Riestervertrag weiterführen?

  • Hallo zusammen,


    ich bin 32 Jahre alt und habe relativ früh (2011) einen Riestervertrag abgeschlossen. Dieser läuft noch bis 2057. Insgesamt frage ich mich aber, ob es weiterhin lohnt, diesen zu besparen. Nachfolgend ein paar Eckdaten:

    - Mindestbeitrag: Maximalbeitrag (160,42€ monatlich / 1.925 jährlich)

    - Zulagen: 175,- (die Zulagen für die Kinder bekommt meine Frau)

    - Vertragsart/Anlageart: Fondsgebundene Rentenversicherung mit Beitragserhaltungsgarantie (Fonds: https://www.finanzen.net/fonds…ect-wachstum-lu0104456800)


    Stand Ende 2022

    - habe ich knapp 12.000€ an Eigenbeiträgen bezahlt, 1.800€ an Zulage bekommen

    - hat der Vertrag ein Gesamtwert von 11.500€ (Fondsguthaben + Deckungskapital)

    - hat der Vertrag 2.200€ an Kosten verschlungen


    Nun war gerade 2022 ein undankbares Jahr für den Fonds, sodass ich insgesamt etwa sagen würde: Die Zulage und der Ertrag decken die Kosten. Viel mehr kommt bislang nicht rum. Was ich mich nun frage:


    Ist es generell sinnvoll, den Vertrag weiterzuführen? Wenn ich daran denke, dass das bei Auszahlung noch versteuert werden muss (!), wäre es ja sinnvoller, das Geld im Sparstrumpf zuhause zu lassen als in diesen Vertrag zu stecken. Oder bin ich einfach zu ungeduldig und über die Zeit wird der Fonds sein übriges tun (immerhin läuft der Vertrag erst 11 Jahre...)?


    Was meint ihr?

  • Hallo.


    Ohne zu rechnen würde ich den Vertrag grundsätzlich hinterfragen.

    Du bist jung genug um auf "freies" ETF-Sparen setzen zu können.

    Mit Zulagen und Steuerfreibeträgen für mehrere Kinder ist es fraglich, ob ausreichend an Förderung bzw. Steuererstattung dabei herumkommt, um den Vertrag lohnenswert erscheinen zu lassen. Daher würde ich zunächst einmal die Geschichte durchknobeln und anschließend höchstwahrscheinlich den Vertrag beitragsfrei stellen bzw. auf 60 Euro jährlich begrenzen ("Zulage, ich sch***' auf dich!") und das frei werdende Kapital in den ETF-Sparplan lenken.

  • Ist es generell sinnvoll, den Vertrag weiterzuführen? Wenn ich daran denke, dass das bei Auszahlung noch versteuert werden muss (!), wäre es ja sinnvoller, das Geld im Sparstrumpf zuhause zu lassen als in diesen Vertrag zu stecken. Oder bin ich einfach zu ungeduldig und über die Zeit wird der Fonds sein übriges tun (immerhin läuft der Vertrag erst 11 Jahre...)?

    Riestern lohnt sich allenfalls, wenn richtig viele Zulagen fließen oder eine richtig gute Steuererparnis in der Ansparphase dazukommt.


    Ersteres gilt für Deine Frau. Gilt zweiteres für Dich?


    Generell bin ich kein Freund der Riesterei. Du solltest Dir die Sache mit spitzem Bleistift durchrechnen. Könnte sein, daß dabei herauskommt, daß eigenes Sparen sinnvoller für Dich ist.

  • Nun war gerade 2022 ein undankbares Jahr für den Fonds

    Hallo muesli133,


    soweit ich das beurteilen kann, war nicht nur 2022 ein undankbares Jahr für diesen Fonds.

    Das Du dich mit dem Thema jetzt beschäftigt ist denke ich mal sehr gut und wichtig.


  • Einige haben die Hoffnung das es neue Regeln für Riester-Verträge gibt, ich nicht. Für mich ist Bedenklich, dass sich so ein Vertrag nur lohnt wenn man genug Anspruch auf Zulagen hat. Meines Erachtens rechnet es sich nur mit Zulagen für Kinder. Auch wenn 2022 ein schlechtes Jahr war, es bleibt immer die Frage wieviele von dieser Sorte kommen bis zur Auszahlung noch? Ich bin auch der Meinung, ein von FT empfohlener weltweiter ETF wird mehr Ertrag bringen.

  • Der gröste unterschied ist dass Riester Vermögen, bei Arbeitslosigkeit, Insolvenz und co. Nicht als Vermögen angerechnet wird, sondern als sondervermögen bleibt.


    Eine mögliche Riestereform sollte vor allem an den auflaufenden Kosten der Versicherer ansetzten.

  • Eine mögliche Riestereform sollte vor allem an den auflaufenden Kosten der Versicherer ansetzten.

    Die Kosten sind mal unbedingt das Problem, denn es gibt/gab auch Netto-Policen die kosten technisch absolut akzeptabel sind/waren.

