Kapital-Lebensversicherung: Zurückkaufen oder beitragsfrei stellen?

  • Ich habe mit 20 Jahren auf Anraten eines Beraters eine Kapital-Lebensversicherung mit Teilauszahlern abgeschlossen. Ich solle dies als Sparplan sehen. Da ich aber meine Finanzen inzwischen selbst mache, möchte ich einige alte Verträge umstellen/auflösen und das Geld anderweitig investieren: Tagesgeld, Festgeld, ETF-Sparplan


    Die Lebensversicherung kostet mich 50,00 € im Monat und ich benötige sie nicht, da ich niemanden hinterlassen würde, der auf das Geld angewiesen ist. Die Versicherungssumme liegt aktuell bei 22.256,00 €.


    Jetzt stellt sich die Frage: Zurückkaufen oder beitragsfrei stellen lassen?


    Weiterlaufen lassen:


    - Ich bekomme – gemäß den Entwicklungen seit 10 Jahren – ungefähr so viel zurück wie ich einzahle. Es gibt kaum Rendite.


    - Den größten Teil müsste ich bis 2054 noch einzahlen. Das kann ich mir sparen und das Geld der monatlichen Zahlung könnte für andere Sparpläne verwendet werden.


    Beitragsfrei stellen:


    + Versicherungssumme bleibt in Höhe von ca. 7.000 € bestehen und die Teilauszahler erhalte ich weiterhin, entsprechend verringert. Ab 2026 bis 2054 erhalte ich alle 4 Jahre eine Teilauszahlung.


    -/+ In den Vertrag könnte später wieder eingezahlt werden. Allerdings müssten Gesundheitsfragen neu beantwortet werden.


    - Eine Versicherung, die noch Jahrzehnte weiterläuft und das Geld, dass ich ansonsten bei einem Rückkauf erhalten würde, ist darin gebunden.


    Rückkauf:


    + Geld wird ausgezahlt (ca. 4.000 €) und kann anderweitig investiert werden.


    + Kein langjähriger, alter Vertrag, den man immer „mitziehen“ muss.


    - Soweit mir bekannt, hat man bei einem Rückkauf immer höhere Verluste als bei einer Beitragsfreistellung.


    Frage:


    Da ich grundsätzlich dazu tendiere alte Verträge, die ich nicht benötige, loszuwerden um eine „saubere“ Basis zu bekommen, würde ich eher zu Rückkauf tendieren. Bei einer Beitragsfreistellung läuft der Vertrag noch bis 2054.


    Was ist in Bezug auf die Kapital-Lebensversicherung aus finanzieller Sicht sinnvoller?


    Was ist langfristig gesehen sinnvoller (vielleicht ein Rückkauf und mit dem Geld lieber die Altersvorsorgebeiträge erhöhen)?

  • Hallo.


    Selbst wenn es jemanden abzusichern gilt, so ließe sich das mit einer Risikolebensversicherung für 10 Euro im erledigen.


    Die laufende Versicherung erscheint mir oberflächlich betrachtet überflüssig. Daher könnte der Rückkauf wohl Sinn ergeben.

  • Ich habe mit 20 Jahren auf Anraten eines [Finanzverkäufers] eine Kapital-Lebensversicherung mit Teilauszahl[ung] abgeschlossen. Ich solle dies als Sparplan sehen. Da ich aber meine Finanzen inzwischen selbst mache, möchte ich einige alte Verträge umstellen/auflösen und das Geld anderweitig investieren: Tagesgeld, Festgeld, ETF-Sparplan.

    "Berater" sind selten. Wer auf seinem Namensschild "Berater" stehen hat, ist in der Regel schlichter Finanzverkäufer. Das ist ein honoriger Beruf, aber der Kunde sollte halt nie vergessen, welches Interesse der Finanzverkäufer am Verkauf hat.

    Die Lebensversicherung kostet mich 50,00 € im Monat und ich benötige sie nicht, da ich niemanden hinterlassen würde, der auf das Geld angewiesen ist. Die Versicherungssumme liegt aktuell bei 22.256,00 €.


    Jetzt stellt sich die Frage: Zurückkaufen oder beitragsfrei stellen lassen?

    Die eigentliche Versicherungsprämie kostet natürlich Geld, hat auch immer Geld gekostet. Bei Abschlüssen vor 2005 aber stellte die Versicherungsprämie den Kapitalertrag steuerfrei.


