Berechnung des kapitalisierten Nießbrauchs bei Erbschaftsteuer

  • Weiß jemand von euch wie das Finanzamt den kapitalisierten Nießbrauch bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer kalkuliert?


    Der Hintergrund ist folgender: Mir wurde eine Immobilie geschenkt. Der Schenker hielt sich ein unentgeltliches Nießbrauchrecht vor und verstarb leider schon ein paar Jahre später. Da ich auch als Erbe eingesetzt bin, wird die Schenkung unter Berücksichtigung des Wegfalls des Nießbrauchs für die Berechnung der Erbschaftsteuer herangezogen. Das zu bemessende Grundvermögen entspricht damit dem Wert aus der Erklärung zur Schenkungsteuer abzüglich des kapitalisierten Nießbrauchs zwischen Schenkung und Erbfall. So weit, so klar.


    Allerdings kann ich den vom Finanzamt kalkulierten Wert des Nießbrauchs, der nur als Anmerkung und ohne Herleitung im Bescheid notiert ist, nicht nachvollziehen.


    Für mein Verständnis und meiner bisherigen Recherche nach müsste der kapitalisierte Nießbrauch so berechnet werden:


    A) Jahreswert * Dauer des Nießbrauchs in Monaten / 12

    B) Grundvermögen / 18,6 * Dauer des Nießbrauchs in Monaten / 12


    Rechnung B ist anzuwenden, falls der Jahreswert größer als der 18,6-te Teil des Grundvermögens ist.


    Beide Rechnungen liefern allerdings deutlich abweichende Werte als vom Finanzamt angegeben. Wo ist der Denkfehler?

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  • Ich vermute, dass du linear rechnest und den Faktor Abzinsung nicht berücksichtigst.


    Die von dir genannten 18,6 dürfte vermutlich die angenommene Restlebenserwartung des Schenkers sein. Du teilst den Wert des Nießbrauchs durch die 18,6 und nimmst sie mit den gelebten Monaten mal - was zu einer linearen Berechnung führt.


    Das Finanzamt wendet seine Tabellen aber auf Basis von abgezinsten Werten an, daher ist der Verzehr des Nießbrauchswertes nicht gleichmäßig, sondern er beinhaltet auch noch einen Zinsfaktor.

  • Zitat

    Was hindert Dich daran, beim Finanzamt anzurufen und Dir die Berechnung erklären zu lassen?


    Das habe ich bereits 2 Mal getan. Eine genaue Erklärung wurde mir bisher nicht gegeben.


    Die Mitarbeiter des zuständigen Finanzamts nehmen sich nicht die Zeit, um die Berechnung im Detail zu besprechen.


    Beim 1. Telefonat wurde ich auf die Begrenzung des Jahresbetrags hingewiesen (siehe Rechnung B). Wie erwähnt passt aber auch dieser resultierende Wert nicht.


    Beim 2. Telefonat wurde ich darauf hingewiesen, dass die Berechnung nicht falsch sein kann, weil die Sachbearbeiter letztendlich nur die in der Erklärung angegebenen Werte in ein Tool übertragen, das dann die Berechnung ausführt.


    Im Übrigen stelle ich gar nicht die Korrektheit infrage. Ich möchte allerdings die Berechnung nachvollziehen können.


    Da sich also der Wissensaustausch mit dem Finanzamt als schwierig erweist und ich im Internet bisher keine brauchbare Antwort gefunden habe, dachte ich mir, ich frage mal andere Leute um Rat.

  • "Da sich also der Wissensaustausch mit dem Finanzamt als schwierig erweist und ich im Internet bisher keine brauchbare Antwort gefunden habe, dachte ich mir, ich frage mal andere Leute um Rat."


    Ohne den Fall mit genauen Daten zu kennen -> keine Chance auf einen handfesten Rat.

  • Zitat

    Ich vermute, dass du linear rechnest und den Faktor Abzinsung nicht berücksichtigst.

    Danke für den Hinweis, Thebat!


    Eine Abzinsung habe ich tatsächlich nicht berücksichtigt. Ich schaue mal, was ich zu diesem Stichwort finde.


    Zitat

    Die von dir genannten 18,6 dürfte vermutlich die angenommene Restlebenserwartung des Schenkers sein.

    Nein, die 18,6 entstammen der Begrenzung des Jahreswerts laut BewG §16.

  • Zitat

    Ohne den Fall mit genauen Daten zu kennen -> keine Chance auf einen handfesten Rat.

    • Datum der Schenkung: 11.10.2021
    • Todestag des Erblassers bzw. Wegfall des Nießbrauchs: 20.05.2023
    • Grundvermögen: 357.700 €
    • Jahreswert: 22.630 €

    Anhand dieser Daten berechnet das Finanzamt einen kapitalisierten Nießbrauch von 29.079 €.

  • Besten Dank, Thebat!


    Ich schaue mir das verlinkte Dokument an. :)


    Zitat

    Da fehlt noch das Geschlecht und das Alter des Nießbrauchberechtigten zum Zeitpunkt der Schenkung.

    Stimmt! Hier sind die (hoffentlich) vollständigen Infos:

    • Datum der Schenkung: 11.10.2021
    • Todestag des Erblassers bzw. Wegfall des Nießbrauchs: 20.05.2023
    • Geschlecht des Nießbrauchers: weiblich
    • Alter des Nießbrauchers zum Zeitpunkt der Schenkung: 66 Jahre
    • Grundvermögen: 357.700 €
    • Jahreswert: 22.630 €
    • Vom Finanzamt berechneter kapitalisierter Nießbrauch: 29.079 € (zu prüfen)
  • Herr T.

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  • Perfekt! Nahezu.


    Ich komme auf 29.078 €, aber mit einer Abweichung von 1 € kann ich leben. :S


    Die entscheidenden Hinweise im verlinkten Dokument waren:

    • Der berichtigte Kapitalwert ist wie eine Zeitrente zu ermitteln.
    • Der Vervielfältiger muss interpoliert werden.