Alter 50+ _ Risikoprofil _ Lebenserwartung

  • Hallo Zusammen,

    dank eurer Hilfe habe ich ja Kassensturz gemacht und aufgeräumt und (dank euch) viel Klarheit gewonnen wie ich anlegen werde. Nochmals danke dafür, danke für eure Zeit, euer Wissen und eure Bereitschaft, wildfremden Menschen zu helfen.


    Bin betreffend Risiko/Gelassenheit wenn die Kurse (stark) fallen in mich gegangen und einige Gedanken treiben mich noch um :)


    Ich lese von euch immer wieder, dass ihr beim Entsparen mit 20 bis 25 Jahren rechnet.

    Ist das nicht zu wenig, wenn man von einem Ruhestandsalter von ca. 65 ausgeht. Viele von uns werden älter als 90 werden, einige sogar die 100 erreichen. Und braucht man gefühlt dann nicht im hohen Alter vielleicht wieder mehr Geld?

    65 bis 80 da ist man noch fit für Reisen, Unternehmungen usw., bedeutet man braucht mehr Geld

    80 bis 85/90 das ist vielleicht ein Alter wo man weniger Geld benötigt

    85/90 bis 95/100 könnten Lebensjahre sein in denen wir wieder (viel) mehr Geld brauchen (Pflege, Pflegeheim ......)

    Bedeutet, auch wenn ich jetzt 57 bin, kann ich trotzdem noch mit sehr vielen Investitionsjahren rechnen.

    Es geht mir irgendwie um die Risikoeinschätzung.

    "Worst Case" Gedanken, ich investiere bis Oktober alles (außer Tagesgeld) in einen Welt ETF und dieser fällt bis Jahresende um 65%, dann kann ich das (glaube ich) gedanklich auch gut (er- und mit-)tragen, wir haben ohnedies auf so vieles keinen Einfluss.


    Was macht ihr euch für Gedanken dazu?

    Wie schätzt ihr euren Ruhestand ein?

    Denkt ihr nicht auch gerade im hohen Alter nochmals mehr Geld zu brauchen?

    Einige von euch sind ja schon im Ruhestand, also bereits mitten in der Thematik (die für mich noch Trockentraining ist), was sind eure Gedanken dazu.


    Ich freue mich über all eure Gedanken und Ideen und Erfahrungen und Berechnungen und euren großen Wissensschatz, entscheiden werde ich natürlich alles selbst, ihr helft mir einfach beim Nachdenken.

  • 65 bis 80 da ist man noch fit für Reisen, Unternehmungen usw., bedeutet man braucht mehr Geld

    80 bis 85/90 das ist vielleicht ein Alter wo man weniger Geld benötigt

    85/90 bis 95/100 könnten Lebensjahre sein in denen wir wieder (viel) mehr Geld brauchen (Pflege, Pflegeheim ......)

    So in etwa war es bei meinen Eltern. Erst wurde der Ruhestand genossen, dann kamen die körperlichen Einschränkungen und zuhause wars schönsten. In dieser Zeit wurde Geld nur noch für gutes Essen gebraucht, was tatsächlich nochmal einen Vermögensanstieg gebracht hat und dann kam das Pflegeheim.

    Letzteres wäre auf Dauer sehr teuer geworden, mit aktivem Vermögensabbau, weil beide gleichzeitig reinkamen, aber sie haben sich an die Statistik gehalten und lebten nicht mehr sehr lange im Heim.


    Insofern ja, ich halte eine ähnliche Entwicklung einerseits für nicht unwahrscheinlich, andererseits aber doch wieder, weil das Schicksal meist höchst individuell ist. Man muss es irgendwie im Hinterkopf behalten, aber wie das Leben in 30 Jahren sein wird (Boomerjahrgänge, fehlende Pflegepersonal, zu wenig Heime) kann keiner wissen.

  • Danke Depotfee,

    für deine Gedanken dazu. Richtig, wir können alle nicht wissen was noch auf uns zukommt (und das ist auch gut so). Mein Vater war zwischen 50 und 60 ein Pflegefall und die letzten Jahre in einem Pflegeheim, mir wurde früh bewusst nichts auf später zu verschieben weil es dieses später vielleicht nicht gibt.

    Mich wundert einfach ein wenig die Berechnung mit ca. 25 Jahren. Bei Menschen mit einer Rente mit der sie gut leben können ist das vermutlich die besten Entscheidung den Zeitraum so einzuengen, anders bei Menschen die von ihrer Rente nicht leben könnten.

    Gerade im Alter können Kosten für z.B. Wohnungsumbau, Medizin, Ärzte ins Gewicht fallen.

  • Ich lese von euch immer wieder, dass ihr beim Entsparen mit 20 bis 25 Jahren rechnet.

    Ist das nicht zu wenig, wenn man von einem Ruhestandsalter von ca. 65 ausgeht? Viele von uns werden älter als 90 werden, einige sogar die 100 erreichen. Und braucht man gefühlt dann nicht im hohen Alter vielleicht wieder mehr Geld?

