Emerging-Market Staatsanleihen mit oder ohne Währungssicherung?

  • Hallo zusammen,


    eine der interessanteren Studien der letzten Jahre zum Thema langfristiges Investment war diese hier: https://www.ifo.de/DocDL/cesifo1_wp7506.pdf


    Fazit: Emerging-Market Staatsanleihen scheinen historisch gesehen ein ziemlich gutes Risk/Return-Verhältnis und auch eine ziemlich gute Gesamtrendite zu haben und sind demnach eine relativ gute Ergänzung zu einem Weltaktienportfolio. Kommer und andere sind ja zwischenzeitlich auch darauf eingegangen: https://gerd-kommer.de/schwellenlaender-staatsanleihen/


    Angenommen man würde 10% des Depots für EM-Staatsanleihen anpeilen (bei rund 20% EM-Aktien, also 30% EM-Exposure insgesamt), auf welchen ETF würdet ihr hierfür setzen? Folgende beide sind bei mir in der engeren Auswahl:

    Xtrackers ESG USD Emerging Markets Bond Quality Weighted UCITS ETF 1D | A144GB | IE00BD4DX952
    Alle wichtigen Informationen und Vergleiche zum Xtrackers ESG USD Emerging Markets Bond Quality Weighted UCITS ETF 1D (A144GB | IE00BD4DX952) ➤ justETF – Das…
    www.justetf.com

    Xtrackers ESG USD Emerging Markets Bond Quality Weighted UCITS ETF 2D EUR Hedged | A144GC | IE00BD4DXB77
    Alle wichtigen Informationen und Vergleiche zum Xtrackers ESG USD Emerging Markets Bond Quality Weighted UCITS ETF 2D EUR Hedged (A144GC | IE00BD4DXB77) ➤…
    www.justetf.com


    Meine Überlegung zum Währungs-Hedging: Für die Portfoliostabiliät insgesamt wäre es gut, da der Aktienteil in der Berichtswährung USD ja ohnehin kurzfristig relativ stark von USD/EUR Verschiebungen betroffen ist. Bei einer nicht unerheblichen EUR-Skepsis bezogen auf die nächsten 30-50 Jahre wäre der ohne Währungssicherung zielführender. Zumindest wenn man annimmt, dass der EUR als Gemeinschaftswährung zunehmend unter Druck gerät. Perspektivisch und längerfristig plane ich den Anleihe-Anteil etwas auszubauen, dass dann aber sicher inkl. Währungshedging bzw. nur durch kurzlaufende deutsche Staatsanleihen als klassischen Sicherheitsbaustein.


    Wie seht ihr das? Schon jemand mit EM-Staatsanleihen beschäftigt und sich dabei ähnliche Fragen gestellt?


    Danke und Gruß

    FT_User

  • Ich würde es so sehen, dass jede Art von Hedging Geld kostet.


    Im Sinne eines prognosenfreien Investments in den Gesamtmarkt, zu dem auch EM gehören, macht es für mich daher eher Sinn, auf solche Kosten zu verzichten und in den Markt so zu investieren, wie er halt ist.


    Die Währungen von Schwellen- und Entwicklungsländern werten übrigens in der Regel gegenüber Euro und US-Dollar regelmäßig deutlich ab (nicht auf). Diese zu erwartende Abwertung dürfte aber in die Risikoprämien (= Überrenditen im Vergleich zu sicheren Staatsanleihen in Euro oder US-Dollar) bereits eingepreist sein, ebenso wie die EM-typischen Ausfallrisiken oder politische Risiken.


    Es gibt auch die Möglichkeit, direkt Euro-Staatsanleihen dieser Länder an der Börse zu erwerben - damit wäre zumindest das Wechselkursrisiko ausgeschaltet und man würde auch die Kosten für Hedging und Fondsverwaltung sparen. Auf der anderen Seite ist die Risikostreuung natürlich dann schlechter.

  • Im Sinne eines prognosenfreien Investments in den Gesamtmarkt, zu dem auch EM gehören, macht es für mich daher eher Sinn, auf solche Kosten zu verzichten und in den Markt so zu investieren, wie er halt ist.

