Geldanlage nach Immobilienkauf mit Niedrigzins

  • Hallo Finanztip Community,


    ich überlege jetzt schon eine Weile, wie ich am besten mit der folgenden Situation umgehen will:


    44 Jahre, verheiratet, 1 Kind

    Wohnung im Jahr 2020 gekauft

    Restschulden 700k bei Sollzins 0.6% und Zinsbindung bis Mai 2031

    Liquides Gesamtvermögen (i.e. ohne Immobilien): 480k

    Nettoeinkommen: 13k (plus variable Aktienvergütung von etwa 4k) pro Monat

    Nicht verbeamtet und deshalb könnte das Gehalt in Zukunft deutlich geringer sein, aber bis auf weiteres bleibt es so.

    Risikoprofil: chancenorientiert


    Die Finanztip Empfehlung ist für den Fall, dass man Schulden hat, stets die Schulden zunächst zu tilgen. In meinem Fall macht dies aber wenig Sinn, da alleine schon die Anlage in Festgeld eine deutlich höhere Rendite bringen würde, als zu tilgen.


    Zudem sind noch mehr als 8 Jahre Zeit, bis zur Fälligkeit des Kredits. Je nach Assetklasse ist das schon eine interessante Zeitspanne. Zum Beispiel gibt Finanztip an, dass 40% Aktien und 60% Festgeld noch nie Geld verloren haben über einen Zeitraum von 10 Jahren (https://www.finanztip.de/geldanlage/).


    Wir würdet ihr mir der Situation umgehen?


    Vielen Dank im Voraus,

    Markus

  • Am Kredit würde ich nichts machen (Sondertilgung oder so), aber man müsste sich eben für den Tag X (Mai 2031) rüsten. Ob das über Tages-/Festgeld oder etwas anderes läuft, ist die Frage der persönlichen Einstellung zu Risiken.


    Wichtig ist, dass die Zinsänderungsgewissheit händelbar bleibt.

  • Hallo Benutzer100,


    bei Ihren aktuell sehr günstigen Voraussetzungen würde ich das Geld so anlegen, dass in 2031 die Restschuld sicher getilgt werden kann. (Eine verbleibender Kreditrest von 50-100k tut auch bei dann ggf. hohen Zinsen nicht so richtig weh.) D.h. Anlage des Geldes auf den Zielpunkt 2023 in Festgeld/Staatsanleihen (es muss nicht unbedingt D sein). Wenn was übrig ist in Aktien/ETF.


    Gruß Pumphut

  • Glückwunsch zum großen Netto und zum fast perfekten Timing beim Wohnungskauf!


    Der Amerikaner würde sagen: Auf keinen Fall sondertilgen, sondern parallel in Aktien investieren. In Deutschland ist man da etwas zurückhaltender und risikoaverser. Es kommt halt darauf an, womit Du (und Partner/in) sich wohlfühlen.


    Was tilgt ihr denn aktuell und was ist die Restschuld in 2031?


    Ich würde nichts in Aktien investieren, was ich 2031 zu einem festen Datum zur Kreditablösung benötige. Auf der anderen Seite würde mich das auch nicht davon abhalten, auch jetzt schon einen Teil der Netto in Aktien anzulegen (zum "Habit-Building" und um einen möglichst langen Horizont zu haben). Der berühmte Mittelweg eben.

  • In der Lage würde ich jetzt vermutlich rd. 275.000,- Euro fest auf acht Jahre in sicheren Staatsanleihen anlegen … damit und mit den Erträgen daraus ist dann etwa die Hälfte der Restschuld bombensicher getilgt.


    Und den Rest würde ich deutlich chancenorienter anlegen, in Aktien und ein paar Anleihen und etwas Gold - und dann sieht man, was passiert. :)

  • Vielen Dank erstmal für die vielen Einschätzungen!


    Ich habe erstmal nicht erwähnt wie ich es tatsächlich mache, um mal einen eine Eindruck ohne Bias zu bekommen. Das war schonmal sehr hilfreich.


    Ich habe mich entschieden, das liquide Vermögen auf zwei Sparziele hin auszurichten: Altervorsorge und Darlehensrückzahlung und, bis letzteres erreicht ist, das Vermögen 30% / 70% aufzuteilen.


    Die Altervorsorge setze ich relativ standardmässig um: 70% MSCI World, 20% MSCI EM, 10% MSCI Europe. D.h. leichtes EM Übergewicht im Vergleich zum ACWI, und leichtes Europa Übergewicht gegenüber dem MSCI World. Nichts spektakuläres.


    Die Darlehensrückzahlung habe ich zu 80% Festgeld (Laufzeit von 6-12 Monate bisher, bis Zinsniveau stabiler wirkt) und 20% kurzlaufende Unternehmensanleihen auf Euro umgesetzt. Habe mich bisher gegen Staatsanleihen entschieden, da Festgeld einfacher erschien und es immer noch diesen Unterschied gibt, zwischen dem was die EZB/FED sagen, was sie tun werden (Zinsen noch weiter hoch), und was der Markt einpreist (Rezession und fallende Zinsen bald). Das wurde mir zu kompliziert und da wollte ich den sicheren Betrag lieber in Festgeld halten.


    Bei dieser Aufteilung komme ich auf eine Sparrate für die Darlehensrückzahlung, die mehr als dem zweifachen entspricht, die ich bräuchte (bei angenommenem 2% jährlichem Zins), wenn ich den Betrag erst zum Schluss der Zinsbindung bräuchte. D.h. ich bin in 4 Jahren durch anstatt 8 Jahren.


    Habe mir das ganze auch aus Gesamtportfoliosicht angesehen, und Maximum Drawdown und Throughtime angesehen (d.h. wie lange man historisch gesehen warten müsste, bis man kein Geld verliert).


    Insgesamt fühle ich mich gut hiermit. Aber zwischendurch packt es mich doch und man zweifelt, ob man zu risikoreich an die Sache geht. Deshalb wollte ich mal weitere Meinungen hören.


    Vielen Dank dafür nochmal