Steuerbescheid 2020 erhalten, obwohl ich nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet bin

  • Hallo,


    ich habe die Tage unerwartete Post vom Finanzamt bekommen: einen Steuerbescheid für 2020 (Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag, Verspätungszuschlag und Zinsen). 8|


    Da ich nicht zur Abgabe einer Steuerklärung verpflichtet bin (hab sicherheitshalber nochmal "Steu­er­er­klä­rung: Wer muss und wer sollte sie machen" gelesen), seit jeher meine freiwillige Steuererklärung immer erst kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist von vier Jahre nach dem Ende des Steuerjahres abgebe und sich bei mir 2020 auch nichts geändert hatte, ist von einem Fehler des Finanzamtes auszugehen. Oder gilt hier seit 2020 etwa eine neue Regelung, von der ich nichts mitbekommen habe?


    Falls alles beim Alten geblieben ist, werde ich natürlich gegen den für mich – vor allem wegen der Schätzung sowie des hohen Verspätungszuschlags – extrem nachteiligen Bescheid Widerspruch einlegen. Kann ich im Erfolgsfall davon ausgehen, dass ich dann wieder bis 31.12.2024 Zeit für die Abgabe meiner freiwilligen Steuererklärung habe?


    Ich freue mich über Rückmeldungen.

  • 2020 haben ja viele Kurzarbeit gemacht … die verpflichtet ja auch zur Abgabe.


    Vllt etwas übersehen? So mit „ich halte alles ein“ lässt sich schwer was anfangen.

  • Mit ihrer Taktik erhalten Sie irgendwann Zinsen vom Finanzamt erstattet. Dann besteht für dieses Jahr Abgabepflicht.

    Wurden zufällig in 2020 vom Finanzamt Zinsen bezahlt? Da Sie einen Bescheid über die Zinsen bekommen haben, vermutlich ja.


    Einzige Chance, den Verspätungszuschlag loszuwerden und die Abgabepflicht rückwirkend zu beseitigen ist folgendes Verfahren: 2 BvR 482/14


    Darin geht es um die Steuerpflicht der Erstattungszinsen des Finanzamtes.


    Dann würde die Abgabepflicht und somit der Verspätungszuschlag wegfallen. Das Verfahren hat aber keine gigantischen Chancen auf Erfolg - meiner Meinung nach. Aber das Bundesverfassungsgericht lässt sich mittlerweile fast 10 Jahre Zeit darüber zu entscheiden....

  • Danke für die Rückmeldungen.


    Nein, es hat sich 2020 wirklich nichts bei mir geändert: unverheiratet (auch nicht geschieden oder verwittwet), dieselbe Arbeit beim selben (und nur einem) Arbeitgeber in Deutschland im Angestelltenverhältnis, Steuerklasse 1, keine Einkünfte ohne Lohnsteuerabzug oder steuerfreie Lohnersatzleistungen, es wurden keine Freibeträge beim Lohnsteuerabzug in Anspruch genommen, keine Sonderzahlungen erhalten (mit einem Buchstaben in Lohnsteuerbescheinigung gekennzeichnet), kein Verlustvortrag geltend gemacht und ich wurde auch nicht vom Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert...

  • Dann am besten mal anrufen, in einem persönlichen Gespräch lässt sich das meist schnell klären.

  • Schätzung und Verspätungszuschlag müssten im Bescheid ja begründet sein. Was soll denn überhaupt geschätzt worden sein, wenn außer Arbeitsentgelt mit Lohnsteuerabzug keine Einkünfte erzielt worden sein sollen?

  • Schätzung und Verspätungszuschlag müssten im Bescheid ja begründet sein. Was soll denn überhaupt geschätzt worden sein, wenn außer Arbeitsentgelt mit Lohnsteuerabzug keine Einkünfte erzielt worden sein sollen?

    Eben, die entscheidenden Infos fehlen. Erst Recht, wenn ja allem Anschein nach eine Nachzahlung fällig ist.

