ETF-Sparrate richtig berechnet, um Rentenlück zu schließen?

  • Liebe Forumgemeinde,


    ich möchte ein praktisches Beispiel (keine Theorie!) geben, um eure Meinung einzuholen, ob etwas vergessen oder nicht berücksichtigt wurde.


    Beispiel mit fiktiven, runden Zahlen:

    Ich bin 40 Jahre alt und werde bis 67 arbeiten.

    Ich habe derzeit 100.000 Euro in ETFs investiert. Laut Renteninformation-Brief ohne Berücksichtigung der Rentenanpassungen wird meine monatliche Rente 2.000 Euro betragen (das ist die zweite untere Zahl im schwarzen Kästchen rechts in der Mitte auf dem Bescheid). Mein aktuelles Gehalt beträgt 4.000 Euro Netto.


    Meine Rechnung:

    1) Meine Rentenlücke beträgt 4000 Euro - 2000 Euro = 2000 Euro.


    2) Annahme: Ich werde 95 Jahre alt, d. h. ich brauche von 67 bis 95 jeden Monat die 2000 Euro zusätzlich zu meiner Rente. Mein Vermögen bleibt bis zum Schluss in ETFs und wird mitverzehrt. Die angenommene jährliche Rendite beträgt 3,6 %. Steuern sind berücksichtigt, indem die Rendite inicht mehr 5 % (wie beim Sparplan), sondern 3,6 % beträgt. Laut Entnahmeplanrechner (von Finanzfluss) benötige ich ein Vermögen von ca. 426.000 Euro.


    3) Ich brauche also 426.000 Euro, wenn ich 67 Jahre alt bin. 100.000 Euro habe ich schon in ETFs wie oben erwähnt. Und ich habe noch 67 - 40 = 27 Jahre zu sparen. Die jährliche Rendite beträgt angenommen 5 %. Laut Sparplanrechner (auch von Finanzfluss) brauche ich eine Sparrate von 78,48 Euro.


    Und zum Ergebnis habe ich nun 2 Fragen:

    1) Die Sparrate erscheint mir im Vergleich zu meinem Gehalt einfach zu niedrig. Es kann doch nicht sein, dass ich bei einem Gehalt von 4000 Euro nur ca. 80 Euro im Monat sparen muss, um meine Rentenlücke zu schließen? Das sind gerade mal 2 % von meinem Lohn. Oder ist es wirklich so und ich brauche nicht die besagten 20 % oder gar mehr Sparquote?


    2) Wie berücksichtige ich die Inflation (2% pro Jahr) richtig? An welcher Stelle in meiner Berechnung muss sie berücksichtigt werden? Liegt es an der fehlenden Berücksichtigung der Inflation, warum ich so eine niedrige Sparquote bekomme?


    Ich freue mich auf eure Antworten, konstruktive Kritik bzw. wo und was habe ich evtl. nicht beachtet oder falsch angenommen/berechnet?


    Viele Grüße

    Vasya

  • 1) Je mehr Kohle du hast, umso weniger musst du logischerweise einzahlen, wenn dein Ziel die 426k sind. Die Zeit ist auf deiner Seite... 27Jahre. Das stimmt schon so.


    2) Wenn du die Inflation berücksichtigen möchtest, kannst du ja deinen Sparplän jährlich um die Inflationsrate erhöhen oder nutzt einen Sparplanrechner (zB von ExtraETF), bei dem du die Sparplanraten dynamisieren lassen kannst zb mit 2%p.a.

  • Hallo.


    Wenn Du die unterste Zahl aus dem Kasten nimmst, dann unterstellst Du, dass Dein Gehalt auch in Zukunft genauso steigen wird wie die sonstigen Rechenwerte der Rentenversicherung. Bei aktuell 4K netto ist das wahrscheinlich anzunehmen.


    Du hast aber mit der Bruttorente gerechnet.

    Du müsstest erst noch die Nettorente errechnen, um Deine Rentenlücke berechnen zu können.

  • Hallo,


    mir erscheint deine Sparrate auch deutlich zu gering. Kurz überschlagen komm ich in 27 Jahren nicht mal auf 100k…geschweige denn deine dir noch fehlenden 326k.


    Ich komme bei angenommenen 7% Rendite auf eine Sparrate von gut 300€ im Monat! Entsprechend mehr wenn du mit 5% planst.


