Immobilien Kredit tilgen oder investieren

  • Hallo Zusammen,


    tldr: Kredit für selbst genutzte Immobilie seit 2016, toller Zinssatz (knapp 1,8%) auf 20 Jahre -> Monatliche Rate erhöhen oder lieber investieren?


    Ich habe 2016 als junger Familienvater eine Wohnung gekauft. Ich habe die monatliche Rate gering gehalten, da ich respekt vor der neuen Situation hatte (ca. 900€).

    Es gibt die Option die Tilgung 2x kostenlos an zu passen und kostenlose Sondertilgungen zu tätigen. Kaufsumme war damals 230.000€, der Wert dürfte nach dem Abschwung seit Zinswende bei ca. 380T€ liegen (relativ konservativ, ein ähnliches Objekt ist vor kurzem für ca. 410T€ weg gegangen).


    Mittlerweile ist ein größerer Puffer vorhanden, ich spare / investiere 600-800€ pro Monat. Es ist aktuell wieder etwas mehr monatliches Geld verfügbar. Jetzt stehe ich vor der Entscheidung: Rate anpassen und mehr tilgen oder lieber mehr investieren & sparen? Durch einen potentiellen Jobwechsel (ich bin gerade in einem Bewerbungsverfahren) könnte ich die Quote sogar signifikant erhöhen und würde dann deutlich mehr sparen als ich als Rate für die Wohnung zahle.


    Selbst Tagesgeld bietet deutlich mehr Zinsen als ich für den Kredit zahlen müsste. Eine Mischung aus Tagesgeld, ETF und Anleihen wäre ein für mich kalkulierbares und vertretbares Risiko auf 13 Jahre - mal abgesehen davon, dass ich dann auch einfach eine Anschlussfinanzierung machen könnte mit geringer Laufzeit, hoher Tilgung und zurückfahren des Sparplans in 13 Jahren.


    Spricht irgend etwas dagegen? Habe ich einen Gedankenfehler und solle lieber mehr Kredit tilgen? Kann ich die ca. 1,8% Kreditzins wirklich so direkt vergleichen oder übersehe ich etwas? Würde mir heute jemand einen Kredit für 1,8% bieten, würde ich den ja sofort nehmen und für 3,5% auf die Bank schieben und würde trotz Gebühren Geld machen.


    Bitte zeigt mir meinen Gedankenfehler :)


    Beste Grüße!


    Michael

  • Hallo.


    Bei der Schilderung würde ich wohl erst nach Schaffung eines Puffers und ausreichendem Investment an eine Erhöhung der Raten bzw. Sondertilgungen denken.

    Falls es der Nachtruhe zuträglich ist, könnte man auch die Rate erhöhen, aber irgendwie klingt das nicht so durch. Also wohl eher nicht.

  • Ein Zinsdifferenzgeschäft sollte hier prinzipiell möglich sein.


    Die 1,8% sind nach Steuern, d.h. er ist mit dem Guthabenzins nach Steuern zu vergleichen. Beachte auch, dass sich Steuerregeln ändern können.


    Ein sicheres Zinsdifferenzgeschäft würde bedeuten, dass Du jetzt 13-jährige Anleihen o.ä. kaufst. Bei kürzeren Laufzeiten solltest Du prüfen, wie hoch Deine Sondertilgungsmöglichkeiten sind, falls sich die Zinsen wieder ändern, damit Du notfalls aus der dann negativen Situation wieder heraus kommst.

  • Hallo.


    Bei der Schilderung würde ich wohl erst nach Schaffung eines Puffers und ausreichendem Investment an eine Erhöhung der Raten bzw. Sondertilgungen denken.

    Falls es der Nachtruhe zuträglich ist, könnte man auch die Rate erhöhen, aber irgendwie klingt das nicht so durch. Also wohl eher nicht.

    Puffer ist vorhanden, werden in Kürze auch das Bad sanieren (Bar). Es geht wirklich nur darum, ob es bei dem niedrigen Zinssatz überhaupt Sinn macht, mehr zu tilgen wenn man für einen höheren Zinssatz auch diversifiziert sparen / investieren könnte.

  • Puffer ist vorhanden, werden in Kürze auch das Bad sanieren (Bar). Es geht wirklich nur darum, ob es bei dem niedrigen Zinssatz überhaupt Sinn macht, mehr zu tilgen wenn man für einen höheren Zinssatz auch diversifiziert sparen / investieren könnte.

    Kurze Antwort gewünscht? Wenn ja: Nein. ;)

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Ein Zinsdifferenzgeschäft sollte hier prinzipiell möglich sein.


