Meine Situation hat nur bedingt etwas mit Arbeitsrecht zu tun, vielleicht macht es dies auch einfacher, eine Diskussion anzustoßen. Folgende Lage: ich bin seit über 20 Jahre bei einer amerikanischen Firma beschäftigt, vom Ursprung her hielt diese Firma ihre "Werte" immer hoch, es ging um harte Arbeit, aber auch um Spaß miteinander und gegenseitige Wertschätzung.
Nun hat sich in den letzten Jahren verstärkt die Tendenz herauskristallisiert, dass ausschließlich die Vertriebszahlen zählen, die Qualität der Produkte hat gelitten, weil in der Geschäftsführung nur Kaufleute sitzen, wichtige Bereiche werden kaputtgespart, dafür wird Geld ohne Ende in den Vertrieb gebuttert...der Aktienkurs hat sich über die letzten Jahre halbiert. Ich selbst sehe mich in meiner Arbeit vom neuen Chef (eingestellt vor ca. einem Jahr) in keiner Weise gewertschätzt...wenn ich mir den Allerwertesten aufreiße, kommt bestenfalls ein "durchschnittliches Feedback" heraus, meist aber das Testat einer unterdurchschnittlichen Arbeit).
Ich bin eine recht robuste Natur, aber die Aussicht, bis zur Rente in gut 10 Jahren in einer solchen Atmosphäre wirken zu müssen, macht mir wenig Freude. Zudem wurden in den letzten Jahren verstärkt langgediente Mitarbeiter mit hoher Erfahrung und großartiger Performance per Aufhebungsvertrag "abgefunden" (von einem Tag auf den anderen, wie dies bei Firmen dieser Art schon mal üblich ist). Diese Gefahr sehe ich bei mir ebenfalls, auch wenn nicht absehbar ist, ob und wann dies passieren könnte.
Nun überlege ich intensiv, ob es nicht nervenschonender wäre, sich für das letzte Jahrzehnt meiner beruflichen Tätigkeit noch mal nach einem neuen Arbeitgeber umzusehen. Klar ist dies immer ein riskanter Schritt. Über die beiden letzten Jahrzehnte habe ich mir einen sehr guten Kündigungsschutz aufgebaut, eine Abfindung wäre sicherlich im gut sechsstelligen Bereich, dies würde ich natürlich durch eine Kündigung aufgeben. Auch ist das aktuelle Gehalt so, dass ich damit rechnen müsste, bei einer neuen Beschäftigung finanzielle Abstriche machen zu müssen.
Wie würdet Ihr in dieser Situation handeln? Warten bis die Firma mich mit einer satten Abfindung rauswirft, um mir dann eine neue Stelle zu suchen - auf die Gefahr hin, noch vielleicht jahrelang in einer wenig wertschätzenden Atmosphäre arbeiten zu müssen. Oder selbst den Schritt tun (auch wenn dies bei einer aktuellen Kündigungsfrist von 7 Monaten sicher auch nicht ganz einfach sein wird), eine neue Position bei einer Firma zu suchen, die vielleicht dem deutschen Mittelstand zugehörig ist, idealerweise ein familiengeführtes Unternehmen, wo man vielleicht relativ nah bei der Geschäftsführung agieren könnte....?
Bin gespannt auf Euer Feedback.