HDI CleverInvest Basisrente (HARF) und Universa topinvest Rente mit Pflegeoption

  • Hallo miteinander,


    ich habe mir über meinen Arbeitgeber die Produkte

    • HDI CleverInvest Basisrente (HARF) mit 70-30-Split in zwei ETFs
    • Universa topinvest Rente mit Pflegeoption mit 70-30-Split in zwei ETFs

    aufschwatzen lassen, weil jung und dumm (eher leider schon alt (noch ca. 30 Jahre bis Rente) und dumm. Nach dilettantischen Informationsbemühungen nachträglich befürchte ich nun, dass die Kosten die Erträge massiv verkleinern. Die Verträge beider Produkte laufen bisher 2 Monate und ich habe 2x 300€ und 2x 200€ eingezahlt. Ich bin gerade etwas im Panikmodus, weil ich herausfinden will, ob und inwieweit ich jetzt den Stecker ziehen kann und sollte.


    Leider weiß ich einfach so gar nicht, wo ich anfangen soll, mich zu bilden, um herauszufinden, wie schlecht die beiden Produkte sind und ob es nicht besser wäre, da sie sowieso ETFs benutzen, das Geld nicht selbst in ETF-Sparpläne zu stecken und so mehr Flexibilität und Rendite zu haben.


    Führt kein Weg an einer kostenpflichtigen Beratung einer dieser Youtuber (z.B. Tappe Consulting) vorbei? Die ganzen Youtube-Videos und weiterführendes raten von der Rürup ab. Oder könnt ihr mir einen Denk- und Literaturanstoß geben, wie ich als jemand, der, weil nie wirklich viel geld verdient und jetzt erst damit angefangen hat, keinen richtigen Bezug zu der ganzen Materie hat.


    Ich hoffe auf euer Nachsehen und euer Verständnis.


    Danke für eure Hilfe!

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  • Die Verträge beider Produkte laufen bisher 2 Monate und ich habe 2x 300€ und 2x 200€ eingezahlt. Ich bin gerade etwas im Panikmodus, weil ich herausfinden will, ob und inwieweit ich jetzt den Stecker ziehen kann und sollte.

    Für Panikmodus gibt es erstmal gar keinen Grund. Du kannst die Verträge entweder kündigen oder, wenn das nicht geht (ist bei Rentenversicherungen manchmal so), jedenfalls beitragsfreistellen, d.h. du zahlst keine weiteren Beiträge mehr ein und bekommst am Ende entsprechend wenig raus. Im schlimmsten Fall hast Du 1.000 EUR verbrannt, das ist ärgerlich, aber am Ende kein Drama. Schlimmer wäre es, wenn Du da seit 20 Jahren eingezahlt hättest und jetzt merken würdest, dass Du 120.000 EUR (20 Jahre x 12 Monate x 500 EUR/Monat) sinnfrei "angelegt" hast.


    Wenn Du möchtest, kannst Du Deine konkreten Verträge (zumindest die Übersichten mit Tarif, Kosten etc.) hier hochladen - natürlich persönliche Daten wie Name etc. schwärzen!


    Ich habe gerade mal auf der HDI-Seite geschaut, da gibt es diverse Produkte namens "CleverInvest". Ich habe ein beliebiges angeklickt (HARFB_MusterPIB_30Jahre.pdf) und eine Wahnsinnskostenquote von 3,81% (!!!) pro Jahr entdeckt. In der Auszahlungsphase werden nochmal 1,50% auf jede monatliche Rentenzahlung fällig. Puh... Wenn Dein Vertrag ähnlich ist, würde ich sagen, gut dass Du das so schnell gemerkt hast!

  • Hallo huschpuscheli und Herzlich Willkommen im FT-Forum,

    wie immer kommt es auf die Gesamtsituation an.

    Zahlst Du bereits in die gesetzl. Rentenversicherung (GRV) ein?


    So eine Basisrente lohnt sich eigentlich nie. Vor allem kommst Du bei einer Basisrente unter keinen Umständen vor Deiner Rente an das eingezahlte Kapital heran. Und dann auch nur in Form einer lebenslangen Rentenzahlung.

