Multimillionär in gesetzlicher Krankenversicherung

  • Hallo zusammen,


    aus gegebenem Anlass habe ich mich zuletzt ein wenig mit der Familienversicherung und dadurch auch mit der gesetzlichen Krankenversicherung beschäftigt und bin über eine Frage gestolpert, die mir seitdem keine Ruhe mehr lässt. Dazu zur Veranschaulichung ein kleines Gedankenexperiment mit folgender Ausgangssituation:



    Partner 1
    Partner 2
    Kind 1
    Kind 2
    Kind 3
    Kind 4
    Kind 5
    Vermögen: 10.000.000€ 0€
    Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit: 0€ 0€
    Einkünfte aus Kapitalvermögen: 100.000€ 0€
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: 100.000€ 0€


    Szenario 1: Partner 1 geht in die freiwillige Krankenversicherung, lässt Partner 2 und alle Kinder familienversichern und zahlt - weil er mit seinen Einkünften die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet - den Höchstsatz in der Kranken- und Pflegeversicherung:


    843,53€ Krankenversicherung (inkl. durchschittlicher Zusatzbeitrag von 1,7%) + 175,95€ Pflegeversicherung = 1.019,48€ * 12 Monate = 12.233,76€


    Szenario 2: Partner 1 geht zu einem Stundenlohn von rund 30€ für 18 Stunden im Monat arbeiten, lässt Partner 2 und alle Kinder familienversichern und zahlt auf sein monatliches Bruttogehalt von 539€ folgende Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge:


    43,93€ (inkl. durchschittlicher Zusatzbeitrag von 1,7%) + 9,16€ = 53,09€ * 12 Monate = 637,10€


    Frage: Wo ist mein Fehler? Was habe ich übersehen? Welche Nachteile habe ich nicht berücksichtigt? Kommt mir alles irgendwie zu kurz gedacht vor. :/


    Danke für eure Hilfe!

  • Deine Frage irritiert mich noch mehr. ^^


    - Die gesetzliche Krankenversicherung interessiert sich auch dann nicht für meine sonstigen Einkünfte, wenn ich nur 539€ verdiene?

    - Auch dann nicht, wenn ich nur durchschnittlich 4,15 Stunden pro Woche arbeite?

    - Mit Szenario 2 spare ich 11.596,66€ jährlich und erhalte exakt dieselben Leistungen?

    - Kann ich meine Angehörigen auch dann familienversichern, wenn ich eigentlich kaum was einzahle? Gibt es da keine "Verdienstuntergrenze" oder so?


    Entschuldigt die anscheinend doofen Fragen, aber mir kommt das alles sehr ungerecht vor. Ist das einfach eine "Lücke" oder gibt's da einen sozialen Aspekt, den ich nur nicht verstehe?

  • Hallo malabo,

    hast du die Lücke - natürlich ist es eine* - messerscharf erkannt oder bist du zufällig darüber gestolpert?


    * Nicht unbedingt, solange nur von "gesetzlicher" Krankenversicherung die Rede ist.
    Sobald diese aber in "solidarisch" umgedeutet wird. lückt es zumindest in deinem Extrembeispiel nicht unerheblich.

    Arbeit macht Spaß. Aber wer kann schon Spaß vertragen?





  • Also irgendwie ist das nicht die Reaktion, die ich erwartet habe. Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass ich meinen Beitrag um die Ohren gehauen und erklärt bekomme, warum das so nicht funktionieren kann und welche Aspekte ich übersehe habe. Stattdessen habe ich eher den Eindruck, dass ihr denkt, dass ich glaube damit irgendeine geniale Lücke entdeckt zu haben?! Ich wollte damit auch keine Gerechtigkeitsdebatte oder so lostreten. Wenn es diesen Vorteil gibt, gönne ich es jedem, diesen zu nutzen. Ich wollte das Thema nur besser verstehen, um für mich selbst jetzt und in Zukunft das Beste rauszuholen (auch wenn ich von den oben genannten Beispielwerten leider weit entfernt bin).


    Wie die Frage bei mir aufkam: Ich gehe arbeiten, meine Frau nicht, weil sie die Kinder betreut (sind also alle familienversichert). Gleichzeitig würde ich gerne meine Stunden reduzieren, um mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Also kamen die naheliegenden Fragen auf: Wie weit kann ich meine Stunden reduzieren, um noch krankenversichert zu sein? Und inwiefern spielen dann meine sonstigen Einkünfte eine Rolle?

