Schenkung einer Immobilie vor Zugewinnausgleich

  • Hallo liebe Mitleser,


    folgende Konstellation beschäftigt mich :

    Vater und Mutter haben während der gemeinsamen Ehe ein Haus gebaut. Güterstand Zugewinngemeinschaft. Vater steht allein im Grundbuch. Vater wohnt in einer Wohnung im Haus, es enthält aber auch vermietete Wohnungen. (Mutter ist inzwischen ausgezogen, weil ihr Anwalt meinte, sie habe kein Recht auf eine Wohnung in diesem Haus) Nun steht die Scheidung an. Vater möchte nach der gerichtlichen Bestätigung der Scheidung, bei der auch der Unterhalt festgelegt wird, das Haus an die Kinder - alle volljährig - übergeben. Den Zugewinnausgleich möchte er nicht abwarten.

    Mögliche Konsequenzen für die Kinder? Damit meine ich nicht diverse Steuern, sondern:

    -Müssen die Kinder Mutter den Anteil des Unterhaltes zahlen, den der Vater wegen Schenkung der Immobilie dann nicht mehr

    zahlt? Oder darf Vater sich arm schenken?

    -Was passiert, wenn Vater stirbt, bevor der Zugewinnausgleich geklärt ist?

    -Wenn der Zugewinnausgleich stattgefunden hat, hat dann die Mutter noch Ansprüche auf ein Erbe?

    Ist es den Kindern überhaupt zu raten, die Schenkung anzunehmen, oder müssen sie eventuell mit einer Rückabwicklung samt Kosten für Notar etc rechnen?

    Ich liefere bei Bedarf gern weitere Infos und bin gespannt auf Eure Einschätzungen!


    Fragende100

  • Damit sollte sich Fachpersonal befassen.


    Hier hat mal einer in der Community mitgeschrieben, den ich als fachlich versiert wahrgenommen habe.


    Verlinken werde ich nicht, aber die Suchbegriffe wären "Nachlass" und ein südliches Bundesland, sowohl auf Youtube als auch im allgemeinen Internet.


    Vielleicht hilft das weiter.

  • Ja, zur konkreten Konstellation sollte fachkundige Beratung eingeholt werden. Da muss der komplette Sachverhalt bekannt sein und es geht um zu hohe Werte, um das ohne diese Kenntnis beurteilen zu wollen. Genau aus dem Grund besteht ja auch für Scheidungsverfahren Anwaltszwang. Deshalb nur allgemeine Anmerkungen dazu:


    Unterhaltsansprüche nach der Scheidung, wenn die Kinder erwachsen sind und deshalb eine Erwerbstätigkeit nicht durch Kinderbetreuungspflichten gehindert wird? Das kann es eigentlich nur in wenigen Ausnahmefällen geben, z. B., wenn jemand dauerhaft erwerbsunfähig wegen Krankheit ist. Wenn es solche Gründe nicht gibt, hat jeder nach der Scheidung für sich selbst zu sorgen.


    Erbrecht des Geschiedenen? Auch das ist mit der Scheidung passé.


    Entreicherung durch Schenkung, um Ansprüche auf Zugewinnausgleich zu unterlaufen? Das funktioniert nicht. Wer es trotzdem versucht, handelt sich nur Ärger und Kosten ein, denn unentgeltliche Vermögensverfügungen aus den letzten vier Jahren sind anfechtbar (siehe § 4 Anfechtungsgesetz).


    Insofern - und das ist der einzige konkrete Rat auf die gestellten Fragen - sollten die Kinder an solchen Aktionen nicht mitwirken, auch das führt nur zu Ärger und Kosten, eventuell sogar zu einer Strafverfolgung nach §§ 283 oder 283d StGB. Es sei in dem Zusammenhang an die strafrechtliche Aufarbeitung der Schlecker-Pleite erinnert. Die Kinder, an die Vermögenswerte verschoben wurden, sind schwerer bestraft worden als der Vater, der auf diese Weise Vermögen vor den Gläubigern "in Sicherheit" bringen wollte.

  • Ich würde hier Expertenrat empfehlen (Steuerberater und/oder Fachanwalt für Steuerrecht). Und ganz wichtig - nur weil ein Anwalt irgendeine Meinung hat, hat das Gericht diese Meinung noch lange nicht.


