Portfolio-Rebalancing trotz Steuer sinnvoll?

  • Hallo liebes Finanztip-Team,


    das Jahr nähert sich dem Ende, damit kommen meine jährlichen Finanz-Hausaufgaben wieder näher. Eine davon ist das Portfolio-Rebalancing.


    Mit wachsendem Portfolio komme ich nun in den Größenbereich, in dem durch das Rebalancing Kapitalertragssteuern in wesentlicher Höhe anfallen. Der Steuerfreibetrag von 1.000 € ist bereits durch Zinsen des sicher verzinnsten Teils (Tagesgeld Notgroschen, Festgeld) ausgeschöpft. Bei meinem Aktienportfolio handelt es sich um ein abgewandeltes 70/30-Portfolio (70 % Industrieländer über Faktor-ETFs (MSCI World)+SmallCaps und 30% Emerging Markets).


    Ist es sinnvoll, das Rebalancing trotz anfallender Steuern durchzuführen und auf die Zinsenszinseffekte der Steuersumme zu verzichten oder die ETFs einfach ohne Rebalancing laufen zu lassen?


    Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. :thumbup:


    VG BoeClaus90

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Laß Zahlen sprechen! Um wieviel Geld geht es?


    Ich persönlich habe "Rebalancing" bei meinem Depot auf Lücke gesetzt. Ich lasse die Gewinne einfach laufen und nehme in Kauf, daß meine Abhängigkeit von den Gewinneraktien steigt.


    Wenn Dir das Rebalancing wichtig ist, Du aber keine Last damit haben willst, könntest Du erwägen, statt dreier ETFs in Zukunft nur noch einen zu besparen, der dann neben den großen Aktien der Industrieländer auch emerging markets und small caps enthält, etwa einen ETF auf den MSCI ACWI IMI.

  • das Jahr nähert sich dem Ende, damit kommen meine jährlichen Finanz-Hausaufgaben wieder näher. Eine davon ist das Portfolio-Rebalancing.

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    Bei meinem Aktienportfolio handelt es sich um ein abgewandeltes 70/30-Portfolio (70 % Industrieländer über Faktor-ETFs (MSCI World)+SmallCaps und 30% Emerging Markets).

    Sofern deine ETF's mit einem Sparplan aufgebaut werden, könntest du auch die jeweilige Ratenhöhe anpassen. Bei dem ETF, der wesentlich über deinem Zielwert liegt, die Ratenzahlung stark verringern oder einige Zeit aussetzen und bei dem ETF, bei dem du deutlich unter deiner Zielmarke liegst, die Rate entsprechend erhöhen, so dass der Gesamtaufwand gleich bleibt.
    Auf diese Weise müssen nicht Anteile (steuerpflichtig) verkauft werden.
    Je nach Höhe der Abweichung kann es etwas dauern, bis wieder alles "im Lot" ist - das ist aber bei langfristigen Sparplänen ohne Bedeutung.

  • Wenn es nicht komplett aus dem Ruder läuft würde ich nichts machen, breit genug aufgestellt bist du ja damit. Richtig eingestielt hast du ja alles und dann einfach nicht soviel dran rumfummeln. Fällt vielen schwer, aber Gras wächst nicht schneller wenn man dran zeiht. Und auf der anderen Seite ist das Gras auch noch grüner....... du wirst sowieso nie die perfekte Gewichtung erreichen.


    Viel Erfolg mit deinen Finanzentscheidungen.

  • Sofern deine ETF's mit einem Sparplan aufgebaut werden, könntest du auch die jeweilige Ratenhöhe anpassen. Bei dem ETF, der wesentlich über deinem Zielwert liegt, die Ratenzahlung stark verringern oder einige Zeit aussetzen und bei dem ETF, bei dem du deutlich unter deiner Zielmarke liegst, die Rate entsprechend erhöhen, so dass der Gesamtaufwand gleich bleibt.
    Auf diese Weise müssen nicht Anteile (steuerpflichtig) verkauft werden.
    Je nach Höhe der Abweichung kann es etwas dauern, bis wieder alles "im Lot" ist - das ist aber bei langfristigen Sparplänen ohne Bedeutung.

    Das mag funktionieren, so lange die Sparrate und der Depotwert in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen.

    Irgendwann macht aber die jährliche Sparrate (hoffentlich) nur noch einen Bruchteil des Depotwerts aus.