    Zu Zeiten hoher Zinsen hat sich das Prinzip gelohnt. Seit 2005 lohnen sich Kapitallebensversicherungen für den Kunden eigentlich nicht mehr, aber für die Finanzverkäufer natürlich immer noch.

    Da ich grundsätzlich dazu tendiere alte Verträge, die ich nicht benötige, loszuwerden, um eine „saubere“ Basis zu bekommen, würde ich eher zu Rückkauf tendieren. Bei einer Beitragsfreistellung läuft der Vertrag noch bis 2054.

    Du hast die Argumente doch alle genannt. Wie Du sie gewichtest, ist allein Deine Sache.


    Ich würde die Versicherung vermutlich kündigen und mir das Geld auszahlen lassen.

    Allerdings bin ich auch jemand, der zum Sparen keine Hilfe braucht, sich dazu auch nicht selbst austricksen muß. Bei anderen Leuten ist das nötig, die brauchen dann zum Selbstschutz einen Sparvertrag irgendwelcher Art.


    Bedenke auch: Das Kapital in einer Lebensversicherung entspricht einem festverzinslichen Wertpapier, also einer Rente. Wenn Du das Geld nun herausholst und Dir einen Aktien-ETF davon kaufst, wechselst Du das Anlagemedium. Das kann mehr bringen, muß es aber nicht, vor allem kann es Dir auch Verluste bringen. Die hier regelmäßig genannten 7% pro Jahr sind zwar der Durchschnitt über viele zurückliegende Jahre, aber halt keine Garantie für die Zukunft.

  • Ich würde zusehen, dass ich den Schrott loswerde!

    - Ich bekomme – gemäß den Entwicklungen seit 10 Jahren – ungefähr so viel zurück wie ich einzahle. Es gibt kaum Rendite.

    Nun, niemand weiß wie sich die Zinsen langfristig entwickeln. Du solltest aber von einer langfristigen Inflation von 2% p.a. ausgehen. Diese Zahl strebt die Zentralbank nämlich an.

    Um also zumindest die Kaufkraft Deines Geldes zu erhalten sollte eine Geldanlage mindestens eine Rendite > 2% p.a. haben (nach allen Kosten!).

    So ein Renditeziel dürfte mit einer KLV von 2010 nahezu ausgeschlossen sein.

    Bedenke auch: Das Kapital in einer Lebensversicherung entspricht einem festverzinslichen Wertpapier, also einer Rente. Wenn Du das Geld nun herausholst und Dir einen Aktien-ETF davon kaufst, wechselst Du das Anlagemedium. Das kann mehr bringen, muß es aber nicht, vor allem kann es Dir auch Verluste bringen. Die hier regelmäßig genannten 7% pro Jahr sind zwar der Durchschnitt über viele zurückliegende Jahre, aber halt keine Garantie für die Zukunft.

    Nenne bitte einen Anlagezeitraum von > 20 Jahren in der Vergangenheit der einen Verlust erzielt hat (marktbreites Aktien-Portfolio)! :/

    Klar, die Vergangenheit erlaubt keinen Ausblick auf die Zukunft. Allerdings erscheint es mir sehr unwahrscheinlich, dass es bei weiter wachsender Weltbevölkerung und Wohlstand, über einen so langen Zeitraum kein Wirtschaftswachstum mehr geben sollte.

    Wenn es tatsächlich über mehr als 20 Jahre zu einer stagnierenden Wirtschaft kommen sollte, erlaube ich mir die Frage zu stellen, wie 'sicher' dann noch die KLV wäre!?:/

    Die weltweiten Zentralbanken würden die Zinsen wieder massiv senken und wieder eine neue Niedrigzinsphase einläuten.

    Die Lebensversicherungen sind längst noch nicht saniert, nur weil jetzt wieder das Zinsniveau steigt. Viele Konzerne ächzen noch unter Ihren alten hochverzinsten Verträgen, die in den nächsten Jahren an die Boomer-Generation ausgezahlt werden müssen (u.a. meiner;) ).


    Außerdem muss man ja keinen Aktien-ETF davon kaufen, obwohl ich bei einem Anlagehorizont > 20 Jahre eindeutig dazu raten würde.

    So gibt es auf mehrjährige Festgeldanlagen > 4% p.a. (z.B. pbb direkt für 10 Jahre 4,25% p.a.).