    Die Basisrente ist im Prinzip genau so unflexibel wie dir GRV und lohnt eigentlich nur für Selbstständige, die sich damit eine Grundabsicherung aufbauen wollen.

    Und die Basisrente kannst Du m.W.nach auch nicht kündigen, sondern nur beitragsfrei stellen!!!


    Zur Universa Top Invest Rente schwant mir auch übles (Vergleichsweise hohe Kosten). Evtl. magst Du ja mal das Blatt mit den Kosten anonym hier einstellen.


    Du kannst Dich an die örtliche Verbraucherzentrale oder an den Bund der Versicherten wenden und Deine Verträge dort analysieren lassen. Kostet zwar einmalig so 100€ aber das ist dann langfristig gut investiertes Geld!


    PS: Eine Rentenversicherung kann je nach persönlicher Lebenssituation sinnvoll sein. Aber wenn nur als kostengünstige Nettopolice und keinesfalls als provisionsbasierter Vertrag.

  • Wenn Du aus beiden Produkten aussteigen möchtest - die Argumente hast Du im Ausgangsbeitrag selbst genannt - dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, weil Du noch kaum Geld verloren hast.

    • Die Universa kannst Du einfach kündigen. Du wirst die Hälfte der eingezahlten Beiträge zurückbekommen (gesetzliche Vorgabe).
    • Die HDI Basisrente kannst Du nur beitragsfrei stellen. Die bereits eingezahlten Beiträge vermehren sich in den nächsten 30 Jahren und dann wird Dir eine lebenslange Rente daraus gezahlt in Höhe von ca. 1 € pro Monat. Es gibt im Moment keine Möglichkeit, solche Kleinstverträge zu beenden, auch wenn alle Beteiligten sich das wünschen.

    Das wäre ein Ende noch ohne viel Schrecken. Lass Dich nicht bequatschen mit Steuervorteilen und irgendwelchen Extra-Features. Rendite entscheidet und mehr Flexibilität ist besser als weniger. Beides spricht gegen solche Verträge.

  • Führt kein Weg an einer kostenpflichtigen Beratung einer dieser Youtuber (z.B. Tappe Consulting) vorbei? Die ganzen Youtube-Videos und weiterführendes raten von der Rürup ab. Oder könnt ihr mir einen Denk- und Literaturanstoß geben, wie ich als jemand, der, weil nie wirklich viel geld verdient und jetzt erst damit angefangen hat, keinen richtigen Bezug zu der ganzen Materie hat.

    Da ich das letzte Jahr über u.a. viele YouTube-Videos von ganz unterschiedlichen "Finfluencern" geschaut habe, zum Teil auch zur reinen Unterhaltung, möchte ich dazu etwas sagen: du brauchst nicht unbedingt eine kostenpflichtige Beratung. Erst recht nicht in deinem Fall, in dem zwar etwas Ärgerliches passiert ist, aber noch nicht so viel.


    Manche "Finfluencer" bzw. "YouTuber" wie der von dir genannte, mir bekannte, sind mit Vorsicht zu genießen, da sie natürlich ein Interesse daran haben dir eine Beratung oder ein Coaching zu verkaufen. Das kann durchaus besser sein als zu einem provisionsbezahlten Verkäufer zu gehen bzw. zu Jemandem, der dir seine eigenen Produkte oder nur eine sehr eingeschränkte Palette anbieten kann. Echte Honorarberater haben auf jeden Fall ihre Daseinsberechtigung in einigen Fällen! Aber lass dir nicht einreden, dass Finanzen nur etwas für Profis sei, wie es auf manch einem Kanal von manch einem "Finfluencer" sehr deutlich gesagt wird. Inhaltlich mag da manches auch richtig sein wie die Kritik an solchen Verträgen, wie du sie unterschrieben hast - aber dass nur Profis dich vor so etwas bewahren können oder dich nur solche da nun rausholen können ist meiner Meinung nach Unsinn.


