Kernsanierung von Wohnung lohnenswert?

  • Hallo zusammen,


    meine Familie hat eine Wohnung geerbt (ca. 70qm) Baujahr 1923.


    Die Wohnung ist leider in einem sehr abgewohnten Zustand und müsste kernsaniert werden.


    Nun stellt sich für mich die Frage, ob es sich aus wirtschaftlicher Sicht für einen privaten Vermieter überhaupt lohnt, die Wohnung zu sanieren oder ob es nicht vielleicht besser ist, sie zu verkaufen.


    Ich schätze die Kosten für die Sanierung auf mind. 40-50k. (Es liegt aber noch kein Angebot vor)

    Für den Betrag müsste entweder ein Kredit aufgenommen oder Teile vom Depot mit Verlust verkauft werden.


    Den Wert der Wohnung schätze ich auf mind. 100-120k. Die erwarteten Mieteinnahmen liegen beim sanierten Zustand bei ca. 700€.

    Die Bruttomietrendite wäre ja mit 7% sehr gut. Hier sind die Renovierungskosten jedoch nicht berücksichtigt.


    Nun zur Überlegung.

    Wenn die Renovierung 50k kostet und man davon ausgeht, das ca. 400€ nach Abzug aller Kosten (Hausverwaltung, Steuern, Instandhaltungsrücklage etc.) von der Kaltmiete übrig bleiben, dauert es trotzdem 10 Jahre, bis sich die Kosten der Sanierung amortisiert haben.

    Mit einigen Mieterhöhungen vielleicht 9 Jahre.


    Dazu kommen noch drei Risikofaktoren:

    1. Die Heizung ist von 1990, also 32 Jahre alt. In den nächsten Jahren muss wahrscheinlich eine neue beschafft werden

    2. Die Wohnung darüber hat einen Wintergarten wo es Probleme mit der Abdichtung gibt. Dies hat in der Vergangenheit immer wieder zu Feuchtigkeitsschäden geführt.

    Dazu kommen noch weitere Risikofaktoren die grundsätzlich bei Vermietung entstehen, z.B.

    Die Mieter pflegen die Wohnung nicht, bzw. nach Auszug sind erneut Renovierungsmaßnahmen erforderlich.

    Mietnomaden.


    Alternative wäre der Verkauf:

    100k mit Festgeld (derzeit gute Angebote bei 3,3%, deutsche Einlagensicherung). Nach 10 Jahren wäre man bei 138.358€ ohne Risiko.

    Bei 120k sogar bei 166.029€.


    Rechnet man mit der durchschnittl. MSCI World Rendite von 7% sieht es natürlich nochmal ganz anders aus. Für die Kalkulation wollte ich hier jedoch bewusst jedoch eine gesicherte Verzinsung gegenüberstellen.


    Meiner Meinung nach ist hier der Verkauf + Investition so klar überlegen, dass ich mich frage, warum es überhaupt Privatpersonen gibt die kernsanieren. Bei gewerblichen, die es kostengünstig mit eigenen MA durchführen, ist die Kalkulation natürlich eine andere.


    Durch den Zinseszinseffekt kommen auch in der Hochrechnung auf 20 oder 30 Jahre die Mieteinnahmen nicht an das Investment dran. Hier müsste man aber auch noch die Wertentwicklung der Immobilie + Mieterhöhungen berücksichtigen.


    Wie ist eure Meinung hierzu?

  • Atohm

    Hat den Titel des Themas von „Kernsanierung von Wohnung lohnenswert“ zu „Kernsanierung von Wohnung lohnenswert?“ geändert.
  • Ich bin der Meinung, dass man, ohne die Details zu kennen, für 40.000 bis 50.000 Euro keine Kernsanierung bekommt. Es sei denn, in einer Region mit geringer Handwerkerauslastung und geringen Handwerkerlöhnen.

  • Was ist denn mit "Kernsanierung" gemeint? Wenn die Wohnung "abgewohnt" ist, würde ich eher an eine Grundrenovierung denken. Selbst wenn dann viel gemacht wird (z. B. einschießlich neuer Fenster und Zimmertüren) wären bei einer Wohnung in der Größe eher 20.000 € als 50.000 € einzuplanen.

  • Hallo Atohm,


    ich glaube, Sie stellen die falsche Frage. Sie können eine einzelne Wohnung in einem Mehrfamilienhaus nicht kernsanieren. Zur Kernsanierung gehören zwingend die Dämmung von Wänden und Dach, neue Dacheindeckung, neue Fenster, neue Heizung mit zukunftsfähigem Heizsystem und möglichst Fußbodenheizung, PV- Anlage mit oder ohne Batterie, Barrierefreiheit möglichst Fahrstuhl usw. Was Sie innerhalb der Wohnung machen können, ohne dass die restlichen Eigentümer zustimmen müssen, ist im Zweifelsfall herausgeschmissenes Geld.


