Vorabpauschale 2023 besser aus Freistellungsauftrag oder vom Verrechnungskonto

  • Hallo...


    zu dem Thema wurde viel geschrieben und der Tenor ist in der Regel, dass die Vorabpauschale auf (i.d.R. thesaurierende) ETF am besten über den Freistellungsauftrag (1.000/2.000 Euro) bei der depotführenden Bank abgedeckt werden kann.


    Mich plagt folgende Frage:


    Wenn ich heute den Freistellungsauftrag zumindest teilweise für die Vorabpauschale nutze, zahle ich auf den dann nicht mehr vom Freistellungsauftrag abgedeckten Teil meiner Kapitaleinkünfte 25% KESt+Soli. Im (Renten-)Alter sollte der Steuersatz darunter liegen, weil das zu versteuernde Einkommen dann deutlich geringer ist als heute (Rente statt Gehalt).


    Also nutze ich doch heute lieber den Freistellungsauftrag, um aktuelle KESt auf andere Assets (u.a. ausschüttende ETF) zu vermeiden und halte für die Vorabpauschale Liquidität auf dem Verrechnungskonto vor.
    Im Alter zahle ich meinen dann geltenden niedrigeren Steuersatz. Die Vorabpauschale wird angerechnet, egal, ob sie aus dem Freistellungsauftrag oder vom Verrechnungskonto stammt.


    Ich habe noch nicht ausgerechnet, wie viel das 2023 wäre, bei steigenden Zinsen (und steigendem ETF-Vermögen) wird die Wahl aber immer bedeutender.


    Kann jemand sagen, ob ich hier den richtigen Gedankenweg habe?


    Lieben Dank, schönen Sommer! 8)

  • Kann jemand sagen, ob ich hier den richtigen Gedankenweg habe?

    Du denkst in die falsche Richtung.

    Der Tenor ist in der Regel, dass die Vorabpauschale auf (i.d.R. thesaurierende) ETF am besten über den Freistellungsauftrag (1.000/2.000 Euro) bei der depotführenden Bank abgedeckt werden kann.


    Wenn ich heute den Freistellungsauftrag zumindest teilweise für die Vorabpauschale nutze, zahle ich auf den dann nicht mehr vom Freistellungsauftrag abgedeckten Teil meiner Kapitaleinkünfte 25% KESt+Soli. Im (Renten-)Alter sollte der Steuersatz darunter liegen, weil das zu versteuernde Einkommen dann deutlich geringer ist als heute (Rente statt Gehalt).

    Die Vorabpauschale heißt so, weil Du sie vorab bezahlst, also jedes Jahr, auch bei einem thesaurierenden ETF. Es ist also letzlich finanziell egal, ob Du Kapitaleinkünfte versteuerst oder fiktive Kapitaleinkünfte. Du wirst Anfang des nächsten Jahres eine Abrechnung über einen Gewinn von 2,55% Deines Aktien-ETFs bekommen. Auf 70% davon (sog. "Teilfreistellung") wirst Du 26,375% Abgeltungssteuer+SolZ bezahlen bzw. Deinen Freistellungsauftrag damit belasten.


    Ich weiß nicht (und mich betrifft es nicht), ob dieser Kapitalertrag steuerlich noch zum Jahr 2023 zählt oder bereits zum Jahr 2024. Vielleicht weiß das einer der Mitleser.


    Früher galt als Vorteil eines thesaurierenden Papiers, daß dessen Erträge in die ferne Zukunftverschoben werden konnten. Erträge eines ausschüttenden Papiers hingegen mußte man in dem Jahr versteuern, in dem sie gezahlt wurden. Diese schreiende Ungleichheit ließ die staatlichen Steuerstrategen nicht ruhen, so daß sie mit der Vorabpauschale einen Ausgleichsmechanismus schufen. Mit den für 2023 geltenden 2,55% fiktiven Kapitalgewinns stellst Du Dich immer noch besser als mit einer Besteuerung des "echten" Gewinns (der aktuell bei etwa 9% liegt, aber das Jahresende ist ja noch fern, da kann noch viel passieren). Die Vorabpauschale gilt auch für ausschüttende Papiere. Die dürften häufig weniger ausschütten als 2,55%. Schütten sie etwa 1% aus (die Du abgeltungsversteuerst), zahlst Du nur noch für die Differenz, also 1,55% Vorabpauschale.


    Dein Denkfehler liegt darin, daß Du auch die Vorabpauschale in die ferne Zukunft projizierst. Du zahlst sie aber (bei positivem Zins) jedes Jahr.