    "Finanzen kannst du selbst" ist ja das Motto von Finanztip - und auch hier im Forum kann dir geholfen werden. Wenn du den Eindruck hast, dass du individuelle Beratung brauchst, dann kannst du wie gesagt zu einem Honorarberater gehen. Aber ob sich das in dem Fall lohnt? Versuch es erstmal selbst! Den Anfang dafür hast du hier ja schließlich schon gemacht.


    Was Literatur angeht: fang doch mal bei Finanztip auf der Website und/oder bei YouTube an. Da gibt es zu allen Themen Infos. Bei den Verbraucherzentralen gibt es ebenso Infos. Finanzfluss ist auch eine gute Quelle. Das sind nur ein paar Beispiele, wie du kostenlos an fundierte Infos kommen kannst durch lesen, hören und schauen (Videos). Natürlich gibt es aber auch im Internet zweifelhaftere Quellen, die nur zum Teil oder auch gar nicht dazu beitragen, dass du finanzieller Selbstentscheider werden kannst, wie gesagt.


    Viel Erfolg!

  • Ganz, ganz herzlichen Dank an die vielen Antworten und Einsichten! Ich hätte nicht gedacht, als Unwissender so warm willkommen zu werden; danke auch dafür!


    Ich komme gerade noch mal aus einem Gespräch mit dem Makler. Jetzt habe ich mit euren Kommentaren und denen des Maklers einiges an Food for Thought, das ich erst mal sortieren will, bevor ich den nächsten Kommentar mit gefährlichem Halbwissen raushaue. Ich zitiere nur mal "Kapitalerstragssteuer fällt weg", "nur 0,96 % Effektivkosten" und "Wasserfallprinzip mit über 40 % Rendite"...


    Gerne würde ich allerdings auch mal das Angebot hier wahrnehmen und meine Sachen hochladen. Kann/darf/soll das hier geschehen? Gibt es mehr zu beachten, außer, dass ich meine persönlichen Daten schwärze?

  • Gibt es mehr zu beachten, außer, dass ich meine persönlichen Daten schwärze?

    Wenn es Dir möglich ist, wäre es klasse, wenn Du zusammengehörige Dokumente nicht als einzelne Dateien hochlädst, sondern als mehrseitiges PDF. Aber das ist schon ein Luxusproblem. Und bitte nur die persönlichen Daten schwärzen und gleich noch die Zahlen. Das hat auch schon mal jemand geschafft.

    Ich komme gerade noch mal aus einem Gespräch mit dem Makler. (...) Ich zitiere nur mal "Kapitalerstragssteuer fällt weg", "nur 0,96 % Effektivkosten" und "Wasserfallprinzip mit über 40 % Rendite"...

    Wenn ich mich ausnahmsweise selbst zitieren darf:

    Lass Dich nicht bequatschen mit Steuervorteilen und irgendwelchen Extra-Features.

    Was er mit dem Wasserfallprinzip meint, würde ich aber schon gerne wissen. "Über 40 % Rendite" ...in 30 Jahren? Ist das ein Versprechen oder eine Drohung?

  • Ich könnte mir vorstellen, dass der Makler mit 'Wasserfallprinzip' auf den Zinseszinseffekt anspielen will. :/ Wäre mir aber eher mit dem Bergab rollenden Schneeball bekannt, der immer größer wird.

    Evtl. wollte er auch nur andeuten, dass das Geld wie im Wasserfall in seine Tasche wandert. ;)


    Zum Thema Effektivkosten empfehle ich mal einen Blick hierhin:

    Effektivkosten fondsgebundener Rentenversicherungen im Vergleich
    Effektivkosten bei fondsgebundenen Rentenversicherungen und Lebensversicherung berechnen und vergleichen (Effektivkostenquote, Effektivkosten durchschnitt)
    www.gn-finanzpartner.de

    Die Effektivkosten sind längst nicht so eindeutig wie man meinen mag.

    Aber nehmen wir mal an, es bleibt tatsächlich bei 0,96% Effektivkosten. Ich rechne jetzt einfach mal 500€ im Monat, die Du sparst für 30 Jahre in einem ETF-Sparplan zu 7% p.a. Rendite

    Das macht dann rund 590.000€ Depotwert (vor Steuern).

