Kredit trotz 100% Eigenkapital beim Hauskauf?

  • Hallo zusammen,


    bei folgender Situation bin ich unsicher, was die beste Lösung sein könnte:

    • Hauskauf für Eigenbedarf für die Familie, aktuell wohnen wir zur Miete (steht nicht zur Diskussion). Kosten 800K insgesamt (750K + 50K Handwerker, Heizung, Möbel, kleine Veränderungen)
    • >100% Eigenkapital (550K ETF, 225K Aktien - diese leider ca. 7% im Minus, 150K Zuschuss von Verwandten - aktuell wohl für "0%" angelegt
    • Besitze noch unser Elternhaus, das wird voraussichtlich in den nächsten 10 Jahren "frei"
      Frau wird auch gut erben
    • Kreditzinsen aktuell ca. 3,4% p.a.


    Mehrere Möglichkeiten:

    1. So viel verkaufen wie nötig für 100% Kaufpreisdeckung, kein Kredit
    2. Teile der Aktien und/oder ETFs liegen lassen, stattdessen Kredit aufnehmen (100K-xK). Ablöse der Restschuld nach 10 Jahren wahrscheinlich über verkauftes Haus oder eben dann über Verkauf der ETFs/Aktien. Je nach Zinssituation neuer Kredit.
    3. Weitere Möglichkeiten?

    Mit ist klar, dass ein Haus erstmal keine Investition, sondern eher eine Belastung ist (Verfall, laufende Kosten). Dennoch möchte ich aus der Situation das Beste herausholen, was Sinn macht. Auch der Gang zu einem Finanzberater kam mir in den Sinn, das werde ich wahrscheinlich so oder so machen.


    Wie denkt ihr dazu?

  • Meine grundsätzliche Meinung ist, dass bei einer eigengenutzten Immobilie Tilgung vor Altersvorsorge gilt. Ich würde also das EK nutzen und gut ist.


    Ansonsten hast Du Aktien auf Kredit gekauft. Kann man machen, ist aber sehr spekulativ. Du musst Dir sehr zuversichtlich sein, dass Deine Nach-Steuer-Rendite höher als die 3,4% sind. Das wäre nichts für mich. Hängt aber auch davon etwas ab, wieviel unversteuerte Buchgewinne Du in Deinen ETFs hast.


    Eine Kreditlaufzeit auf den Verkaufszeitpunkt des Elternhauses abzustimmen, halte ich für gewagt.


    Etwas anderes gilt bei vermieteten Immobilien, bei denen die Zinsen steuerlich absetzbar sind.

  • Meine grundsätzliche Meinung ist, dass bei einer eigengenutzten Immobilie Tilgung vor Altersvorsorge gilt. Ich würde also das EK nutzen und gut ist.

    Sehe ich genauso.


    Bei Kreditzinsen von 3,4% müsste die alternative Anlage vor Steuern mindestens 4,62% erzielen, um besser zu sein. Das ist auch bei ETFs längst nicht gesagt. Andersherum: Ersparte Kreditzinsen von 3,4% sind ein risikoloser Ertrag in dieser Höhe.


    150K Zuschuss von Verwandten

    Achtung, je nach Verwandtschaftsverhältnis beträgt der Schenkungsfreibetrag ggf. nur 20.000 EUR alle 10 Jahre, einen Überblick findet ihr hier Schenkungssteuerrechner: Freibeträge mit Tabelle (finanztip.de) (keine Rechts- oder Steuerberatung).


    So viel verkaufen wie nötig für 100% Kaufpreisdeckung

    Seid ihr sicher, dass nur 100% Kaufpreisdeckung ausreichen? Habt ihr noch einen zusätzlichen Puffer, z.B. auf dem Tagesgeld? Sind bei den 800k schon die Kaufnebenkosten eingerechnet? 50k sind ziemlich wenig für neue Heizung plus weitere Umbauten plus Möbel plus "übliche Renovierungen" (neue Tapete etc...). Und ich kenne niemanden, der ein Haus gekauft hat und bei dem das geplante Budget gereicht hat. Einige 10.000 EUR mehr wurden es eigentlich immer...


    Natürlich könntet ihr ggf. auch erst den Rest (wenn ich richtig gerechnet habe derzeit 125k) verkaufen, wenn ihr zusätzlichen Bedarf habt. Dann habt ihr aber natürlich das Risiko, dass es gerade einen Crash gab und die 125k gerade z.B. nur noch 60k wert sind.

    Besitze noch unser Elternhaus, das wird voraussichtlich in den nächsten 10 Jahren "frei"
    Frau wird auch gut erben

    Das ist einerseits beruhigend, andererseits würde ich mich auf ein Erbe nicht verlassen oder es in eine Immobilienfinanzierung einrechnen. Man weiß nie, ob es am Ende wirklich noch was zu erben gibt, geschweige denn in der erwarteten Höhe. Einige Jahre im Pflegeheim können das Vermögen deutlich zusammenschmelzen lassen. Und solange sie leben, dürfen Eltern mit ihrem Geld schlicht machen, was sie wollen, es ausgeben, verschenken usw...


    Ich an eurer Stelle würde das Haus mit dem kaufen, was ihr habt, ohne einen Kredit aufzunehmen. Ihr seid damit ohnehin in einer enorm privilegierten Situation. Zumindest wenn ETF und Aktien selbst angespart wurden, habt ihr vermutlich Gehälter, mit denen ihr leicht neues Aktienvermögen aufbauen könnt.

