BGH-Urteil zum Prämiensparen: So kommen Sie nachträglich an deutlich bessere Zinsen

  • Guten Tag, ich habe einen Prämiensparvertrag, der am 17.12.2010 unterschrieben wurde und am 1.1.2011 begann. Das Zinsverfahren ist wie folgt:

    "Die Zinsanpassung richtet sich nach einer Veränderung des Referenzzinssatzes am Quartalsende aus dem gleitenden 3-Monats-Zins mit 30% und em gleitenden 10-Jahreszins mit 70%. Der gleitende 10-Jahrezins berechnet sich aus den Moats-Durchschnitts-Zinssätzen für Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten/Anleihen der öffentlichen Hand mit Restlaufzeiten von über 9 bis 10 Jahren entsprechend der Statistk der Deutschen Bundesbank als Mittelwert dieser Zinssätze der letzten 10 Jahre. Der gleitende 3-Monatszins berechnet sich aus dem EURIBOR/Dreimonatsgeld entsprechend der Statistik der Deutschen Bundesbank als Mittelwert dieser Zinssätze der letzten 3 Monate." (Zitat aus Vertrag).

    Meine Fragen zu Herrn Ternhagens Artikel lauten:

    1. fällt der Vertrag unter die neue Regelung des BGH?

    2. Falls Sie das nicht beantworten können, wer kann das? Das geht aus dem Artikel leider nicht hervor.

    3. Ist es notwendig, nachzuzahlende Zinsen einzuklagen?

    Ich habe übrigens schon 3x bei meiner Sparkasse eine Überprüfung der Zinsberechnung und ggf. Nachzahlung beantragt, jedesmal wurde auf die Gültigkeit des verwendeten Verfahrens verwiesen.

    Vielen Dank für Ihre Mühe.

    Mit freundlichen Grüßen

    argent123

  • svenja147

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Streng genommen geht es in dem BGH Urteil um S-Prämiensparverträge flexibel, in denen der Sparzins durch folgende Formulierungen im Vertrag geregelt ist:


    Zitat

    Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Z. ...... %, am Ende eines Kalender-/ Sparjahres ...."

    "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit ... % verzinst"


    "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % p.a. verzinst"


    "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Z. .... %, am Ende eines Kalender-/ Sparjahres ...

    siehe Musterfeststellungsklage:

    BfJ - Musterfeststellungsklage gegen die Ostsächsische Sparkasse Dresden, Anstalt des öffentlichen Rechts


    Wenn die Formulierung bei deinem Vertrag so ist dann sollte das BGH Urteil auf jeden Fall auf deinen Vertrag zutreffen. Die Verbraucherzentralen prüfen das auch ( glaube gegen Gebühr).


    Deine Formulierung oben zur Zinsanpassung scheint mir eher die Antwort der Sparkasse auf die Frage, wie denn die Zinsen angepasst wurden, zu sein. Diese Antwort der Sparkasse sollte egal sein, wichtig ist was du unterschrieben hast.



    Um die Nachzahlung zu bekommen sollte man aus meiner Erfahrung eine konkrete Forderung stellen. Man kann die BGH konforme Verzinsung selbst berechnen, oder die Verbraucherzentralen machen das gegen Gebühr. Voraussetzung ist aber meines Wissens, dass noch genügend Unterlagen vorhanden sind.


    Meine Sparkasse hat irgendwann eingelenkt. Kann mir vorstellen, dass das andere Sparkassen auch machen und keine Klage notwendig ist.


    Es kann auch sein dass aufgrund des jüngsten Urteils sich die Lage, generelle Vorgehensweise ändern wird.

  • argent1234 , bei Dir kann die Sparkassen den Zinssatz je gerade nicht den Zins nach Gutsherrenart anpassen, sondern nach einer klar definierten Berechnung.


    Die Berechnung ist natürlich nicht toll. Durch die Durchschnittsbildung dauert es noch knapp 10 Jahre, bis die Auswirkungen der Nullzinsphase aus der Berechnung ganz heraus sind. Aber das war Dir bei Vertragsabschluss ja bekannt.

  • bei Dir kann die Sparkassen den Zinssatz je gerade nicht den Zins nach Gutsherrenart anpassen, sondern nach einer klar definierten Berechnung.