    Die Inflation schätze ich immer grob nach der “umgekehrten” 72er-Regel. Also dann halbe Kaufkraft nach 36 Jahren bei 2% Inflation.


    Wenn ich noch einen Tipp geben darf: ich würde an deiner Stelle die Rentenerwarten pessimistischer sehen. Die von der GRV angegeben Werte sind Brutto. Krankenkasssenbeiträge noch nicht berücksichtigt. Bitte noch mal durchrechnen ob 2000€ wirklich reichen. Hier gibts auch ne Folge zu von Saidi. Es ist glaub ich Folge 46…

  • Was du übrig hast zahlst du einfach ein, je eher um so besser, damit wird der Zinseszins Effekt am besten ausgenutzt. Allerdings sollte man auch das Leben im hier und jetzt nicht vernachlässigen, ohne natürlich übermütig zu werden. Wenn du rechtzeitig über dem Plan einzahlst spielt die Inflation nicht die entscheidende Rolle, sonst eben jährlich erhöhen.

  • Uii…verrechnet. Wenn man die 100k mit denen du bereits investiert bist mit dazu rechnet dann reicht tatsächlich die angegebene Sparrate.


    Entschuldige…hatte von 0 auf 326k gerechnet… 8o

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.


    Ich werde mir über das Wochenende Gedanken machen, wie ich die Rückmeldungen in meine Rechnung einarbeiten kann.


    Danach werde ich die neue Rechnung hier posten.


    Viele Grüße

    Vasya

  • 2) Wenn du die Inflation berücksichtigen möchtest, kannst du ja deinen Sparplän jährlich um die Inflationsrate erhöhen oder nutzt einen Sparplanrechner (zB von ExtraETF), bei dem du die Sparplanraten dynamisieren lassen kannst zb mit 2%p.a.

    Um beim Beispiel zu bleiben.


    Nehmen wir an, im Jahr 2024 beträgt meine Sparrate 80 Euro pro Monat. Im Februar 2025 wird die Inflation für das Jahr 2024 vom statistischen Bundesamt auf 5 % berechnet.


    Das heißt, ich erhöhe meine Sparrate dann auf 84 Euro pro Monat.


    Habe ich das richtig verstanden?


    Viele Grüße

    Vasya

  • viel Geld auf dem Tagesgeld oder ETF bereitet Freude. Dem einen reicht dieser Zustand, der andere nutzt das Geld und verwertet es in größere Freude.

    Ich habe das kleine Vermögen als EK für den Erwerb eines Eigenheims/Grundstück eingesetzt, das bereitet uns viel Freude und das Ansparen geht von Vorne los ;)

  • Zum ersten Absatz:

    Ich habe dich nicht verstanden. Ich dachte, die untere Zahl im Kasten bedeutet: Wenn ich bis 67 durcharbeite und mein Gehalt konstant bei 4000 Euro bleibt und es keine Rentenanpassung gibt, bekomme ich 2000 Euro brutto Rente? Habe ich das richtig verstanden?


    Zum zweiten Absatz:

    Wie finde ich heraus, wie viel Netto vom Brutto mir bleibt?

    Gibt es dazu gute Rechner?


    Viele Grüße

    Vasya

  • Zum zweiten Absatz:

    Wie finde ich heraus, wie viel Netto vom Brutto mir bleibt?

    Gibt es dazu gute Rechner?



    Bei google danach suchen :-).

    Allerdings kann dieser Rechner nur die Situation heute berücksichtigen. Was sich der Gesetzgeber in einem Zeitraum von 27 Jahren einfallen lässt, weiß heute niemand. Vermutlich noch nicht mal er selbst.

    Hast du noch eine betriebliche Altersvorsorge, die auch noch in die Rechnung kommen könnte?

  • 1) Meine Rentenlücke beträgt 4000 Euro - 2000 Euro = 2000 Euro.


    Falsch. Es geht nicht darum, wie viel du jetzt verdienst, sondern wie hoch deine Ausgaben sind / sein werden.


    Also lautet die Rechnung:


    (vermutete Ausgaben im Alter) - (erwartete Rente nach Abzug von Steuern) = Rentenlücke


    Mir kommt die Sparrate auch zu gering vor.