    Das Problem ist das Produkt an sich mit seinen Regularien.


    Des beste und kostengünstig Produkt bringt nicht viel wenn die Regularien in der es sich bewegen darf überholter Mist ist.

  • Schonmal danke für eure Antworten! Ich sehe Riester insgesamt inzwischen ähnlich skeptisch wie ihr. Wie hoch meine Steuerersparnis ist, muss ich mir für dieses Jahr nochmal ausrechnen.


    Ich frage mich dennoch: Gegeben, dass ich den Vertrag habe wie er ist - welcher Umgang damit macht Sinn? Stelle ich ihn ruhend, fallen doch dennoch Kosten an, oder? Wenn dann noch nicht mal mehr die Zulagen kommen, frisst der mir doch nach und nach den Vertragswert auf.

  • Mh...Wenn ich in meiner Steuersoftware den Vertrag rausnehme, ändert sich am errechneten Erstattungsbetrag der Steuer nichts. Ist der demnach überhaupt nicht steuersparend?

  • Schonmal danke für eure Antworten! Ich sehe Riester insgesamt inzwischen ähnlich skeptisch wie ihr. Wie hoch meine Steuerersparnis ist, muss ich mir für dieses Jahr nochmal ausrechnen.


    Ich frage mich dennoch: Gegeben, dass ich den Vertrag habe wie er ist - welcher Umgang damit macht Sinn? Stelle ich ihn ruhend, fallen doch dennoch Kosten an, oder? Wenn dann noch nicht mal mehr die Zulagen kommen, frisst der mir doch nach und nach den Vertragswert auf.

    Nach Deinen Zahlen (Einzahlungen plus Zulagen) muss der Anbieter Dir am Ende der Vertragslaufzeit 13.800 Euro garantieren, egal was an Kosten vorher anfällt. Die Frage ist dann eher, was 13.800 Euro dann noch an Kaufkraft liefern.

  • Mh...Wenn ich in meiner Steuersoftware den Vertrag rausnehme, ändert sich am errechneten Erstattungsbetrag der Steuer nichts. Ist der demnach überhaupt nicht steuersparend?

    Das könnte sogar sein. Ihr bekommt zunächst Zulagen (2× Grundzulage plus X Kinderzulagen). In einem zweiten Schritt wird geschaut, ob sich über die Summe der gezahlten Zulagen hinaus noch eine Steuererstattung ergibt. Je nach Steuerlast und Summe der Zulagen kann es sein, dass sich keine zusätzliche Steuererstattung ergibt.


    Angenommen Ihr zahlt zusammen 2.000 Euro an Beiträgen und bekommt 950 Euro an Zulagen, dann müsstet Ihr eine Steuerquote von 47,5% haben, um noch zusätzlich Steuern zurückzubekommen.


    Disclaimer: Laienverständnis, keine Steuerberatung! :saint:

  • So bitter es ist aber, mit dem Fonds in deinem Riestervertrag wirst du nicht an der Rendite der Aktienmärkte teilhaben. Die Förderung wird sich für dich nur lohnen mit entsprechenderer Steuererstattung.


    Vergleichen - fondsweb


    Beim kündigen musst du alle Zulagen und Steuerersparnisse der letzten Jahre zurückzahlen.


    Du würdest also bei geschätzten 400€ p.A. Steuererstattung noch höchstens 5000€ aus deinem Vetrag rausgekommen.


    Legst du dann diese 5000€ und 120€mtl. Für 35 Jahre in einem ETF Sparplan an und unterstellst 5% Rendite p.A. hättest du mit 67Jahren knapp 150000€ zur freien Verfügung. Wieviel du dann in deinem Riestervertrag hättest steht in den Sternen und das musst du dann auch noch zu mindestens 70% Zwangsverrenten.


    Fondsrechner zum Fondssparen


    Riester ist einfach eine staatliche verordnete Fehlkonstruktion.









    Viel Erfolg mit deinen Finanzentscheidungen.

  • Das mit dem Steuervorteil habe ich gerade auch nochmal länger nachgerechnet bzw. recherchiert. Das scheint tatsächlich so zu sein, dass in den letzten Jahren nur einmal ein über den Zulagenanspruch hinausgehender Steuervorteil erreicht wurde (dann direkt etwa 600€), sonst aber immer 0,-. Das war mir ehrlich gesagt gar nicht so bewusst und unterstützt ja die Tatsache, dass ich den Vertrag nicht mehr weiterführen sollte.


    Bleibt nur die Frage: Kündigen oder ruhen lassen? Habe ich nun richtig verstanden:


    a) Kündigen: In meiner letzten Vertragsübersicht steht ein Rückkaufswert von ca. 11T€ drin. Ist das der Betrag, den ich dann noch bekommen würde? Davon werden dann noch die erhaltenen Zulagen und Steuervorteile (in meinem Fall etwa 2.500€) abgezogen, korrekt? Wir reden bei mir dann von etwa 8.500€, die ich nun anders anlegen könnte.

    b) Ruhen lassen: Ich zahle nichts mehr ein und die Beitragserhaltungsgarantie versichert, dass ich alles das, was ich an Beiträgen (und Zulagen?) bezahlt habe (etwa 18.000€) am Ende wieder rausbekomme. Es ist aber ziemlich sicher, dass es nur das sein wird, oder? Alles, was an Fondserträgen drauf käme, würde durch Kosten aufgefressen, richtig?