    Zunächst sind Unterhalt für die Kinder und Zugewinnausgleich zwei völlig verschiedene Baustellen.

    Der Unterhalt wird anhand des laufenden Einkommens (z.B. Gehalt, Kapitalerträge, Mieteinnahmen) berechnet. Der Unterhalt wird von den Eltern an die Kinder gezahlt und zwar von beiden Eltern, wenn die Kinder volljährig sind und noch kein eigenes Einkommen haben. Also z.B. während des letzen Schuljahrs, eines Studiums etc. Wenn die Kinder im Haushalt eines Elternteils leben, kann dieser Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung (teilweise) erfüllen, indem er z.B. Wohnraum stellt und dafür keine Miete vom Kind fordert.


    Dann zum Zugewinn: Wenn das Haus während der Ehezeit gebaut wurde, ist es Zugewinn, der gemeinsam erwirtschaftet wurde und fällt in den Zugewinnausgleich. Wenn das Haus z.B. heute 1 Mio Euro wert ist, muss der Mann der Frau die Hälfte, also 500 k€, ausgleichen. Wenn nur einer der Partner im Grundbuch steht, gehört im das Haus. Vermutlich meinte das der Anwalt mit der Aussage, die Frau habe kein Anrecht auf das Haus. Als Eigentümer des Hauses kann der Vater mit dem Haus machen, was er mag. Nur sollte er das gut überlegen, weil er das Geld für den Zugewinnausgleich aufbringen muss.

    Der Vater wird wohl erhebliche Mieteinahmen haben. Die Mutter sollte prüfen, ob sie Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat, besonders wenn es so ist wie es klingt - Vater allein oder fast allein für das Familieneinkommen gesorgt hat.

    Aus dem Unterhalt für die Kinder kommen Mutter und Vater nur raus, sobald die Kinder finanziell auf eigenen Füßen stehen. Im Versorgungsausgleich kann man schauen, was ein Gericht entscheidet oder die beiden beteiligen einigen sich auf irgendetwas. Im Idealfall passiert das mit zwei Anwälten, allein des Gefühls wegen, dass man nicht über den Tisch gezogen würde. In der Annahme des Werts des Hauses von 1 Mio € kommen, wenn man das gerichtlich klären lässt, ordentliche Kosten für Gericht und Anwälte dazu. Bei einer Einigung kann man kostengünstiger wegkommen.

    Das waren ein paar Gedanken in größtmöglicher Kürze. Wie eingangs geschrieben, sollten sich beide, Mutter und Vater, von Anwälten und Steuerberatern.



    Edit: Falls es irgendwelche (notariell beurkundeten) Vereinbarungen zwischen Mutter und Vater rund um den Hausbau gibt, müsssten die Anwälte da natürlich reinschauen.

  • Liebe Profis,

    oder jedenfalls Wissendere als ich gerade ;) ,


    Danke für Eure Meinungen und Hinweise!

    Ich bin in der K Position und war mit meinen Geschwistern schon in Beratung. Es ist schwer, da jemanden zu finden, da Familienrechtler sich nicht mit Immobilienschenkungen auskennen und andersrum. Die Infos, die wir von unseren Elternteilen so mitkriegen, klingen teilweise einfach nicht reell, entweder reden sie nicht mit ihren Anwälten oder hören nur, was sie hören wollen.

    Muss mich und meine Mitstreiter ja nicht belasten.

    Wir sind volljährig und stehen auf eigenen Beinen, die Streitparteien sind beide in Rente. Ich hatte das mit dem Unterhalt so verstanden, dass M an den Mieteinnahmen von V mitbeteiligt wird. Also nicht nur reiner Ausgleich der Rentenansprüche. Wenn die Parteien sich nicht einigen, kann irgendwann ein Gericht eine Entscheidung treffen? Als Außenstehende bekomme ich langsam das Gefühl, die Anwälte schaukeln ewig rum, jeder zweifelt an den Zahlen des anderen, und damit lässt sich das Verfahren natürlich in die Länge ziehen (@ alle Anwälte hier im Forum: rein subjektive Interpretation einer Außenstehenden, bitte nicht auf die Füße getreten fühlen. Schließlich ist Streiten ja das Geschäft...)

