Beurlaubter Beamter in die GKV?

  • Hallo,
    ich werde mich mich mit 55 bis zu meiner Pension ohne Dienstbezüge beurlauben lassen. Leben werde ich in dieser Zeit von Ersparnissen und Mieteinkünften. Da dann die Beihilfe wegfällt, verdoppelt sich mein Beitrag in der PKV. Kann ich evtl. kurz vor meinem 55. Lebensjahr als Freiwillig Versicherter in die GKV wechseln?
    Schöne Grüße
    Fürstenberg

  • Hallo,


    den Plan würde ich ganz schnell sein lassen. Leider muss ich durch diese Rechnung einen Doppelstrich machen.


    Zunächst gibt es in der freiwilligen Krankenversicherung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems einen Mindestbeitrag, dieser wird aus einem fiktiven Einkommen von ca. 2.400 Euro berechnet.


    Man darf jedoch nicht Äpfel mit Birnen vermischen. Mit der Beihilfe zusammen haben Sie lediglich in der PKV eine sogenannte "Restkostenversicherung" abgeschlossen. Die oben beschriebene private Krankheitskostenvollversicherung, welche sodann auch den vollen Beitrag für die dann volle Leistung beansprucht, hat für Sie ein sehr großes Leistungsprofil.


    Lassen Sie sich den Außendienstmitarbeiter Ihrer Versicherung kommen und genau erklären welche Leistungen Sie aufgeben. Die Altersrückstellungen können Sie nur innerhalb der PKV mitnehmen. Hier kommt es auch darauf an, wann Sie das letzte mal Ihren Vertrag geändert haben.


    Bei Ihrer Wahl sollten Sie sichauf jedenfall die Rechnungen der letzten 10 Jahre zur Hand nehmen. Schauen Sie so dann bei jeder einzelnen Diagnose und jeder einzelnen Leistung die Sie erhalten haben, wieviele Leistungen Sie in der GKV nur dann Bekommen hätten, wenn Sie vor der Sozialgerichtsbarkeit bis in die letzte Instanz durchgehalten hätten. Bedenken Sie auch dass die Sozialgerichte durch viele Fällen überlastet sind. Benötigen Sie die Leistung noch, wenn Ihr Anliegen vor dem Sozialgericht dann engültig ausgeurteilt und rechtskräftig ist?

  • Hallo Steuerzahler2016,


    wie kommen Sie auf den Mindestbeitrag aus einen fiktiven Einkommen von ca. 2.400€?


    'Das Mindesteinkommen für sonstige freiwillig Versicherte in der GKV beträgt im Jahr 2016 968,33 Euro. Wer so eingestuft ist, zahlt im Jahr 2016 monatlich 137,57 Euro plus Zusatzbeitrag plus Pflegeversicherung.'
    Quelle: https://www.krankenkassen.de/g…reiwillig-versichert-gkv/



    Natürlich werde ich mir von meiner PKV Alternativen vorlegen lassen und auch die Leistungen gegeneinander abwägen.
    Ich würde meine PKV ggf. auch nicht kündigen, sondern ruhen - und bei meiner Pensionierung wieder aufleben lassen.




    Meine Frage war aber: kann ich überhaupt kurz vor meinem 55. Lebensjahr als Freiwillig Versicherter in die GKV wechseln?

  • Die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung bedarf egtl. immer der Versicherungspflicht, das heißt der Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses oder einer Selbstständigen Tätigkeit. Da Ihr Beamtenverhältnis nicht gekündigt sondern nur pausiert ist scheidet diese Variante also komplett aus.


    Zur freiwilligen Versicherung:
    § 9 Abs1 SGB V
    (1) Der Versicherung können beitreten
    1.Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren;



    Wenn Sie also keine entsprechende Vorversicherungszeit vorweisen können sind Sie definitiv von einer zeitweiligen Rückkehr in die GKV ausgeschlossen. Im Übrigen ist das sinnvoll und richtig, da genau solche Fälle im Sinne einer Solidarisierung ausgeschlossen werden müssen. Wenn man hin und herwechseln könnte wie man wollte, würden unsere Sozialsysteme sehr schnell auf dem Zahnfleisch daherkriechen.


    Viele Grüße

  • Vielen Dank Creeebexo für diese klare Antwort mit dem Hinweis auf die Rechtsgrundlage. Im Prinzip finde ich diese Regelung im Hinblick auf die Solidargemeinschaft auch absolut richtig.


