Hallo zusammen, letztes Jahr ist der Artikel https://www.finanztip.de/baufinanzierung/mieten-oder-kaufen/ erschienen. Abgesehen davon, dass die Hyptokenzinsen schon dieses Jahr auf weit über 3% gestiegen sind und es toll wäre wenn der Artikel aktualisiert werden könnte, habe ich folgendes Verständnisproblem: In dem Artikel wird so getan, als hätte ein Mieter das Geld, welches der Käufer als Eigenkapital und für die Tilgung von Kredit und Zins (plus Instandhaltung) verwenden muss, zur Verfügung um in eine andere Geldanlage, z.B. in Aktien zu investieren. Aber in der Realität muss der Mieter doch dieses Geld verwenden um seine Miete zu bezahlen? Am Ende der Laufzeit nennt der Käufer eine Immboilie sein Eigentum, während der Mieter mit leeren Händen da steht. Wie kann da ein Mieter, selbst wenn sich alle sonstigen im Artikel gennnanten Kriterien zu seinen Gusten entwickeln vorteilhafter als ein Käufer gehandelt haben? Wo liegt der der Denkfehler? Vielen Dank für Eure Hilfe, Christian
FT Artikel "Mieten oder Kaufen" - Wo ist der Denkfehler?
- ChristianSchilling
- Erledigt
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Regelmäßig wird die Summe aus Zins, Tilgung, Instandhaltung und Nebenkosten (bei Kauf oder Bau) die Summe von Miete und Nebenkosten übersteigen. Es bleibt also eine Differenz zum Investieren.
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Bei diesen Modellrechnungen finde ich die Annahmen auch problematisch: Bei den bis 2020 wirklich niedrigen Zinsen war bei mir Miete und Tilgung/Zins/Rücklagen fast identisch! Oder mal anders rum gedacht: Schaut euch doch mal im Freundes-/Bekanntenkreis um, was dort (insb. In den Ballungsgebieten) an Warmmiete gezahlt wird! Da können sich selbst gut verdienende Akademikerpaare ohne Kids die Wohnung nur gerade so leisten! Für zusätzliches Sparen in ETFs bleibt da oft überhaupt kein Spielraum mehr, was diese Modellüberlegungen m.E. nicht angemessen berücksichtigen!
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Regelmäßig wird die Summe aus Zins, Tilgung, Instandhaltung und Nebenkosten (bei Kauf oder Bau) die Summe von Miete und Nebenkosten übersteigen. Es bleibt also eine Differenz zum Investieren.
Ich übersetze das mal vereinfacht:
Die Finanzierung einer Wohnung kostet deutlich mehr als die Miete.
Wenn der Mieter diese z.b. 500 Eur / Monat in einen ETF packt, hat er nach 20 Jahren ein Depot von 200.000 Eur während der Käufer eine Immobilie im Wert von 200.000 Eur hat.
Wenn der Mieter sich aber denkt: Hui, ich hab 500 Eur übrig, ich kaufe mir ein dickes Auto, dann steht der Käufer am Ende besser da.
Dieser Aspekt (Geld, das man nicht mehr zur Verfügung hat, kann man nicht sinnlos ausgeben) halte ich für stark unterbewertet und gilt z.B. auch für oft nicht gute (Riester-)Rentenversicherungen.
Nicht jeder schafft es Geld nicht auszugeben, dass nicht bereits verplant ist.
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Man sollte auch nicht vergessen, dass in den heißen Immobilienmärkten die Kaufpreise in Jahresmieten gerechnet deutlich höher sind als anderswo. Sprich, während man in Hintertupfingen eine Immobilie zu 20 Jahresmieten bekommt, zahlt man in München und co auch gerne mal 40+ Jahresmieten. Auf diese Prämie kommen dann Kaufnebenkosten und Zinsen dazu.
Das Thema Kaufnebenkosten kommt mir in solchen Vergleichen ohnehin viel zu kurz. Wir reden hier in der Regel von 50 000€ aufwärts. Das ist eine Menge Vermögen, das man beim Kauf unwiderruflich zerstört.
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Also bei mir war die Kaufpreis-Miet-Relation etwa 19! Der Nominalzins bei 0,52% und die simple Frage, ob ich 1.500€ Miete oder 1.200€ Kreditrate also Zins und Tilgung zahle. Das ist bei dieser Ausgangslage m.E. ein No-Brainer! Und ich hätte es mit noch so diszipliniertem Sparen in ETFs nicht geschafft, so zügig Vermögen aufzubauen! Die 1.500€ wären da meines Erachtens wirklich rausgeschmissenes Geld gewesen, das jetzt mein Vermögen ganz entspannt aufbaut!
