Wie sicher ist der Xtrackers Overnight Rate Swap ETF?

  • Ich überlege, die Finanztip-Empfehlung für einen Geldmarkt-ETF, den Xtrackers II EUR Overnight Rate Swap UCITS ETF 1C (LU0290358497), zu kaufen. Ich habe die Artikel auf der Website gelesen und mir die Youtube-Videos angesehen und bin ziemlich überzeugt.


    Was mich ein wenig verunsichert, ist das Risiko, denn ich würde gerne besser verstehen, was passiert, wenn die Partnerbank pleite geht und welche anderen Risiken mit dem Swap-Charakter dieses ETFs verbunden sind und in diesem Fall, was mit meiner Investition passieren würde.


    Ich weiß, dass der Finanztip-Artikel besagt, dass das Risiko sehr gering ist, aber kann mir bitte jemand erklären, was mit meiner Anlage passieren würde, wenn diese unwahrscheinlichen Szenarien eintreten würden?


    Note: meine Notgroschen liegen auf einem Tagesgeldkonto.


    Danke euch im Voraus!

    • Hilfreichste Antwort

    Hallo!


    Ich kann dir als Ergänzung zu dem was du bei Finanztip anscheinend schon gelesen hast folgenden Artikel von Gerd Kommer empfehlen: https://gerd-kommer.de/geldmarktfonds/


    Kommer sieht Bankeinlagen und die Einlagensicherung sehr kritisch - vielleicht etwas ZU kritisch. Ich halte die kritische Haltung für nachvollziehbar, allerdings halte ich das Risiko, das man bei einer Bankeinlage mit deutscher Einlagensicherung hat, ebenfalls für gering. Ich sag immer, dass ich es für eine recht akademische Diskussion halte, ob Geldmarkt-ETFs und damit Sondervermögen weniger sicher ist als eine Bankeinlage. Ich halte es für sinnvoll zumindest einen Teil seines Vermögens in der Einlagensicherung auf einem (Tagesgeld-) Konto zu haben, aber mehr aufgrund der meist schnelleren Verfügbarkeit im Vergleich zum Verkauf des ETFs und dann der Überweisung aufs Girokonto.


    Was das Swap-Risiko angeht: ein synthetischer Swap-ETF hat einen Kurs, der täglich von der Partnerbank, dem Kontrahent, zugesichert wird. Im ETF selbst ist dann das sogenannte Trägerportfolio, das abweichen kann und das vermutlich auch zumindest zeitweise wird. Der Emittent/Herausgeber des ETFs stellt dem Kontrahenten dieses Portfolio zur Verfügung und der Kontrahent zahlt dann sozusagen drauf wenn das Trägerportfolio schlechter läuft als der Kurs des Index, der nachgebildet wird (hier der €STR) und schöpft die Gewinne ab, wenn das Trägerportfolio besser als der Index läuft. Das sollte man erstmal verstehen. Daraus ergibt sich nämlich auch automatisch, dass beide Parteien nicht viel Interesse daran haben zu groß ins Risiko zu gehen, also eine zu große Abweichung zuzulassen. Entsprechend werden in einem solchen Trägerportfolio in der Regel keine riskanten Papiere sein, sondern in diesem Fall auch vor allem Anleihen. Zusätzlich gibt es allerdings noch weitere Netze: erstens muss eine gewisse Sicherheit in Form von liquiden Mitteln hinterlegt werden, um Abweichungen auszugleichen und zweitens darf die Abweichung, die täglich überprüft wird, nie mehr als 10% betragen. Spätestens dann muss gehandelt werden und das Trägerportfolio entsprechend angepasst werden.


    Beim €STR hat man das Problem, dass sich dieser nicht physisch nachbilden lässt, da es keine Wertpapiere für diese ultrakursen Leihgeschäfte zwischen den Banken gibt. Deshalb kann dieser Index nur synthetisch, also als Swap-ETF, nachgebildet werden. Wie sicher ist das? Wie gesagt: akademische Diskussion aus meiner Sicht. Wenn der Kontrahent (Deutsche Bank soweit ich weiß bei dem ETF) ausfällt und/oder wenn der Emittent (Xtrackers; übrigens eine Tochter der Deutschen Bank) ausfallen, dann hast du immer noch das Trägerportfolio, das als dein Sondervermögen von deiner Depotbank bzw. sogar vom Zentralverwalter "behütet" wird. Im schlimmsten Fall, wenn alles zusammenkommt, kann das Trägerportfolio in so einem Fall dann eben 10% unter dem Index liegen. Und wenn es dann NOCH schlechter läuft, dann kann sich ab diesem Punkt der Kurs des ETFs, der "physischen" Papiere die im Trägerportfolio liegen, natürlich noch weiter vom Index entfernen. Wenn nur der Kontrahent, also die "Partnerbank" ausfällt, dann wird ein neuer Kontrahent gesucht und der Kurs anschließend wieder mit dem Indexkurs synchronisiert. Wenn wirklich fast alles gleichzeitig zusammenbricht und du direkt verkaufst, dann hast du eventuell etwas Verlust gemacht.


