ETFs kaufen Ja/Nein/Welche bezogen auf die aktuelle und (wahrscheinlich) auch zukünftige Weltsituation

  • Moin,


    vorweg: Mir ist bekannt, dass keiner eine zuverlässig konstuierte Glaskugel hat.


    Aber man kann ja auch nicht blindlings die aktuelle Situation in der Welt mißachten, nur weil das mit der Glaskugel nichts funktioniert.


    Angenommen Ihr wolltet in der allernächsten Zukunft eine größere Summe Geld in ETFs anlegen: Welche Faktoren der "Weltsituation" berücksichtigt Ihr bei Eurer Entscheidung und welche Einfluss haben diese in welcher Weise auf Euer Investitionsverhalten?


    Cheers!

    microcommerce

  • Keine.


    Irgendwas ist immer … und das Entscheidende sieht man ohnehin nicht voraus.


    Wenn es besser schlafen lässt, und auch wenn es strikt mathematisch gesehen kontraproduktiv ist: Einzahlung nicht auf einen Schlag vornehmen, wenn es eine wirklich große Summe ist, sondern in einem Sparplan über x Monate verteilt.

  • Die Idee hinter dem Sparplan ist ja, dass es über die langen Zeiträume wertmäßig nach oben geht, ich die kleineren Bewegungen nicht sicher vorhersagen kann und ich regelmäßig Geld zum investieren übrig habe (im Rahmen eines monatlichen Budgets).


    Daher blende ich tatsächlich das Tagesgeschehen aus und schaue eher selten in das Depot.

    Invest. Sleep. Repeat. :sleeping:

  • Mir ist bekannt, dass keiner eine zuverlässig konstruierte Glaskugel hat.


    Aber man kann ja auch nicht blindlings die aktuelle Situation in der Welt mißachten, nur weil das mit der Glaskugel nicht funktioniert.

    https://gerd-kommer.de/grosse-anlegerfehler/


    Hier besonders zu beachten den Anfängerfehler #6.


    [Zitat]

    Wer heute zögert, entweder in Immobilien oder in Aktien zu investieren und „erst einmal“ abwartet, der wird sehr wahrscheinlich auch nächstes Jahr noch an der Seitenlinie stehen. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob man zu denjenigen gehört, die grundsätzlich nicht in das „Aktienmarkt-Casino“ investieren wollen oder zu jenen, die angeblich investieren wollen, aber „im Moment lieber erst einmal warten“.

    [/Zitat]


    Ich habe mehr Geld liegenlassen durch Abwarten, als daß ich welches durch einen impulsiven Kauf verloren habe, der sich im nachhinein als zu früh erwiesen hat.

  • Ich habe mehr Geld liegenlassen durch Abwarten, als daß ich welches durch einen impulsiven Kauf verloren habe, der sich im nachhinein als zu früh erwiesen hat.

    Bei mir war das durchaus umgekehrt - eine große Einmalanlage (mittlerer fünfstelliger Betrag) Ende 2021 ist immer noch im Minus, zwischenzeitlich waren es minus 17%.


    Ich dachte mir damals ich mache das mal ganz stumpf nach dem Motto „time in the market beats timing the market“, joa… nicht alles, was statistisch besser ist, ist es auch in jedem Einzelfall.


    Insofern würde ich, wenn ich das nochmal zu entscheiden hätte, einen großen Einmalbetrag in Tranchen investieren. In größeren Tranchen in kurzen Abständen zwar, aber nicht mehr alles auf einen Schlag. Auch aus psychologischen Gründen - liegengelassene Rendite fühlt sich für mich weniger schlimm an als sichtbarer Verlust. Aber was soll’s, das trainiert das Aushalten von Minus im Depot.


    Ansonsten läuft aber seither stur der Sparplan. Die Weltwirtschaft kann niemand vorhersagen. Es gibt geopolitische Szenarien, die sich abzeichnen, aber was genau passieren wird und wie sich das auf die Weltwirtschaft auswirkt, weiß keiner. Und dann gibt es noch so Dinge wie Covid, das komplett überraschend kam, und den Ukrainekrieg hatte auch niemand so richtig auf dem Schirm, noch Tage vor der Invasion war weitestgehend die Einschätzung „das sind nur Drohgebärden“. Tja. Wie es in Israel weitergeht? Taiwan? Wer weiß das schon. Ich lasse meinen Sparplan laufen und kümmere mich nicht darum.