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… Von den 1.200€ Kreditrate monatlich sind weniger als 100€ Zinsen gewesen, was einem effektiven Sparen in mein Vermögen von rund 1.100€ pro Monat entspricht! Wie hätte ich das machen sollen, wenn ich statt der Rate für Wohnen monatlich 1.500€ dem Mieter in den Rachen geworfen hätte?
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Mich wundert, dass du bei 1500€ Miete auf 1200 Rate kommst. Vergleichen wir wirklich vergleichbare Immobilien und wie lange läuft deine Finanzierung? Wie viel Rücklagen bildest du, was ist mit umlegbaren Nebenkosten? 1500€ Miete steht für mich auch im Widerspruch zu 19 Jahreskaltmieten zu Nullzinszeiten
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Stimmt dahingehend, dass wir etwas aus der Stadt rausgezogen sind (10 Min Fahrzeit bis an die Stadtgrenze) und die Wohnungen nicht ganz identisch sind! Trotzdem bleibt mein Punkt: Wie viel finanzieller Spielraum bleibt Singles, Paaren oder Familien in Anbetracht der derzeit oft relativ hohen Neuvertragsmieten? Wer 40-50% oder teilweise noch mehr seines Nettoeinkommens für Miete und Nebenkosten ausgibt, kann oft kaum zusätzlich sparen! Disziplin hin oder her!
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Inflationsbedingt geht immer mehr für Lebensmittel etc. drauf, was den Spielraum nochmal reduziert. Ich finds etwas merkwürdig, diesen Mietern, die finanziell wirklich kaum sparen können, zu unterstellen, sie wären nicht diszipliniert genug, was Vermögensaufbau angeht! Sie bauen Vermögen auf, aber eben das des Vermieters!
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In dem Artikel wird so getan, als hätte ein Mieter das Geld, welches der Käufer als Eigenkapital und für die Tilgung von Kredit und Zins (plus Instandhaltung) verwenden muss, zur Verfügung um in eine andere Geldanlage, z.B. in Aktien zu investieren. Aber in der Realität muss der Mieter doch dieses Geld verwenden um seine Miete zu bezahlen?
Nein, muss er nicht. Sonst könnte er sich die Immobilie nicht leisten. Die Frage, ob "kaufen oder mieten" beinhaltet, dass ich das Eigenkapital habe und dann entscheide, ob ich es für den Hauskauf verwende, oder für etwas anderes (und dann weiter zur Miete lebe).
Das ist der Denkfehler.
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Schaut euch doch mal im Freundes-/Bekanntenkreis um, was dort (insb. In den Ballungsgebieten) an Warmmiete gezahlt wird! Da können sich selbst gut verdienende Akademikerpaare ohne Kids die Wohnung nur gerade so leisten!
Ich finde, dass Du da viel zu sehr pauschalisierst.
Wir wohnen z.B. langjährig mitten in HH. Allerdings in einer Genossenschaftswohnung. Daher können wir uns über
die Miethöhedas Nutzungsentgeld wahrlich nicht beschweren.Wenn man natürlich in einem Neubauloft oder in einem Szeneviertel in einer renovierten 5-Zimmer Altbauwohnung wohnen will/muss darf man sich natürlich nicht beschweren.
Wir gehören allerdings zu den Menschen, die sich recht viel außerhalb Ihrer Wohnung aufhalten (Arbeit, Aktivitäten, Hobby, usw.). Von daher sehen wir eine Wohnung auch eher als Schlafstätte an.
Ich konnte/kann auf jedem Fall recht viel Sparen (investieren).
Inflationsbedingt geht immer mehr für Lebensmittel etc. drauf, was den Spielraum nochmal reduziert. Ich finds etwas merkwürdig, diesen Mietern, die finanziell wirklich kaum sparen können, zu unterstellen, sie wären nicht diszipliniert genug, was Vermögensaufbau angeht!
Auch wieder sehr pauschal.
Nur weil Du es möglicherweise nicht kannst/willst, solltest Du nicht auf andere schließen. Jeder Mensch ist ein Individuum.
Ich bzw. wir sind z.B. inzwischen heilfroh uns nie eine Immobilie ans Bein gebunden zu haben. Passt einfach nicht zu uns und unserem Lebensentwurf.
Ich sehe es gerade bei meinen Eltern bzw. inzwischen nur noch bei meiner Mutter. Die Immobilie ist längst ein Klotz am Bein. Viel zu groß und die Instandhaltung von Haus und Garten macht sich eben nicht von allein. Aber die Kraft oder den Mut sich davon zu trennen hat man nicht, obwohl die Kinder bereits seit 20 Jahren bekundet haben, dass kein Interesse an einer Übernahme des Hauses besteht.