  • Also irgendwie ist das nicht die Reaktion, die ich erwartet habe. Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass ich meinen Beitrag um die Ohren gehauen und erklärt bekomme, warum das so nicht funktionieren kann und welche Aspekte ich übersehe habe

    Keine Sorge, malabo. Das funktioniert schon so weit. Du kannst deine abhängige Arbeitszeit so weit reduzieren, dass sie gerade noch als nicht geringfügig zählt.

    Experten sprechen hier vom "Midijob auf Sparflamme".


    Die so gewonnene Freizeit nutzt du zum Besuch des nächsten Spielcasinos, setzt alles auf die 17, und mit dem betreffenden Gewinn ziehst du weiter an die Börse.

    Auch dort setzt du alles auf eine Karte, und nicht lange, so bist du der mit deinen 10 Millionen vom Themenstart.


    An deiner Pflichtmitgliedschaft in der Krankenkasse für besagte beitragspflichtige 539 € im Monat und schätzungsweise 59 € Arbeitnehmeranteil an die Kranken- und die Pflegekasse ändert das alles erst einmal nichts. Noch Fragen, Kienzle?

    Arbeit macht Spaß. Aber wer kann schon Spaß vertragen?





  • Und keine Ahnung, ob es in irgendeiner Hinsicht für Deine Planungen Relevanz entfaltet … aber im Rentenalter macht es einen Unterschied, ob Du in der KVdR pflichtversichert (günstiger) oder freiwillig gesetzlich (teurer) versichert bist.

  • malabo

    Ich muss über deinen Gedankengang schon den Kopf schütteln. Die gesetzliche Krankenkasse basiert auf dem Grundprinzip der Solidarität. Wenn vermögende Menschen das auf diese Art und Weise aushebeln, ist das moralisch höchst fragwürdig.

  • Und keine Ahnung, ob es in irgendeiner Hinsicht für Deine Planungen Relevanz entfaltet … aber im Rentenalter macht es einen Unterschied, ob Du in der KVdR pflichtversichert (günstiger) oder freiwillig gesetzlich (teurer) versichert bist.

    Naja, wenn man den Schmu 35 Jahre durchzieht und mit 63 in Rente geht, dann hat man einen Rentenanspruch von 160 Euro, ist aber KVdR-versichert und hat dank Grundrentenzeiten sogar den erhöhten Freibetrag für Grundsicherung bzw. Wohngeld.

  • Mh, https://www.finanztip.de/gkv/v…zen-familienversicherung/
    Zitate: "Das Gesamteinkommen des mitversicherten Kindes oder Partners darf nicht höher sein als 505 Euro im Monat."

    Und: "Kran­ken­kas­sen prüfen meist jährlich das Familieneinkommen. Dafür musst Du einen Fragebogen ausfüllen."
    Ich konnte spontan nicht erlesen, wie genau es abgefragt wird, kann aber aus Erfahrung einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung berichten, dass auf dem Formular folgende Punkte anzugeben waren:
    - Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit
    - Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
    - Einnahmen aus Kapitalvermögen
    - u.w.
    -> Das hast du; damit wärst du dann raus ;)

  • Die gesetzliche Krankenkasse basiert auf dem Grundprinzip der Solidarität. Wenn vermögende Menschen das auf diese Art und Weise aushebeln, ist das moralisch höchst fragwürdig.

    Ruhig Blut! Hier geht's nur um ein Gedankenspiel. Das erkennt man alleine schon daran, dass die Einkünfte des fiktiven Vermögenden irreal niedrig sind ;)

    Wenn ich mich im Rahmen der Möglichkeiten um die Optimierung meiner Steuerbelastung mühe, ist das legitim und im übertragenen Sinne auch auf Sozialabgaben anwendbar. Ich wäre doof, wenn ich ein evtl. Sparpotential nicht nutze. Die Frage dabei ist: "Wer hat die Spielregeln aufgesetzt?"