    Wenn es nochmal einen Corona-artigen Absturz geben sollte, würde ich mir überlegen nachzukaufen. Wobei auch das ja in Richtung market timing geht - denn wo der Tiefpunkt war, weiß man erst hinterher. Ab 20-25% im Minus könnte ich mich aber wahrscheinlich nicht beherrschen und würde zuschlagen. Wenn es dann nochmal 20% runtergeht, wäre das natürlich doof, aber immer noch besser als solange warten und zögern, bis das Tief verpasst ist.

  • Ich habe mehr Geld liegenlassen durch Abwarten, als daß ich welches durch einen impulsiven Kauf verloren habe, der sich im nachhinein als zu früh erwiesen hat.

    Bei mir war das durchaus umgekehrt - eine große Einmalanlage (mittlerer fünfstelliger Betrag) Ende 2021 ist immer noch im Minus, zwischenzeitlich waren es minus 17%.

    Noch nicht einmal 2 Jahre sind keine Zeit für ein Börseninvestment.


    Ich habe vor langen Jahren mal eine bestimmte Einzelaktie gekauft. Ich bin ein wunderbarer Börsenindikator: Wenn ich was kaufe, kann man praktisch sicher sein, daß das Papier dann erstmal abschmiert. :) So war das auch damals. Kursrückgang, Dividendenausfall. Ich habe das Papier gehalten. Es gehört mittlerweile zu meinen besten, mit guter Kurssteigerung und reichlicher Dividende. Klar: Hätte ich nach Kursrückgang und Dividendenausfall gekauft, sähe meine Bilanz noch etwas besser aus, aber irgendwas ist ja immer.


    Ach ja: Ich beabsichtige nicht, mir diesen Highflyer wegzurebalancen.

    Ich dachte mir damals ich mache das mal ganz stumpf nach dem Motto „time in the market beats timing the market“, joa… nicht alles, was statistisch besser ist, ist es auch in jedem Einzelfall.


    Insofern würde ich, wenn ich das nochmal zu entscheiden hätte, einen großen Einmalbetrag in Tranchen investieren. In größeren Tranchen in kurzen Abständen zwar, aber nicht mehr alles auf einen Schlag. Auch aus psychologischen Gründen - liegengelassene Rendite fühlt sich für mich weniger schlimm an als sichtbarer Verlust. Aber was soll’s, das trainiert das Aushalten von Minus im Depot.

    Wer keinen Dampf aushält, sollte nicht in die Küche gehen.

    Ansonsten läuft aber seither stur der Sparplan. Die Weltwirtschaft kann niemand vorhersagen. Es gibt geopolitische Szenarien, die sich abzeichnen, aber was genau passieren wird und wie sich das auf die Weltwirtschaft auswirkt, weiß keiner. Und dann gibt es noch so Dinge wie Covid, das komplett überraschend kam, und den Ukrainekrieg hatte auch niemand so richtig auf dem Schirm, noch Tage vor der Invasion war weitestgehend die Einschätzung „das sind nur Drohgebärden“. Tja. Wie es in Israel weitergeht? Taiwan? Wer weiß das schon. Ich lasse meinen Sparplan laufen und kümmere mich nicht darum.

    Eben.

    Wenn es nochmal einen Corona-artigen Absturz geben sollte, würde ich mir überlegen nachzukaufen. Wobei auch das ja in Richtung market timing geht - denn wo der Tiefpunkt war, weiß man erst hinterher. Ab 20-25% im Minus könnte ich mich aber wahrscheinlich nicht beherrschen und würde zuschlagen. Wenn es dann nochmal 20% runtergeht, wäre das natürlich doof, aber immer noch besser, als solange warten und zögern, bis das Tief verpasst ist.

    Klar. Ich hätte nach dem Covid-Crash gern gekauft, aber ich hatte kein Geld, da ich voll investiert war (und bin).