    Sind hier zwar fiktive Zahlen, aber ist jetzt nicht soooooo weit weg von meiner eigenen Situation und da kam irgendwie ne Sparrate von 500-700€ pro Monat raus (was ich nicht stemmen kann), also ....

  • Entweder Du verdienst weiter Dein Brutto ohne Änderungen oder Deine Gehaltssteigerungen decken sich genau mit den allgemeinen Gehaltssteigerungen.


    Oder anders ausgedrückt: Du erzielst aktuell pro Jahr X Entgeltpunkte und wirst das in Zukunft auch machen. (Egal ob gar nichts angepasst wird oder sich Dein Gehalt durchschnittlich entwickelt.)


    Zur Nettorente:

    Wenn wir 2.000 Euro als Brutto unterstellen und 12% für Kranken- und Pflegeversicherung ansetzen, dann würdest Du 1.760 Euro ausgezahlt bekommen. Du könntest in der Steuertabelle nachschauen, was bei 21.120 Euro (12 × 1.760 Euro) an Steuerlast auf Dich zukäme. So käme man näherungsweise auf einen Nettobetrag.

  • Wie bereits gesagt würde ich die die Podcastfolge 46 ans Herz legen. Da wird über alle deine Fragen umfänglich Auskunft gegeben…

  • Wie bereits gesagt würde ich die die Podcastfolge 46 ans Herz legen. Da wird über alle deine Fragen umfänglich Auskunft gegeben…

    Du bist offenbar ein großer Podcast-Liebhaber.

    Ich mag Podcasts nicht.


    Einen Text kann ich überfliegen und dabei beispielsweise Kapitel überspringen, deren Überschrift bereits zeigt, daß ich diese Info nicht brauche (oder schon kenne). Auch kann man einen Text maschinell durchsuchen.


    All dies geht bei einem Podcast nicht. Den muß man sich von Anfang bis Ende anhören, bevor man entscheiden kann, ob die dort nur gesagte Info für einen überhaupt nützlich ist - und will man diese Info bewahren, muß man sie sich selbst aufschreiben, sich also die Mühe machen, die sich eigentlich der Podcast-Macher hätte machen müssen.


    Schön für den Podcast-Macher ist natürlich, daß er Werbespots einbauen kann, die der Hörer so einfach nicht ausblenden kann.


    Auf der ähnlichen Schiene sehe ich die "Videos", in die heutzutage Agenturmeldungen gern verwandelt werden. Streng genommen Dia-Shows aus Stock-Bildern, in die die Agenturmeldungen Satz für Satz eingeblendet werden.


    Ich mag die Dinger nicht.

  • Ok, ok…


    Höre den Podcast beim Sport, Abwaschen, Auto fahren, Staub saugen usw. - da ist es schwer mit einem Buch/Text. Deshalb eine willkommene Ergänzung zur Textarbeit…


    Beim FT-Podcast gibt es keine Werbung…


    …Jeder wie er es mag!

  • Liebe Forumgemeinde,


    nun zu etwas realistischeren Zahlen.


    Zunächst zur Inflation:

    Die Inflation wird jährlich berücksichtigt, indem die Sparrate zum 1. März eines jeden Jahres um die aktuelle Inflationsrate des Vorjahres, die vom Statistischen Bundesamt ermittelt wird, erhöht wird (bei Deflation wird die Sparrate nicht erhöht). Damit ist meines Erachtens das Thema Inflation zumindest in der Ansparphase erledigt.



    Vorbemerkung zu Zahlen und Berechnungen:

    Natürlich wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch vieles ändern und die Zahlen/Berechnungsmethoden müssen rechtzeitig angepasst werden. Die aktuellen Berechnungen entsprechen dem heutigen Wissensstand.


    Alle Werte sind aufgerundet.


    1) Nettolohn heute = gewünschte Nettorente = 3733 Euro.


    2) Bruttorente dann = 5863 Euro (pessimistischster Wert von 3 Brutto-Netto-Rentenrechnern, die ich zuerst im Internet gefunden habe).


    3) Brutto-Rente erarbeitet heute = 1946 Euro (der Wert ist der untere Wert aus dem rechten Kasten im Rentenbescheid).


    4) Rentenlücke = 5863 - 1946 = 3917 Euro.