    Wie wahrscheinlich ist es, dass die Deutsche Bank zusammenbricht, gleichzeitig die Wertpapiere im Trägerportfolio stark nach unten abweichen, also innerhalb eines Tages -10% machen, kein anderer Kontrahent gefunden wird und gleichzeitig als Alternative die Einlagensicherung für Millionen Menschen Stand hält? Ich weiß es nicht - ich persönlich halte es für nicht so wahrscheinlich. Anders gesagt halte ich es für ebenso (un-) wahrscheinlich, dass im Falle einer entsprechend großen Krise, die es dafür bräuchte, auch die Einlagensicherung nicht standhalten würde. Oder dass diese in anderen Situationen einbrechen würde.


    Anlage geht nicht ohne Risiko. Das Leben geht nicht ohne Risiko. Auch eine Bankeinlage ist nicht risikolos. Sowohl diese als auch Geldmarktfonds/-ETFs gelten als "risikoarm". Ich würde sowohl das eine als auch das andere aber nie als "sicher" im Sinne von "absolut sicher" bezeichnen.


    Die Antwort auf die Frage was genau passieren würde habe ich dir hoffentlich umreißen können - endgültig beantworten wird es niemand können, da es auf das genaue Szenario ankommen wird. Fakt ist, dass die Wertpapiere im Trägerportfolio stets dir gehören und es schon einigen Zufall bräuchte, damit angesichts der Regulierung, die es für solche Geldmarktfonds heutzutage gibt, ein großer Schaden entstehen könnte. War übrigens nicht immer so: es gab in der Finanzkrise Geldmarktfonds, die Probleme hatten. War beim genannten Xtrackers damals (es gibt ihn seit 2007) nicht der Fall. Wie gesagt: ich würde einen Teil immer in der Einlagensicherung halten, hab aber persönlich keinen unruhigen Schlaf wenn ich den Rest des risikoarmen Teils meines Portfolios in einem Geldmarkt-ETF hätte.


    Das ist alles meine persönliche Einschätzung und keinerlei Empfehlung. Jeder muss das Risiko selbst einschätzen.

  • Vielen Dank, das war eine tolle Antwort und du hast genau das Szenario angesprochen, das ich im Sinn hatte. Ich habe ähnlich darüber nachgedacht, wollte aber auch sicherstellen, dass ich das Risiko richtig verstanden habe.

  • ramn

    Hat einen Beitrag als hilfreichste Antwort ausgewählt.
  • Wenn man Swapper so gar nicht mag, kann man auch kurzlaufende Staatsanleihen nehmen:

    Beispielsweise LU2233156582.


    Der schwankt zwar minimal bei Zinsänderungen, aber wirklich minimal.

    Der starke Zinsanstieg beispielsweise war hier eher negativ, da die Anleihen noch bis zu 1 Jahr Laufzeit hatten.

    Davon abgesehen müsste die Rendite ähnlich sein, wenn auch etwas anders auf der Zinskurve positioniert.


    Was nun sicherer ist... Eher eine theoretische Frage und vermutlich irrelevant.

  • Hallo Impidimpi

    Zusätzlich gibt es allerdings noch weitere Netze: erstens muss eine gewisse Sicherheit in Form von liquiden Mitteln hinterlegt werden, um Abweichungen auszugleichen und zweitens darf die Abweichung, die täglich überprüft wird, nie mehr als 10% betragen. Spätestens dann muss gehandelt werden und das Trägerportfolio entsprechend angepasst werden.

    In welcher Form "muss gehandelt werden"?

    Muss das "Trägerportfolio entsprechend angepasst werden"?