Jeder muss seinen Weg zum Glück finden.
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Wobei der Vergleich mit der Genossenschaftswohnung auch nicht fair ist. Das große Problem in Städten kommt, sobald man die Wohnung wechseln muss. Für uns war das mit Kind der Fall, 2 Zimmer für 3 Personen sind halt einfach keine vernünftige Lösung. Und Konstanz braucht sich beim Wohnungsmarkt definitiv nicht vor den Großstädten verstecken, 15€/qm für unsanierte Altbauten sind da noch das untere Ende. Ganz ohne Seesicht oder Szeneviertel. Da ist man dann für 3 Zimmer schnell bei 1400€ Kaltmiete und aufwärts. Viel Geld nur fürs Wohnen. Wobei Kaufen da auch nicht besser ist, bei 5000€/qm aufwärts lässt man für die 3 Zimmer eine halbe Million plus Kaufnebenkosten liegen, häufig auch mehr. Also Eigentümer ist man dann auch für sämtliche Sanierungen und Reparaturen zuständig, sodass es noch teurer wird. Und anders als der Vermieter kann man nichts davon von der Steuer absetzen. Die Demographie zeigt für Konstanz auch, wozu das führt: junge Familien verlassen die Stadt reihenweise.
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Wobei der Vergleich mit der Genossenschaftswohnung auch nicht fair ist.
Es ist auch nicht fair einen Zinssatz von 0,x% für eine Immobilienfinanzierung als Grundlage für eine generelle Renditebetrachtung kaufen vs. mieten anzunehmen.
Daher schrub ich ja auch was von Individuum...
Bei einer Genossenschaft kann man auch intern wechseln. Leider gilt hier aber das gleiche wie in anderen Dingen. Wer einmal in einer 3 oder 4 Zimmerwohnung sitzt wir dann Jahre später kaum mehr in eine kleinere Wohnung wechseln. Zumal die kleinere Wohnung dann im Verhältnis teurer ist (Preis pro qm).
Evtl. müßte eine Genossenschaft darauf mit einer 'Fehlbelegungsabgabe' reagieren. Sprich wer eine große Wohnung ohne Grund, also ohne die entsprechende Personenanzahl, bewohnt muss deutlich mehr bezahlen. Sozusagen Wohnen abhängig vom tatsächlichen Platzbedarf und nicht zwingend vom Geldbeutel.
Wer das nicht will, kann ja Eigentum erwerben.
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Wir ziehen demnächst um, wieder zur Miete. Kaltmiete 1200€ für ca. 110qm, nicht günstig, aber zum Kauf würde die Wohnung (oder eine vergleichbare) ziemlich sicher 550.000€ aufwärts kosten (Neubau ist hier bei 5000€/qm).
Angenommen die Wohnung wäre zum Kauf würden wir erstmal ~50k an Kaufnebenkosten versenken, die unwiderbringlich weg sind. Dann würden wir bei den aktuellen Zinsen (je nach EK) schon um die 1000€ nur an Zinsen im Monat zahlen, da fahren wir zur Miete deutlich günstiger.
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Evtl. müßte eine Genossenschaft darauf mit einer 'Fehlbelegungsabgabe' reagieren.
Na ja, plötzlich so eine Abgabe einzuführen, ist schwierig und m. E. fragwürdig.
Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn die Genossenschaft eine Art Tauschbörse organisiert. -
Nein, muss er nicht. Sonst könnte er sich die Immobilie nicht leisten. Die Frage, ob "kaufen oder mieten" beinhaltet, dass ich das Eigenkapital habe und dann entscheide, ob ich es für den Hauskauf verwende, oder für etwas anderes (und dann weiter zur Miete lebe).
Das ist der Denkfehler.
Ok. Erstmal vielen Dank an alle für die verschiedenen Beiträge. Bzgl. Eigenkapital stimmt natürlich, dass ich hier Kapital binde, was ich anderweitig investieren könnte. Allerdings sind das ja i.d.R. nur 20-30%. Den Rest finanziere ich aus meinen laufenden Einnahmen. Und da ist der andere Punkt, den ich hier mitnehme, dass aktuell die monatliche Rate für Tilgung Kredit, Zins und Rücklage Instandhaltung gut und gerne 50% höher als die monatliche Miete für ein vergleichbares Objekt liegen kann. Diese Differenz bliebe mir bei dem Miet-Scenario ebenfalls zur Verfügung um alternativ investiert zu werden. Wäret Ihr da meiner Meinung oder gibt es Einwände?
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Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn die Genossenschaft eine Art Tauschbörse organisiert.