    Entweder die gesamte Eigentümergemeinschaft zieht mit oder Sie haben die Alternativen, die Wohnung etwas aufhübschen und dann Miethai spielen oder verkaufen.


    Gruß Pumphut

  • Ok, dann wäre hier eher von einer Grundsanierung auszugehen.

    Dennoch glaube ich nicht, dass man sämtliche Fenster, das Bad, die Küche, den Boden, Wände und Decken ohne Eigenleistung für 20k saniert bekommt.

  • ich glaube, Sie stellen die falsche Frage. Sie können eine einzelne Wohnung in einem Mehrfamilienhaus nicht kernsanieren.

    Ganz unabhängig von dieser wichtigen Unterscheidung "Gemeinschaftseigentum" und "Sondereigentum" - und den daraus resultierenden unterschiedlichen (Gestaltungs)Möglichkeiten bei Renovierungen bis hin zu energetischen Sanierungen ...


    ... sehe ich dahinter auch eine ganz generelle Problematik. Den "Immobilienmarkt Deutschland" gibt es nämlich nicht. Es gibt z. B. nicht wenige Gegenden (Städte), da muß man schon siebenstellige Beträge nur für eine Wohnung in guter Stadtlage hinlegen - aber auch Gegenden da bekommt man ein ganzes Haus für den Gegenwert von zwei Neubau-Tiefgaragenplätzen in München oder Frankfurt am Main. Solche Regionen fallen mir schon spontan dutzendweise ein (sowohl übrigens in West- als auch natürlich in Ostdeutschland).


    Ein konkretes Beispiel: Fährt man von (dem fast weltbekannten im Rheingau gelegenen Städtchen) Rüdesheim am Rhein mit dem Rad auch nur 20 km (Wispertal bzw. gegenüber Hunsrück) weiter, kann oben genanntes Phänomen bereits zutreffen.


    Es wird interessant sein zu beobachten, wie man solche Fälle behandeln will und wird, bei denen die erforderliche Sanierung (um z. B. von Energieklasse H auch nur auf E aufzusteigen; das entspricht m. W. etwa dem Durchschnitt aller Bauten in Deutschland) bereits den gesamten Marktwert des Hauses inkl. Grundstück übersteigt. Und zudem die gesamten Lebensersparnisse der Eigentümer (wie nicht selten) in dem Haus stecken.


    Das könnte also noch spannend werden.


    Nur meine bescheidene Meinung.

  • Ok, dann wäre hier eher von einer Grundsanierung auszugehen.

    Dennoch glaube ich nicht, dass man sämtliche Fenster, das Bad, die Küche, den Boden, Wände und Decken ohne Eigenleistung für 20k saniert bekommt.

    Atohm

    Dem würde ich definitiv zustimmen! Ich würde auch eher an 50 k denken, wenn nicht sogar noch mehr.

    Unbedingt Angebote einholen - dann hast du Schwarz auf Weiß, wie viel Geld du ungefähr benötigst. Und bei solchen Handwerkerleistungen unbedingt einen Reservepuffer einplanen!

  • Im Hinblick auf die anstehenden Neuregelungen zur energetischen Sanierung (national + EU), würde ich im Hinblick auf den Zustand und die bereits vorhandenen Risiken das Ding ganz schnell verkaufen.


    Zu den Renovierungskosten:


    https://baugorilla.com/sanierungskosten-renovierungskosten


    Hierbei sind eventuell notwendige Maßnahmen durch die Änderung des GEG ab 2024 nicht enthalten. Insbesondere die Heizungsanlage für das gesamte Objekt sowie eine Dämmpflicht würden mir Sorgen machen.


    Weitere Probleme:


    - Eine bezahlbare (ggfls. auf Wunsch eines anderen Eigentümers qualifizierte) Hausverwaltung finden, die ein Kleinobjekt betreut (siehe dazu Nachrichten der letzten Monate).

    - Recht des Mieters auf eine Ladestation.

  • Bei allem, was man im Internet zu Baukosten findet, würde ich unbedingt auf das Bezugsdatum schauen. Die letzten Jahre waren die Materialpreise extrem volatil.


    Was mir hier noch fehlt, ist die Einordnung im Gesamtvermögen. Im Ausgangspost steht nur "meine Familie", das sind wie viele Personen und in welchem Alter? Mit meinen Geschwistern würde ich nicht zusammen eine Wohnung vermieten wollen.