  • Mir reicht 1 ETF, aber ansonsten: Ja.

    Mir auch.


    Aber mit einer Million, die plötzlich vom Himmel fällt, würde ich doch überlegen, ob wir uns wohnungstechnisch nochmal vergrößern wollen (ich weiß, das wäre dann auch Konsum, aber man kann ja auch in Lebensqualität investieren), und selbst wenn nicht würde ich nicht alles in einen ETF stecken, sondern mit einem (kleineren) Teil auch Einzelaktien kaufen, einfach weil es Spaß macht.

  • Noch nicht einmal 2 Jahre sind keine Zeit für ein Börseninvestment.

    Das ist mir klar. Aber bei einem Invest in Tranchen hätte es die ganze Zeit über sehr viel besser ausgesehen. Natürlich, wenn ich das Geld über 3-4 Monate investiert hätte und die Kurse wären steil nach oben gegangen, hätte ich Rendite liegengelassen. Aber mit negativer Kursentwicklung eben auch weniger Minus gemacht.


    Einen großen Betrag gestreckt über mehrere Tranchen zu tätigen, hat einen ähnlichen Effekt wie das Investieren per Sparplan, man kauft zu unterschiedlichen Kursen und verringert das Risiko, zum "schlechtesten" Zeitpunkt zu kaufen. Denn letztlich ist ein großes Einmalinvest zum Zeitpunkt X ja auch eine Form von Market Timing, ob man will oder nicht.

  • Die Antwort ist einfach: egal welche "Weltsituation", es geht immer alles in den All-World/ACWI IMI


    Und wenn endlich der "Crash" kommt, wird einfach nachgekauft ;)

    Hältst Du für diesen Fall gezielt Geld vor (dann geht ja doch nicht "alles" in den ACWI)? Oder würdest Du dann Deine "Notreserve" anzapfen (und drauf vertrauen, dass ein Notfall auf sich warten lässt, bis Du sie wieder aufgefüllt hast)?

  • Hältst Du für diesen Fall gezielt Geld vor (dann geht ja doch nicht "alles" in den ACWI)? Oder würdest Du dann Deine "Notreserve" anzapfen (und drauf vertrauen, dass ein Notfall auf sich warten lässt, bis Du sie wieder aufgefüllt hast)?

    Ok, ich präzisiere: Es geht alles in den All-World, was für Aktien vorgesehen ist. Ich bin natürlich nicht zu 100% in Aktien investiert und würde bei einem Crash die Aktienquote entsprechend hochfahren (mit allem was nicht in FG investiert ist). Die Notreserve würde ich dafür auch anzapfen, je nachdem wie stark der Einbruch war.

  • Ok, ich präzisiere: Es geht alles in den All-World, was für Aktien vorgesehen ist. Ich bin natürlich nicht zu 100% in Aktien investiert und würde bei einem Crash die Aktienquote entsprechend hochfahren (mit allem was nicht in FG investiert ist). Die Notreserve würde ich dafür auch anzapfen, je nachdem wie stark der Einbruch war.

    Hast Du das beim Corona-Einbruch gemacht? Wenn ja, wie gut hast Du da den "Tiefpunkt" getroffen?


    Für mich war das damals keine Option - wir hatten unmittelbar davor unsere Wohnung gekauft und damit schlicht kein Geld zum Investieren übrig. Und ich hatte mich damals noch nicht wirklich mit ETFs beschäftigt.

  • Hast Du das beim Corona-Einbruch gemacht? Wenn ja, wie gut hast Du da den "Tiefpunkt" getroffen?

    Ich versuche das einigermaßen regelgeleitet zu machen, also bei einem Einbruch von 20% investiere ich x % vom Cash, bei weiteren 10% dann weitere x %, usw.


    Den Tiefpunkt abzuschätzen klappt sowieso nicht, das ist dann nur Glück, wenn doch, und die Gefahr ist groß, dass man zu lange wartet und Garnichts investiert.

  • Angenommen Ihr wolltet in der allernächsten Zukunft eine größere Summe Geld in ETFs anlegen: Welche Faktoren der "Weltsituation" berücksichtigt Ihr bei Eurer Entscheidung und welche Einfluss haben diese in welcher Weise auf Euer Investitionsverhalten?