  • Stimmt, das wäre die Frage: "Kran­ken­kas­sen prüfen meist jährlich das Familieneinkommen. Dafür musst Du einen Fragebogen ausfüllen."
    Siehe dazu das Antragsformular AOK: https://www.aok.de/pk/magazin/…g-fragebogen-aufnahme.pdf
    Dort gibst du für alle Familienmitglieder Einkünfte an.
    Mach sich doch mal einer den Spaß und fülle die Anträge mit den Szenarios aus und berichte, wie die Krankenkasse entschieden hat :D

  • Wie die Frage bei mir aufkam: Ich gehe arbeiten, meine Frau nicht, weil sie die Kinder betreut (sind also alle familienversichert). Gleichzeitig würde ich gerne meine Stunden reduzieren, um mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Also kamen die naheliegenden Fragen auf: Wie weit kann ich meine Stunden reduzieren, um noch krankenversichert zu sein? Und inwiefern spielen dann meine sonstigen Einkünfte eine Rolle?

    Wenn Du das finanziell hinbekommst, dann mach das!

    Der Oliver Noelting berichtet auf seinem Blog davon, als wie bereichernd er es empfindet die zusätzliche Zeit mit seiner Familie zu verbringen:

    Jahresbericht 2022 – Wir gönnen uns Luxus! – Frugalisten
    „Ich bin gerade in Elternzeit.“ – „Cool, wie lange denn?“  –  „Ein ganzes Jahr.“ Überraschter Gesichtsausdruck. „Ah okay… wow! Dann geht Joana arbeiten oder…
    frugalisten.de


    Es gibt im Bereich der 'halben Privatiers' diverse Menschen, die mit 50+ irgendwann Ihre Jobs hinschmeißen oder extrem Reduzieren und sich mit einem Midijob die Zeit bis zur Rente 'vertreiben'.

  • malabo

    Ich muss über deinen Gedankengang schon den Kopf schütteln. Die gesetzliche Krankenkasse basiert auf dem Grundprinzip der Solidarität. Wenn vermögende Menschen das auf diese Art und Weise aushebeln, ist das moralisch höchst fragwürdig.

    Wo ist da ein Aushebeln? Wenn er so arbeitet wie in Szenario 2 wird er ja sogar in die Versicherung gezwungen!

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • malabo

    Ich muss über deinen Gedankengang schon den Kopf schütteln. Die gesetzliche Krankenkasse basiert auf dem Grundprinzip der Solidarität. Wenn vermögende Menschen das auf diese Art und Weise aushebeln, ist das moralisch höchst fragwürdig.

    Da wird nichts weiter getan als bestehendes Recht anzuwenden, um die Abgabenlast zu reduzieren.

    Was bei der Steuer ganz normal ist, hier soll es fragwürdig sein?!


    Wenn da etwas fragwürdig ist, dann allenfalls das dahinter stehende System und Regelwerk, nicht dessen Anwendung.


    Einzig legitimer Adressat jeglicher Kritik wäre also der Gesetzgeber, der sowas zuläßt.


    Wäre ohnehin für eine komplett andere Regelung:

    Gesetzliche Pflichtversicherung für ALLE, mit einer sich aus den "Netto"(also abzüglich der Kosten)Einkünften aus ALLEN Einkommensarten ergebenden Bemessung der Beiträge, und zwar OHNE jegliche (obere) Beitragsbemessungs- oder Versicherungspflichtgrenze.

    Infolge der damit weitaus größeren Bemessungsbasis könnte der Beitragssatz natürlich um einiges niedriger ausfallen.


    Daraus dann eine Basis-Gesundheitsversorgung für ALLE im Umfang (mindestens) der Leistungen der derzeitigen gesetzlichen Krankenversicherung; wer meint, dass er unbedingt Extrawürste ala immer Chefarztbehandlung, Einzelzimmer, Bauchtanz- oder Kochkurse etc. pp. bekommen müßte, dem stünde es dann ja frei, dafür mittels einer privaten Zusatzversicherung oder (was die private ZusatzV ja im Endeffekt auch wäre) schlicht aus der eigenen Tasche zu zahlen.

  • Da wird nichts weiter getan als bestehendes Recht anzuwenden, um die Abgabenlast zu reduzieren.

    Recht und Moral sind noch immer zwei paar Schuhe. Nur weil etwas rechtlich legitim ist, muss es noch lange nicht moralisch legitim sein.