    Ein Anhalt ist die sog. "fernere Lebenserwartung", also das Alter, die beispielsweise ein 65jähriger noch erreicht. Die unterscheidet sich von der allgemeinen Lebenserwartung, die auf einen Neugeborenen bezogen wird. Wer bereits 65 ist, ist nicht den Krippentod gestorben, hat sich mit 20 nicht das Hirn mit dem Motorrad eingefahren, ist nicht mit 35 dem Brustkrebs zum Opfer gefallen und auch nicht mit 48 dem Herzinfarkt. Alle diese sind aus der Statistik bereits heraus, wer schon 65 ist, ist Teil einer Positivauswahl.


    Aktuell hat ein 65jähriger deutscher Mann eine Restlebenserwartung von etwa 18 Jahren (also durchschnittliches Abflugalter 83), Frauen liegen etwa vier Jahre drüber.


    Die Zahlen für das glückliche Österreich würde ich in einer ähnlichen Größenordnung erwarten.


    Akademiker leben typischerweise vier Jahre länger als Nicht-Akademiker (Männer wie Frauen), statistisch am längsten leben wohl evangelische Pfarrer.


    Es macht einen Unterschied, ob man von der durchschnittlichen Dauer einer Rentenzahlung spricht (da passen die 20 oder 25 Jahre ab 65 ganz gut), oder ob man für das eigene Leben Vorsorge treffen möchte.


    Stünde ich vor der Situation, mein Vermögen aufbrauchen zu müssen, würde ich vermutlich mit Endalter 95 rechnen. Du bist Frau, da ist ein angenommenes Endalter 100 nicht aus der Welt.


    Kennst Du die Seite https://wie-alt-werde-ich.de/ ? Man muß die dort errechneten Zahlen ja nicht unbedingt für bare Münze nehmen, aber die Seite gibt Dir einen Anhalt, welche Faktoren für die Langlebigkeit eine Rolle spielen. Welche Bedeutung es für die Lebenserwartung eines 60jährigen noch hat, ob er Kinder hat, erschließt sich mir allerdings nicht.


    Du bist grundsätzlich gut versorgt (Basisversorgung), kannst Dein freies Vermögen also großzügig auch über eine längere Zeit verteilen. Wenn Du Dich damit wohlfühlst, kalkuliere halt mit 30 oder 35 Jahren Ruhestand (ab 65 gerechnet), also mit dem Ticket nach St. Peter mit 95 oder 100.


    Was sich nach meinem Dafürhalten nicht seriös kalkulieren läßt, ist die Kosten einer eventuellen Pflege. Ein normales Altersheim kannst Du mit Deiner Rente und Deinem Vermögen noch einfach bezahlen. Ein Pflegeheim ist aber teurer, kann sehr viel teurer sein. Wenn es allerdings sehr viel teurer ist, kann es sein, daß Du davon nicht mehr viel mitbekommst.


    Man kann ein Leben nicht durchkalkulieren. Ein Restrisiko bleibt, nenn es meinetwegen "Schicksal". Rein finanziell gesehen sehe ich dem Ruhestand gelassen entgegen (sofern das Geld auch nur einigermaßen seinen Wert behält). Einige Jahre Pflegeheim könnte ich finanzieren (vermutlich dann der Betreuer von meinem Geld).


    Mir kommt in diesem Zusammenhang der österreichische Liedermacher in den Sinn, der mit Anfang 30 ein Lied über einen Menschen geschrieben hat, der sich den Tod herbeisehnt ("Komm, großer schwarzer Vogel"). Er selbst ist über 30 Jahre später, an Lungenkrebs erkrankt, aus dem Fenster gesprungen. Immerhin: Er konnte das noch.


    Eine sehr geschätzte mütterliche Bekannte hat mehrere Verwandte mit Krebs in den Tod gepflegt und war sich sehr sicher, daß sie das so nicht wolle. Sie hat Schlaftabletten gehortet, die ihr ihr Arzt verschrieben hat. Die neuen hat sie immer hinten in die Reihe gestellt und von den alten vorn nur etwa drei Viertel genommen. So hatte sich eine ordentliche Batterie angesammelt, die vermutlich gereicht hätte. Ich bin mir sicher, sie hätte die genommen, wenn sie gefühlt hätte, daß nun nur noch ein harter Weg kommt. Es war ihr nicht vergönnt.


    Sie hat beim Gang auf den Markt einen Schlaganfall erlitten, den sie zwar überlebt hat, aber nur als wimmerndes Etwas ohne klares Bewußtsein. Ich habe sie im Krankenhaus besucht, sie hat mich nicht erkannt, sie hat niemand erkannt. Ein jämmerliches Bild, ein unwürdiges Bild. Man hatte sie ans Bett gefesselt, damit sie sich die Infusion nicht herausreißt. Eine dünne Mullbinde reicht dazu schon. Ich habe mich mit ihr unterhalten, als ob sie normal wäre, wie sich das für einen Krankenbesuch gehört.


    Am nächsten Tag kam ich wieder (wie versprochen), da sagte man mir, sie sei in der Nacht verstorben. Da habe ich mich gefreut für sie, denn ich wußte, daß sie so nicht hätte dahinvegetieren wollen.


    Man hat es nicht im Griff. :(

    Mors certa, hora incerta. Ich möchte ergänzen: via incerta.