    Wie schaut es denn bei meiner Ehefrau aus: sie ist seit vielen Jahren als Arbeitnehmerin pflichtversichert in der GKV und wird ihren Job kündigen - ohne Arbeitslosengeld zu beantragen. Leben werden wir bis zur Rente / Pension von Mieteinkünften und Ersparnissen.
    Nach dem obigen § 9 Abs.1 (1) 1. SGB V kann sie der freiwilligen Versicherung beitreten. Meine Fragen dazu:


    1. wird der Beitrag dann gleich aus Mieteinkünften, ggf. Kapitaleinkünfte berechnet?
    2. wird meine Frau bei Erhalt der Rente wieder Mitglied in der GKV?


    Ich weiß, das ist jetzt Off-Topic, würde mich aber trotzdem über eine Einschätzung freuen.


    Viele Grüße

  • Das kann man meines Erachtens nicht so pauschal beantworten. Grundsätzlich kann Sie sich überhaupt nur freiwillig in der GKV versichern wenn sie über der Grenze von 50850 Euro im Jahr liegt. Darunter MUSS sie sich weiterhin pflichtversichern. Hier liegt eine angenommene Mindestsumme von irgendwas um die 9000 vor, was ca. 160-170 Euro im Monat ausmacht wenn ich richtig informiert bin. Es geht hier aber darum, wirklich alle Einkünfte (nicht Ersparnisse) zu berücksichtigen, die Ihrer Frau zugerechnet werden können. Diese Einkünfte werden dann für die Höhe des Versicherungszinses herangezogen.


    Ergo - augehend von Ihren Angaben - verliert Ihre Frau Ihren Versicherungsstatus gar nicht, die Einkunftsermittlung wird aber sicher ein wenig aufwändiger, da die GKV Sie dazu sicher mal interviewen wird.


    Viele Grüße

  • Hier liegt ein Irrtum bei @Creeebexo vor. Die Versicherungspflichtgrenze (=Jahresarbeitsentgeltgrenze=JAEG) gilt nur für Arbeitnehmer. Bei Selbstständigen bzw. bei Menschen, die wie die Ehefrau von @fuerstenbergs von ihrem Vermögen leben, kommt es auf die Höhe des Verdienstes überhaupt nicht an. Solche Mitglieder sind IMMER freiwillig in der GKV versichert.


    Zu Ihren oben gestellten Fragen @fuerstenbergs ist leider auch eine Menge Unrichtiges geschrieben worden.
    Deshalb hier die zutreffenden Antworten:


    1. Freiwilliger Beitritt in die GKV


    Ein solches freiwilliges Beitrittsrecht haben Sie nicht. Lesen Sie selbst nach, welche Bedingungen erfüllt sein müssten, damit Sie freiwillig beitreten könnten: Freiwillige Versicherung GKV


    2. Beitragsberechnung Ihrer Ehefrau


    Ja, der Beitrag Ihrer Ehefrau wird nach ihren Miet- und Kapitaleinkünften berechnet. Allerdings muss es sich um "Einkünfte" handeln. Wenn Sie - vereinfacht ausgedrückt - Ihre Ersparnisse aufessen, sind das keine Einkünfte. Der Verbrauch des Stammvermögens wird nicht mit Beiträgen belegt. Nur Zinsen, Dividenden u.ä. - und natürlich Mieteinkünfte.


    3. Fernere Mitgliedschaft Ihrer Ehefrau in der GKV


    Ja, wenn Ihre Ehefrau in der GKV verbleibt, wird sie mit Eintritt in den Ruhestand (=Bezug ihrer gesetzlichen Altersrente) automatisch Mitglied der Krankenversicherung der Rentner. Dann richtet sich ihr Beitrag nur nach der gesetzlichen Rente und - falls vorhanden - nach einer Betriebsrente. Die Mieteinkünfte bleiben beitragsfrei.


    4, Empfehlung zur Gestaltung Ihrer persönlichen Verhältnisse


    Konzentrieren Sie alle Mieteinkünfte und alle Zinserträge auf Ihre Ehefrau! Dann sind Sie als beurlaubter Beamter ohne Geld und Sachbezüge vom Unterhalt Ihrer Ehefrau abhängig.