    Das würde ich bei globalen Aktien-ETF auf jeden Fall auch so sehen. In denen herrscht ja ein heilloses Geflecht an Wechselkursen, Währungsheding ist da in der Sache m.E. gar nicht richtig möglich…


    Die Währungen von Schwellen- und Entwicklungsländern werten übrigens in der Regel gegenüber Euro und US-Dollar regelmäßig deutlich ab (nicht auf). Diese zu erwartende Abwertung dürfte aber in die Risikoprämien (= Überrenditen im Vergleich zu sicheren Staatsanleihen in Euro oder US-Dollar) bereits eingepreist sein, ebenso wie die EM-typischen Ausfallrisiken oder politische Risiken.

    Genau, aber bei der Studie oben und den beiden ETF geht es ja explizit um Hartwährungsanleihen bzw. EM-Staatsanleihen, die in USD emittiert wurden und in USD zurückgezahlt werden müssen. Die Währungs/Inflationsrisiken existieren, liegen dann aber doch bei den Emittenten - richtig? Ggf. werden die Raten in lokaler Währung teurer oder günstiger, gerechnet wird aber immer in USD.


    Was ich mich frage: Macht es dann einen Unterschied ob ich eine USD/EUR Währungssicherung in so einem EM-Staatsanleihe-ETF mitnehme oder in einem US-Staatsanleihe-ETF? Doch eigentlich nicht, oder? Das einzige Währungsrisiko ist und bleibt doch das zwischen USD und EUR.


    Nur mal in Hinblick auf ein wirklich langfristiges Investment: Was, wenn bei einem Investment über die nächsten 30-40 Jahre der USD nicht mehr die Weltleitwährung ist, oder der Euro als Gemeinschaftswährung rückabgewickelt wird? Dass wäre auf jeden Fall problematischer als bei einem Welt-Aktien-ETF mit einem globalen Währungsgeflecht mal eben die Berichtswährung zu ändern… :/

  • @FinanztipUser, das ist echt ein interessantes Thema. Es gibt selten Anlageklassen, die auf der einen Seite so gute Daten vorzuweisen haben und mir auf der anderen Seite (vom Gefühl her) so suspekt sind wie Staatsanleihen aus den EM. Die ETFs haben nicht mal starke Klumpen (z.B. China), die zu kritisieren wären. Kannst du deine Auswahl begründen? Warum nicht den von Vanguard?

  • Um den Thread nochmal aufzugreifen: Hat sich zwischenzeitlich mal jemand mit Emerging-Market-Staatsanleihen als Anlageklasse beschäftigt?


    Ich persönlich bin wieder ausgestiegen aus dem Thema, da der "nachhaltige" ETF der DWS bzw. Xtrackers mal wieder alles andere als nachhaltig war! Entgegen der Darstellung bei justETF (https://www.justetf.com/de/etf…0BD4DX952#zusammensetzung) hat der nämlich doch einen Großteil der Mittel investiert in Ländern wie Saudi-Arabien! 8|


    Das findet man interessanter Weise nicht bei justETF unter "Ländern" und auch nicht im Fact-Sheet (https://api.fundinfo.com/docum…4DX952_YES_2024-11-29.pdf), sondern nur auf der Seite zum ETF (https://etf.dws.com/de-de/IE00…ty-weighted-ucits-etf-1d/). Da taucht dann unter "Länderverteilung" auf einmal ein gar nicht kleiner Anteil von 7,99% Saudi-Arabien an dritter Stelle (!) der Länderverteilung auf.


    Die Menschenrechtslage (Hinrichtungen, Folter, Amputationen als gerichtlich verhängte Strafen) sind glaube ich bekannt:

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/…enrechte_in_Saudi-Arabien

    -> https://www.amnesty.de/informi…chte-saudi-arabien-wissen

    -> https://www.amnesty.de/informi…an-einem-tag-hingerichtet


    Ist mir ehrlich gesagt völlig unbegreiflich, wie die DWS/Xtrackers so einen Fonds gerade nach den bisher schon bei der DWS gelaufenen Skandalen in Punkto Nachhaltigkeit dann tatsächlich als "ESG" = nachhaltige Geldanlage bewerben kann...


    Frage: Kennt jemand hier Ansätze bei Emerging-Market-Staatsanleihe-ETFs, die tatsächlich zumindest so nachhaltig sind, dass Länder mit der Todesstrafe ausgeschlossen werden?


    Ich bin selbst seit vielen Jahren Mitglied von Amnesty-International und auch daher kommt für mich ein Investment in Staatsanleihen von Ländern nicht in Betracht, die die Todesstrafe praktizieren (auch nicht die USA).