  • Ich schließe mich den Vorschreibern an, Haus bezahlen und gut. Die Zinsen wären auf jeden Fall fällig und das Geld ist weg, ob man das mit einem ETF reinholt ist möglich aber nicht sicher. Mit der Überlassung von 150k habe ich auch ein wenig Bauchschmerzen, wenn die Schenkung an dich und deine Frau geht, hätte jeder 20k frei, der Rest würde versteuert werden, oder man macht noch ein paar Umwege über andere Verwandte.

  • Immer Nummer 2, die Höhe des Kredits wird durch deine Risikotoleranz begrenzt.

    Bei mir war die sehr ausgeprägt, weswegen wir unser Haus vollfinanziert haben bei damaligen 5 Prozent Kreditzins. Ich bin der Regel gefolgt, dass langjährige Aktienrenditen bei 7 bis 8 Prozent liegen und am Rest wollte ich verdienen, so kam es dann auch.


    Ich hatte schon ein Aktiendepot, das ich nicht hergeben wollte, mein Mann ein gutes Einkommen. Der Kredit wurde sehr zügig getilgt, auch via Sondertilgung und innerhalb 10 Jahre waren wir schuldenfrei, zeitgleich ist das Depot gewachsen. Diesen finanziellen Vorsprung bekommt man, sofern alles gut läuft, niemals durch neues Ansparen reingeholt, der Hebel ist einfach zu groß.


    Du musst nicht ins volle Risiko gehen, die Nerven hat nicht jeder. Aber 100.000 Euro Schulden sind nun echt kein Problem bei deinen Verhältnissen.

  • Ich bin auch ganz klar für Option 2, allerdings solltet ihr einen gewissen Sicherheitspuffer noch liegen lassen. Das gesetzte Budget wird mit ziemlich hoher Sicherheit gerissen und spätestens dann musst ihr sehr wahrscheinlich zur Bank laufen. Und falls es eine Option auf Sondertilgung gibt, kann der Puffer später als Sondertilgung an die Bank fließen.


    Wie schon andere vor mir geschrieben haben, habe auch ich jedoch ein komisches Gefühl bei den 150k Zuschuss von den Verwandten. Wenn es eine Schenkung ist, fällt ggf. Steuer an. Oder ist das ein zinsloses Darlehen (auch dann ist es übrigens eine Schenkung in Höhe der marktüblichen Zinsen)? Dann müsstet ihr ggf. zwei Kredite gleichzeitig tilgen.


    Mit ist klar, dass ein Haus erstmal keine Investition, sondern eher eine Belastung ist (Verfall, laufende Kosten).

    Ich tu mich mit solchen Aussagen immer schwer. Klar ist ein Haus, welches ich selber bewohnen möchte, keine Investition. Aber es ist Teil der Altersvorsorge. Zumal der Wert eines Hauses ziemlich stabil bleibt bzw. mit der allgemeinen Preisentwicklung geht. Klar fallen auch Kosten an, die sind bei der Miete aber auch inkludiert. Und spätestens, wenn das Haus abgezahlt ist, sinkt die "Kaltmiete" spürbar (dann geht es nämlich nur noch um die Rücklagen).

  • Ich bin doch sehr überrascht, dass einem Fragesteller, der hier bislang einen Beitrag geschrieben hat und den man also kaum einschätzen kann, empfohlen wird, Aktien auf Kredit zu kaufen. Bei aller Zuversicht in die Zukunft.


    Und warum sollen 100.000 Schulden "nun echt kein Problem" sein? Ich habe im Eröffnungspost nichts über die Einkommensverhältnisse gelesen. Vielleicht übersehen?

  • An sich ist die Sache klar. 3,4% Zinsersparnis garantiert und steuerfrei sind ziemlich gut und das muss man mit Aktien auch erstmal rausholen. Insofern würde ich auch zu Option 1 tendieren. Eine Ausnahme sind eventuelle Förderkredite zu vergünstigten Zinsen oder mit Tilgungszuschuss. Für die gilt natürlich eine andere Rechnung.

    Ich schließe mich aber auch der Frage an, ob die 50k wirklich realistisch sind, um eine Bestandsimmobilie auf Vordermann zu bringen. Oder ob nicht in wenigen Jahren nochmal ein größerer Batzen nachkommt, weil die Fenster von Anno '95 halt doch nicht mehr so toll sind und man feststellt, dass die 2 Steckdosen pro Raum von 1970 heute auch nicht mehr so praktikabel sind ;)

  • Ich bin doch sehr überrascht, dass einem Fragesteller, der hier bislang einen Beitrag geschrieben hat und den man also kaum einschätzen kann, empfohlen wird, Aktien auf Kredit zu kaufen. Bei aller Zuversicht in die Zukunft.

    Du hast absolut Recht und daraufhin hab ich mir den Post des TE noch einmal durchgelesen. Hatte die Optionen irgendwie durcheinander gebracht, daher hier noch eine Klarstellung zu meinem Post:

    Ich bin auch ganz klar für Option 2, allerdings solltet ihr einen gewissen Sicherheitspuffer noch liegen lassen.

    Die Aussage ist so falsch, ich bin ganz klar für Option 1 und definitiv gegen Option 2. Lediglich einen gewissen Sicherheitspuffer würde ich zurückhalten, welcher dann im Rahmen von Sondertilgungen an die Bank fließen kann, wenn man diesen doch nicht benötigt.


    Sorry für die Verwirrung!

  • Sorry für die Verwirrung!

    Kein Problem. Kann im Eifer des Gefechts jedem mal passieren, auch mir.


    Das Gute an der Sache: Wir sind hier ja nur ein Forum und kein Tribunal.

    Und erst recht kein Scharfgericht à la 1793, wo die Rübe schneller runter war als man nachgedacht hatte.

    Arbeit macht Spaß. Aber wer kann schon Spaß vertragen?