    Die 1,8% sind nach Steuern, d.h. er ist mit dem Guthabenzins nach Steuern zu vergleichen. Beachte auch, dass sich Steuerregeln ändern können.


    Ein sicheres Zinsdifferenzgeschäft würde bedeuten, dass Du jetzt 13-jährige Anleihen o.ä. kaufst. Bei kürzeren Laufzeiten solltest Du prüfen, wie hoch Deine Sondertilgungsmöglichkeiten sind, falls sich die Zinsen wieder ändern, damit Du notfalls aus der dann negativen Situation wieder heraus kommst.

    Ich suche im Endeffekt glaube ich kein sicheres Zinsdifferenzgeschäft. Ich bin kein direkter Finanzexperte, ich habe nur das Bauchgefühl, dass die Opportunitätskosten relativ hoch sind, wenn ich anstatt das Geld an zu legen das Geld in eine Kredittilgung mit so niedrigen Zinsen stecke?

    Mein Bauchgefühl sagt mir igendwie, dass in den nächsten 13 Jahren eine vernünftige Anschlussfinanzierung machbar sein wird und ich langfristig bis zum Ruhestand in 27 Jahren mehr Vermögen aufbaue, wenn ich jetzt monatlich 300€ mehr investiere anstatt meine monatliche Kreditrate um 300€ zu steigern.


    Aber ich habe da wie gesagt nur gefährliches Halbwissen. Man liest nur häufig "Immer Kredit zuerst tilgen!", daher bin ich irgendwie vorsichtig das Gegenteil zu machen in meiner Situation :-).

  • tldr: Kredit für selbst genutzte Immobilie seit 2016, toller Zinssatz (knapp 1,8%) auf 20 Jahre -> Monatliche Rate erhöhen oder lieber investieren?

    Kurze Antwort:

    Geschmackssache.

    Selbst Tagesgeld bietet deutlich mehr Zinsen als ich für den Kredit zahlen müsste. Eine Mischung aus Tagesgeld, ETF und Anleihen wäre ein für mich kalkulierbares und vertretbares Risiko auf 13 Jahre - mal abgesehen davon, dass ich dann auch einfach eine Anschlussfinanzierung machen könnte mit geringer Laufzeit, hoher Tilgung und zurückfahren des Sparplans in 13 Jahren.

    Ich sehe das genauso. Sogar mit noch konservativerer Strategie (nämlich Anlage nur in Zinspapieren) wäre für mich die alternative Anlage günstiger als eine Sondertilgung.


    Aber es sind Dein Kredit und Dein Geld und Deine Nachtruhe.


    Neulich hat einer - wie Du - in ähnlicher Lage Bestätigung hier im Forum gesucht. Er wollte unbedingt sondertilgen, obwohl alle der Auffassung waren, es sei finanziell günstiger, das Geld parallel zu höherem Zins anzulegen als den zinsgünstigen Kredit zu tilgen. Wir haben ihn enttäuscht, die erwünschte Bestätigung hat er hier nicht bekommen.


    Er wird sondertilgen und damit glücklich sein.

  • Mein Bauchgefühl sagt mir igendwie, dass in den nächsten 13 Jahren eine vernünftige Anschlussfinanzierung machbar sein wird und ich langfristig bis zum Ruhestand in 27 Jahren mehr Vermögen aufbaue, wenn ich jetzt monatlich 300€ mehr investiere anstatt meine monatliche Kreditrate um 300€ zu steigern.

    Ähm... "Bauchgefühl"? Ich würde rechnen.


    Wie hoch war denn der Kredit insgesamt, wie hoch ist die Restschuld bei Ende der Zinsbindung, wenn Du weiterzahlst wie bisher, wie hoch wäre sie, wenn Du die Rate jetzt erhöhst?


    Wenn das Haus nur 230.000 EUR gekostet hat, dürfte selbst bei Vollfinanzierung nach 20 Jahren zu 1,8% und 900 EUR Rate auch ohne Erhöhung der Rate nicht mehr viel an Restschuld übrig sein.


    Wenn ausreichend Puffer für Reparaturen, Instandhaltung etc. da ist, kannst Du das Geld auch anderweitig investieren.


    Die Gründe, warum immer gesagt wird, man soll zuerst die Schuld tilgen, sind:

    1) Man hat eine komplett risikolose Rendite in Höhe des Kreditzinses, und zwar steuerfrei.

    2) Es ist derzeit eine historisch wohl einmalige Situation, dass Leute Immobilienkredite mit so niedrigen Zinssätzen mit so langer Zinsbindung haben, dass man selbst mit risikoarmen Anlagen (Festgeld, Anleihen) und nach Steuern ein positives Zinsdifferenzgeschäft machen kann. Der historische Regelfall ist das nicht, bei >5% Bauzinsen muss die alternative Anlage vor Steuern schon fast 7% erwirtschaften, damit sie besser ist als die Tilgung. Das ist wohl der Hintergrund dieser Empfehlung.