    Bin mal gespannt, was sich an der Stelle in Hinblick auf das ETF-Angebot noch tut. So schwer sollte es eigentlich nicht sein, so einen dann wirklich etwas nachhaltigeren EM-Staatsanleihe-ETF aufzulegen...


    PS: Hat sich unser @Thomas.Schreiber also auch als "Gast" in die ewigen Jagdgründe verabschiedet? :/

  • Ich bin selbst seit vielen Jahren Mitglied von Amnesty-International und auch daher kommt für mich ein Investment in Staatsanleihen von Ländern nicht in Betracht, die die Todesstrafe praktizieren (auch nicht die USA).

    Aber US-Aktien sind in Ordnung? :/

    Dir ist bekannt, dass die Todesstrafe in den USA Sache der einzelnen Bundestaaten ist?

    Grundsätzlich bin ich kein Freund der Todesstrafe. Nicht weil ich die Todesstrafe generell ablehnen würde, sondern weil ich ein mögl. Fehlurteil einfach nicht akzeptieren kann.

  • Aber US-Aktien sind in Ordnung? :/

    SRI-gefiltert sind meinem Verständnis nach keine daran unmittelbar beteiligten Unternehmen im entsprechenden ETF. Auch und gerade die Diskussion um nachhaltige Investments bringt Unternehmen wie Pfizer dazu, sich dem zu verweigern:

    Todesstrafe - Pharma-Konzern verweigert Mittel für Giftspritze
    Auch der letzte der großen europäischen und amerikanischen Pharma-Konzerne lehnt ab sofort die Lieferung von Gift für Hinrichtungen ab: Pfizer. Das bringt…
    www.deutschlandfunk.de


    Dir ist bekannt, dass die Todesstrafe in den USA Sache der einzelnen Bundestaaten ist?

    Überwiegend ja, aber es gibt meines Wissens nach bei Ermittlungen durch Bundesbehörden und entsprechenden Urteilen die Todesstrafe auch auf Bundesebene. Ist mir aber auch egal, da bin ich völlig pauschal und schließe für mich die Länder für Investments in Staatsanleihen einfach aus, die aktuell noch die Todesstrafe praktizieren.


    So viele Länder sind es letztlich zum Glück gar nicht mehr, wie man hier ganz gut sehen kann:

    https://amnesty-todesstrafe.de/wp-content/uploads/325/karte_staaten-mit-und-ohne-todesstrafe-1.pdf


    Ansonsten halte ich das für einen der großen Fortschritte in Europa, dieses Kapitel hinter uns gelassen zu haben:

    Die Todesstrafe in der Welt | Themen | Europäisches Parlament
    Das Europäische Parlament lehnt die Todesstrafe entschieden ab und fordert ihre weltweite Abschaffung. Erfahren Sie in unserer Infografik mehr zum Thema.
    www.europarl.europa.eu


    Gerade in Hinblick auf die oben stehende Karte bin ich aber immer noch der Meinung, es sollte absolut einfach und auch ökonomisch sinnvoll, d.h. ausreichend gestreut möglich sein, einen Emerging-Market-Staatsanleihe-ETF aufzulegen, der sich auf die Länder ohne praktizierte Todesstrafe beschränkt! Ich hoffe und denke, so ein "nachhaltiger" EM-Staatsanleihe-ETF ist nur noch eine Frage der Zeit...

  • Quelle: https://amnesty-todesstrafe.de…nd-ohne-todesstrafe-1.pdf


    Konkreter nochmal zu dieser Unterscheidung/Weltkarte und einem EM-Staatsanleihe-ETF nur mit Ländern ohne praktizierte Todesstrafe: Fast ganz Südamerika wäre drin, die wirtschaftlich spannenderen Länder Afrikas insb. im südlichen und westlichen Afrika wären möglich, Teile von Asien (auch wenn man da die größten Abstriche machen müsste) und eben auch westliche bzw. industrialisiertere Länder wie Griechenland oder Südkorea, die oft zu dem EM gezählt werden...


    Man müsste von der Summe und der Gewichtung der Emittenten eben einmal schauen, aber ich würde davon ausgehen, dass die Streuung über Emittenten das Ausfallrisiko (auch unter Berücksichtigung möglicher Recovery-Rates) so weit reduziert, dass ein Investment als Baustein neben den Aktien und westlichen (Staats-)Anleihen anteilig sinnvoll möglich wäre!