    Jetzt machen wir die Gleiche Rechnung mit einer Rendite von 6,04% p.a.

    Macht dann rund 495.000€.


    95.000€ Unterschied. Eine ganze Menge wie ich finde.

  • Und bitte nur die persönlichen Daten schwärzen und gleich noch die Zahlen. Das hat auch schon mal jemand geschafft

    Jetzt bin ich verwirrt: also mit oder ohne Zahlen? *blush*


    Und ja, zwei zusammenhängende PDFs bekomme ich hin :thumbup:


    Mit Wasserfallprinzip meint er, dass ich wegen des bestimmt bald für mich anfallenden Spitzensteuersatzes mir Geld vom Staat wiederholen und reinvestieren könnte. NIEMAND würde diesen Hebel in all den "bösen" Berichten und Videos zur Rürup erwähnen. Und wo gäbe es schon 42 % Rendite?


    So, ich werde mich jetzt an meine Notizen und die Dateien machen...


    Erst mal ein schönes Wochenende euch!

  • Hallo miteinander,


    ich habe es nun geschafft, meine Sauklauennotizen ins Reine zu tippen (unten als leider ewig langes Zitat). Bitte seht mir die ganzen Tippfehler und inkonsistente Klein-/Großschreibung nach. All meine Notizen sind Aussagen des Beraters. Wenn ich in Klammern "Bemerkung" hinzugefügt habe, ist das ein Hinweis, der mir beim Abtippen eingefallen ist. Ansonsten aber alles Aussagen meines Beraters als Reaktionen auf meine Fragen.


    Ich wollte die Sachen nur auch als Kontext geben für die beiden hier angehängten, zensierten Verträge. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen zu schwärzen...

  • Aiaiaiai... da wurdest du ja kräftig bearbeitet, was ich aus deinen Notizen so herauslese beim Überfliegen. Typische Produktverteidigung eines Verkäufers.


    Was der Verkäufer über die YouTube-Videos sagt ist teils natürlich richtig, wie schon gesagt: manche wollen dich tatsächlich zu ihren Produkten bringen. Aber letztlich wirst du auch bei relativ unabhängigen Verbraucherportalen ähnliche Infos und Berechnungen finden.


    Ich bin kein Experte für Rentenversicherungen, weswegen ich jetzt nicht auf die Details eingehen werde - das kann ein anderer vielleicht besser. Wenn ich aber schon den Abschnitt über die Abschlusskosten (2.600€ sind schon weg) und die Verwaltungskosten sehe in dem Dokument, stellen sich bei mir alle Nackenhaare auf: 5,88% jeder Einzahlung und bei Auszahlung dann nochmal 1,5%?


    Ich kann nicht beurteilen, ob das wirklich viel ist. Es wirkt auf mich sehr viel und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das aus meiner Sicht einzig valide Pro-Argument, eine lebenslange Rente auch bei Langlebigkeit, einen selbst gemanagten Welt-ETF und einen vorsichtigen Entnahmeplan irgendwie in der Praxis schlagen könnte. Die ETF-Kosten hast du ja schließlich auch bei der Versicherung immer zusätzlich. Selbst wenn die Depotkosten irgendwann mal wieder höher werden, wenn Neobrokern das Geschäftsmodell dann verboten wird und es keine Alternative gibt, werden die Kosten überschaubar bleiben im Vergleich...


    Wie gesagt: im Detail schauen sich das andere Leute vielleicht aber mal an.

  • Wow, das war eine starke Leistung. Vor allem von Dir beim aufschreiben - kannst Du Steno? Als auch beim Verkäufer, der alle Register gezogen hat.


    Ich darf noch einmal...

    Lass Dich nicht bequatschen mit Steuervorteilen und irgendwelchen Extra-Features. Rendite entscheidet und mehr Flexibilität ist besser als weniger. Beides spricht gegen solche Verträge.

    Es sind so viele Punkte, dass man kaum noch drauf eingehen kann. Ein Grundprinzip: Es wird versucht, die eigenen Produkte als unvergleichlich darzustellen, damit der Kunde sie nicht mehr einfach vergleichen kann. "Sowas können Sie am freien Markt überhabt nicht bekommen." Oder gewisse Steuervorteile oder Produktfeatures wie Lebensversicherung als Kreditsicherheit herausgestrichen, die man überhaupt nicht in ein Verhältnis setzen kann.


