Rücknahmepreis

  • Liege ich falsch mit der Annahme, dass der Verkaufskurs eines Fonds identisch ist seinem Rücknahmepreis?

    Ichn habe Anteile des "Hausinvest 980701" und will wissen, ob ich dazukaufe oder verkaufe.

    Comdirect zeigt in den letzten Tagen einen Verkaufspreis um die 39 Euro, für das gleiche Papier wird z. B. bei der

    DEKA am gleichen Tag ein Rücknahme-/Verkaufspreis von ca. 40 Euro genannt.

  • Der Rücknahmepreis ist derjenige, der zum Tragen kommt, wenn man das Wertpapier (oder was auch immer) direkt an den Herausgeber "zurückgibt" bzw. verkauft. Dieser kann natürlich vom aktuellen Kurs an Börse X abweichen.

  • Korrektur: Ich habe leider bei der Deka einen falschen Betrag angegeben; heute lag dort der Rückgabepreis bei über 43 Euro. Diese hohe Differenz kann ich mir nicht erklären.

  • Der Preis bei der DEKA ist der Nettoinventarwert (Summe der Immobilenwerte durch Anzahl der Fondsanteile) und liegt aktuell bei 43 ,45 Euro.


    An der Börse richtet sich der Preis nach Angebot und Nachfrage. Da man an der Börse der Meinung ist, dass die Immobilien des Fonds bei steigenden Zinsen im Kurswert sinken müssten, erzielt man dort nur einen geringeren Preis. Ist also jeder selber schuld, der aktuell an der Börse verkauft.

  • Wenn ein Fonds mit Ausgabeaufschlag belegt ist, liegt bei der Fondsgesellschaft der Verkaufskurs um eben diesen Ausgabeaufschlag über dem Rücknahmekurs. Der Rücknahmekurs entspricht dem Nettoinventarwert.


    An der Börse gibt es auch unterschiedliche Ankauf- und Verkaufskurse, aber der handelsbedingte Spread dort hat nichts mit dem Ausgabeaufschlag zu tun und ist auch viel geringer. Das sollte sich alles ganz in der Nähe vom Rücknahmekurs der Fondsgesellschaft bzw. dem Nettoinventarwert abspielen. Wenn nicht, ist der Fonds selten gehandelt und der Markt funktioniert nicht richtig oder der Markt weiß mehr als die Fondsgesellschaft zugeben will. (Z.B. wenn die bei Immobilienfonds den Nettoinventarwert geschönt wiedergibt, damit der Kurs gleichmäßig verläuft. Tagesaktuelle Bewertungen gibt es da ja gar nicht.)

  • Wenn nicht, ist der Fonds selten gehandelt und der Markt funktioniert nicht richtig oder der Markt weiß mehr als die Fondsgesellschaft zugeben will

    Wie gesagt, man schaue in die Bedingungen! Es gibt lange Fristen, wenn man direkt an DEKA verkaufen bzw. "zurückgeben" will. Mindesthaltedauer 24 Monate, 12 Monate "Kündigungsfrist".
    Wer die Kohle sofort benötigt, muss daher an einer Börse verkaufen - zum niedrigeren Preis.

  • Das würde ich als Variante von "der Markt weiß mehr" ansehen. Um schneller da raus zu kommen sind die Marktteilnehmer bereit, einen saftigen Abschlag gegenüber dem offiziellen Inventarwert in Kauf zu nehmen.

  • Das würde ich als Variante von "der Markt weiß mehr" ansehen.

    Ja, der Markt weiß alles besser.

    Anfang 2020 ist der Kurs von hausinvest an der Börse von 42 Euro auf unter 38 gefallen.

    Den Kurs der Fondsgesellschaft (übrigens Commerz Real und nicht Deka) hat das nicht die Bohne interessiert, und die Immobilien waren damals und heute auch nicht vom Einsturz bedroht.


    Immos sind nun mal eine langfristige Investition, da spielt der tagesaktuelle Kapitalmarktzins an der Börse keine große Rolle bei der Wertermittlung der Gebäude. Das Finanzamt läßt sich bei der Bewertung zum Zweck der Grundsteuer und Erbschaftssteuer auch nicht von beeindrucken. Die Gesellschaften halten den Bestand über jahrzehnte und lassen die Gebäude alle paar Jahre von mehreren Gutachtern bewerten, und dazwischen wird linear interpoliert. Ebenso die Einnahmen und Ausgaben aus Mieten, Instandhaltung und Fondsausschüttung.


    Die eingeschränkte Rückgabemöglichkeit an die Gesellschaft stammt aus Zeiten, als sich die Kapitalmarktrenditen unter jene von Immobilenfonds absenkten. Daraufhin floß jede Menge Tagesgeld in diese Anlageklasse. Als die Investoren dann ihr Geld zurück haben wollten, liefen etliche Gesellschaften in massive Liquiditätsprobleme, denn Immos lassen sich im Gegensatz zu Aktien nicht einfach tagesaktuell an der Börse liquidieren. Und mit Liquiditätsreserven kann der Fonds nicht wie vorgesehen wirtschaften. Daraufhin hat der Gesetzgeber die eingeschränkten Rückgabemöglichkeiten beschlossen, um den Markt zu stabilisieren.


    Wer damit Probleme hat, soll sich andere Anlageklassen wählen.

  • Die Gesellschaften halten den Bestand über jahrzehnte und lassen die Gebäude alle paar Jahre von mehreren Gutachtern bewerten, und dazwischen wird linear interpoliert

    Und genau das ist der Punkt, an dem der Markt eben mehr weiß. Ein gutes Beispiel sind die Zinssteigerungen der letzten 1,5 Jahre. Ein 2 Jahre altes Gutachten geht noch von einem 0,x% Zinsniveau aus. Das betrifft nicht nur die Zinskosten, sondern auch die Abzinsung zukünftiger Erträge. Niedrig diskontierte Erträge der Zukunft sind fast so viel wert, wie Erträge heute. Bei einem hohen Zinsniveau ist das anders.

    Langfristig mag sich das wieder ändern und sich die Gutachterwerte an die neue Realität anpassen. Bis dahin liegt der Börsenwert unter dem NAV. Es ist nicht nur ein Abschlag für Liquidität

  • Ein 2 Jahre altes Gutachten geht noch von einem 0,x% Zinsniveau aus.

    Der Gutachter kann auch von den tatsächlich enstandenen Herstellungskosten ausgehen, und auf die Gesamtnutzungsdauer von 50 Jahren abschreiben. Da spielen die tagesaktuellen Zinsen rein gar keine Rolle. Der Immofonds hat genug Eigenkaital, um nicht auf Kredite angewiesen zu sein.

  • Das stimmt so nicht. Ein Blick in den Halbjahresbericht zeigt, dass 12,8% Fremdkapital sind. Ja, für Immobilieninvestments ist das eher am unteren Ende, immun gegen Zinsänderungen ist er auf der Kostenseite nicht.


    Bei den Gutachten gibt es drei mögliche Verfahren: das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren. Sowohl das Vergleichswertverfahren als auch das Ertragswertverfahren sind sensibel auf Zinsänderungen.

    Die Rendite eines Immobilienfonds besteht aus den laufenden Mieterträgen sowie der Wertsteigerung. Bei einer Haltedauer von Jahrzehnten ist insofern das Ertragswertverfahren mit großem Abstand am besten geeignet, um eine faire Bewertung zu bekommen. Und umgekehrt ist das Sachwertverfahren eher schlecht dafür geeignet. Noch dazu ist es anfällig für Manipulationen durch entsprechende Einstufung beim Zustand.


    Es ist vollkommen legitim zu sagen "ich mache buy and hold und interessiere mich nicht für aktuelle Werte". Es ist aber nicht richtig, zu behaupten, dass der Zins keinen Einfluss auf den Wert hat. Der fehlende Einfluss auf den Preis (ungleich Wert) ist eine Konsequenz der Art, wie die Preise für Immofonds von der Gesellschaft bestimmt werden. Diese haben natürlich ein Interesse daran, ein möglichst schwankungsarmes Produkt zu verkaufen