Darf ein Anwalt mit außergerichtlicher Vollmacht einfach Klage erheben und dafür Honorar verlangen?

  • Meine beiden Schwestern und ich haben wegen einer gemeinsam geerbten Wohnungshälfte Schwierigkeiten mit der darin lebenden Eigentümerin der anderen Wohnungshälfte. Wir waren daher bei einem Anwalt, der uns zu einer Teilungsversteigerung geraten hat. Außerdem würde er uns empfehlen, dass wir von der Bewohnerin ein Nutzungsentgelt für unsere Wohnungshäfte verlangen, da ja Hausgeld anfällt. Der Anwalt hat für uns die Zwangsversteigerung beantragt und die Frau wegen der Forderung des Nutzungsentgelts angeschrieben. Darauf hat sie nicht reagiert. Daraufhin hat der Anwalt nun ohne Rücksprache mit uns Klage eingereicht.


    Nun zu meiner eigenlichen Frage: Ich habe bei der Erstberatung eine Vollmacht zur außergerichtlichen Vertretung unterschrieben. Darf der Anwalt damit überhaupt Klage erheben? Ich dachte, dazu braucht man eine Prozessvollmacht. Hinzu kommt, dass die Klage nicht nur in meinem Namen, sondern auch in dem meiner Schwestern eingereicht wurde. Diese haben aber ohnehin nichts unterschrieben. Die außergerichtliche Vollmacht nennt nur mich und ich allein habe sie unterzeichnet. Ist das Vorgehen des Anwalts rechtens? Und falls wir die Klage nun gar nicht wollen und dem Tun unseres Anwalts widersprechen, wozu wir eigentlich im Moment tendieren - was passiert, wenn der Anwalt für die Klage trotzdem ein Honorar in Rechnung stellt? Für Tipps wäre ich sehr dankbar!

  • Die unterschriebene Vollmacht ist von untergeordneter Bedeutung.


    Gem. § 167 Abs. 2 BGB existieren für die Vollmacht keine Formvorschriften.
    Wenn Sie den Anwalt mündlich bevollmächtigt haben, Klage einzureichen, ist das völlig ausreichend.


    Möglicherweise liegt jedoch ein Missverständnis vor. Sie wollten (noch) gar keine Klage einreichen, aber Ihr Anwalt hat das anders aufgefasst. In diesem Fall müssen Sie das Missverständnis sofort aufklären und ihn darüber informieren, dass er zur Klageeinreichung nicht befugt ist.


    Er wird dann die Klage zurücknehmen. Dafür werden jedoch Gerichtskosten anfallen.
    Ob er oder Sie für diese Kosten aufkommen müssen, wird davon abhängen, wer für das Missverständnis verantwortlich war. Hier werden Sie beweisen müssen, dass Sie ihm klar und deutlich gesagt haben, dass Sie keine Klage wünschen.


    Wenn Sie das nicht mit der gebotenen Deutlichkeit getan haben, wird er argumentieren, dass die Klage der einzige Weg ist, für Sie Rechtsschutz zu bekommen. Wenn die Wohnungsmitinhaberin auf normale Anwaltsbriefe nicht reagiert, ist nun einmal Klage geboten. Was anderes hilft ja da nicht.
    Insoweit hat der Anwalt alles richtig gemacht.


    Wenn Sie es sich jetzt anders überlegt haben, ist das natürlich Ihr gutes Recht.
    Einen Anwaltsvertrag kann man - wie jeden Dienstvertrag, der kein Arbeitsverhältnis ist und eine Vertrauensstellung bedingt - jederzeit fristlos kündigen (§ 627 Abs. 1 BGB).


    Allerdings hat Ihr Anwalt dann einen Anspruch auf Bezahlung der bisher erbrachten Leistungen gem. § 628 Abs. 1 BGB.
    Wie viel er da abrechnen darf, können Sie im Zweifel bei der zuständigen Anwaltskammer überprüfen lassen.