    Auf jedem Fall deutlich lohnender als das Geld bei einer Beitragsfreistellung in einer Lebensversicherung 'vergammeln' zu lassen.

    JustMy2Cent

  • Vorab und damit kein falscher Tenor aufkommt: Habe nix gegen KLVs - im Gegenteil, hatte früher (70er, 80er, 90er) selbst welche; parallel dazu hatte ich noch KLVs in Form der sog. 5 + 7 Modelle. Diese (für KLVs gute) Zeiten sind aber definitiv vorbei - und dürften so auch nicht wiederkommen.

    Ich habe den Vertrag 2010 abgeschlossen.

    Da war doch (nach meiner Erinnerung; Stichwort: AlteinkG) die steuerfreie Auszahlung bei KLVs von politischer Seite (nämlich für neu abgeschlossene Verträge ab 2005) längst gekippt (bzw. maximal - bei entsprechender Vertragsgestaltung - nur noch hälftig möglich) ?! Zudem der Garantiezins (damals 2,25% ?) bereits eher bescheiden sowie insbesondere auch die künftigen Zins-Aussichten wegen der damals schon passierten Finanzkrise (2007/2008) sowie dem erfolgten Ausbruch der Eurokrise (ab 2010) - die Notenbanken insbesondere auch die EZB waren mit dem Runtersetzen der Leitzinsen beschäftigt - auch eher bescheiden ?!


    Wie auch immer ...

    - Ich bekomme – gemäß den Entwicklungen seit 10 Jahren – ungefähr so viel zurück wie ich einzahle. Es gibt kaum Rendite.

    Wenn dem so ist: Das muß man bei nüchterner Betrachtung in Realwerten - also eingedenk der Geldentwertung sprich akkumulierter Inflation von 2010 bis 2023 - nicht als "es gibt kaum Rendite" sondern als "signifikanten Verlust" sehen ...


    Zudem und ganz unabhängig vom damals vereinbarten Garantiezins: Wirklich relevante positive Realzinsen über eine längere Phase kann ich mir auf absehbare Zeit nur schwer vorstellen, so hoch wie die Welt verschuldet ist (viele Staaten, aber auch die beiden anderen Sektoren also Unternehmen und Private; schon gar nicht in der fragilen Eurozone (Eurokrise) mit teilweise hoch- bzw. -höchst verschuldeten Ländern). Und eine KLV "ähnelt einem festverzinslichen Wertpapier" (s. a. Nr. 3, letzter Abs.), da (ganz) überwiegend in sicheren (vermeintlich risikoarmen) Anleihen angelegt wird. Bei (vermutlich weiterhin) negativen Realzinsen keine guten Aussichten.


    Ohne Deine gesamte Finanzsituation samt Deiner Risikoneigung zu kennen, sind konkrete Ratschläge (sehr) schwierig. Die erste Frage wäre schon: Wie paßt(e) eine derartige (sehr kleine) KLV in Dein (hoffentlich vorhandenes) privates (Gesamt)Finanzkonzept ?


    Insbesondere, wenn Du schreibst

    ich benötige sie nicht, da ich niemanden hinterlassen würde, der auf das Geld angewiesen ist.

    Für solche Fälle (als Risikovorsorge - für andere Menschen in Deinem Todesfall) sind zudem meist andere (deutlich höhere) Versicherungssummen angezeigt. Und solche reinen RLVs sind von den Prämien her gesehen (in Relation zur Versicherungssumme) auch viel günstiger (s. a. Nr. 2).


    Aus meiner Sicht würde ich das Ganze (zudem es um einen eher sehr überschaubaren Beitrag samt entsprechender monatlichen sehr überschaubaren Prämie geht) schlankerhand abkürzen, beenden und mir das noch im Vertrag vorhandene Geld auszahlen lassen.


    Schon allein, weil ich dann den Zugriff auf das Geld hätte und es selbst anlegen kann. Mehr Flexibilität eröffnet das obendrein. Unabhängig von den - nach meinem Dafürhalten eher düsteren Aussichten positive Realzinsen betreffend (s. o. Abs. 3) - muß man hier, unabhängig von den wohl geringen Teilauszahlungen, auch noch den langen Zeitraum (bis zum Laufzeitende 2054 sind es noch 31 Jahre (!)) berücksichtigen. In der Zeit kann (und wird aller Wahrscheinlichkeit nach) das Geld an anderer Stelle mehr Rendite bei noch dazu viel geringeren Kosten generieren.