    Gibt es einen Punkt, der Dich besonders interessiert, den wir hier näher beleuchten sollen?


    Hast Du dem Vertriebler von uns erzählt? Vielleicht traut er sich ja und schreibt direkt hier.


    Zu dem Video: Man kann Honorarberatung anbieten, sogar Honor-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO sein und trotzdem gleichzeitig "Versicherungsmakler mit eingeschränkter Versicherungssparten- und Versichererauswahl". Fondssparpläne im Versicherungsmantel sind keine Finanzanlageprodukte sondern Versicherungen...

    • Hilfreichste Antwort
    Ich habe mir über meinen Arbeitgeber (Albatros von der Lufthansa) die Produkte
    • HDI Clevervest Basisrente (HARF) mit 70-30-Split in zwei ETFs
    • Universa topinvest Rente mit Pflegeoption mit 70-30-Split in zwei ETFs

    aufschwatzen lassen, weil jung und dumm [war]. Nach dilettantischen Informationsbemühungen nachträglich befürchte ich nun, dass die Kosten die Erträge massiv verkleinern.

    Ich mache mich mal jetzt bei der ganzen Corona unbeliebt, wenn ich anmerke:


    Wenn man seiner Sache unsicher ist, unterschreibt man nicht. Sich vor der Unterschrift zu informieren ist massiv besser, als bei geschlossenem Vertrag hinterher retten zu wollen, was zu retten ist.


    Du bist an einen gut geschulten Finanzprodukteverkäufer geraten und konntest seinen Verkaufsanstrengungen erwartungsgemäß nicht widerstehen. Ich würde das vermutlich auch nicht schaffen und würde den Herrn deswegen gleich gar nicht nicht in meine Wohnung lassen.


    Ich weiß nicht, ob Dir klar ist, wie kompliziert die Produkte sind, die Du abgeschlossen hast. Du bist jetzt Mitte 30 ist und hast Verträge abgeschlossen, die Dich bis zu Deinem Lebensende binden, also bis hoffentlich mindestens 85, rechnen wir reichlich: bis 95, also von jetzt an noch sechzig (!) Jahre. In dieser Zeit kann eine ganze Menge passieren. Du aber kannst praktisch nicht darauf reagieren, weil Du in diesen Verträgen gefangen bist.


    Ach doch: Du kannst die Verträge in die Tonne treten und auf das Geld verzichten, das Du dort eingezahlt hast. Tolle Alternative!


    Es ist sinnvoll, im Interesse der finanziellen Flexibilität und Unabhängigkeit Finanzreserven aufzubauen. Es ist auch sinnvoll, das mittels Aktien zu tun, weil diese beim langfristigen Sparen die ertragreichste Anlageform sind. Es ist aber nicht sinnvoll, diese Gelder in ein Sparvehikel zu stecken, das Du selbst nicht steuern kannst.


    Eine Rentenversicherung ist mindestens ein Doppelvertrag. Deiner nicht, bei Deinem Vertrag sehe ich etliche Komponenten mehr, die ich im Rahmen dieses Postings aber nicht aufdröseln kann.


    Der Doppelvertrag besteht aus a) einem Sparvertrag und b) aus einer Rentenversicherung im eigentlichen Sinn, also quasi einem Auszahlplan mit Sicherheit.


    Den Sparvertrag kannst Du locker selber machen, indem Du nämlich konsequent Monat für Monat weglegst, gern auch in die gleichen Anlageinstrumente, die Du hier gewählt hast, also Aktien-ETFs.


    Wenn Du das machst, kannst Du jederzeit dran (was ein Vorteil und ein Nachteil ist). Ich unterstelle mal, daß Du ein konsequenter Sparer bist und nur im Notfall an Deine Reserven gingest. Also sparst Du konsequent 25 Jahre und schaust Dir Dein Depot mit 60 nochmal an. Dabei kann herauskommen, das alles gut ist, dann machst Du einfach weiter. Es könnte dann, in 25 Jahren aber auch herauskommen, daß Du beispielsweise schon schwer krank bist, dann wirst Du Dir mit dem Geld vermutlich ein paar schöne Jahre machen, weil Du die angepeilten 85 ohnehin nicht erreichen wirst.