  • Mit ihrer Taktik erhalten Sie irgendwann Zinsen vom Finanzamt erstattet. Dann besteht für dieses Jahr Abgabepflicht.

    Wurden zufällig in 2020 vom Finanzamt Zinsen bezahlt? Da Sie einen Bescheid über die Zinsen bekommen haben, vermutlich ja...

    Ja, für die Ende 2019 abgegebene Erklärung für das Steuerjahr 2015 gab es Anfang 2020 eine sehr niedrige 3-stellige Summe Erstattungszinsen vom Finanzamt. In ähnlicher Höhe gab es diese aber auch schon all die vorangegangenen Jahre. Daher auch meine Frage, ob sich hier ab dem Steuerjahr 2020 etwas geändert haben könnte.

    Schätzung und Verspätungszuschlag müssten im Bescheid ja begründet sein. Was soll denn überhaupt geschätzt worden sein, wenn außer Arbeitsentgelt mit Lohnsteuerabzug keine Einkünfte erzielt worden sein sollen?

    Da steht für mich nicht viel Erhellendes. Bei der Schätzung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, über den bereits erfolgten Lohnsteuerabzug hinaus sei ich ihm noch einen Betrag < 50 € schuldig und der hohe Verspätungszuschlag sei wegen Nichtabgabe/verspäteter Abgabe der Steuererklärung festgesetzt worden. Ansonsten stehen da nur noch die Erstattungszinsen, die Ozymandias bereits angesprochen hat.

  • Evtl mal in diesem Artikel nachlesen:?


    https://www.finanztip.de/zinsen-auf-steuererstattungen/

    Zitat

    Achtung: In dem Jahr, in dem Du die Steuerzinsen vom Finanzamt erhältst, bist Du zur Abgabe einer Steu­er­er­klä­rung verpflichtet. Das heißt, Du kannst den Trick mit der späten Abgabe dann nicht mehr nutzen. Denn am 29. November 2019 verabschiedete der Bundesrat das Jahressteuergesetz 2019. Dieses schreibt nun explizit vor, dass Arbeitnehmer, die Kapitaleinkünfte ohne Steuerabzug erhalten haben, immer eine Steu­er­er­klä­rung abgeben müssen (§ 32d Abs. 3 Satz 3 EStG), selbst wenn sie nur geringe Einkünfte haben.


    Soweit ich weiss kann man beim Finanzamt keinen Freistellungsauftrag erteilen ;)

  • Evtl mal in diesem Artikel nachlesen:?


    https://www.finanztip.de/zinsen-auf-steuererstattungen/


    Soweit ich weiss kann man beim Finanzamt keinen Freistellungsauftrag erteilen ;)

    Danke, bin zwischenzeitlich auch schon fündig geworden.

    Dass erhaltene Erstattungszinsen automatisch zur Abgabepflicht einer Steuererklärung im selben Jahr führt, war leider irgendwie an mir vorübergegangen. Hatte mich bisher dummerweise an dem von mir im Ausgangspost verlinkten Artikel orientiert. Der festgesetzte Verspätungszuschlag beträgt nun mehr als das Doppelte von dem, was ich 2020 an Steuerzinsen erhalten hatte... :cursing:

  • Seh es sportlich. Jahrelang hast du Geld dafür bekommen, dass du eine unsinnige Vorschrift ausgenutzt hast. Jetzt hat dich halt mal einer nach allen Regeln der Kunst auflaufen lassen. ;)

  • Dann am besten mal anrufen, in einem persönlichen Gespräch lässt sich das meist schnell klären.

    Danke, habe ich gemacht und wurde positiv überrascht.


    Sofern ich die Steuererklärung 2020 innerhalb der 4-wöchigen Frist nachreiche, wird der vorläufige Bescheid zurückgenommen und der Verspätungszuschlag umgehend aufgehoben. :)


    Denk daran kurzfristig 2021 einzureichen.

    Ja, werde jetzt selbstverständlich die anderen noch offenen Erklärungen kurzfristig einreichen. :thumbup: