Kinderloses Ehepaar will Nachlass regeln

  • Liebe Community,


    wir haben von einem nicht verwandten älteren Ehepaar (Anna und Olaf, ausgedacht) die Info bekommen, dass meine Ehefrau Kim (wurde wie das eigene immer behandelt) als Alleinerbin nach dem Tod von beiden eingesetzt werden soll. Bisweilen sind per Testament Anna und Olaf gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Die Eltern von Anna und Olaf sind bereits verstorben und es gibt lediglich bei Olaf noch drei unliebsame Geschwister, die bloß nichts bekommen sollen. Als Erbmasse gibt es als wesentliches das Haus von Anna und Olaf. Jetzt zu meiner Frage: Wie würdet ihr an meiner Stelle vorgehen? Mach es Sinn das Haus direkt abzukaufen, um dann per Nießbrauch und/oder Vermietung steuerlich was zu optimieren. Wie schaut es aus mit der Erbschaftssteuer ohne Verwandtschaftverhältnis? Gibt es hier Fallbeispiele, die mir hier weiterhelfen könnten bzw. Literatur?

  • Vorab: solche Fragen kann nur ein Notar und/oder ein dafür spezialisierter Steuerberater wirklich beantworten. Das hier ist definitiv keine Beratung, sondern Hinweise von einem Laien.


    Habt ihr euch mit verschiedenen Quellen beispielsweise von Finanztip schon beschäftigt?


    Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt und die Rangfolge
    Gibt es kein Testament, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch in der gesetzlichen Erbfolge, wer Erbe ist und wie der Nachlass verteilt wird.
    www.finanztip.de


    Erbschaftssteuer
    Freibeträge und Steuerklassen – so wird Dein Erbe versteuert
    www.finanztip.de


    Erbschaftssteuer Immobilien und das eigene Haus
    Wir informieren Dich über die Erbschaftssteuer bei Immobilien, Freibeträge und Steuerbefreiungen bei selbst genutzter Immobilie
    www.finanztip.de


    Grundsätzlich kann es steuerlich meinem Verständnis nach sinnvoll sein frühzeitig Schenkungen vorzunehmen, unter anderem um alle 10 Jahre die Freibeträge zu nutzen. Nun gibt es meines Wissens nach für nicht-Verwandte einen sehr kleinen Freibetrag von 20.000€ alle zehn Jahre. Dieser Freibetrag gilt für Schenkungen und Erbschaften gleichermaßen. Wenn innerhalb der zehn Jahre, in denen die Schenkung stattgefunden hat, die Erbschaft auch stattfindet, wird dieser geschenkte Teil mit in der Erbmasse berücksichtigt. Bei nicht?Verwandten kommt hinzu, dass man in der ungünstigsten Steuerklasse III ist. Theoretisch könnte man die „Progression“ mit Schenkungen umgehen. Allerdings gilt bis 6 Mio. € ein Steuersatz von 30% - die Erbschaft müsste demnach höher sein, damit man einen Vorteil davon hätte.


    Noch ein anderer Punkt: bedenkt, dass die Eltern und damit auch die Geschwister der Erblasser vermutlich die gesetzlichen Erben zweiter Ordnung sind. Das bedeutet wenn es ein Testament gibt, in denen deine Frau die Alleinerbin sein soll, dass die gesetzlichen Erben Anspruch auf einen Pflichtteil haben könnten. Und den müsste deine Frau dann den Geschwistern auszahlen.


    Ich setze das bewusst alles in den Konjunktiv, weil ich es als Nicht-Fachmann nicht ganz sicher sagen kann. Man darf mich also gern korrigieren. Anstelle der Erblasser würde ich mich hier wirklich professionell beraten lassen was am sinnvollsten wäre.

  • Hallo Rehr,


    die Frage zum lebzeitigen Verkauf gegen Nießbrauch muss „Anna und Olaf“ selbst beantworten. Es kann schon interessant sein, bei weiterem Wohnen im eigenen Haus Geld zum Verleben (oder Pflege) zu haben. Kim könnte ja trotzdem als Schlusserbe eingesetzt werden und würde dann ggf, nur noch einen kleinen Geldbetrag erben. Es könnte allerdings sein, dass der Kaufpreis (unter Berücksichtigung des Nießbrauches) höher ausfällt als einmal der Erbwert des Hauses abzüglich Erbschaftssteuer. Die Rechnung muss man selbst anstellen und die hat ein paar Unbekannte.

    Noch ein anderer Punkt: bedenkt, dass die Eltern und damit auch die Geschwister der Erblasser vermutlich die gesetzlichen Erben zweiter Ordnung sind. Das bedeutet wenn es ein Testament gibt, in denen deine Frau die Alleinerbin sein soll, dass die gesetzlichen Erben Anspruch auf einen Pflichtteil haben könnten. Und den müsste deine Frau dann den Geschwistern auszahlen.

    Die Eltern sind vorverstorben und die Geschwister haben nach § 2303 BGB keinen Pflichtteilsanspruch.


    Gruß Pumphut

  • Die Eltern sind vorverstorben und die Geschwister haben nach § 2303 BGB keinen Pflichtteilsanspruch.

    Ah! Da gilt also nicht die Repräsentationsregelung? (Frage ist rhetorisch; hab mir den Paragrafen angesehen.) Interessant. Wieder etwas gelernt. Danke für die Korrektur!

  • Hallo,

    Pumphut kann Erbschaft.

    Danke für die Blumen, aber ich bin Laie. So einen ähnlichen Fall hatte ich mal in der Bekanntschaft, mit ziemlich langen Gesichtern bei den Nichten und Neffen.

    Ah! Da gilt also nicht die Repräsentationsregelung?

    Das Repräsentationsprinzip gilt nur für die gesetzliche Erbfolge. Daneben gilt die freie Bestimmung über das eigene Vermögen, eben die Testierfreiheit. Die Pflichtteilsregelung ist der Kompromiss, damit nahe Angehörige nicht ganz ohne Erbmasse dastehen. Der Gesetzgeber war der Meinung, Geschwister und weiter entfernte Angehörige gehören nicht zu diesen nahen Angehörigen.


    Gruß Pumphut

  • Vielen Dank für diese Auskunft. Ich halte also fest: Die Geschwister von Olaf und Anna bekommen nicht einmal einen Pflichtteil. Damit ist das Thema erledigt. Jetzt geht es um die Gestaltung. Hier habe ich mir einige Varianten überlegt:


    1. Entgeltliche Übertragung und anschließende Vermietung an Olaf und Anna:


    Das hätte den Vorteil, dass Reparaturen am Haus direkt als Werbungskosten abgesetzt werden können. Außerdem ist das Haus Baujahr 1928 und man kann versuchen, die Restnutzungsdauer entsprechend anzupassen, um eine höhere Abschreibung zu erreichen. Ein weiterer Vorteil ist der Wegfall der Erbschaftssteuer.


    2. Unentgeltliche Schenkung mit Nießbrauch:


    Hier könnte man durch den Nießbrauch ggf. die Erbmasse mindern und etwas Erbschaftssteuer sparen.


    3. Einfach abwarten und Kaffee trinken, also nichts tun.


    Die Erbschaftssteuer könnte man dann später über einen Kredit bezahlen (hier steht ja auch das Haus als Sicherheit dagegen) und das Haus vermieten, um den Kredit zu bezahlen.


    Bei allen Varianten bin ich mir völlig unsicher. Ich sehe auch das Risiko von gesetzlichen Anpassungen im Bereich der Erbschaftssteuer. Da muss es doch einige Präzedenzfälle geben. Wohin soll man eigentlich gehen? Zu einem Fachanwalt für Erbrecht oder zu einem Steuerberater. Das ist wirklich eine komplexe Geschichte.

  • Hallo Rehr,

    Wohin soll man eigentlich gehen? Zu einem Fachanwalt für Erbrecht oder zu einem Steuerberater.

    Zu allererst sollten Sie zu „Anna und Olaf“ gehen. Zumindest bei den Variante 1 und 2 müssen die mitspielen.