  • Hallo,


    zunächst danke für die Antwort. Entscheidend ist aber, dass ich die (abschließende) Besteuerung, nämlich den Verkauf, in eine Zukunft verlege, in der ich einen geringeren Steuersatz habe. Daher überzeugt deine Antwort trotz beeindruckender Detailvielfalt nicht.

  • Entscheidend ist aber, dass ich die (abschließende) Besteuerung, nämlich den Verkauf, in eine Zukunft verlege, in der ich einen geringeren Steuersatz habe. Daher überzeugt deine Antwort trotz beeindruckender Detailvielfalt nicht.

    Möglicherweise hast Du sie einfach noch nicht komplett verstanden. :)

    Ich hatte das ja bereits erwähnt. Diesbezüglich speziell wichtig ist mein letzter Satz.

  • Früher galt als Vorteil eines thesaurierenden Papiers, daß dessen Erträge in die ferne Zukunftverschoben werden konnten. Erträge eines ausschüttenden Papiers hingegen mußte man in dem Jahr versteuern, in dem sie gezahlt wurden. Diese schreiende Ungleichheit ließ die staatlichen Steuerstrategen nicht ruhen, so daß sie mit der Vorabpauschale einen Ausgleichsmechanismus schufen.

    Gilt das auch für Dividendenverweigerer unter den Aktiengesellschaften wie Berkshire Hattaway und Tesla?

  • Entscheidend ist aber, dass ich die (abschließende) Besteuerung, nämlich den Verkauf, in eine Zukunft verlege, in der ich einen geringeren Steuersatz habe. Daher überzeugt deine Antwort trotz beeindruckender Detailvielfalt nicht.

    Nach meinem Kenntnisstand kannst du dir das aber nicht aussuchen. Die Vorabpauschale wird 2024 fällig, und taucht in der Steuerbescheinigung am Jahresende auf. Ob die nun freigestellt ist oder andere Kapitalerträge ist belanglos, da du 1000 Euro im Jahr frei hast. Und von allem was darüber hinausgeht, gibt es Abzüge.

  • Hausbauer14513

    Vielleicht Dein Verständnisproblem: Kursgewinne zahlst du in beiden Fällen (aussieht und thesaurierend) erst beim Verkauf.

    Beim Ausschütter realisiert Du aber bereits direkt einen Gewinn (Dividenden), beim Thesaurierer realisiert Du auch die Dividenden erst beim Verkauf.


    Wegen Vorabpauschale hat man also nur noch dann einen (kleinen) steuerstundenden Vorteil beim Thesaurierer, wenn die Dividende größer ist als die Pauschale.

  • [Vorabpauschale:]

    Gilt das auch für Dividendenverweigerer unter den Aktiengesellschaften wie Berkshire Hathaway und Tesla?

    Man sollte im Internet nicht fragen nach Dingen, die man einfach googeln kann.

    Die Vorabpauschale gilt für Fonds.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Vorabpauschale


    Der Link zum dort aufgeführten Erklärtext mit Video stimmt nicht mehr, hier die aktuelle Version:

    https://www.hermoney.de/boerse…uschale-was-ist-denn-das/

  • Hallo Hausbauer14513 ,

    ich hoffe, ich habe deine Kernfrage richtig verstanden.

    Die Kapitalertragsteuer ist grundsätzlich fix - so wie du schreibst. 25 %+Soli+Kirche.


    Diese Bemessungsgrundlage ändert sich allenfalls, wenn im Rahmen der Günstigkeitsprüfung festgestellt wird, dass dein individueller EStsatz darunter liegt.


    Das dürfte regelmäßig (auch im Alter mit Rentenbezug) nicht der Fall sein


    Ob im Rahmen der Vorabpauschale der Freistellungsauftrag oder Cash genutzt wird, ist m. E. egal,soweit der Freisteller durch andere Anlagen 'ausgenutzt' wird.


    Auszug aus Haufe

    Für die weit überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen dürfte sich die Ausübung des Veranlagungswahlrechts kaum lohnen, denn bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von ca. 17.400 EUR (bei Zusammenveranlagung 34.800 EUR) wird im VZ 2022 ein einkommensteuerlicher (Grenz-)Steuersatz von 25 % erreicht. Ab 2022 ist zusätzlich die Erhöhung der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag auf die tarifliche Einkommensteuer im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG einzubeziehen.