    Geradezu zur DNS jedes Alterssparens gehört die Vorstellung, daß man kurz vor Renteneintritt das Vermögen "sichern" müsse, also von den "hochriskanten" Aktien weg zu den wertstabilen Renten. Warum eigentlich? Das gesparte Geld soll ja für den Rest des Lebens reichen, vermutlich noch weitere 20 Jahre. Warum muß man dann das Geld schon 20 oder 25 Jahre im voraus "sichern". "Sicherheit" ist ja nicht schlecht, aber man darf dabei nicht vergessen, daß "Sicherheit" auch immer "vergebene Chance" bedeutet, also vermutlich geringere Rendite.


    So oder so: Wenn Du das selber machst, kannst Du das selber steuern und flexibel mit Deinem Geld umgehen.


    Dann kommt der Cut, der Beginn der "Leistungsphase", etwa um Deinen geplanten Renteneintritt.


    Der Sparvertrag endet, nun kommt die eigentlich Rentenversicherung. Möglicherweise kannst Du an dieser Stelle aussteigen, wenn Du willst. Deine Unterlagen weisen aber nicht aus, ob ein Ausstieg hier möglich ist. Die Rentenversicherung verteilt Dein Vermögen (nominal übrigens, ohne Inflationsausgleich) auf den geplanten Rest Deines Daseins. Die Versicherung nimmt hierfür die übliche sog. "fernere" Lebenserwartung an und schlägt zur Sicherheit 5 Jahre drauf. Aktuell beträgt die fernere Lebenserwartung eines 65jährigen Mannes etwa 18 Jahre, er wird also im Schnitt 83 Jahre alt.


    Wichtig ist der Unterschied zwischen der "Lebenserwartung" (die typischerweise für Neugeborene angegeben wird) und der ferneren Lebenserwartung, die für ein bestimmtes Lebensalter angegeben wird. Die Lebenserwartung eines neugeborenen deutschen Jungen beträgt etwa 78 Jahre, die fernere Lebenserwartung eines 65jährigen Mannes beträgt etwa 18 Jahre (zusammen 83 Jahre), denn er ist ja nicht den Krippentod gestoben, hat sich nicht mit 18 mit dem Mopped den Kopf eingefahren und ist auch nicht mit 40 Jahren dem Herzinfarkt erlegen. Wer schon 65 ist, ist somit Teil einer Positivauswahl.


    Ganz selbermachen kann man diese Funktion nicht. Ein einzelner kann das Langlebigkeitsrisiko nicht abfangen. Und doch: Du könntest Dir dann einen Auszahlplan gestalten für 18+5 Jahre und bekämest damit aus einem gegebenen Kapital mehr heraus, als die Versicherung Dir bieten würde. Das würde die durchschnittliche Lebenserwartung abdecken und fünf weitere Jahre. Stirbst Du in der Zeit, bleibt Geld für die Erben übrig (bei der Versicherung verfällt der Rest dem Kollektiv), bis Du allerdings fünf Jahre nach Deiner durchschnittlichen Lebenserwartung nicht gestorben, hast Du ein Problem, weil jetzt das Geld aus ist.


    Wie herum ich das in meinen 80ern haben wollte, wollte ich aber nicht mit 35 entscheiden (wie Du es getan hast), sondern allenfalls in meinen 60ern.


    Man könnte zu dieser Rentenversicherung noch einiges erzählen, etwa zu Rentengarantiezeit, das lasse ich hier aber, führt zu weit.


    Unser lieber Staat möchte seine Bürger nach Möglichkeit in Rentenversicherung hinein-nudgen und ihnen dabei möglichst keinen Ausweg lassen. Das Instrument dafür heißt Basisrente. Die ist prinzipiell so aufgebaut wie oben beschrieben, aber sie hat garantiert keine Ausstiegsmöglichkeit. Das dort angesammelte Geld muß in jedem Fall verrentet werden.


