderlich ist. Die zweite Klausel betrifft die Vertragspflichten des Kunden: Alle Boni gewährt der Versorger nun nicht mehr, wenn der Kunde „vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen wesentliche Vertragspflichten verstößt“, beispielsweise indem er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt.

Eine weitere, geänderte Klausel hält die Verbraucherzentrale NRW dagegen nun für zulässig: Danach steht ein Bonustarif für Privatkunden auch nur Privatkunden zu. Wer von zu Hause aus gewerblich, landwirtschaftlich oder freiberuflich tätig ist, zählt in der Regel nicht als Privatkunde.

„Kulanzangebot“ über 50 Euro soll dreistellige Bonuszahlung aufwiegen

Wie sich diese Klausel praktisch auswirkt, hat ein Leser Anfang Mai erfahren: Auf seiner Rechnung ist kein Neukundenbonus berücksichtigt. Dafür findet sich eine Aufforderung unter anderem zu prüfen, ob „Sie nicht gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen haben“ und ob eine „ausschließlich private Nutzung“ des Stroms erfolgte. Beides traf nicht zu und so fragte der Leser nach. Die Antwort: Er sei selbstständig tätig.

Unser Leser verwies darauf, dass es sich um geringfügige Einkünfte handele. Daraufhin erhielt er ein „Kulanzangebot“ in Höhe von 50 Euro. Das nahm er an – der volle Bonus hätte 129 Euro betragen. Auf eine Anfrage von Finanztip, wie festgestellt wurde, dass der Kunde selbstständig sei, erklärte der Versorger, dass über die E-Mail-Adresse des Kunden verschiedene Personen kommuniziert hätten, was zu „einer unklaren Vertragssituation“ geführt habe.

Solche „Kulanzangebote“ macht die 365 AG mindestens seit vergangenen Herbst, wie uns verschiedene Leser mitgeteilt haben. Die Kunden eint, dass sie auf die Zahlung des Bonus pochten und sich mit Verweisen auf die Firmen-AGB nicht zufriedengaben. Trotz dreistelligem Bonus blieben nach Erfahrungen unserer Leser die angebotenen Beträge stets zweistellig. Im Gegenzug ließ sich das Unternehmen bestätigen, dass damit der Anspruch auf den vollen Bonus abgegolten ist. Wer einem solchen Angebot zugestimmt hat, dem nützt das Kölner Urteil nichts mehr.

Ines Rutschmann
Autor

Stand:

Ines Rutschmann ist unsere Energie-Expertin und widmet sich allen Fragen, die sich Verbraucher rund um Strom und Heizen stellen. Über den Strommarkt berichtete sie erstmals 2005 für die Leipziger Volkszeitung. Danach war sie für den Deutschlandfunk und das Solarstrom-Magazin Photon tätig. Ines ist Diplom-Ingenieurin (FH) und hat einen Masterabschluss in Energiemanagement.

1 Kommentar

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    365 AG verweigert mir den Neukundenbonus
    ich bin Inhaber einer Photovoltaik-Anlage, die ich auf meinem Eigenheim, das ausschließlich zu privaten Wohnzwecken genutzt wird, montiert ist. 
    Ich verbrauche meinen Strom teilweise selber, den nicht selber verbrauchten Strom speise ich ins Netz ein und bekomme eine Vergütung dafür. 
    Ansonsten sind ich und meine Frau Rentner, also ein 100%-iger Privathaushalt – nix mit Gewerblicher Nutzung, Gewerbebetrieb usw. 
    Aber das Beste: ich habe keinen Strom von der 365 AG gekauft – sondern GAS !!
    Der Neukundenbonus macht etwa 200 € aus und ich habe ein Kulanzangebot über € 90,- erhalten. 
    Meine Frage an Sie: 
    Wie würden Sie denn mein Prozeßrisiko einstufen, wenn ich das Kulanzangebot € 90,– ablehne und auf Zahlung der € 200,– für den Neukundenbonus klage? 
    Vielen Dank für Ihre geschätzte Nachricht im Voraus 

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