    Ich rebalance so gut es geht (per Sparrate). Es wird aber zusehends schwerer meine Wunschgewichtung beizubehalten. Verkäufe die Steuerzahlungen auslösen versuche ich zu vermeiden.


    Wenn es nochmals einen richtigen Crash gibt würde ich inzwischen ggf. sogar die ETF verkaufen und nochmal neu mir der 1-ETF-Lösung anfangen. :/

  • Hallo liebe Community,

    vielen Dank für Eure bisherherigen Beiträge. monstermania hat das Problem erkannt. Je länger man investiert ist, desto größer wird das Portfolio und die monatliche Sparrate fällt immer weniger ins Gewicht womit ein Rebalancing irgendwann nicht mehr möglich ist.

    Das Thema Rebalancing wird ja durchaus viel diskutiert und in regelmäßigen Abständen empfohlen da es sich um einen Renditebooster handelt. Allerdings wird hier nie auf mein beschriebenes Problem eingegangen. Ich bin nicht sicher, ob durch die fehlenden Zinsenzinseffekte der gezahlten Steuer der positive Rebalancing-Effekt komplett aufgefressen wird oder sogar in der roten Bereich rutscht.

  • Ich bin nicht sicher, ob durch die fehlenden Zinsenzinseffekte der gezahlten Steuer der positive Rebalancing-Effekt komplett aufgefressen wird oder sogar in der roten Bereich rutscht.

    Das Problem ist, dass das niemand sagen kann. :/

    Fakt ist, dass Du durch die Steuerzahlung bei einem Aktien-ETF erstmal rund 19% des Gewinns abgeben musst.

    Wenn das Rebalancing anschließend den sich durch den 'steuerlichen' Verlust ergebenden Rückschlag wieder ausgleicht ist ja auch Alles fein. Nur ob es das dann auch tut? :/


    Ich kenne auch die Studien, die von einem langfristigen Überrendite durch regelmäßiges Rebalancing sprechen. Nur gehen die Studien eben immer von einer idealen Welt aus.

    Also keine Handelskosten und keine Steuerzahlungen.

    Die Handelskosten sind heutzutage wirklich niedrig. Die Steuer bleibt aber.

  • Das Thema Rebalancing wird ja durchaus viel diskutiert und in regelmäßigen Abständen empfohlen da es sich um einen Renditebooster handelt.

    m.E. dient das Rebalancing primär dazu das Portfolio wieder möglichst nah an den gewünschten Sollzustand / die geplante Allokation zu bringen. Man hat sich ja mal was dabei gedacht die Gewichtung so zu wählen. Vor allem im Bezug auf die eigene Risikofreudigkeit.


    Rendite Vor- oder Nachteile sind da erst mal zweitranging.


    Wenn man also auch mit dem neuen = höheren Aktienanteil gut schlafen kann, dann spricht m.E. überhaupt nichts dagegen kein Rebalancing vorzunehmen und Gewinne weiterlaufen zu lassen anstatt sie zu realiseren.

  • Ich kenne auch die Studien, die von einem langfristigen Überrendite durch regelmäßiges Rebalancing sprechen. Nur gehen die Studien eben immer von einer idealen Welt aus.

    Also keine Handelskosten und keine Steuerzahlungen.

    Die Handelskosten sind heutzutage wirklich niedrig. Die Steuer bleibt aber.

    Kann ich so bestätigen.


    Viele Studien hierzu kommen aus den USA und da besteht die Möglichkeit der Investoren in ihren Portfoliokonten auch steuerneutral zwischen den Anlagenklassen bzw Produkte zu rebalancen.


    Das gilt so nicht für den deutschen Investor. Die gezahlte Steuer ist weg zu Lasten des Zinseszinseffektes.


    Auch gehen die Studien auch von stets rationalen Handeln des Investors aus.

  • Mit wachsendem Portfolio komme ich nun in den Größenbereich, in dem durch das Rebalancing Kapitalertragssteuern in wesentlicher Höhe anfallen. Der Steuerfreibetrag von 1.000 € ist bereits durch Zinsen des sicher verzinnsten Teils (Tagesgeld Notgroschen, Festgeld) ausgeschöpft. Bei meinem Aktienportfolio handelt es sich um ein abgewandeltes 70/30-Portfolio (70 % Industrieländer über Faktor-ETFs (MSCI World)+SmallCaps und 30% Emerging Markets).