    Selbst dann, wenn Du Dich aufgrund dieses Threads von diesem Vertrag lösen möchtest, kannst Du das nicht. Du könntest ihn allenfalls beitragsfrei stellen. Du würdest dann ab dem 65. Lebensjahr oder so vielleicht 1,77 € Rente monatlich bekommen, das dann aber bis zum Lebensende.


    Damit die Leute das machen, verspricht der Staat Steuerstundung: Man kann die Beiträge von der Steuer absetzen, versteuert später aber die Auszahlung. Das wirkt auf den Durchschnittsdeutschen wie die Katzenminze auf einen Stubentiger oder der Klare auf den Alkoholiker. Das macht er ohne groß nachzudenken. Steuersparen ist für Deutsche eindeutig Suchtmittel.


    Basisrente: Möglichst nicht machen, auch wenn man aktuell damit Steuer spart.


    Was Du nun mit den beiden Verträgen machen solltest, rate ich Dir ausdrücklich nicht. Das mußt Du am Ende selbst entscheiden, dazu gilt es jetzt, Info zu sammeln und Dich zu informieren, über solche Verträge speziell, aber auch über Geldanlage allgemein. Mit diesem Thread hast Du ja den ersten Schritt diesbezüglich unternommen. Mir scheint ein Vierteljahr eine sinnvolle Zeit, die das dauern kann. Im schlimmsten Fall hast Du dann damit (zu den bereits eingesetzten 1000 €) weitere 1500 € in den Wind geblasen, nicht schön, aber im Vergleich zum Wert einer Altersversorge noch überschaubar. Noch tolerables Lehrgeld, vielleicht.


    Die allermeisten Verträge von Kapitalversicherungen werden vorzeitig aufgelöst (in der einen oder anderen Weise). Geschieht das schnell, muß der Finanzprodukteverkäufer seine Provision ganz oder zum Teil zurückzahlen, geschieht das langsam, kümmert es den Finanzprodukteverkäufer nicht mehr, weil er sein Schäfchen im Trockenen hat.


    Sich vorher zu informieren wäre besser gewesen, aber it's no use crying over spilt milk.

  • geschieht das langsam, kümmert es den Finanzprodukteverkäufer nicht mehr, weil er sein Schäfchen im Trockenen hat.

    Es gibt neben den Verkaufsprovisionen auch laufende Bestandsprovisionen. Die sind bei weitem nicht so hoch, machen aber in Masse und über viele Jahre einen erheblichen Teil der Einnahmen aus. Das ist auch die Basis der Altersvorsorge des Versicherungsvertreters.

  • Wow, das war eine starke Leistung. Vor allem von Dir beim aufschreiben - kannst Du Steno? Als auch beim Verkäufer, der alle Register gezogen hat.

    Nein, ich kann nicht stenographieren. Ich habe versucht ein 2h-plus-Meeting zusammenzufassen. Ich habe sicher einiges vergessen...

    Gibt es einen Punkt, der Dich besonders interessiert, den wir hier näher beleuchten sollen?

    Ich erwarte hier keine Beratung. Wie Achim Weiss treffend beschreibt, ist es nun an mir, mich zu informieren. Ich frage mich dann nur, ob es sich nicht schon jetzt lohnt, alles einzustellen, um nicht noch mal 1500€ reinzustecken, wenn es letztendlich doch darauf hinausläuft, dass ich mich anders absichere.

    Hast Du dem Vertriebler von uns erzählt? Vielleicht traut er sich ja und schreibt direkt hier.

    Nein, das habe ich nicht.

    Wenn man seiner Sache unsicher ist, unterschreibt man nicht. Sich vor der Unterschrift zu informieren ist massiv besser, als bei geschlossenem Vertrag hinterher retten zu wollen, was zu retten ist.

    Ich hatte mich informiert, aber bei weitem nicht genug; das weiß ich nun. Ich hatte mich darauf verlassen, darauf vertraut und darauf ausgeruht, dass man Company-intern doch bestimmt nicht übern Tisch gezogen wird... Da war ich wohl besonders blauäugig und naiv!