    Hornie: ich bin mir da nicht sicher. Beim jüngsten Urteil ging es ja hauptsächlich um den Referenzzins. Wenn dieser zitierte Absatz aus dem Vertrag stammt, dann sollte dieser klar definiert sein. Dem jüngsten Urteil gingen aber eine ganze Reihe von Urteilen voraus zum Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins (relativer oder fixer Abstand). Fie Formulierung "Zinsanpassung richtet sich nach einer Veränderung des Referenzzinssatzes" ist hier genauso undurchsichtig.

  • Das Urteil gibt den Referenzzins für variabel verzinste Sparverträge vor, die keine nähere Definition im Vertrag hatten, wie sich der Variable zins ermittelt.

    Ich würde daher auch davon ausgehen, dass hier in diesem Fall das Urteil keine Anwendung findet.

  • ich bin mir da nicht sicher.

    Ich mir auch nicht, bin auch kein Jurist ;)


    Im Gegensatz zu alten Verträgen ist in dem Vertrag von argent1234 eine klare Definition des Referenzzinssatzes. Auch die Anpassungen an der Referenzsatz sind m.E. geregelt (am Quartalsende).


    Unsicher bin ich mir, ob dieser Referenzzinssatz zu diesem Urteil konform ist, da er Durchschnitte enthält.

    In der Bundesgerichtshof-Entscheidung steht:

    Zitat

    Die Oberlandesgerichte haben jeweils rechtsfehlerfrei angenommen, dass der danach zu bestimmende Referenzzins nicht nach der Methode gleitender Durchschnitte zu berechnen ist. Denn Sparer wären bei Anwendung der sogenannten Gleitzinsmethode entgegen ihrer Erwartung bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil einfließen. Sparer vergleichen im Rahmen ihrer Anlageentscheidung bei der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht den ihnen angebotenen variablen Zins mit dem gegenwärtigen durchschnittlichen Marktzins und nicht mit einem Zins, der aus überwiegend in der Vergangenheit liegenden Zinsen berechnet wird.


    In der Tat haben der starke Zinsanstieg der letzten 2 Jahre durch die Glättung mittels Durchschnittsbildung vermutlich zu noch keiner Zinserhöhung bei argent1234 geführt.

  • Hornie


    Bin auch kein Jurist :P . Laut BGH müssen die Zinsklauseln ein "erforderliche[s] Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen" aufweisen (Az. XI ZR 197/09). Das sehe ich hier eher nicht.


    Ein Selbstläufer werden die Nachforderungen aber nicht...

  • Hallo zusammen,


    Das neue Gerichtsurteil vom BGH vom 09.07.2024 (AZ XI ZR 44 / 23 und AZ XI ZR 40/23) schafft nun nach jahrelanger Hängepartie und verschiedensten Gerichtsverfahren eine Klarheit bezgl. der Zinsklauseln der jeweilen Verträge, insbesondere eben vor allen Dingen zum Referenzzins.


    Darüberhinaus wurde auch festgelegt, dass das Verhältnis des Erstzinsatzes zum Erstreferenzzins gleich bleiben muss. Außerdem wurde ebenfalls in der Entscheidung festgelegt, dass die Zinsanpassungen nicht quartalsweise oder z.b alle sechs Monate erfolgen sondern monatlich und auch keine Mindestabweichungen erst zu Änderungen führen.


    Ich kann hier nur auf die entsprechende Seite der Verbraucherschutzzentrale verweisen (link: Artikel der Verbraucherschutzzentrale).


    Neben den Angaben bei Finanztip selbst sind hier eigentlich alle Dinge genannt.


    Einfach die Bank anschreiben. Es geht um nicht wenig Geld.

  • Ergänzungsfrage meinerseits:


    Hat von Euch jemand schon nach der Entscheidung des BGH aufgrund eines bereits bestehenden Sachverhalts bei seiner Bank oder durch Nutzung der verfügbaren Musterschreiben eine Antwort bekommen?

  • Hallo,

    bei mir hatte der Schlichter ganz kurz vorher für mich entschieden und die Bank hat zurückgezahlt. Der Schlichter hatte aber auf die Eckpunkte vorab abgestellt, die nun durch das neue BGH-Urteil höchstrichterlich bestätigt wurden.

  • VB lehnt eine Neuberechnung weiterhin ab.

    Man fühle sich rein vom Urteil gegen die beiden Sparkassen erst mal nicht angesprochen. Ob die VB selbst auch betroffen sei, wolle man dann prüfen, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.


    Sparkasse hat erst mal nichtssagend geantwortet, dass man es prüfen und sich melden werde.