    Wenn V nun nach dem Scheidungsurteil (...irgendwann...) auf K zugeht, muss der Notar doch alle Beteiligten aufklären, was die Schenkung der Immobilie vor dem Zugewinnausgleich doch für potentielle Folgen hat, oder? Wir K haben keine Lust, uns strafbar zu machen, nur weil V das Verfahren so schnell wie möglich vom Tisch haben will. (Und eventuell M dabei eins auswischen.)

    (Anmerkung: nein, wir sind nicht in Berlin. Sondern in einem südlichen Bundesland mit B, wo Notare noch getrennt sind von Anwälten ;) )

    Und als Laiin: kann es wirklich rechtens sein, dass M im Todesfall von V keine Erbansprüche mehr hätte, weil es eine Scheidungsurkunde gibt, obwohl der Zugewinnausgleich noch nicht stattgefunden hat? Nach meinem Rechtsempfinden wäre das grob daneben. Aber das deckt sich ja nicht immer mit den Buchstaben des Gesetzes...

    Falls jemand noch was beitragen mag, ich lese gern ;), sonst wie gesagt danke für gegebene Hinweise.

  • Der Zugewinnausgleich ist ein Scheidungsfolgeverfahren, das ist aber nicht so zu verstehen, dass zwischen Scheidung und Zugewinnausgleich längere Zeit vergeht. Normalerweise wird das zusammen oder in unmittelbarer zeitlicher Folge erledigt. Ebenso wie übrigens der Versorgungsausgleich.


    Hier scheinen in der Tat bei mindestens einem der Ehegatten etwas seltsame Vorstellungen zu herrschen, vielleicht auch bei beiden. Nach der Scheidung sind das rechtlich gesehen fremde Leute. Die haben im Zusammenhang mit der Scheidung Ansprüche, die abgewickelt werden. Da werden Rentenansprüche verschoben (Versorgungsausgleich), da gibt es einen Zahlungsanspruch zum Ausgleich von Vermögenswerten (Zugewinnausgleich), aber danach ist man auseinander. In so einem Fall gibt es normalerweise nach der Scheidung keinen nachehelichen Unterhalt, keine weitere Beteiligung an Einnahmen (Miete), kein gesetzliches Erbrecht. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich ist eine normale zivilrechtliche Zahlungsforderung, wenn der Schuldner stirbt, bevor er bezahlt hat, geht die Verpflichtung auf dessen Erben über.


    In welchem Umfang sind denn außer dem Haus Vermögenswerte bei den Noch-Ehegatten vorhanden? Ist denn überhaupt zu erwarten, dass der Zugewinnausgleich von V einfach so gezahlt werden kann, ohne dass das Haus verkauft werden muss? Wenn die Ehegatten ein Haus haben, ist das normalerweise der Hauptvermögenswert der beiden und dann - wir wollen doch realistisch sein - kommt fast immer das Haus im Rahmen der Auseinandersetzung unter den Hammer, weil sonst die eine Seite nämlich nicht in der Lage ist, die andere Seite auszubezahlen. Eine vorhandene Immobilie ist nach der Scheidung fast immer weg (und die auskömmliche Rente beim besserverdienenden Ehegatten ist danach ebenfalls nicht mehr auskömmlich). Und, siehe oben, die eventuelle Überlegung, das Haus jetzt noch schnell zu verschenken, um danach sagen zu können, dass bei ihm nichts zu holen ist, das funktioniert nicht.


    Und ja, unabhängig davon fallen auch noch reichlich Gerichts- und Anwaltskosten für die Scheidung an. Wer das alles nicht will, darf sich nicht scheiden lassen oder sollte sich wenigstens dann scheiden lassen, wenn beide (noch) nichts haben, da ist das alles einfacher.

  • Danke R., you made my afternoon! :thumbup:

    Wie gesagt, bin in der Position eines der erwachsenen K .

    V erzählt, sein Anwalt habe die Höhe des Ausgleichs grob berechnet, und er habe das Geld.

    Nun, das wollen wir an der Stelle mal so stehen lassen.

    Auch habe ich durchaus schon von Zugewinnausgleichsverfahren über mehrere Jahre gehört.

    Ist meine Vermutung zum Thema Notar richtig, muss er alle Beteiligten über mögliche Rechtsfolgen aufklären?