  • Wenn man seiner Sache unsicher ist, unterschreibt man nicht. Sich vor der Unterschrift zu informieren ist massiv besser, als bei geschlossenem Vertrag hinterher retten zu wollen, was zu retten ist.

    Ich hatte mich informiert, aber bei weitem nicht genug; das weiß ich nun. Ich hatte mich darauf verlassen, darauf vertraut und darauf ausgeruht, dass man Company-intern doch bestimmt nicht übern Tisch gezogen wird... Da war ich wohl besonders blauäugig und naiv!

    Ich schreibe für den, der hier fragt - also für Dich - aber auch für die vielen, die stumm mitlesen. Gerade habe ich die Forenstatistik aufgerufen: 36 angemeldete Mitglieder und fast 1700 Gäste, also fast 50mal so viele.


    Ich könnte mir schon vorstellen, daß die beiden Verträge ungünstig sind, speziell die Basisrente, an deren Konzept ich wenig Gutes finde. Aber ich halte mich mit konkreten Ratschlägen der Art: "Mach dies, mach das!" ziemlich zurück. Allenfalls fordere ich die Leute auf, sich zu informieren. Denn schließlich treffen sie die Entscheidungen über ihr Geld selber (hoffentlich!), aber in jedem Fall haben sie die Konsequenzen selbst zu tragen.


    Gerade lese ich im aktuellen Spiegel den langen Artikel "Wird mein Geld im Alter reichen?" Dazu wäre mancherlei zu sagen, gerade auch bezüglich der laufenden Diskussionen hier im Forum. Aber vermutlich sprengte das den Rahmen.


    Es könnte schon sein, daß Du die beiden Verträge sinnvollerweise kippst (auch wenn Du dadurch Geld verlierst). Unter dem Aspekt könnte es besser gewesen sein, sie gleich garnicht abzuschließen. Andererseits ist es besser, Du kommst nun nach bereits kurzer Zeit ins Nachdenken, als wenn die Verträge schon 20 Jahre oder so liefen. Und noch eins: Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und in meinem Leben vermutlich bedeutend mehr Geld durch schlechte Investmententscheidungen in den Sand gesetzt als Du. Mag schon sein, daß ich in all den Jahren durch Schaden klug geworden bin (hoffentlich zumindest klüger!), aber den Schaden habe ich schon auch gehabt. Es wäre unredlich zu behaupten, man habe mit dem Geld immer alles richtig gemacht.

  • darauf vertraut und darauf ausgeruht, dass man Company-intern doch bestimmt nicht übern Tisch gezogen wird.

    Das ist eines der Probleme der bAV.


    Aus Deiner Sicht: Dein Arbeitgeber genießt Dein Vertrauen. Er tut Dir etwas Gutes. Du kannst Steuern sparen. Er gibt noch Geld dazu. Du hast keine Ahnung. Du unterschreibst.


    Aus Sicht des Arbeitgebers: Du musst gesetzlich was tun. Du willst Dich als guter Arbeitgeber präsentieren. Du hast keine Ahnung von der Materie. Du weißt aber wie aufwändig schon die Lohnbuchhaltung ist. Ein bAV-Berater kommt und bietet Dir Unterstützung an. Er übernimmt den ganzen Papierkram, führt die Gespräche und ist auch danach für alle Fragen der Mitarbeiter da (auch zu anderen Versicherungen). Das Produkt ist eines der besten am Markt, sagt er. Du lädst ihn zur Infoveranstaltung "Arbeitgeber informiert - neues bAV Angebot" als Referenten ein.


    Das ist fast wie beim Struki im Fußballverein, wo die Lebensversicherung beim Umziehen in der Kabine klar gemacht wird.

  • Das ist fast wie beim Struki im Fußballverein, wo die Lebensversicherung beim Umziehen in der Kabine klar gemacht wird.

    Und wenn man ganz viel Pech hat, bekommt Cheffe auch noch seinen Anteil am Geschäft mit der bAV. Einfach weil Cheffe einen kleinen Deal mit seinem Kumpel aus dem Fußballverein gemacht hat. <X