Mein Einstieg in die Welt der Finanzen/etliche Fragen!

  • Phidan


    Vermutlich - das ist jedenfalls mein Eindruck - bist Du noch ziemlich jung ? (oder ich habe Deine Altersangabe überlesen ?).


    In so jungen Jahren ist aus meiner Sicht das Humankapital (Einkommen bzw. dessen Steigerung) der wichtigste Hebel (neben der Bereitschaft natürlich regelmäßig zu sparen und zu investieren). Bei einem Einkommen von 2.000 netto monatlich ist da reichlich Luft nach oben ... jedenfalls, wenn etwas Schwung in den Vermögenaufbau kommen soll. Und die Zeit beim Sparen und Anlegen hast Du ja (noch) auf Deiner Seite.


    Offensichtlich lebst Du sehr bescheiden (man könnte fast sagen frugal - praktizieren manche ja, ohne deshalb gleich unbedingt "Frugalist" sein zu wollen). Die Frage ist, wie lange das so bleiben wird (Partnerin, Heirat, Ehe, Familie, Kinder, Eigenheim usw. - um nur einige mögliche Stichworte zu nennen).


    Eine Glaskugel habe ich natürlich auch nicht. Zum Thema Inflation aber eine kurze Geschichte: Anfang der 90er (damals war ich erst einige Jahre im Beruf) ging ein Kollege, der gut drei Jahrzehnte lang zuvor freiberuflich tätig gewesen war, aus freien Stücken mit 58 Jahren in den Ruhestand (ohne gesetzliche Rente, ohne Betriebsrente etc.). Und zwar (neben einer Rücklage für Notfälle in Höhe von ca. 20.000) mit einem Kapital von 600.000 (DM wohlgemerkt) aus dessen Erträgen (damals Zinsen) er auskömmlich leben konnte. Für das gleiche Projekt (Ruhestand mit 58 und ohne lebenslange anderweitige Renten) wäre heute wohl ein Kapital von einigen Millionen (Euro wohlgemerkt) erforderlich, um von den Erträgen (Beispiel Dividenden) auskömmlich leben zu können. Das verdeutlich ein bißchen die Dimension der Aufgabe (Altersvorsorge bzw. Ruhestandsplanung) und was Geldentwertung (Inflation) letztlich in praxi über etwas längere Zeiträume bewirkt und bedeutet.


    Auch beim Thema "Finanzen" gilt: Einen groben Plan sollte man haben und verfolgen, aber dennoch auch halbwegs flexibel bleiben (nicht selten und nicht wenigen kam bei ihren ausgeklügelten Finanz-Plänen nämlich sozusagen "das wahre Leben" dazwischen ...). Und ansonsten: Der Weg entsteht nicht selten beim Gehen desselben ...


    Die Bereitschaft sich ernsthaft mit solchen Themen (wie Finanzen, Vermögensaufbau, Altersvorsorge usw.) zu beschäftigen ist schon mal der erste und ein ganz wichtiger Schritt.


    Gutes Gelingen und viel Erfolg wünsche ich Dir !

  • Und zwar (neben einer Rücklage für Notfälle in Höhe von ca. 20.000) mit einem Kapital von 600.000 (DM wohlgemerkt) aus dessen Erträgen (damals Zinsen) er auskömmlich leben konnte. Für das gleiche Projekt (Ruhestand mit 58 und ohne lebenslange anderweitige Renten) wäre heute wohl ein Kapital von einigen Millionen (Euro wohlgemerkt) erforderlich, um von den Erträgen (Beispiel Dividenden) auskömmlich leben zu können. Das verdeutlich ein bißchen die Dimension der Aufgabe (Altersvorsorge bzw. Ruhestandsplanung) und was Geldentwertung (Inflation) letztlich in praxi über etwas längere Zeiträume bewirkt und bedeutet.

    Mein Vater konnte 1997 sein (halbwegs großes) Haus für 300.000 DM bauen. Von mir wollen die Bauunternehmen für ein kleineres Haus heute über 500.000 EURO haben...

  • Mein Vater konnte 1997 sein (halbwegs großes) Haus für 300.000 DM bauen. Von mir wollen die Bauunternehmen für ein kleineres Haus heute über 500.000 EURO haben...

    Solche (leider) anschaulichen Beispiele kenne ich Dutzende.


    Aus meiner Sicht ist den meisten (Bürgern, Sparern, für das Alter Vorsorgenden, den Ruhestand Planenden usw.) nicht ansatzweise bewußt, was eine z. B. auch nur zwei oder drei prozentige Inflationsrate per annum über längere Zeiträume für Auswirkungen hat. Die angestrebte Geldentwertung pro Jahr seitens der EZB beträgt immerhin zwei Prozent.


    Das gilt erst recht und ganz besonders, wenn dabei seitens der Notenbank gleichzeitig eine Niedrigzinspolitik betrieben wird, die damit zu weit ins Negativen verschobenen Realzinsen führt (Stichwort: Finanzielle Repression).


    Noch drastischer und damit dramatischer wird das Ganze natürlich bei höheren Inflationsraten (wie aktuell bei um die 10%). Bei einem Zins für sog. sichere Anlagen in Nominalwerten von 1-2% (vor Steuer) beträgt dann der reale Verlust 8-9% pro Jahr.