Leider ist es nicht so einfach. Als Nutzer einer Wohnung kommen auf Dich in der Genossenschaft nur recht geringe Steigerungen des Nutzungsentgelts auf Dich zu (ähnlich wie bei jedem Bestandsmieter).
Wir wohnen jetzt seit fast 20 Jahren in unsere Wohnung. Im baugleichen Nachbarblock zieht zum 1.8. ein Bekannter von uns ein. Umgerechnet pro qm zahlt er ab 1.8. ein um 20% höheres Nutzungsentgelt.
Nehmen wir also mal an, Du wohnst 25 Jahre in einer 4 Zimmer Wohnung mit 80qm, dann sind die Kinder raus und man könnte eigentlich auch mit einer 60qm Wohnung mit 3 Zimmern gut leben. Leider kostet bei einem Wohnungswechsel die 60qm Wohnung das gleiche wie zuvor die 80qm Wohnung. Verständlicherweise besteht dann eher kein Interesse die Wohnung zu wechseln. Man hat keinen finanziellen Vorteil (abgesehen von den Nebenkosten) und Umziehen macht man ja auch nicht nur so zum Spaß.
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Evtl. müßte eine Genossenschaft darauf mit einer 'Fehlbelegungsabgabe' reagieren. Sprich wer eine große Wohnung ohne Grund, also ohne die entsprechende Personenanzahl, bewohnt muss deutlich mehr bezahlen. Sozusagen Wohnen abhängig vom tatsächlichen Platzbedarf und nicht zwingend vom Geldbeutel.
Wer das nicht will, kann ja Eigentum erwerben.
Ich erinnere mich daran, so etwas mal über eine Genossenschaft in der Schweiz gelesen zu haben. Sind zu wenig Personen in der Wohnung, wird einem der Wechsel nahegelegt, eine Abgabe erhoben und bei ganz hartnäckigen sogar gekündigt. Finde auf die Schnelle aber die Quelle nicht mehr.
Ähnliche Problematik hat man ja auch bei Sozialwohnungen, da wohnen nach 20 Jahren auch viele Menschen drin, die schon lange keinen Anspruch mehr darauf hätten. Was im Einzelfall nachvollziehbar ist, führt auf der Ebene des gesamten Wohnungsmarkts zu Fehlallokationen.
Es ist auch nicht fair einen Zinssatz von 0,x% für eine Immobilienfinanzierung als Grundlage für eine generelle Renditebetrachtung kaufen vs. mieten anzunehmen.
Daher schrub ich ja auch was von Individuum...
Jein. Eine Finanzierung von unter 1% war 2020 für jeden einigermaßen solventen Immobilienkäufer zu erreichen. Die Genossenschaftswohnung ist das nicht. Jetzt sieht die Situation natürlich anders aus, aktuell schlägt das Pendel sehr stark in Richtung Mieten aus. Und da sind wir bei einem wichtigen Punkt, denn die Entscheidung für oder gegen Eigentum ist eine langfristige Entscheidung, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich aber ständig und damit liegt kurzfristig mal das eine und mal das andere vorne.
Und ebensowenig sollte man in der ganzen Betrachtung vergessen, dass die meisten Menschen im Alter nichts vom gebundenen Vermögen haben, außer dem mietfreien (nicht aber kostenfreien) Wohnen und vor allem die Erben von den hunderttausenden profitieren
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Ich finde, dass Du da viel zu sehr pauschalisierst.
Wir wohnen z.B. langjährig mitten in HH. Allerdings in einer Genossenschaftswohnung. Daher können wir uns über
die Miethöhedas Nutzungsentgeld wahrlich nicht beschweren.Na damit machst du aber das extreme Gegenbeispiel auf: Konditionen von vor 20 Jahren und dann noch Rabatt durch Genossenschaftsbedingungen! Mein Argument ist doch gerade auf den aktuellen Mietmarkt (Neuvertragsmieten) bezogen, nicht auf die Bedingungen von vor zwei Jahrzenten! Meine Eltern konnten in den 1980er Jahren auch im Rhein-Main-Gebiet so mieten, dass sie parallel für eine eigene Immobilie sparen konnten. Wo geht das heute bei den aktuellen Mietpreisen in Neuverträgen noch? Wir haben uns hier in der Region umgeschaut und unter 1.300€ kalt war praktisch nichts brauchbares auf dem Markt. Natürlich ist Wohnen/Leben immer auch eine Life-Style-Entscheidung und es braucht sicher nicht jeder ein eigenes Haus. Aber ich denke wirklich vor dem Hintergrund der aktuellen Neuvertragsmieten bleibt oft auch gutverdienenden jungen Menschen kaum Spielraum um parallel zu sparen!