Hallo zusammen,
zunächst möchte ich vorwegschicken, dass ich in puncto Finanzen ein relativ solides Grundwissen habe (Bankausbildung, BWL-Studium, Finanzliteratur), was aber NICHT heißen soll, dass ich mit allen Eigenheiten der verschiedenen Finanzprodukte vertraut bin, besonders im Bereich der Altersvorsorge gibt es ja unzählige Produkte mit vielen steuerlichen Erwägungen.
Meine Bankgeschäfte erledige ich seit 20 Jahren allesamt online, ich bin sehr aktiv bei den Neo-Brokern und brauche in puncto Geldanlage keine "Beratung".
Ich investiere eigentlich alles (langfristig) in Aktien / ETFs und habe damit über längere Zeit vorwiegend gute Erfahrungen gemacht. Kurzfristige Käufe / Verkäufe interessieren mich eigentlich weniger.
Ich habe bereits in jungen Jahren einen Riester-Vertrag (damals noch bei der Deka) abgeschlossen, später bin ich dann zu Fairr gewechselt, weil ich den ETF-Gedanken interessant fand. Aus heutiger Sicht würde ich kein Riester-Produkt mehr abschließen, sondern nur noch selbst in ETFs ansparen (was ich nebenbei auch noch mache).
Nun ist es so, dass (wie jeder weiß) der Fairr-Riester zu Corona Zeiten komplett aus den ETFs in Anleihen raus ist und dann viel zu spät in Aktien reinvestiert hat. Jeder Aktien-Anfänger weiß, dass man sowas nicht macht, aber das Riester-Kontrukt macht den Banken hier wohl völlig sinnfreie Vorgaben.
Aktuell habe ich einen Verlust von ca. 7000 Euro / 30% stehen bei ca. 27 Jahren Restlaufzeit. Ich bespare den Riester-Vertrag seit ca. einem Jahr wieder, um Förderung und die Steuererstattung abzugreifen, überzeigt bin ich allerdings schon lange davon nicht mehr.
Auffällig ist, dass das Riester Depot selbst in Zeiten, wo die Aktienmärkte gut laufen, kaum wächst, meine selbst verwalteteten Depots laufen allesamt deutlich (!) besser. Obwohl die ETFs, in die Raisin investiert, per se nicht "schlecht" sind, es sind halt vorwiegend Low Volatility ETFs (weniger Risiko -> weniger Rendite). Die Kosten bei Fairr sind ebenfalls nicht unerheblich.
Meine Fragen / Gedanken hierzu:
- Wenn ich den Vertrag beitragsfrei stelle, muss ja am Ende die Sutor-Bank den Verlust ausgleichen. Kann man davon ausgehen, dass die Bank diese Verluste später auch stemmen kann? Mich würde es nicht wundern, wenn die Bank später aufgrund der hohen Verluste im Riester-Geschäft vom Markt verschwinden würde. Die haben ja zahlreiche Riester-Bestandskunden mit hohen Verlusten an der Backe. Ich würde vermuten, dass der größte Teil der Kunden den Vertrag beitragsfrei gestellt hat nach dem Corona-Desaster. Oder es kommt irgendeine nachträgliche Gesetzesänderung und Riester-Sparen bleiben auf den Verlusten sitzen. Würde mich auch nicht wundern.
- Mir ist aufgefallen, dass Raisin, sobald ich den Vertrag beitragsfrei stelle, alles komplett in Anleihen umschichtet. Ich frage mich, wie die dann 30% Verlust mit Anleihen ausgleichen wollen. Logisch wäre ja eher, alles in Aktien zu lassen, damit überhaupt noch eine Chance besteht, den Verlust auszugleichen. Das hängt vermutlich mit den Vorgaben des Riester-Produkts zusammen, oder?
- Schon immer fällt mir auf, dass hier ständig umgeschichet wird, da werden mal diese Anteile verkauft, dann wird wieder ein anderer ETF-gekauft (teils sogar mit gleicher Ausrichtung, aber von einem anderen Unternehmen), eine Struktur erkenne ich hier nicht.
- Die Förderung von 175 Euro ist lächerlich, wie jeder weiß, wird diese fast von den Kosten wieder aufgefressen. Allerdings erhalte ich durch den Riester-Vertrag auch eine zusätzliche Steuererstattung (das mit der nachgelagerten Besteuerung weiß ich), die ich natürlich auch wieder vollständig in ETFs / Aktien investiere (Neo-Broker Depot) und die mir auch eine kleine zusätzliche Rendite einbringt.
- Ich habe mir auch schon überlegt, das Guthaben aus dem Riester-Vertrag zur Sondertilgung meines Immobilienkredits zu verwenden. Allerdings ist es dann wohl so, dass bei einer Entnahme die Verluste "realsiert" werden, ich also die 7000 Euro endgültig abschreiben müsste.
Was würdert ihr mit dem Produkt machen? Beitragsfrei stellen und hoffen, dass die Sutor-Bank die Verluste später wieder ausgleichen kann? Die Kosten laufen dann ja weiter, wahrscheinlich würde das Kapital dann sogar sinken.
Da ich monatlich ca. 160 Euro anspare (um die max. Steuererstattung abzugreifen) könnte ich diesen Betrag dann problemlos in mein ETF-Depot laufen lassen. Da spare ich (zu meiner Hauskredit-Rate i. H. v. 1400 Euro) aktuell monatlich ca. 600 Euro an. Mein Gefühl sagt mir einfach, dass ich mit meinem eigenen, privaten ETF-Depot trotz Förderung und Steuererstattung langfristig deutlich besser dastehe. Riester ist für mich in Bezug auf Aktien eine Fehlkonstruktion, denn Rendite kann bekanntlich als Risikoprämie verstanden werden, aber gerade dieses Risiko will Riester ja eleminieren.
Ich freue mich auf eure Ratschläge / Ideen.