    Bevor ich das mache, würde ich mit dem Wissen nochmal mit dem Bankberater sprechen.

  • Bevor ich das mache, würde ich mit dem Wissen nochmal mit dem Bankberater sprechen.

    Bankprodukteverkäufer, nicht Berater :)


    Du bist 32. Kündige den Ranz und lege das Geld besser an. Dann hast du am Ende mehr davon ;)


    Ein ETF verdoppelt sich auf lange Sicht grob alle 10 Jahre. Nach 30 Jahren bzw zu Rentenbeginn sollten aus deinen 8500 Euro dann gute 32k werden. Klingt für mich besser als 18k, oder nicht?

    Da brauch man dann auch nicht mehr mit der Bank reden. Die werden dir eh nix vernünftiges erzählen.

  • „Mit der Bank reden“ meinte primär, die genauen Rückkaufkosten etc. ausrechnen zu lassen. Ich höre mir aber sonst immer auch gerne deren Versuche an, wie man mir das noch positiv verkaufen will…;-)

  • Einige haben die Hoffnung das es neue Regeln für Riester-Verträge gibt, ich nicht.

    Da bin ich bei Dir.

    Für mich ist bedenklich, dass sich so ein Vertrag nur lohnt, wenn man genug Anspruch auf Zulagen hat. Meines Erachtens rechnet es sich nur mit Zulagen für Kinder. Auch wenn 2022 ein schlechtes Jahr war, es bleibt immer die Frage, wieviele von dieser Sorte kommen bis zur Auszahlung noch? Ich bin auch der Meinung, ein von FT empfohlener weltweiter ETF wird mehr Ertrag bringen.

    2022 war ein Ausnahmejahr, und zwar deswegen, weil Renten und Aktien gleichermaßen verloren haben. Meistens entwickeln sich Renten und Aktien gegenläufig. Die Renten sind logischerweise gefallen, weil die Zinsen gestiegen sind, die vorher jahrelang sehr viel geringer waren, als sich die meisten Leute sich das vorstellen konnten. Ich erwarte nicht, daß sich das in den nächsten Jahren wiederholt.


    Riesterprodukte sind deswegen so schlecht, weil sie bis zum Abwürgen mit (vermeintlicher) "Sicherheit" überfrachtet sind. Dazu wollte sich die Versicherungsbranche noch einen guten Schluck aus der Pulle nehmen. Die Kunden kaufen es ja doch, denn schließlich gibt es staatliche Förderung - und die wirkt auf deutsche Sparer wie die Glocke auf Pawlows Hund.


    Du und ich (oder die meisten, die hier lesen), sind davon überzeugt, daß man für langfristige Geldanlage sinnvollerweise Aktien kauft (und ich habe das nicht bereut). Für viele Durchschnittssparer ist das aber zu aufregend. Die probieren das mit 1000 €, zwei Wochen später stehen die Papiere 2% tiefer, sie verkaufen in Panik und kommen niemals wieder. So ein Festgeld ist letztlich doch leichter berechenbar! Ein negativer Realzins, ein sicherer Verlust hat schließlich seinen Charme.

  • Das mit dem Steuervorteil habe ich gerade auch nochmal länger nachgerechnet bzw. recherchiert.

    Bin ich ganz schief gewickelt mit der steuerlichen Entlastung?
    Bei 1925 € Eigenleistung und 175 € staatlicher Zulage gehen doch 1925 € vom zu versteuernden Einkommen weg und dienen somit der steuerlichen Entlastung, oder nicht?
    Ich lese aus diesem Grund hier interessiert mit!

  • Bin ich ganz schief gewickelt mit der steuerlichen Entlastung?
    Bei 1925 € Eigenleistung und 175 € staatlicher Zulage gehen doch 1925 € vom zu versteuernden Einkommen weg und dienen somit der steuerlichen Entlastung, oder nicht?
    Ich lese aus diesem Grund hier interessiert mit!

    Grundsätzlich ja, aber nur wenn die Reduzierung des zu versteuernden Einkommens die Steuerlast um mehr als 175 Euro drückt, merkt man das auch tatsächlich.

    Denn nur was über die Zulage(n) hinausgeht, wird berücksichtigt. (Es heißt ja "Günstigerprüfung" und nicht "Dopplereffekt".)


    Unter #11 hatte ich die Rechnung über beide Verträge aufgemacht. Ich bin mir aber unsicher, ob im Steuerbescheid beide Verträge zusammengeworfen werden oder einzeln betrachtet werden.