  • Sparkasse schreibt:

    Zitat

    unsere Vermögenspläne werden bereits seit längerer Zeit nachgerechnet, Sie erhalten spätestens bei Kontoschließung eine Korrektur.

    In diesem Fall wäre das in ca. 10 Jahren. Bis dahin bleibt der Zins unbekannt ...

  • Die Sparkasse hat sich jetzt gemeldet und möchte mich zwingen eine Vereinbarung zu unterschreiben, damit wir, den uns zustehenden, Differenzbetrag erhalten. Hat damit schon jemand Erfahrung? Werde das Thema wohl zum Anwalt geben müssen, da es Klauseln in dieser Vereinbarung gibt, die nachteilig für mich als Kunde sind (Vertraulichkeit) und man sich weigert diese rauszunehmen. Auch sind dann damit alle Forderungen abgegolten. Sprich wenn doch nochmal was hochkäme (unwahrscheinlich aber möglich) ist ein Anspruch nichtig. Könnte ich mit leben. Aber auch schon wieder nett...


    Auch stört mich das die Sparkasse nicht - wie im Urteil vorgegeben - den Zinssatz zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als Referenz heranzieht, sondern den des Vormonats. (dadurch ist der Faktor für die Sparkasse günstiger in meinem Fall). Ist das bei anderen Betroffenen genauso? Wenn die Sparkasse das immer so macht - kann ich darüber hinwegsehen. Wenn sie das mal so, mal so macht, wäre es schon ein starkes Stück.


    Die Sparkasse soll einfach das Urteil umsetzen und den (Ex)-Kunden nicht noch Steine in den Weg legen.


    Mit besten Grüßen

  • Ich kann ja verstehen, dass die nicht möchten, dass Du andere Kunden anregst, ebenfalls einen besseren Zins zu verlangen.

    Bei einer Kulanzzahlung würde ich das als gerechtfertigt betrachten. Hier sollen sie aber nur zahlen, was Dir zusteht. Da fehlt gefühlt die Gegenleistung für die beschriebenen Nachteile.


    Man könnte ja mal vorschlagen, dass für 100€ Extra die Nachteile einer Unterschrift in Kauf genommen werden ;) .


    Oder Du veröffentlichst hier deren Angebot und unterschreibst erst am Tag danach die Vertraulichkeit :P.

  • Die Sparkasse hat sich jetzt gemeldet und möchte mich zwingen eine Vereinbarung zu unterschreiben, damit wir, den uns zustehenden, Differenzbetrag erhalten. Hat damit schon jemand Erfahrung?

    Ich hatte so eine Vergleichsvereinbarung auch unterschrieben, dies war aber bevor der BGH den Refernezzinssatz festlegte.


    Auch stört mich das die Sparkasse nicht - wie im Urteil vorgegeben - den Zinssatz zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als Referenz heranzieht, sondern den des Vormonats.

    Mir wäre nicht bekannt dass sich der BGH dazu explizit geäußert hat. Implizit erscheint mir diese Berechnung aber im Einklang mit dem Urteil zu sein, da ja eine monatliche Anpassung verlangt wurde. Dies kann nur auf Basis der Daten des Vormonats geschehen, die Daten des aktuellen Monats liegt ja noch nicht vor.

  • Hallo zusammen,

    habt ihr bisher Erfahrungen durch Banken, die sich komplett quer stellen? Meine Bank behauptet, dass von dem neu festgelegten Referenzzins der 8-15 jährigen Bundesanleihen ein Abschlag angezogen werden darf laut BGH. Ich konnte dazu aber nichts finden. Wisst ihr etwas dazu, welche Zinssätze denn jetzt rechtmäßig nachgezahlt werden müssen?


    Vielen Dank

  • Hallo zusammen,

    habt ihr bisher Erfahrungen durch Banken, die sich komplett quer stellen? Meine Bank behauptet, dass von dem neu festgelegten Referenzzins der 8-15 jährigen Bundesanleihen ein Abschlag angezogen werden darf laut BGH. Ich konnte dazu aber nichts finden. Wisst ihr etwas dazu, welche Zinssätze denn jetzt rechtmäßig nachgezahlt werden müssen?


    Vielen Dank

    Die BGH Urteile sagen alle dass der relative Abstand zum Referenzzins über die gesamte Vertragsdauer beibehalten werden soll. Heißt, wenn zu Vertragsbeginn das Verhältnis Vertragszins/Referenzzins 0.8 war, dann muss die Bank durchgängig 80% des Referenzzinssatzes zahlen. Ist das was du meinst?