    Oder muss primär erst mal ein Rendite-Tausch stattfinden? D.h. bei Nichterfüllung der Rendite muss der swap-Partner den fehlenden Anteil an der Rendite liefern?


    Aus https://www.weltsparen.de/geldanlage/etf/swap-etf/


    Zitat

    Um dieses Risiko möglichst gering zu halten, hat die EU per Gesetz eine 10,00 %-Hürde etabliert. Diese besagt, dass der Renditeunterschied zwischen den Swap-Kontrahenten nicht größer als 10,00 % sein darf. Spätestens, wenn diese Grenze erreicht wird, hat der Tausch der Renditen stattzufinden. Das bedeutet auch, dass nicht jeder einzelne Euro sofort zum Swap-Kontrahenten fließt, sondern dass man die Renditen quasi sammelt.


    Dass das "Trägerportfolio angepasst werden muss" (oder "sollte" oder "könnte") ist m.E.n. eine Option, die erst mal nichts mit dem o.g. EU Gesetz zu tun hat. Und ob die Option umgesetzt werden kann, wie schnell das erfolgen kann und ob es Erfolg hat, dafür gibt es keine Regelung und keinen Automatismus mit garantierten Erfolg.


    Oder liege ich da falsch?



    Den letzten Satz aus dem Zitat von der Seite https://www.weltsparen.de/geldanlage/etf/swap-etf/ verstehe ich allerdings nicht:


    Zitat
    Das bedeutet auch, dass nicht jeder einzelne Euro sofort zum Swap-Kontrahenten fließt, sondern dass man die Renditen quasi sammelt.

    Weiss hier jemand, was damit konkret gemeint ist?

  • Dass das "Trägerportfolio angepasst werden muss" (oder "sollte" oder "könnte") ist m.E.n. eine Option, die erst mal nichts mit dem o.g. EU Gesetz zu tun hat. Und ob die Option umgesetzt werden kann, wie schnell das erfolgen kann und ob es Erfolg hat, dafür gibt es keine Regelung und keinen Automatismus mit garantierten Erfolg.


    Oder liege ich da falsch?


    Weiss hier jemand, was damit konkret gemeint ist?

    Genauer als ich es geschrieben habe, weiß ich es auch leider nicht. Bzw. das ist mein Verständnis. So wie ich es verstanden habe erfolgt vertraglich geregelt täglich die Absicherung des Kurses und ich hab es so verstanden, dass das Trägerportfolio angepasst werden muss bei einer Abweichung von 10% und mehr. Da kann ich mich aber auch irren. Das kann gerne nochmal Jemand recherchieren. Mir persönlich reicht das was ich bislang zu Geldmarkt-ETFs seitens der bekannten Experten gehört hab, um das Risiko als gering einzuschätzen. Was nicht bedeutet, dass ich es nicht auch interessant fände noch mehr darüber zu erfahren.


    Hier übrigens die Verordnung der EU, wer da näher reingehen möchte. Mir fehlen dafür gerade Zeit und Muße: https://eur-lex.europa.eu/lega…T/?uri=CELEX%3A32017R1131


    Wer das Swap-Risiko nicht haben will, der kann ja in physische Geldmarkt-ETFs gehen - oder klassisch beim Tagesgeld bleiben.


    Swap Geldmarkt-ETFs aufblenden €STR haben gegenüber ihren physischen Geschwistern übrigens den Vorteil, dass sie gar kein Zinsänderungsrisiko haben konstruktionsbedingt. Die „Physiker“ können kurzfristig bei einem raschen Zinsanstieg schon mal verlieren, was dann innerhalb maximal eines Jahres wieder ausgeglichen werden dürfte, da in eine, Geldmarkt-ETF nur Anleihen bis zu einem Jahr Laufzeit sind. Die „Swapper“ haben hier den Vorteil, dass ihr Kurs jeden Tag an den Index angepasst wird. Dafür eben das Kontrahentenrisiko.

  • Was mich etwas stutzig macht, sind die Anteile von knapp 5% an türkischen und 9% an italienischen Wertpapieren. Italien ist ja gerade noch so im Invest-Bereich, aber die Türkei? Die spielt im Länderrating in einer Liga wie der Senegal oder die Fischi-Inseln. Dafür, dass 1/7 der Anleihen dieses ETFs fast schon im spekulativen Bereich verortet sind, bin ich leicht skeptisch.