    Würde ein aus meiner Sicht „echtes“ Weltportfolio bauen, statt nur dem MSCI-World zu kaufen. Das würde für mich bedeuten, die Small-Caps mit einzubeziehen statt sie zu ignorieren und die Emerging-Markets mit rund 25% zu berücksichtigen und Europa um rund 10% zu erhöhen, damit sich das Gesamtportfolio etwa in der Mitte zwischen Marktkapitalisierung und GDP-Gewichtung einpendelt. Lässt sich mit 4 ETFs relativ entspannt machen und antizipiert, dass die USA aber primär auch Indien und China im 21. Jahrhundert eine andere Rolle spielen werden als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.


    Wer nur auf den MSCI-World setzt, kauft aktuell zu 65-70% US-Konzerne, primär IT/Tech. Kann man machen, wäre für mich aber nicht ausgewogen und gestreut genug, weshalb ich mit dem o.g. Ansatz den US-Anteil auf 40-45% relativiere.


    Was dann in 30 Jahren besser gelaufen sein wird, werden wir (hoffentlich) sehen. Ich fühl mich mit der breiteren Streuung und der zusätzlichen Re-Balancing-Prämie deutlich wohler!

  • Aber man kann ja auch nicht blindlings die aktuelle Situation in der Welt mißachten, nur weil das mit der Glaskugel nichts funktioniert.

    Doch, genau das sollte man tun.

    Wir Menschen neigen leider dazu aktuelle Ereignisse stärker zu bewerten und darauf unsere zukünftigen Entscheidungen aufzubauen.

    Einer der teuersten Sätze in der Finanzindustrie lautet: "This Time ist different!"

    Angenommen Ihr wolltet in der allernächsten Zukunft eine größere Summe Geld in ETFs anlegen: Welche Faktoren der "Weltsituation" berücksichtigt Ihr bei Eurer Entscheidung und welche Einfluss haben diese in welcher Weise auf Euer Investitionsverhalten?

    Definiere größere Summe!?

    100.000€ wären z.B. für mich eine größere Summe. Wenn ich so viel Geld jetzt bekommen würde (z.B. durch Erbe), würde ich das genau so investieren, wie aktuell auch.

    Bei 1 Mio. wäre die Situation etwas anders. Hier würde ich 50% in mein Depot investieren. 150.000 in Gold und 350.000 in Anleihen/Festgeldern.

    Warum?

    Bei 1 Mio. würde sich meine zukünftige Planung ändern. So würde ich bereits mit 58 aus dem Arbeitsleben ausscheiden bzw. meine Arbeitszeit zeitnah radikal reduzieren.

    Es würde mir dann auch nicht mehr auf maximale Rendite ankommen, sondern eher in Richtung langfristigen Vermögenserhalt.

    Ach ja. Ich würde mir wohl noch ein Motorrad holen (Nr. 5 ;)), auch wenn das totaler Quatsch wäre. Aber eine Ducati 888SP4 würde ich mir dann gönnen.

  • Wer nur auf den MSCI-World setzt, kauft aktuell zu 65-70% US-Konzerne, primär IT/Tech. Kann man machen, wäre für mich aber nicht ausgewogen und gestreut genug, weshalb ich mit dem o.g. Ansatz den US-Anteil auf 40-45% relativiere.


    Was dann in 30 Jahren besser gelaufen sein wird, werden wir (hoffentlich) sehen. Ich fühl mich mit der breiteren Streuung und der zusätzlichen Re-Balancing-Prämie deutlich wohler!

    Wobei US-Konzerne ja auch einen (erheblichen) Teil ihres Umsatzes in Schwellenländern machen und dort investieren. Mal etwas verkürzt gesagt: Wenn in China die Wirtschaft gut läuft, kaufen die Leute dort auch iPhones und Autos.


    4 ETFs wären mir zu kleinteilig / aufwändig, aber so muss eben jeder das finden, was zu ihm passt.


    Ja, irgendwann in 30 Jahren wird man sehen, was besser gelaufen ist (oder vielleicht auch sehen, dass es quasi keinen Unterschied gemacht hat).