  • Da kommen einige Sachen auf dich zu, die bisher noch nicht zu erkennen sind.

    Sollte die Heizung ab nächsten Jahr zur Debatte stehen, werden zwingend erneuerbare Energien notwendig, ebenso wird Wärmedämmung ein Thema. Bei 1923 erbaut, gehe ich von einer Holzbalkendecke aus, heißt durch den Eintritt der Nässe von oben kann es das nächste böse Erwachen geben. Meine Vorgehensweise wäre:

    1. Einen Baugutachter beauftragen, der einen rundum Check macht - mit Kostenplan

    2. Die anderen Eigentümer befragen, was demnächst geplant ist

    3. Kosten/Nutzen Analyse und dann schauen ob es Sinn macht

    Alles andere wäre für mich zu viel im Trüben fischen.

    Übrigens habe ich eine befreundete Familie, diese hat gerade eine Sanierung von einer 90qm Wohnung beendet. Elektrik, Heizung/Sanitär, Fliesen neu, neue Böden, Innentüren, Maurer und Putzarbeiten sowie Malerarbeiten, da waren 80T€ fällig. Es hat sich dabei um durchschnittliche Materialien gehandelt, heißt nach oben war noch sehr viel Luft. Bei der Heizung waren nur neue Heizkörper fällig, da die Therme alle Wohnungen heizt. Die Dämmung und Fenster wurden vor 2 Jahren gemacht und somit im Kaufpreis enthalten.

  • Hallo Atohm,

    nach dem Lesen der ganzen fundierten Beiträge zu Deiner Anfrage versuche ich mich mal in einer Zusammenfassung.

    Die lautet schlicht und einfach:


    Verkaufen!

    Verkaauuffeenn!!
    Verkaaauuufffeeennn!!!


    Sorry für die Kürze

    Alexis

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Ich würde Alexis zustimmen: Auch wenn die Situation aus der Ferne ganz schwer zu beurteilen ist …

    Denke nur an meine eigene Immobilie: Lebensgefährtin und ich hatten viele Pläne, wie wir den Altbau (20er Jahre) umbauen und sanieren wollten.

    Nachdem Material- und Handwerkerkosten in den letzten 2,3 Jahren dermaßen explodiert sind, mussten wir unsere Wunschliste kräftig zusammenstreichen bzw viele Arbeiten werden wir um etliche Jahre verschieben müssen.

    Und ja: Mit meinem heutigen Wissen und der aktuellen Situation würde ich diese Immobilie nicht mehr kaufen. Der Kauf war vielleicht kein Fehler, aber auf jeden Fall KEINE RICHTIG GUTE Entscheidung …

    Atohm: Und so ähnlich klingen die Umstände bei dir auch - keine richtig gute Entscheidung, sorry ?‍♂️

    In meinen Ohren klingen Verkauf und Geld in ETFs anlegen sehr viel besser und dürften zudem wesentlich weniger Stress bedeuten ?

  • Vielen Dank für die ganzen Antworten.

    Eine Korrektur muss ich noch vornehmen, das Baujahr ist 1973 und nicht 1923 wie ich herausgefunden habe.


    Wurde Abschreibung (Immobilie selbst + Sanierungskosten) bereits berücksichtigt?

    Nein noch nicht, ich hatte es nur mal grob überschlagen. Klar würde man etwas Steuern erstattet bekommen, dennoch ist es hierdurch in der wirtschaftlichen Berechnung nicht lohnenswerter geworden.

    Es gibt bereits eine Hausverwaltung aber die ist auch nicht gerade günstig und schmälert natürlich auch die Rendite.


    Bei allem, was man im Internet zu Baukosten findet, würde ich unbedingt auf das Bezugsdatum schauen. Die letzten Jahre waren die Materialpreise extrem volatil.


    Was mir hier noch fehlt, ist die Einordnung im Gesamtvermögen. Im Ausgangspost steht nur "meine Familie", das sind wie viele Personen und in welchem Alter? Mit meinen Geschwistern würde ich nicht zusammen eine Wohnung vermieten wollen.

    Stimmt das war etwas schwammig. Nein geteilt werden muss es nicht, ich werde Alleineigentümer.



    Es ist zwar BJ 1973 (sorry falsch im Opener) aber ich war gestern mit einem Makler aus dem Bekanntenkreis vor Ort und der meinte auch, dass falls dieser Mist mit mind. 60% enneuerbauren Energien durchgesetzt wird, die ganze Dämmung sowie das Dach neu gemacht werden muss um diesen Wirkungsgrad zu erreichen.