    Damit haben Sie Anspruch auf die kostenfreie Familienversicherung der GKV.
    Lesen Sie hier nach: Familienversicherung GKV


    Das dürfte "unterm Strich" die günstigste Lösung für Sie beide sein, selbst wenn Ihre Ehefrau durch die Konzentration der Einkünfte dann den Höchstbeitrag in der GKV zahlt. EIN Beitrag ist immer noch günstiger als ZWEI Beiträge.

  • Okay, dann fasse ich mal zusammen: bisher bin ich als Beamter in der PKV und meine Frau in der GKV. Zum 01.1.2017 scheidet meine Frau, zum 1.4.2017 scheide ich aus dem Berufsleben aus, wir leben von den gemeinsamen Mieteinnahmen und Ersparnissen.


    1. Die Bedingungen für einen freiwilligen Beitritt in die GKV gemäß § 9 Abs1 SGB V erfülle ich nicht und werde mich ab 1.4.2017 zu 100% privat versichern - bis zu meiner Pension, da ich dann wieder beihilfeberechtigt bin.


    2. Meine Frau ist ab 1.1.2017 freiwilliges Mitglied in der GKV, der Beitrag richtet sich nach der Höhe der Mieteinkünften + Zinsen - bis zur Altersrente, der richtet sich der Beitrag nach dieser.


    3. Die Alternative ist, ich übertrage den Nießbrauch der vermieteten Wohnung und Kapitalerträge auf meine Ehefrau. Soweit ich recherchiert habe, muss dieser notariell beurkundet werden. Habe ich dann aber tatsächlich Anspruch auf die kostenfreie Familienversicherung der GKV, obwohl meine Frau bis dahin ja freiwillig versichert ist?
    Und wenn sich meine Frau dann von mir trennt, habe ich wohl auch ein finanzielles Problem ;)

  • Der Anspruch auf Familienversicherung hängt NICHT davon ab, ob das Mitglied der GKV freiwillig oder pflichtversichert ist.
    Entscheidend ist, dass der Ehegatte, der die Familienversicherung beansprucht, keine eigenen Einkünfte hat. Ein 450-€-Minijob wäre unschädlich.


    Den Nießbrauch müssen Sie deshalb nicht auf Ihre Ehefrau übertragen. Nießbrauch ist die dinglich abgesicherte Berechtigung, Nutzungen zu ziehen.


    Für die Einkommensfrage ist entscheidend, wer der Vermieter der Wohnung ist. Das kann auch jemand ganz anderes sein.
    Der Nießbrauchberechtigte muss nur die Vermietung durch einen anderen dulden.


    Wenn Sie den Mietvertrag (oder die Mietverträge) so ändern, dass Ihre Ehefrau überall als Vermieterin eintritt, dann fließen Ihr die Mieteinkünfte zu.


    Damit können Sie gegenüber der GKV wahrheitsgemäß angeben, dass Sie über keinerlei Einkommen mehr verfügen und dass auch die Beihilfeberechtigung aufgrund der Beurlaubung ohne Geld- und Sachbezüge weggefallen ist.
    Ich vermag nicht zu erkennen, aus welchem Grund Ihnen die Krankenkasse Ihrer Ehefrau den Schutz der Familienversicherung verweigern könnte.


    Wenn sich Ihre Frau von Ihnen trennt, haben Sie selbst ein Beitrittsrecht zur GKV aufgrund § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.
    Lesen Sie das nach! Die dort erwähnte "Versicherung nach § 10" ist die Familienversicherung.


    Hinsichtlich der Mietverträge können Sie bei Ehescheidung die Duldung der Vermietung durch Ihre Ehefrau beenden.
    Dann können Sie wieder als Vermieter in die Verträge eintreten. Allerdings würden in einem Scheidungsverfahren noch andere Fragen (Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, Nachehelicher Unterhalt) zu entscheiden sein.


    Viel Erfolg!

  • Vielen Dank für Ihren Beitrag. Insbesondere ist der Hinweis hilfreich, dass der Anspruch auf Familienversicherung nicht davon abhängt, oder das Mitglied der GKV freiwillig oder pflichtversichert ist.


    Eine beitragsfreie Mitversicherung bei meiner Frau ist ein neuer Aspekt. Wir werden die Möglichkeit einer Übertragung der Mieteinnahmen auf meine Ehefrau auf jeden Fall einmal prüfen, vielen Dank für diese Anregung!