    Das ist bei mir ähnlich. Ich betreibe daher "Cash-Flow basiertes Rebalancing". Die daraus resultierende leichte Schieflage der Gewichtung ist mir egal.

    Gerd Kommer hat dazu mal einen Blogbeitrag geschrieben: Rebalancing: Vorteile, Methoden. Prinzipien

    Siehe Punkt 3c)

  • Es ist etwas komplex, weil der Effekt der Steuerstundung ja auch noch etwas abgemildert wird, wenn die Vorabpausche > 0 ist und man nicht weiß, wie sich der untergewichtete Teil in Zukunft im Verhältnis entwickeln wird.


    Du wirst Dir ja etwas bei dieser 70/30 Aufteilung gedacht haben. Wenn Du daran weiterhin festhalten willst und die Abweichung schon zu groß ist, als dass Du sie mit Sparraten wieder einfangen könntest, gäbe es noch eine weitere Variante:

    Du könntest einen Teildepotübertrag der Fonds machen, die Du verkaufen möchtest, und den Teil verkaufen, bei dem noch nicht so viele Gewinne angefallen sind.

  • Ich habe ETF auf 3 Indexe in meinem Depot.

    Index 1: +40% in den letzten 12 Monaten

    Index 2: +27% in den letzten 12 Monaten

    Index 3: +20% in den letzten 12 Monaten


    Und wen man dann grob das Verhältnis 50/30/20 behalten will, wird es halt schwierig wenn das Depot etwas größer wird.

    Die +40% des Index 1 machen allein fast meine gesamte Jahressparrate aus. Und davon geht ja auch noch was in den sicheren Portfolioteil.


    Und ja, ich weiß: Reines Luxusproblem! ;)

  • Es geht hier um das Rebalancing im Risikoteil des Portfolios.

    Das Rebalancing zwischen Risikoarm/Risikoteil ist dann ja auch wieder eine andere Seite der Medaille.

    Ist letztendlich egal. Sobald du unterschiedliche Renditen hast, wird das Portfolio aus der ursprünglichen Allokation laufen. Und zwischen den Risikoklassen hast du sogar einen Unterschied in der erwarteten Rendite, langfristig werden Aktien dem Festgeld immer davonlaufen.

  • Interessante Diskussion mal wieder! :)


    Ist letztendlich egal. Sobald du unterschiedliche Renditen hast, wird das Portfolio aus der ursprünglichen Allokation laufen. Und zwischen den Risikoklassen hast du sogar einen Unterschied in der erwarteten Rendite, langfristig werden Aktien dem Festgeld immer davonlaufen.

    Was risikoarm-renditestark angeht bin ich inzwischen immer mehr der Meinung, dass es als rationaler Vermögensaufbauer/Anleger vermutlich sinnvoller ist wenn der Sicherheitsbaustein individuell berechnet wird. Also was wird wirklich benötigt in absoluten Zahlen. Und nicht ein prozentualer Anteil eines Vermögensaufbaus. Natürlich kann das kürzer vor der Entnahmephase (Stichwort: Crashpuffer aufbauen) anders aussehen und wenn man sein Risikoprofil so einschätzt, dass man Schwankungen und Crashs nicht aushalten kann, sowieso. Dafür ist auch weiterhin eine Prozentzahl sinnvoll sein. An irgendetwas muss man sich ja orientieren. Wenn man aber noch viele Jahre hat und einem die Schwankungen egal sind, reicht doch der individuell manuell berechnete Sicherheitsbaustein. Ob man ihn nun Notgroschen oder irgendwie anders nennt. Das nur zum Thema „risikoarm-renditestark“ als Einschub.


    Das ist bei mir ähnlich. Ich betreibe daher "Cash-Flow basiertes Rebalancing". Die daraus resultierende leichte Schieflage der Gewichtung ist mir egal.

    Das halte ich für nachvollziehbar. Also ich hab mich ja zum Glück quasi direkt für die 1-ETF-Lösung entschieden, auch aus dem Grund, dass ich dann eben nicht rebalancen muss. Aber wenn man nun mal aus welchen „historischen“ Gründen auch immer ein komplexeres Portfolio hat, dann sollte man sich, wenn ein komplettes Umschichten in einem einzelnen ETF nicht in Frage kommt, nicht verrückt machen, sondern einfach die Sparrate so lange umlenken auf den schlechter laufenden ETF, wie das Verhältnis in Schieflage ist. Und wenn das „richtige“ Verhältnis eben nie wieder erreicht wird, dann ist das so.