  • Was mich etwas stutzig macht, sind die Anteile von knapp 5% an türkischen und 9% an italienischen Wertpapieren. Italien ist ja gerade noch so im Invest-Bereich, aber die Türkei? Die spielt im Länderrating in einer Liga wie der Senegal oder die Fischi-Inseln. Dafür, dass 1/7 der Anleihen dieses ETFs fast schon im spekulativen Bereich verortet sind, bin ich leicht skeptisch.

    Ja, das habe ich auch bemerkt. Ich hatte erstmal gedacht, dass den ganzen Collateral im Investment-Grade Anleihen investiert wird, aber anscheinend ist es nicht der Fall. Das Risiko ist allerdings gering, dass alles auf einmal scheitert. Aber es ist definitiv eine seltsame Entscheidung, türkische Anleihen einzubeziehen.

  • Die Bestandteile des Trägerportfolios würden für den Anleger nur relevant werden, wenn der Swap-Kontrahent und auch der Emittent gleichzeitig ausfallen und der Anleger Anteile des Trägerportfolios bekommt.

  • Ich meine, mich zu erinnern, dass in den USA der swap-Partner (aka Kontrahent) nicht in dieselben Bank-Organisation (Mutter, Holding, etc) bestehen darf. Hingegen in Europa ist es wohl zulässig und üblich, dass der Mutterkonzern (o.ä.) eines ETF Emittenten die Rolle des Kontrahenten einnimmt. Das wirkt sich auch auf die Kosten für synthetische ETF aus (die Besteuerung betreffend?). Ich könnte aber keine Bestätigung im Internet finden.

    Hat da jemand eine Quelle, die diesen Aspekt des Themas durchleuchtet?

  • Wenn man Swapper so gar nicht mag, kann man auch kurzlaufende Staatsanleihen nehmen:

    Beispielsweise LU2233156582.

    Genau, oder wenn einem der Anteil an nicht ganz so gut dastehenden Emittenten wie Italien nicht gefällt, dann einfach der hier, der sogar von einer teil-öffentlichen deutschen Bank in Deutschland (also praktisch alles AAA) aufgelegt wurde. Die Performanceunterschiede sind bei Geldmarkt-ETF m.E. zu vernachlässigen und viel „sicherer“ geht nicht:


    Deka Deutsche Boerse EUROGOV Germany Money Market UCITS ETF | ETFL22 | DE000ETFL227
    Alle wichtigen Informationen und Vergleiche zum Deka Deutsche Boerse EUROGOV Germany Money Market UCITS ETF (ETFL22 | DE000ETFL227) ➤ justETF – Das ETF Portal
    www.justetf.com

  • Das ist eine Eigenschaft der synthetischen Replikation. Die Anleihen sind Bestandteil des Trägerportfolios. Am besten liest du dir mal einen Artikel dazu durch, z.B.: Swap-ETFs: synthetische Replikation von ETFs

    In dem Artikel steht mit keinem einzigen Satz, welche Wertpapiere geswapt werden. Im Gegenteil, da der Swap-Anteil nur 10% des besagten ETF ausmacht, würde ich davon ausgehen, dass eben das meiste der aus meiner Sicht "problematischen" Papiere physisch schon vorhanden ist,

  • In dem Artikel steht mit keinem einzigen Satz, welche Wertpapiere geswapt werden. Im Gegenteil, da der Swap-Anteil nur 10% des besagten ETF ausmacht, würde ich davon ausgehen, dass eben das meiste der aus meiner Sicht "problematischen" Papiere physisch schon vorhanden ist,

    Es werden Renditen getauscht. Der eine bekommt die Rendite des gesamten Trägerportfolios und der ETF-Anbieter bekommt den €STR geliefert.


    Das Trägerportfolio ist für den Anleger nur relevant, wenn der Swap-Partner ausfällt, dann hat man für die Tage ohne Swap-Partner dann die Rendite des Trägerportfolios. In der Praxis sind die Renditen des Trägerportfolios sehr nah am €STR, so dass der Unterschied wahrscheinlich nicht relevant sein dürfte.

  • In dem Artikel steht mit keinem einzigen Satz, welche Wertpapiere geswapt werden. Im Gegenteil, da der Swap-Anteil nur 10% des besagten ETF ausmacht, würde ich davon ausgehen, dass eben das meiste der aus meiner Sicht "problematischen" Papiere physisch schon vorhanden ist,

    Ich glaube du solltest den Artikel nochmal lesen.