    5) Entnahmerate dann = 4805 Euro (26,4 % Steuer berücksichtigt + 70 % von ETFs werden nur besteuert)


    5) Vermögen, das man mit 67 angespart haben muss = 878 539 Euro (Entnahmezeitraum 95 - 67 = 28 Jahre, Rendite während der Entnahmephase 5 % p.a., da ETFs bis zum Ende gehalten werden).


    6) Erforderliche Sparrate, um das Vermögen aus Punkt 5 zu erreichen = 892 Euro (Sparzeitraum 67 - 41 = 26 Jahre, Rendite 5 % p.a., Anfangskapital 89 864 Euro).


    Meine Fragen sind:


    Habe ich irgendwo einen groben Gedankenfehler gemacht oder etwas (Stand heute) nicht berücksichtigt? Was wäre eurer Meinung nach noch an Berechnungen, Annahmen zu verbessern oder zu kritisieren? Oder eventuell etwas optimistischer/pessimistischer anzunehmen?


    Der einzige Knackpunkt, den ich sehe, ist die Berücksichtigung der Inflation in der Entnahmephase. Wenn von einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2 % ausgegangen wird, muss die angenommene Rendite in der Entsparphase von 5 % auf 3 % gesenkt werden. Das führt dann zu einer Sparrate von 1239 Euro, was zwar realistisch ist, aber in der Ansparphase eine Einschränkung im Leben bedeutet, die ich natürlich nicht unbedingt haben möchte.


    Viele Grüße

    Vasya

  • Die Zitierfunktion ist offensichtlich immer noch nicht repariert. :(


    @Vasya Pupkin. Dein Denkfehler liegt darin, daß Du glaubst, Du könntest die Zukunft auf Jahrzehnte hinaus ausrechnen. Das kann niemand. Du kannst zwar wunderbar Arithmetik ausfeilen nach dem Motto "Was wäre, wenn?", ob das dann aber schließlich so eintrifft, weiß niemand.


    Wer weiß, wie die Inflation auf Sicht von Jahrzehnten läuft? Niemand.

    Wer weiß, wie sich die steuerlichen Bedingungen auf Sicht von Jahrzehnten ändern? Niemand.

    Wer weiß, ob wir in dreißig oder fünfzig Jahren überhaupt noch einen Euro haben? Niemand.


    Es hat sich in der Vergangenheit als nützlich erwiesen, wenn man Geld auf der Seite hat. Schon in der Vergangenheit war das Ruhestandseinkommen aus z.B. der gesetzlichen Rente deutlich niedriger als das Einkommen in der aktiven Zeit. Insoweit kann man vermuten, daß das auch noch so sein wird, wenn Du mal in den Ruhestand gehst, und sich entsprechend positionieren.


    Jetzt aber zu argumentieren: "Ich kann das noch besser ausrechnen als Du!" ist vergebene Liebesmüh.

  • Ich sehe nicht, wo Du die Inflation in der Ansparzeit berücksichtigt hast. Wenn Du die Raten entsprechend der Inflation anpasst, reicht das nicht.

    Beispiel: Inflation=26 Jahre 0% und dann 1 Jahr 100%. Deine Einzahlungen wären nur ganz am Schluss höher, obwohl sich Dein Bedarf verdoppelt hat.


    Bei 2% Inflation und einer heutigen Kaufkraft von 880k benötigst Du in 27 Jahren aber nominal 1,5 Mio.


    Jedoch würde ich annehmen, dass auch Deine Rente entsprechend steigt.

  • Bezüglich Inflation würde ich mit heutigen Nominalwerten rechnen und einfach eine Inflationsanpassung unterstellen. Dafür die erwartete Rendite um die Inflation verringern. Also wenn du von 6% Rendite ausgehst und 2% Inflation unterstellst, hast du 4% reale Rendite. Damit komme ich bei 100k Startkapital und 426k Ziel auf 240€/Monat.

    Die Crux hier ist, dass bei dem langen Zeitraum die Rendite einen hohen Einfluss hat. Gehst du von 3,5% realer Rendite aus, hast du bereits eine Rate von 324€/Monat, also 50% mehr.


    Ist alles noch relativ wenig. Dein großer Vorteil ist, dass du jetzt bereits 100k drauf hast und alleine daraus bei 4% realer Rendite 188k generierst. De facto musst du von den fehlenden 326k also nicht einmal die Hälfte durch neue Sparbeiträge und deren Rendite erreichen. Und daher kommt die niedrige Rate