    3) "Was weg ist, ist weg" und kann nicht mehr anderweitig ausgegeben / verkonsumiert werden. Ich sage nicht, dass das bei Dir zutrifft, aber es wird durchaus Leute geben, die das Geld eben nicht anlegen und dann 30 Jahre bis zur Rente nicht mehr anfassen. Wer zum verkonsumieren neigt, ist mit der Tilgung des Baukredits besser bedient.

    4) "Was weg ist, ist weg" - rein psychologisch. Manche Leute fühlen sich einfach besser, wenn sie schuldenfrei sind.

    5) Es KANN in bestimmten Situationen einen rechtlichen Unterschied machen, wo das Geld liegt und ob es liquide ist (z.B. Schonvermögen bei Hartz 4 oder anderen staatlichen Hilfeleistungen, oder wenn die alternative Anlage nur auf einen läuft, das Haus aber beiden gehört und man sich scheiden lässt oder einer stirbt).

  • Hallo Michael,

    Mein Bauchgefühl sagt mir igendwie, dass in den nächsten 13 Jahren eine vernünftige Anschlussfinanzierung machbar sein wird

    Verstehe ich Sie richtig, nach 20 Jahren Zinsbindung bleibt noch eine Restschuld übrig? Ich bin hier ja eher im Minderheitenlager der Schnelltilger unterwegs. Aber in Ihrem Fall würde ich überwiegend doch für die Beibehaltung der jetzigen Rate plädieren. Voraussetzung, Sie können diese auch bei mittleren Schicksalsschlägen weiter bedienen. Sparen Sie soviel an, dass Sie in 13 Jahren die Restschuld komplett tilgen können und fassen Sie diesen Betrag nicht an. Dann können Sie mit dem restlichen Guthaben frei agieren.


    Gruß Pumphut

  • Puffer ist vorhanden, werden in Kürze auch das Bad sanieren (Bar). Es geht wirklich nur darum, ob es bei dem niedrigen Zinssatz überhaupt Sinn macht, mehr zu tilgen wenn man für einen höheren Zinssatz auch diversifiziert sparen / investieren könnte.

    Nach den weiteren Schilderungen erscheint mir die Anschlussfinanzierung sehr unproblematisch, daher klingt ein zusätzlicher Puffer (spätestens verfügbar zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung) für mich sinnvoller als Sondertilgungen. Momentan dürfte der sich auch nach Steuern besser verzinsen als der laufende Kredit.


    Unter der "Nicht alle Eier in einem Korb"-Betrachtung macht paralleles ETF-Sparen schon Sinn, sofern die Möglichkeiten hierfür gegeben sind.


    Das zusätzliche Tilgen macht allenfalls psychologisch Sinn, mathematisch eher nicht.

  • Nach den weiteren Schilderungen erscheint mir die Anschlussfinanzierung sehr unproblematisch, daher klingt ein zusätzlicher Puffer (spätestens verfügbar zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung) für mich sinnvoller als Sondertilgungen. Momentan dürfte der sich auch nach Steuern besser verzinsen als der laufende Kredit.


    Unter der "Nicht alle Eier in einem Korb"-Betrachtung macht paralleles ETF-Sparen schon Sinn, sofern die Möglichkeiten hierfür gegeben sind.


    Das zusätzliche Tilgen macht allenfalls psychologisch Sinn, mathematisch eher nicht.

    Ja, ich bin eher von der skeptischen / vorsichtigen Sorte. Daher bin ich recht breit diversifiziert und meine Sparrate ist aktuell > 2/3 der monatlichen Rate für den Immobilienkredit. Zukünftig genau so groß bzw eventuell sogar größer.

    Nur ist das ja eher ungewöhnlich, daher wollte ich mich hier Rückversichern ob ich irgend etwas übersehe.


    Mit sparen meine ich nicht Konsumsparen, sondern 2-3 ETF, kleiner Teil Bitcoin und Edelmetalle, sehr gute Altersvorsorge seitens Konzern, aktuell wegen der Zinsen und weil ich es in 12 Monaten brauche Tagesgeld (Bad für >20k -> das fällt vermutlich eher unter Konsum / Werterhaltung).


    Ich bin gerne diversifiziert unterwegs, falls etwas nicht funktionieren sollte. Immobilie ist da ein Baustein, Miete müsste ich sonst auch zahlen.