    Zu 2. die Heizung macht scheinbar viele Probleme und soll zeitnah ersetzt werden. Auch vor dem Hintergrund, dass dieses Jahr noch gegen eine neue Gasheizung getauscht werden könnte macht das natürlich Sinn. Allerdings denke ich nicht, das ich die Wohnung vorher verkauft bekommen und die Kosten für die Heizung dann anteilig tragen muss.


    Zu 3. Uff 80k ist natürlich schon ne Ansage. Wenn man nicht gerade ne Wohnung in München, Hamburg und Co mit sehr hohen Mieteinnahmen vermietet, macht das m.E. überhaupt keinen Sinn in Hinblick auf die Mietrendite.



    Hier wäre ich eigentlich eher auf deine sonst fundierte Begründung gespannt ;-).



    Ja, die gesparte Zeit und Kosten sowie das überschaubare Risiko leiten mich auch eher zum Verkauf. Da die Lage und auch der Schnitt der Wohnung ziemlich gut sind, hätte ich sie aber auch gerne vermietet (wären da nicht die hohen Sanierungskosten)

  • Hallo Atohm,

    im Vergleich zu "sonst" kann ich es hier leider nicht besser begründen als mich meinen Vorschreibern in den wesentlichen Punkten anzuschließen. Mein Dreizeiler mag da vllt. als Quintessenz des Ganzen durchgehen.

    OK, bei BJ 1973 statt 1923 hätte ich eventuell auf die dritte Zeile verzichtet.


    Auch wenn der Verkaufspreis nicht das sein wird, was Du Dir wünschst, ist der Verkauf jedenfalls kein Fass ohne Boden. Bei der Alternative kannst Du Dir in dieser Hinsicht nicht sicher sein.


    Gruß

    Alexis

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Wenn die Heizung ausgetauscht wird und die Dämmung ausgetausht wrid, dann teilt ihr euch die Kosten. Wieviele Wohneinheiten sind es?


    Beim Thema Fenster, erkundige dich ob du es bezahlen mußt oder die WG.
    Wie sehen die Fenster der Nachbarwohnung aus, wurde die alle ausgetauscht?


    Du mußt dich nur um die Wohnung kümmern. Was muß denn in der Wohnung ausgetauscht werden?

  • Wenn die Heizung ausgetauscht wird und die Dämmung ausgetausht wrid, dann teilt ihr euch die Kosten. Wieviele Wohneinheiten sind es?


    Beim Thema Fenster, erkundige dich ob du es bezahlen mußt oder die WG.
    Wie sehen die Fenster der Nachbarwohnung aus, wurde die alle ausgetauscht?


    Du mußt dich nur um die Wohnung kümmern. Was muß denn in der Wohnung ausgetauscht werden?

    Es sind drei Wohneinheiten. Ja, die Kosten der Heizung würde durch die drei Parteien geteilt werden.


    Einer der Eigentümer nutzt die Wohnung selbst und hat diese bereits renoviert (auch mit neuen Fenstern).


    Die Fenster würde ich wohl bezahlen müssen, da sie zur Wohnung gehören.


    Die Wohnung muss grundsaniert werden.

    - Neue Fenster (davon sind zwei große Panorama-Fenster)

    - Neues Bad (ggf. auch neue Rohre etc.)

    - Neuer Boden

    - Wände (neue Tapete + Anstrich)

    - Küche (zurzeit keine drin, ggf. Anschlüsse)

    - Garage (Tor verbogen, aber noch funktional, könnte man notfalls erstmal so lassen)

    - Ggf. auch neue Türen

  • Zu 3. Uff 80k ist natürlich schon ne Ansage. Wenn man nicht gerade ne Wohnung in München, Hamburg und Co mit sehr hohen Mieteinnahmen vermietet, macht das m.E. überhaupt keinen Sinn in Hinblick auf die Mietrendite.

    Da macht das genauso keinen Sinn- die Mietpreisbremse macht dir da einen Strich durch die Amortisierungsrechnung.

    Das klingt für mich eher in Richtung 100.000... Schon allein für die Küche kann man ordentlich Geld liegen lassen, und Bäder sind durch die Fliesen recht teuer.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • OK wenn es drei Wohneinheiten sind dann wird es entsprechend teuerer.
    Haben die drei Wohneinheiten zusammen 70qm oder sind es 3x70qm?

    Analog die Mieteinnahmen sind es ca. 700€ oder 3x700€?

    Kosten für die Sanierung 40-50k oder 3x 40-50k?