    Für einen "freien" Verkauf der KLV (vor einiger Zeit jedenfalls gab es - nach meiner Erinnerung - eine Art "Markt" dafür; keine Ahnung, ob das heute auch noch so ist) dürfte die Versicherungssumme bzw. der Rückkaufswert wohl zu klein sein (damals gab es da "Mindestsummen" als Voraussetzung für den Verkauf).


    Das dürfte sowohl gelten, wenn Du die Auszahlung in Deinen "risikoarmen Teil" schiebst (siehe Nr. 6 letzter Abs. mit einem konkreten Beispiel) aber auch wenn Du das Geld in Deinen "risikoreichen Teil" schiebst (ETF-Sparplan ist ja offensichtlich schon vorhanden). Sollte sinnvoll sein - erst recht in Deinem "jugendlichen Alter" (33 ?).


    Gutes Gelingen wünsche ich.


    Nur meine bescheidene persönliche Meinung.

  • Das Kapital in einer Lebensversicherung entspricht einem festverzinslichen Wertpapier, also einer Rente. Wenn Du das Geld nun herausholst und Dir einen Aktien-ETF davon kaufst, wechselst Du das Anlagemedium. Das kann mehr bringen, muß es aber nicht, vor allem kann es Dir auch Verluste bringen.

    Nenne bitte einen Anlagezeitraum von > 20 Jahren in der Vergangenheit, der einen Verlust erzielt hat (marktbreites Aktien-Portfolio)!

    Ich habe prozentual mehr Aktien im Portfolio als die allermeisten hier. An der eigenen Risikotragfähigkeit mangelt es also nicht. Und doch bin ich der einzige hier, der darauf hinweist, daß die gern als naturgesetzlich dargestellte Rendite von 7% eines Aktien-ETFs eben nicht naturgesetzlich ist. Als Anleger sollte einem das immer bewußt sein.

  • Ich habe prozentual mehr Aktien im Portfolio als die allermeisten hier. An der eigenen Risikotragfähigkeit mangelt es also nicht. Und doch bin ich der einzige hier, der darauf hinweist, daß die gern als naturgesetzlich dargestellte Rendite von 7% eines Aktien-ETFs eben nicht naturgesetzlich ist. Als Anleger sollte einem das immer bewußt sein.

    Darum, was Du tust, geht es doch gar nicht. Und auch nicht um Deine Risikotragfähigkeit! :/

    Du weißt auch völlig zu recht auf die Tatsache hin, dass sich eine Investition in einen marktbreiten Aktien-ETF auch mal längere Zeit in der Verlustzone befinden kann.

    Darauf versuche ich die Leute auch immer hinzuweisen. Insbesondere auch, dass es mit einem Sparplan nochmal ein paar Jahre länger dauern kann als per Einmalinvest. Daher gehört m.E. Geld, dass man auf absehbare Zeit benötige definitiv nicht in den Aktienmarkt.

    Aber, in der Vergangenheit gab es halt keinen Zeitraum von > 20 Jahren, bei dem man mit einem Verlust herausgegangen wäre (z.B. MSCI World). Im konkreten Fall hat Blanket13 ja sogar noch bis 2054, also sogar noch mehr als 30 Jahre vor sich. :/

    Ich erwähne auch mit keinem Wort eine Rendite von 7% p.a.! So eine 'hohe' Rendite braucht es auch gar nicht. Es muss ja 'nur' die 2,25% p.a. der KLV geschlagen werden um sich besser zu stellen. Wenn es nachher nur 5% p.a. sind ist dass auch allemal besser als die KLV.;)


    Und auch klar: Niemand von uns kennt die Zukunft. Aber daran, dass die nächsten 20-30 Jahre der weltweite Aktienmarkt stagniert glaubt wohl nur ein Crashprophet. :/

  • Und doch bin ich der einzige hier, der darauf hinweist, daß die gern als naturgesetzlich dargestellte Rendite von 7% eines Aktien-ETFs eben nicht naturgesetzlich ist. Als Anleger sollte einem das immer bewußt sein.

    "Naturgesetzlich" dürften, neben dem Tod, nur die Inflation und - in Deutschland -die (hohen) Steuern sein ...


    Sehe ich wie Du, daß es da (die Rendite betreffend) weder einen "Automatismus" noch gar eine sozusagen "Garantie" gibt. Wobei es ja, in so manchen bis vielen Fällen (hier und auch in den Medien), auch nicht als Naturgesetz dargestellt wird - sondern vom Tenor her schlicht als das Wahrscheinlichste (ausgehend eben von der Vergangenheit und dem entsprechenden Datenmaterial; so weit zurück in die Vergangenheit vorhanden). Und andere Zahlen bzw. anderes Datenmaterial kann es ja denknotwendig nicht geben.


    Der Zeitraum von "mindestens 15 Jahren" beispielsweise (als Anlagehorizont bei Aktien) kommt demnach nicht von ungefähr sondern ergibt sich als Resultat aus der Retrospektive). Das Gleiche bzw. Ähnliches belegen ja auch die sog. Rendite-Dreiecke (inklusive der jeweiligen Maximal-Verluste) von DAX, Euro-Stoxx und MSCI.


    Wobei - damit das gilt - man immer dabei gewesen sein muß (versäumt man nur die besten 15-20 Börsentage über lange Zeiträume sieht die Renditerechnung völlig anders aus; daher ja auch: "Time in the Market beats timing the Market).


    Mit solchen erstaunlichen Zahlen basierend auf der Vergangenheit läßt sich halt auch gut motivieren, werben usw. Hat für so manche vielleicht auch was von einer Bestätigung und auch Beruhigung und hilft beim Durchhalten (vor dem Hintergrund der unvermeidlichen Schwankungen inkl. temporärer Crashs). Bei "ETF-Sparbüchsen" via Sparplan sind diese Rechnungen (anhand der Zahlen aus der Vergangenheit) - nach meiner Erfahrung - recht und/oder besonders beliebt.


    Aber daran, dass die nächsten 20-30 Jahre der weltweite Aktienmarkt stagniert glaubt wohl nur ein Crashprophet. :/

    Der DAX übrigens hat - aus meiner Erinnerung - auch mal "stagniert" und ist sozusagen "ewig" nur seitwärts gelaufen (der wurde bis März 1981 m. W. nur als Kursindex und nicht als Performance-Index geführt): Meine diese Seitwärtsbewegung war von 1959 bis 1982 (also immerhin 23 Jährchen, in denen sich kurstechnisch wenig bis nix nach oben getan hat). Wobei ich natürlich generell und ohnehin niemand empfehlen würde, sich bei dem Thema "Aktien" nur auf ein einziges Land zu konzentrieren. Eine solche Stagnation halte ich beim "weltweiten Aktienmarkt" für sehr bis äußerst unwahrscheinlich - aber eben auch nicht völlig für ausgeschlossen (s. u.).


    Die Zukunft kennt natürlich keiner und Entwicklungen der Vergangenheit liefern keine belastbaren Aussagen oder gar Garantien für die kommenden Jahre und Jahrzehnte.


    Aber es gibt m. E. schon einige valide Gründe, warum es zukünftig deutlich holpriger und zäher werden könnte (mehr Autokratien und Diktaturen, weniger Demokratien, zunehmende geopolitische Spannungen (USA vs. China - um nur ein Beispiel zu nennen), zunehmende Tendenzen zur Abschottung (De-Globalisierung), teilweise Probleme mit der Demographie (Sozialsysteme, Arbeitskräfte usw.), es könnte wieder mehr Geld in Defence fließen (müssen) sprich in die Rüstung, die erforderliche Dekarbonisierung dürfte es auch nicht kostenfrei geben usw. - der Trend in der EU (statt dem ursprünglichen in den EU-Verträgen fixierten Leitmotiv der Subsidiarität) zu immer mehr Zentralismus, Bürokratie, Regulatorik usw. mit teilweise planwirtschaftlichen Elementen iVm einer ständig Fehlanreize setzende Geldpolitik dürfte auch nicht gerade förderlich sein, um es vorsichtig zu formulieren. Kommt es so, dann könnte statt dem einfachen Mitschwimmen per ETFs (sozusagen Abgreifen der Marktrendite als "Mitläufer") die gezielte Selektion (Auswahl von Einzelwerten) wieder an Bedeutung gewinnen.


    Aber "könnte" ist eben Konjunktiv. Kann auch ganz anders kommen. "Dabei sein" bei Aktien (mit einem wie auch immer großen Anteil der eigenen Mittel) dürfte - für die meisten Sparer und Anleger jedenfalls - sinnvoll man könnte auch sagen weiterhin unverzichtbar sein.


    Umso unverständlicher wird und wirkt vor diesem Hintergrund der Blick auf die Aktienquote der Deutschen ...


    Nur meine bescheidene persönliche Meinung.

  • Darum, was Du tust, geht es doch gar nicht. Und auch nicht um Deine Risikotragfähigkeit! :/

    Stimmt.


    Es geht darum, daß ein Aktien-ETF kein Allheilmittel für jegliche Anlagesituation ist. Möglicherweise könnte dieser Eindruck aber aufkommen, wenn ein Neuer hier im Forum zu lesen anfängt.


    Im vorliegenden Fall möchte oder sollte einer eine Lebensversicherung kündigen. Das Kapital in einer Lebensversicherung ist allenfalls zu einem sehr geringen Prozentsatz in Aktien investiert, zumindest der größte Teil ist festverzinslich angelegt. Wenn einer nun seine Lebensversicherung kündigt und das Geld in einen Aktien-ETF steckt, so ist das ein Wechsel des Anlagemediums, der überlegt sein sollte.

    Darauf versuche ich die Leute auch immer hinzuweisen.

    Das ist mir bisher noch nicht ins Auge gesprungen, ich werde in Zukunft darauf verstärkt achten.

  • Im vorliegenden Fall möchte oder sollte einer eine Lebensversicherung kündigen. Das Kapital in einer Lebensversicherung ist allenfalls zu einem sehr geringen Prozentsatz in Aktien investiert, zumindest der größte Teil ist festverzinslich angelegt.

    Das gilt zumindest bei einer klassischen Kapitallebensversicherung wie im vorliegenden Fall.

    Meine KLV ist lt. der letzten Standmeldung wie folgt investiert:

    - 35% Staatsanleihen Industrieländer

    - 5% Staatsanleihen Schwellenländer

    - 20% Unternehmensanleihen

    - 10% Immobilien

    - 10% Baufinanzierung

    - 20% teilen sich gleichmäßig auf Pfandbriefe (Darlehen), Aktien und Infrastrukturinvestitionen auf


    Also im großen und Ganzen recht sicher, aber eben auch eben recht renditeschwach investiert.

    Mir ist das bei meiner KLV ganz recht (inzwischen ;) ). Ich habe nur noch etwas über 7 Jahre bis zur Auszahlung und es steckt aktuell ein mittlerer 5-stelliger Betrag darin. Ein nicht unerheblicher großer Teil meines 'sicheren' Vermögensteils.

    Aber schauen wir uns die Situation von Blanket13 an. Dort geht es lt. dem Eingangsthread um einen Betrag von ca. 4.000€ (aktueller Rückkaufwert der KLV). Er hat auch noch > 30 Jahre bis zur Fälligkeit. :/

    In Anbetracht des doch recht geringen Betrags und der langen Laufzeit ein m.E. sehr vertretbares Risiko eine renditestärkere Option der Geldanlage zu wählen.

    Wenn einer nun seine Lebensversicherung kündigt und das Geld in einen Aktien-ETF steckt, so ist das ein Wechsel des Anlagemediums, der überlegt sein sollte.

    Es gibt auch jenseits von nur Renten oder nur Aktien(ETF) Möglichkeiten sein Geld zu investieren. Wer das Risiko etwas herausnehmen will, kann z.B. auch eine kostengünstige Multi-Asset-Lösung wie den ARERO wählen. Dann hat man neben weltweiten Aktien gleich noch Renten und Rohstoffe im Depot. Damit mindert man das Risiko erheblich.

    Ich habe zu Beginn meiner Investorenlaufbahn auch lange über eine Investition in den ARERO nachgedacht, habe das aber schlussendlich verworfen, da ich mit meiner KLV und meiner bAV bereits über einen verhältnismäßig hohen Sicherheitsbaustein verfüge (neben der GRV und Cash).

    Eine klassische KLV fortzuführen 'lohnt' i.d.R. nur in wenigen Ausnahmefällen. Zumeist nur, weil man noch einen Vertrag mit einem Garantiezins > 3% p.a. und Steuerfreiheit abgeschlossen hat (vor 2005!). Beides ist im vorliegenden Fall schon mal nicht der Fall.

    Und wenn man sich unsicher ist, kann man sich gerne auch eine Meinung von der Verbraucherzentrale oder dem Bund der Versicherten einholen und sich beraten lassen (kostenpflichtig).

    Der DAX übrigens hat - aus meiner Erinnerung - auch mal "stagniert" und ist sozusagen "ewig" nur seitwärts gelaufen (der wurde bis März 1981 m. W. nur als Kursindex und nicht als Performance-Index geführt): Meine diese Seitwärtsbewegung war von 1959 bis 1982 (also immerhin 23 Jährchen, in denen sich kurstechnisch wenig bis nix nach oben getan hat). Wobei ich natürlich generell und ohnehin niemand empfehlen würde, sich bei dem Thema "Aktien" nur auf ein einziges Land zu konzentrieren. Eine solche Stagnation halte ich beim "weltweiten Aktienmarkt" für sehr bis äußerst unwahrscheinlich - aber eben auch nicht völlig für ausgeschlossen (s. u.).

    Du hättest als Beispiel auch Japan anführen können. Dort kam es nach Platzen der Immobilienblase seit 1990 zu einem seit 30 Jahre seitwärts laufenden Aktienmarkt. Daher sollte man eben auch nicht ausschließlich in einzelne Länder investieren.

    Zum Dax hier mal das Renditedreieck des deutschen Aktieninstituts.

    https://www.dai.de/fileadmin/u…-Dreieck_70_Jahre_Web.pdf

    Nach 30 Jahren wäre man aber immer irgendwie bei einer positiven Rendite gelandet.

    Aber es gibt m. E. schon einige valide Gründe, warum es zukünftig deutlich holpriger und zäher werden könnte (mehr Autokratien und Diktaturen, weniger Demokratien, zunehmende geopolitische Spannungen (USA vs. China - um nur ein Beispiel zu nennen), zunehmende Tendenzen zur Abschottung (De-Globalisierung), teilweise Probleme mit der Demographie (Sozialsysteme, Arbeitskräfte usw.), es könnte wieder mehr Geld in Defence fließen (müssen) sprich in die Rüstung, die erforderliche Dekarbonisierung dürfte es auch nicht kostenfrei geben usw.

    Irgendwie klingt das nach meiner Jugend. :/

    Die Länder waren hochgerüstet. Der ganze Ostblock bestand aus Diktaturen. Der Russe stand an der Elbe. Nato-Doppelbeschluss, ich mußte in meiner Armeezeit noch die Schattenrisse aller möglichen Kampflugzeuge und -fahrzeugen auswendig lernen. :huh:

    Der Wald war eigentlich schon quasi Tod. Die deutsche Autoindustrie jammerte wegen der Einführung des Katalysators..., Tschernobyl..., usw.

    Also eigentlich Alles wie schon mal gehabt und trotzdem hat sich die Erde (und Wirtschaft) immer weiter gedreht.

    Aber "könnte" ist eben Konjunktiv. Kann auch ganz anders kommen. "Dabei sein" bei Aktien (mit einem wie auch immer großen Anteil der eigenen Mittel) dürfte - für die meisten Sparer und Anleger jedenfalls - sinnvoll man könnte auch sagen weiterhin unverzichtbar sein.

    "Diesmal ist Alles anders", dürfte so ziemlich der teuerste Satz in der Anlegergeschichte sein.

    Ich für meinen Teil habe die Hälfte meines Lebens komplett auf Aktien verzichtet (leider). Habe den Dotcom-Crash voll mitbekommen, als viele Freunde von mir erhebliche Geldbeträge 'verzockt' haben. Das war mir dann Warnung genug.

    In der 2. Hälfte meines Lebens setze ich jetzt mal auf marktbreite Aktien-ETF (zumindest teilweise).

    Schauen wir mal, ob diesmal Alles anders wird. ;)


    PS: Vor mir aus dürfen die Aktienmärkte gerne noch einige Jahre seitwärts laufen! Als weiterhin aktiver Sparplansparer kaufe ich so laufend günstige ETF-Anteile.

  • Der DAX übrigens hat - aus meiner Erinnerung - auch mal "stagniert" und ist sozusagen "ewig" nur seitwärts gelaufen (der wurde bis März 1981 m. W. nur als Kursindex und nicht als Performance-Index geführt)

    Nur vollständigkeitshalber: Der DAX wurde erst 1988 eingeführt und war von Anfang an ein Performanceindex.

    Durch die Börsenzeitung erfolgt eine Rüchrechnung durch Verkettung mit dem BZ-Index (ab 1981, Performanceindex) und dem Hardy-Index (ab 1959, Kursindex). Weitere Rückrechnungen gibt es mit Daten des Statistischen Bundesamts und Vorläufer.


    Daneben gibt es noch den DAXK, die Kursindex-Variante.

  • Wichtig ist an der Stelle auch, dass eine längere Seitwärtsbewegung für den Kursindex nicht unbedingt eine Nullrendite für den Anleger bedeutet. Immerhin werden in breiten Aktienindizes jedes Jahr nochmal ca. 2% Dividenden ausgeschüttet

  • Die gesamte positive Entwicklung des DAX-Performanceindex der letzten gut zwanzig Jahre ist nur den Dividendenzahlungen geschuldet. Der DAX-Kursindex hat gelegentlich mal über die Höchststände des Jahres 2000 geschaut, liegt aber aktuell wieder darunter. Da hat sich ohne die in den Performanceindex hinein gerechneten Ausschüttungen praktisch nichts getan. Beim EUROSTOXX50 ist es noch deutlicher. Der hat das 2000er-Hoch nie wieder erreicht und liegt aktuell ca. 25% darunter.

  • Es muss ja 'nur' die 2,25% p.a. der KLV geschlagen werden um sich besser zu stellen. Wenn es nachher nur 5% p.a. sind ist dass auch allemal besser als die KLV.

    Ich hatte hier gestern einen Thread unter dem Stichwort "Private Rentenversicherung" eröffnet. In diesem Zusammenhang habe ich ein Excel-Tool von Finanztip ausprobiert. Die Renditen der Rentenversicherung lagen knapp über 2%. Das Excel-Tool formulierte als Ergebnis, dass man an dem Vertrag festhalten könne, da er wahrscheinlich mehr Rendite abwerfe als eine Festgeldanlage. Finde ich persönlich etwas seltsam. Vermutlich stammt das Tool aus Zeiten der Niedrigzinsphase?

  • Vermutlich stammt das Tool aus Zeiten der Niedrigzinsphase?

    Davon kann man wohl ausgehen.

    Aber: Nach der Niedrigzinsphase ist (möglicherweise) vor der nächsten Niedrigzinsphase. Wer weiß schon, wie in 10 oder 20 Jahren die Zinssituation aussieht!? :/

    Ein Problem ist halt, dass Du Dir den aktuellen Zins nur eine bestimmten Zeitraum sichern kannst (Z.B. Festgeld für 10 Jahre).

    Und dann kannst Du halt nicht jeden Monat 100 oder 200€ wieder in Festgeld anlegen.


    PS: Als ich mich 2020 endgültig zum Behalten meiner KLV entschieden habe, lag der Zins bei Null.

    Inzwischen gibt es wieder 4,25% bei einem langfristigen Festgeld. Da überlegt man schon, ob man nicht die KLV nicht doch noch kündigt und das Geld für die restlichen Jahre anlegt. :/

  • Das sind genau die Gedanken, die ich mir gestern gemacht habe. Wenn man es sicher haben möchte, kommt man mit einer langjährigen und gut verzinsten Festgeldanlage ja schon ziemlich weit. Aufgrund des Zeitraums, der noch bis zur Rente bleibt, denkt meine Partnerin aber ohnehin eher darüber nach, das frei gewordene Kapital in ETFs zu stecken. Letztendlich muss sie das selbst entscheiden. Ich halte mich heraus. ;)

  • Aufgrund des Zeitraums, der noch bis zur Rente bleibt, denkt meine Partnerin aber ohnehin eher darüber nach, das frei gewordene Kapital in ETFs zu stecken. Letztendlich muss sie das selbst entscheiden.

    Ich bin ja ein Freund des ETF-Depots.

    Allerdings sollte Deine Freundin zumindest wissen, dass ein ETF-Depot im Gegensatz zu einer Rentenversicherung keinem Pfändungsschutz unterliegt.

    Im Falle eines (zeitweiligen) Bezugs von Sozialleistungen muss Vermögen bis zur jeweiligen Vermögensgrenze zunächst verbraucht werden.