  • Der Notar muss beide Seiten unabhängig über die möglichen rechtlichen Folgen des Geschäfts aufklären. Er muss nicht zur Zweckmäßigkeit des Geschäfts beraten.


    Wenn V das Geld hat, braucht er sich ja auch keine Mühe geben, das Haus noch schnell loszuwerden. Als Kind würde ich eine solche Schenkung auch erst annehmen, wenn die Scheidung komplett abgewickelt ist. Ansonsten immer im Hinterkopf behalten, dass bei Scheidungsverfahren der Hang zur Wahrheit oft nicht sehr ausgeprägt ist.

  • Ja, das kann ich bestätigen, dass Familienrechtsanwälte sich nicht mit Schenkungen und auch nicht mit steuerlichen Folgen von Regelungen besonders gut auskennen.


    Und noch was wichtiges: Der Anwalt vertritt die Interessen seines Mandaten. Der vertritt nicht die Interessen von anderen Beteiligen. Und er handelt/berät in erster Linie basierend auf den Infos, die er von seinem Mandanten bekommt. Wenn die beiden Anwälte noch nicht in Kontakt standen, klingt das so, als wüsste der Anwalt von V noch gar nicht alles, was relevant wäre.

    Wenn die Anwälte basierend auf dem Streitwert abrechnen, wissen sie relativ am Anfang, was sie bekommen werden. Wenn die Anwälte basierend auf dem Aufwand abrechnen, haben sie natürlich eher ein Interesse, viel Zeit aufzuwenden. Dazu kommt, dass Anwälte relativ wenig digitalisiert arbeiten...

    Nochmal zu den Finanzen:
    Im Rahmen des Zugewinnausgleichs werden auch die Ansprüche aus Rentenversicherungen (gesetzlich, privat...) ausgeglichen, soweit sie in der Ehezeit entstanden sind.

    M könnte ihren Anwalt ansprechen, ob es Chancen gibt, nachehelichen Unterhalt zu fordern. Darüber würden die Mieteinkünfte von V einfließen. Ob es diese Chancen gibt, sollte der Anwalt relativ schnell sagen können, im Süden ist das wohl noch eher möglich als v.a. im Osten.

    Das Hauptproblem beim Haus sehe ich darin, dass V den halben Wert an M zahlen muss. Dieses Geld muss er zum festgelegten Zahlungstermin verfügbar haben plus evtl. Ausgleichszahlungen für das Geld auf den Konten (Giro, Rücklagen für Immobilieninstandhaltung, Aktienfonds...). Übrigens kann schon allein die Wertermittlung des Hauses weitere Schwierigkeiten mit sich bringen. Wenn M und V sich nicht einigen, braucht es einen Gutachter oder auch viele, wenn eine Seite mit dem Gutachten nicht einverstanden ist.

    Wenn M und V sich noch grün sind, können sie über alle möglichen Ideen diskutieren, wie der Zugewinnausgleich erfolgen soll. Aber immer schön alles, auf was man sich geeinigt hat, vom Gericht oder einem Notar beurkunden lassen.

    Wie schon gesagt, wenn M und V sich sinnvoll einigen (also basierend auf den Fakten und nicht basieren auf Wünschen), profitieren sie beide davon. Wenn sie das nicht schaffen, holen sich Gerichte, Anwälte, Notare, Finanzamt ein ordentliches Stück vom Kuchen.

  • Nun steht die Scheidung an. Vater möchte nach der gerichtlichen Bestätigung der Scheidung, bei der auch der Unterhalt festgelegt wird, das Haus an die Kinder - alle volljährig - übergeben. Den Zugewinnausgleich möchte er nicht abwarten.

    Maßgeblich für den Zugewinnausgleich sind die Wertbestimmungen zum Zeitpunkt der Eheschließung sowie des Scheidungsantrages. Es kann ja sein, dass der Streit, wie hoch die Werte waren/sind, dauert. Dumm wäre es von Vater bzw. Kindern, Fakten zu schaffen, die die Ausgleichszahlung an die Mutter erschweren oder verhindern. Das kann nur unnötig teuer werden.

    Klug und billiger wäre gewesen, mit einem Anwalt auszukommen und sich vor dem Scheidungsantrag über den Wert des Hauses durch ein Gutachten oder Einholen von Kaufangeboten zu verständigen.