    GRUß Tom

  • Auszug aus Haufe

    Für die weit überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen dürfte sich die Ausübung des Veranlagungswahlrechts kaum lohnen, denn bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von ca. 17.400 EUR (bei Zusammenveranlagung 34.800 EUR) wird im VZ 2022 ein einkommensteuerlicher (Grenz-)Steuersatz von 25 % erreicht. Ab 2022 ist zusätzlich die Erhöhung der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag auf die tarifliche Einkommensteuer im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG einzubeziehen.

    Nach aktuellem Steuerrecht liegt die Obergrenze bei 22.000 EUR zvE nach Abzug von Vorsorgeaufwand und Werbungskosten, siehe hier:

  • Und wo bleibt die von dir kritisierte schreiende Ungerechtigkeit?

    Vor 2019 bestand ein steuerlicher Unterschied zwischen thesaurierenden und ausschüttenden Fonds: Die laufende Ausschüttung eines Ausschütters wurde im Zahljahr versteuert. Die gleichen Papiere im gleich konstruierten Thesaurierer schütteten natürlich auch Dividenden aus, die aber zunächst unversteuert im Fondsvermögen verblieben und dort wiederangelegt wurden.


    Es gibt bekanntlich einige Fonds-Pärchen: Der eine ausschüttend, der andere thesaurierend. Der Thesaurierer sammelt die Dividenden über die Jahre und läuft daher seinem Brüderchen im Kurs etwa um die Ausschüttung voraus. Man konnte mit dem Thesaurierer also einen Steuerstundungseffekt erzielen, den der Ausschütter-Anleger nicht hatte.


    Dieser Unterschied ließ die Bundessteuerstrategen nicht ruhen. Da hat einer einen Vorteil bei der Steuer? Das kann nicht sein! Also erfanden sie die Vorabpauschale, mit der auch bei einem Thesaurierer die implizite Dividende vorab versteuert wird. So wird Gerechtigkeit geschaffen, und die ist in Deutschland bekanntlich ganz besonders wichtig.


    Jetzt weiß die Bundessteuerverwaltung natürlich nicht, wieviel Dividenden ein Fonds im Laufe des Jahres ausschütten wird. Daher wird vorsichtshalber mal ein Wert angenommen und zu Jahresanfang festgelegt. Der Thesaurierer-Anleger zieht am Anfang des nächsten Jahres eine Schnute: Seine Anlage hat schließlich keinen zählbaren Ertrag gebracht, und nun muß er sogar noch Geld nachschießen! Aber auch der Ausschütter-Anleger wird nicht verschont: Zumindest im Jahr 2024 wird auch er eine Vorabpauschale zahlen müssen, denn sein Fonds dürfte im Verlauf des Jahres 2023 eher keine 2,55% ausgeschüttet haben, sondern vermutlich weniger. Er muß allerdings nicht die volle Vorabpauschale bezahlen, sondern nur die Differenz. Die bereits gezahlte Abgeltungssteuer auf die reale Ausschüttung wird ihm zugutegehalten. Immerhin hat er noch Geld auf dem Verrechnungskonto, schließlich hat er ja die Ausschüttung erhalten.


    So sind also Thesaurierer-Anleger und Ausschütter-Anleger fast bis ins Detail gleichgestellt, wenngleich die dazu nötigen Kalkulationen erwartungsgemäß nicht ganz einfach sind. Wenn es aber um die Gerechtigkeit geht, darf schließlich keine Bürokratie zuviel sein.

  • Diese Bemessungsgrundlage ändert sich allenfalls, wenn im Rahmen der Günstigkeitsprüfung festgestellt wird, dass dein individueller [Einkommensteuersatz] darunter liegt.


    Das dürfte regelmäßig (auch im Alter mit Rentenbezug) nicht der Fall sein

    Die Günstigerprüfung wird regelmäßig unzutreffend dargestellt, auch von amtlichen Stellen (beispielsweise der niedersächsischen Finanzverwaltung) und auch vom an sich renommierten Haufe-Verlag. Man muß da in jedem Fall genauer hinschauen.


    Das entscheidende Kriterium ist nicht "der individuelle Steuersatz", sondern das zu versteuernde Einkommen ohne die Kapitalerträge, das (wenn man so will) den Grundfreibetrag und die niedrigen Steuersätze "belegt".


    Bereits jemand mit 2000 € Rente monatlich (24.000 € jährlich) hat nennenswert Platz für Kapitalerträge:


    24.000 € Rente x 83% (Rentenzugang 2023) = 19.920 €

    davon ab 12% Krankenversicherung und Pflege 2880 €

    etwa 17.000 € zu versteuerndes Einkommen.