    Ich halte es immer für wichtig, dass man sich eine Strategie festlegt und diese dann auch durchzieht. Wenn man merkt, dass die Strategie nicht 1:1 aufgeht bzw. zu teuer ist, kann man leicht modifizieren. Das wäre hier, dass man sich vorher festgelegt hat „ich rebalance jährlich“ und dann eben feststellt, dass das praktisch ab einer bestimmten Höhe kaum noch erschwinglich möglich ist. Die Sache mit dem Sparplan („as long as it takes“) halte ich dann für einen guten Kompromiss. Natürlich kann die Modifikation aber auch so aussehen, dass man die Sparpläne auf diese ETFs/Indizes komplett einstellt und neu nur noch einen All-World bespart. Ganz egal sollte einem die „Schieflage“ aus meiner Sicht aber nicht sein, da es ja die Strategie war, bei der man sich (hoffentlich) etwas gedacht hat.

  • WerAuchImmer

    Es geht hier um das Rebalancing im Risikoteil des Portfolios.

    Das Rebalancing zwischen Risikoarm/Risikoteil ist dann ja auch wieder eine andere Seite der Medaille.

    Obwohl es intuitiver ist, dass das Rebalancing zwischen dem risikoärmeren Teil und dem risikoreicheren vorzunehmen ist, sollte man aber auch innerhalb der jeweiligen Bereiche rebalancen. Z.B. Wissen wir hier alle, dass Aktien von Industrieländer ein anderes Risikoprofil, wie die der Schwellenländer haben. Dieses politische Risiko soll ja eigentlich durch die entsprechende Faktorprämie abgegolten werden.


    Es spielt daher keine Rolle ob Steuern anfallen oder nicht. Die Wahl des Portfolios hatte hoffentlich immer einen Sinn. Das Rebalancing zwingt Dich jetzt darüber nachzudenken ob dieser Weg für Dich noch richtig ist.


    Sollte BoeClaus90 also noch immer von seinem 70/30 -Ansatz überzeugt sein, sollte er unabhängig von der eventuellen Steuer rebalancen.

  • Es spielt daher keine Rolle ob Steuern anfallen oder nicht. Die Wahl des Portfolios hatte hoffentlich immer einen Sinn. Das Rebalancing zwingt Dich jetzt darüber nachzudenken ob dieser Weg für Dich noch richtig ist.


    Sollte BoeClaus90 also noch immer von seinem 70/30 -Ansatz überzeugt sein, sollte er unabhängig von der eventuellen Steuer rebalancen.

    Ich bin da anderer Meinung. Erstens ist häufig eine gewisse Toleranz im Rebalancing sogar vorteilhaft. Ich habe bspw. gerade ein Backtest auf curvo.eu für ein 70/30 (70% MSCI World und 30% EM) Portfolio über den längstmöglichen Zeitraum erstellt. Die beste Performance hätte man dabei mit einem Rebalancing mit einer Toleranz von 15% erzielt.


    Hinzu kommt: wenn ich, bereits ohne den Taschenrechner oder gar excel auszupacken, per einfachem überschlägigem Kopfrechnen feststelle, daß die Transaktionskosten und Steuern höher sind als ein eventueller Performancegewinn einer "korrekten Portfoliogewichtung"... Dann geh ich in der Zeit lieber meinen Golfschwung optimieren als mein Portfolio ;)

  • Was risikoarm-renditestark angeht bin ich inzwischen immer mehr der Meinung, dass es als rationaler Vermögensaufbauer/Anleger vermutlich sinnvoller ist wenn der Sicherheitsbaustein individuell berechnet wird. Also was wird wirklich benötigt in absoluten Zahlen.

    Hier reden wir unter Umständen von zwei verschiedenen Dingen. Das eine sind Rücklagen für größere Ausgaben, meist unter dem Stichwort Notgroschen zusammengefasst. Das gehört auf jeden Fall in absoluten Zahlen festgelegt. Das andere ist die Allokation der Assetklassen. Dabei geht es dann um mehr als nur Schwankungen und unter Umständen auch um mehr als nur Aktien und Zinsprodukte. Hier macht eine prozentuale Aufteilung schon Sinn.