    Während auf der anderen Seite (nicht Nominalwerte sondern Sachwerte) denknotwenig Vermögenspreisblasen (Beispiel: Immobilien) drohen. Sowie das Platzen solcher Blasen.


    Man kann daher nur hoffen, daß sich die aktuelle hohe Inflationsrate nicht verfestigt ...


    Adäquat die Inflationsrate mit deutlich höheren Zinsen zu bekämpfen dürfte für die EZB schon allein wegen den hochverschuldeten Länder der Eurozone (Italien - um nur ein Beispiel zu nennen) ein systemisches Problem darstellen. Das neue "unbegrenzte" Anleihekaufprogramm TPI der EZB läßt grüßen ...

  • Adäquat die Inflationsrate mit deutlich höheren Zinsen zu bekämpfen dürfte für die EZB schon allein wegen den hochverschuldeten Länder der Eurozone (Italien - um nur ein Beispiel zu nennen) ein systemisches Problem darstellen. Das neue "unbegrenzte" Anleihekaufprogramm TPI der EZB läßt grüßen ...

    Ganz abgesehen davon, dass m. E. die aktuelle Inflation auf Gründen beruht, die durch die klassischen Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung wie das Erhöhen der Zinsen nur unzureichend oder indirekt (und damit mit höheren Kollateralschäden) zu bekämpfen sind. Anders gesagt: Die irre Logik in Russland lässt sich von der Höhe des Leitzins im Euro-Raum, in den USA und sonstwo nur wenig beeinflussen.

  • Mein Vater konnte 1997 sein (halbwegs großes) Haus für 300.000 DM bauen. Von mir wollen die Bauunternehmen für ein kleineres Haus heute über 500.000 EURO haben...

    Ein gutes und alltägliches Beispiel finde ich auch: Wieviel Mark hat man seinerzeit beim Italiener für eine Pizza bezahlt … und was kostet sie jetzt? Acht Mark also vier Euro vs. elf Euro, würde ich grob und ungefähr abschätzen.

  • Ganz abgesehen davon, dass m. E. die aktuelle Inflation auf Gründen beruht, die durch die klassischen Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung wie das Erhöhen der Zinsen nur unzureichend oder indirekt (und damit mit höheren Kollateralschäden) zu bekämpfen sind.

    Natürlich ist das (Ukraine-Krieg) ein exogener Schock. Und dabei kommt der Inflationsdruck in dem Fall hauptsächlich von der Angebotsseite.


    Die Inflation hatte aber schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine Fahrt aufgenommen. Was nicht zuletzt auch an der EZB und ihrer langen und ultra-expansiven Geldpolitik lag.


    Würde hier zu weit führen, aber höhere Zinsen (statt jahrelangen Null- und Negativzinsen samt Anleihekäufen in Billionenhöhe) wirken über diverse Kanäle wie traditionell das "Output-Gap" (verkürzt und vereinfacht gesagt bremst dies die Nachfrage), über den Wechselkurs (bekämpft die sog. "importierte Inflation"), über sinkende "Vermögenspreise" (ebenfalls dämpfende Wirkung auf die Inflation) sowie über die sehr wichtigen "Inflationserwartungen"; wozu auch die sog. "Lohn-Preis-Spirale" zu zählen ist. Man kann also als Notenbank auch in einem solchen Fall sehr wohl etwas gegen (zukünftig weiter hohe oder noch höhere) Inflation unternehmen und gegensteuern.


    Neben der schlechten Prognosefähigkeit und Prognosequalität der EZB (ich hatte manchmal fast den Eindruck, daß die EZB tatsächlich glaubt, wenn man nur sagt, die Inflation sei "nur vorrübergehend" hoch - dann ist sie auch nur vorrübergehend hoch ...) ist aus meiner Sicht der entscheidende Punkt ein ganz anderer: Die EZB hatte - spätestens seit Beginn der Eurokrise - schlicht und einfach während der vergangenen gut 10 Jahre andere Prioritäten als ihr vertragsgemäßes Mandat "Preisstabilität" sprich Kaufkraftstabilität. Das war nämlich nunmehr die "Rettung des Euro" sowie die "Rettung der Eurozone" in der aktuellen Länderbesetzung.


    Für mich war es nie die Frage ob sondern nur wann diese beiden Ziele (das eigentliche Mandat gemäß der EU-Verträge (AEUV) mit der "Selbstermächtigung der EZB als Euro-Dauerretter") in Konkurrenz um nicht zu sagen in Kollision treten würden. Dieser Fall ist nunmehr eingetreten.


    Der Beweis das in den EU-Verträgen (Art. 119, Art. 127 sowie Art. 282 AEUV) festgelegte Mandat "Preisstabilität" zu erfüllen steht seitens der EZB also noch aus.


    Um zu dem (vermutlich) jungen Phidan und seinen Fragen zur Inflation zurückzukehren: Gut möglich (aus meiner Sicht sogar eher wahrscheinlich), daß der Euro keine neue Art der DM sondern eher eine neue Art der italienischen Lira (sprich eine Weichwährung) wird. Was man bei seinen Finanzentscheidungen (Beispiel: Private Altersvorsorge) entsprechend berücksichtigen sollte.


    Ob die (wohl unvermeidliche kommende) Rezession allein schon ausreicht, um die hohen Inflationsraten zu brechen, könnte fraglich sein.


    Da muß man also in Sachen Inflation und EZB (leider) gespannt sein ...