    Wie die Varianten 1 und 2 heute von den Kosten und diversen Steuern aussehen, ist bekannt und kann man mit den konkreten Eingabezahlen leicht ausrechnen. Was die Zukunft bringt, weiß niemand, auch kein Fachanwalt oder Steuerberater.


    Warum nur (Variante 2) Schenkung mit Nießbrauch, warum nicht Verkauf mit Nießbrauch? Da fällt erst einmal keine Schenkungs-/Erbschaftssteuer an. Den Nießbrauch kann man in der Verteilung der Lasten und Kosten weitgehend frei zwischen den Vertragsparteien gestalten. Da wäre dann die Beratung durch einen Fachmann hilfreich.


    Gruß Pumphut

  • Vielen Dank für diese Auskunft. Ich halte also fest: Die Geschwister von Olaf und Anna bekommen nicht einmal einen Pflichtteil.

    Aber Vorsicht!

    Wenn es kein Testament gibt vom Olaf, dann erben neben seiner Frau auch seine Geschwister. Das ist die gesetzliche Erbfolge.

    Wenn es vom Olaf ein Testament gibt das z.B.: seine Frau als Alleinerbin einsetzt, und ggf. euch als Nacherben, beim vorherigen Tod seiner Frau, ... dann greift die gesetzliche Erbfolge nicht. Die Geschwister haben dann keinen Anspruch auf irgend etwas, da es keine Pflichtteilregelung in dieser Erbrichtung gibt.

  • Jetzt zu meiner Frage: Wie würdet ihr an meiner Stelle vorgehen?

    Irgendwas stößt mir an der Frage auf. Es geht doch um ein ausschließliches Erbe für deine Frau. Siehst du dich jetzt als Steueroptimierer für sie oder willst du deinen 50%-Fuß ins Erbe hinein bekommen?

  • Irgendwas stößt mir an der Frage auf. Es geht doch um ein ausschließliches Erbe für deine Frau. Siehst du dich jetzt als Steueroptimierer für sie oder willst du deinen 50%-Fuß ins Erbe hinein bekommen?

    EIne berechtigte Frage. Ich will hier nur als Steueroptimierter agieren. Meiner Frau zufolge möchte Sie auch eigentlich aktuell ungerne einen Kredit aufnehmen und einfach abwarten bis der Erbfall Eintritt. Was mir hier stört, ist dass Sie ja wegen der Erbschaftssteuer später dann doch einen Kredit aufnehmen muss. Dann kann man doch gleich einen Kredit aufnehmen und die Steuervorteile ggf. mitnehmen.

  • Was ich jetzt auch schon gelernt habe, ist dass man eine leichte Adoption ins Auge fassen kann. Hier kann meine Frau beide Seiten sprich leibliche Eltern und Adoptiveltern hinsichtlich der Erbschaftssteuer nutzen

  • Hallo Rehr,


    hören Sie auf Ihre Frau. Anna und Olaf leben hoffentlich noch eine Weile. Da kann sich soviel verändern, bei Anna und Olaf, bei Ihrer Frau und Ihnen und auch bei den gesetzlichen Randbedingungen.


    Vielleicht ist dann im Erbfall die Immobilie nur eine Last und Ihre Frau schlägt die Erbschaft aus? Sich wegen möglicher Steuervorteile in eine Zwangslage zu bringen, lohnt nicht. Und bezüglich des Kredits für die Erbschaftssteuer können Sie auch jetzt anfangen zu sparen. Das Geld kann man dann auch anders verwenden, wenn es ganz anders kommt.


    Gruß Pumphut

  • Was ich jetzt auch schon gelernt habe, ist dass man eine leichte Adoption ins Auge fassen kann. Hier kann meine Frau beide Seiten sprich leibliche Eltern und Adoptiveltern hinsichtlich der Erbschaftssteuer nutzen

    Eine Adoption macht bzgl. Freibeträge bei der Erbschaftssteuer hier vermutlich sehr viel Sinn, wenn sich slle Beteiligten mit dieser Option wohlfühlen.