    Bei 10.500 € zu versteuernden Kapitalerträgen (also 11.500 € echten Kapitalerträgen, 1000 € sind ja steuerfrei) zahlt er bei Normalversteuerung für das Jahr 2023 für seine Rente allein 1.024 € Steuer, bei Normalversteuerung für die Kapitalerträge weitere 2.770 € Steuer. Die Kapitalertragsteuer für 10.500 € betrüge 2.769,38 €.


    Wohlgemerkt: Kapitalertragsteuer = 26,375%, denn bei ihr kommt ja zwingend der SolZ dazu, bei "normalen" Einkünften in solcher Höhe aber nicht.


    Für diese Person liegt die Grenze für die Günstigerprüfung bei Gesamteinkünften von 35.500 €. Stammen die Kapitaleinkünfte aus Aktienfonds, kommt die Teilfreistellung dazu: 10.500 € / 0,7 = 16.400 €. Zusammen 40 T€ reale Einkünfte.


    Kommt man (Steuertabelle 2023) mit dem zu versteuernden "normalen" Einkommen nahe an 22 T€ heran, bleibt für Kapitalerträge wenig Platz. Ab dann und drüber ist für Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer günstiger.


    Hat jemand auf der anderen Seite überhaupt keine "normalen" Einkünfte, etwa jemand, der sich nach dem Motto FIRE (Financially independent, retire early) ab 50 aus eigenen Mitteln sein Privatiersdasein finanziert, so stellt sich dieser (je nach Absetzbeträgen) bis weit über 60 T€ mit der Normalversteuerung günstiger als mit der Abgeltungssteuer. In diesen Höhen zahlt er für den berühmten letzten Euro längst 42% Steuer.

    ANDREJ hat neulich dazu eine Graphik gepostet.


    Der Spruch mit dem "individuellen Steuersatz", der nicht über 25% steigen solle, führt einen also schlichtweg hinter die Fichte.

  • Ich weiß nicht (und mich betrifft es nicht), ob dieser Kapitalertrag steuerlich noch zum Jahr 2023 zählt oder bereits zum Jahr 2024. Vielleicht weiß das einer der Mitleser.

    Der Kapitalertrag für die Vorabpauschale 2023 zählt steuerlich zum Jahr 2024.


    Hausbauer14513: Ich kann mich den bereits geäußerten Meinungen nur anschließen. Ob du 1000 Euro Zinserträge über den Sparerpauschalbetrag freistellst und die Steuern für die Vorabpauschale in Cash zahlst oder umgekehrt ist völlig egal. Die freigestellten 1000 Euro bleiben 1000 Euro.

  • gfusdt5:

    Es heißt, der fiktive Kapitalertrag als Basis für die Vorabpauschale gelte als mit dem 31.12. zugegangen. Es hätte ja durchaus sein können, daß eine Buchung meinetwegen am 05.01. noch zum alten Jahr zählt. Wenn eine Buchung noch zum alten Jahr gehört, wäre das ja möglich Andersherum ja auch: Eine vorschüssige Zahlung für den Januar, gebucht am 29.12. zählt ja auch zum neuen Jahr.


    Ich will Deine Auskunft aber nicht anzweifeln, Du wirst das besser wissen als ich.

    Danke dafür!

  • Also den einzigen minimalen Unterschied zwischen Freistellung von Vorabpauschale und anderen Zinserträgen den es gibt ist: Die Vorabpauschale wird am Jahresanfang eingezogen, während andere 'Zinsen' unterjährig oder am Jahresende gutgeschrieben werden. Heißt wenn die Vorabpauschale nicht freigestellt ist, zieht der Broker diese am Jahresanfang ein und dieser Betrag steht dir nicht mehr zur Verfügung und kann nicht verzinst werden. Bei 1000 Euro FSA und 3% macht das aber eben maximal 30 Euro aus.

  • Also den einzigen minimalen Unterschied zwischen Freistellung von Vorabpauschale und anderen Zinserträgen den es gibt ist: Die Vorabpauschale wird am Jahresanfang eingezogen, während andere 'Zinsen' unterjährig oder am Jahresende gutgeschrieben werden.

    Ein nicht ganz unwichtiger Unterschied: zum Jahresanfang muß ausreichend Cash auf dem Verrechnungskonto sein. Bei der normalen Ausschüttung oder Dividende nicht, weil die Steuer vom ausgeschütteten Ertrag abgezogen wird. Je nach Überziehungszins kann das schon was ausmachen.