    Beim Kredit bleibt tatsächlich etwas über 100k übrig nach Ende der Laufzeit, wenn ich nicht sondertilge oder die Rate erhöhe. Ich habe damals auch Modernisierungen mit finanziert, hat aber auch den Wert der Immobilie gesteigert (Kredit war bei 280k).


    Ich bin da relativ entspannt, da die betriebliche Altersvorsorge auf einen Schlag ausgezahlt wird und bereits jetzt die Restschuld übersteigen würde. Auch wäre ich Alleinerbe von 2 weiteren Immobilien (Rechne realistisch aber eher mit einer, da ich hoffe das meine Mutter noch lange lebt und eine davon Verkauft und Ihr die finanzielle Sorglosigkeit im Lebensabend beschert).


    Daher betrachte ich das unter dem Gesichtspunkt der Gesamtoptimierung des Networth bei Alterseintritt.


    Im Bekanntenkreis gibt es halt so manche Schnelltilger, die selbst genutzte und abgezahlte Immobilie oftmals als eine Religion sehen :-). Da rät jeder zur Tilgung und nichts anderes.


    Für mich war die Immobilie eher Sicherung des Kaufpreises 2016 und Festschreibung einer festen Miete. Zuerst wollte ich auch vermieten (wäre ja steuerlich interessant), aber der Frau war der Nestbautrieb mit Kind zu wichtig :)

  • Ich kann nicht mehr editieren und wollte noch ergänzen: auf das Tagesgeld Konto (für das Bad) wird aktuell zusätzlich zu den Sparplänen gespart, da das mMn eher Konsum als Vermögensaufbau ist.

  • Im Bekanntenkreis gibt es halt so manche Schnelltilger, die selbst genutzte und abgezahlte Immobilie oftmals als eine Religion sehen :-). Da rät jeder zur Tilgung und nichts anderes.

    Die trauen sich vermutlich selbst nicht übern Weg oder können mit dem Gedanken an "Schulden" nicht gut schlafen. Oder beides zusammen.

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Vorsichtig und Bitcoin? 8o


    Da würde ich Tilgung vorziehen.

    Bei ETF sieht es wieder anders aus. ;)


    Vorsichtig im Sinne von Diversifikation. Invest in MCSI World ist ja auch Klumpenrisiko US (Tech) und FIAT Geldsystem. Beides hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit, gegen die ich mich absichere :-).


    Hier habe ich für mich Edelmetalle, Krypto und halt die selbstgenutzte Immobilie im Portfolio (und ein paar Uhren, aber die sind Hobby und werden getragen).


    Sind aber tatsächlich nur 5-6%, habe den Großteil unter 20k$ gekauft.

  • Vorsichtig im Sinne von Diversifikation. Invest in MCSI World ist ja auch Klumpenrisiko US (Tech) und FIAT Geldsystem. Beides hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit, gegen die ich mich absichere :-).


    Hier habe ich für mich Edelmetalle, Krypto und halt die selbstgenutzte Immobilie im Portfolio (und ein paar Uhren, aber die sind Hobby und werden getragen).


    Sind aber tatsächlich nur 5-6%, habe den Großteil unter 20k$ gekauft.

    Klicketi-klick 8)

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • ? Drei Wörter

    Klicke ti klick


    Wen es interessiert: Der vxxxxxxt uns.


    Einer, an dessen Unterarm, wenns ihm beliebt, jede Menge Uhren ticken, von denen er für die ein oder andere >20k€ gelatzt hat, und zwar locker, der schert sich doch nicht darum, ob er ein lumpiges Grundschulddarlehen für eine 230.000 Euro-Bruchbude vorzeitig tilgen soll oder eventuell doch ein waghalsiges Zinsdifferenzgeschäft riskieren soll.


    Wer's glaubt ,wird selig - oder ist es schon, wie z. B. John D. Rockefeller oder Dagobert Duck


    Gruß

    Alexis

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Na wenn Du meinst… im Uhrforum.de verwende ich denselben Nickname ;-). Kannst mich dort gerne anschreiben, dann sende ich dir Bilder der aktuellen Sammlung. Hier gehört das wohl nicht hin.



    Edit: PS: 230 war 2016 und damals zu günstig um nicht zuzuschlagen. Vergleichbare Wohnung wurde vor 2 Monaten für 200 mehr verkauft.

    Ich persönlich sehe nicht ein zu viel für Wohnen zu zahlen bzw ist mir das zu viel Klumpenrisiko und wir reisen viel und gerne. Wir wohnen schön, „Bruchbude“ am Preis fest zu machen finde ich ziemlich dispektierlich und nicht jeder muss das gleiche Lebensmodell fahren und so teuer wohnen wie nur irgendwie möglich.