  • Frage: Kennt jemand hier Ansätze bei Emerging-Market-Staatsanleihe-ETFs, die tatsächlich zumindest so nachhaltig sind, dass Länder mit der Todesstrafe ausgeschlossen werden?


    Ich bin selbst seit vielen Jahren Mitglied von Amnesty-International und auch daher kommt für mich ein Investment in Staatsanleihen von Ländern nicht in Betracht, die die Todesstrafe praktizieren (auch nicht die USA).

    Das bedeutet du investierst in keine Länder, die die Todesstrafe haben?

    Ich hoffe das wird mir jetzt nicht als whataboutism angekreidet: Müsste man dann nicht auch auf Aktieninvestments aus den USA und vielem EM verzichten? Warum nur bei Staatsanleihen? Insbesondere in Demokratien sind es ja die Bürger des jeweiligen Landes, die das in der Hand haben. Und da die Mehrzahl das nicht ändern will, kann man dann auch nur einen Euro (oder Dollar) dort investieren? Oder habe ich da einen Denkfehler?


    Mich interessiert das Thema sehr, weil ich mir schon oft darüber Gedanken gemacht habe. Aber irgendwie fühle ich, dass sowas in eine etwas heuchlerische Moral mündet. Diese Beiträge schreibe ich mit hauptsächlich in China hergestellten Endgeräten, unser gesamter Wohlstand und unsere Energie in diesem Land hängt von solchen Ländern ab, aber ich mit meinem ETF-Sparplan rücke das jetzt wieder ins richtige Lot? :/ Ich habe es dann aufgegeben...


    Andreas Beck meint ja, dass man mit SRI und ESG genau das Gegenteil erreicht was man eigentlich erreichen wollte. Man verringert seine Stimmrechte und die Stimmrechte der Fondsgesellschaften und verliere Einfluss (nicht nur bei Aktien). Die Anlagen werden dankend von denen aufgekauft, die sich um SRI keine Gedanken machen. Also hat man im Endeffekt das Gegenteil erreicht und die Situation wird noch schlechter.

  • Müsste man dann nicht auch auf Aktieninvestments aus den USA und vielem EM verzichten?

    Siehe oben: Meine Unterscheidung bei SRI-Investments in Aktien ist a) woran sind die Unternehmen beteiligt und wovon profitieren sie und b) kann/will ich davon auch profitieren.


    Bei Staaten ist der Kern m.E. nicht die Art der Profitgenerierung sondern die Frage der Mittelverwendung: Könnte ein Staat, dem ich mit Staatsanleihen Geld leihe, dieses für Zwecke verwenden, die ich nicht unterstützen möchte.


    Diese beiden Unterscheidungen bei Aktien- und Staatsanleiheinvestments finde ich ehrlich gesagt gar nicht so kompliziert, ziemlich praktikabel und für mich in ethisch/moralischer Hinsicht vertretbar...


    Warum nur bei Staatsanleihen? Insbesondere in Demokratien sind es ja die Bürger des jeweiligen Landes, die das in der Hand haben. Und da die Mehrzahl das nicht ändern will, kann man dann auch nur einen Euro (oder Dollar) dort investieren? Oder habe ich da einen Denkfehler?

    Naja, also wenn man die Bürger kollektiv für alles verantwortlich machen würde, was Unternehmen, Staaten und andere Akteure irgendwo machen, dann wäre kein Investment und auch keine Unterscheidung wie die oben mehr möglich...


    Mich interessiert das Thema sehr, weil ich mir schon oft darüber Gedanken gemacht habe. Aber irgendwie fühle ich, dass sowas in eine etwas heuchlerische Moral mündet.

    Muss es in meinen Augen nicht: Unterscheidungen auch in Graubereichen sind möglich (s.o.). Und die Reaktion dann praktisch alle Überlegungen und Unterscheidungen in ethisch-moralischer Hinsicht über Board zu werfen, kommt dann oft! Die ist aber in meinen Augen das größere Problem, als mit farblichen Graustufen zu leben, wenn man schwarz und weiß nicht ganz eindeutig unterscheiden kann...


    Andreas Beck meint ja, dass man mit SRI genau das Gegenteil erreicht was man eigentlich erreichen will. Man verringert seine Stimmrechte und die Stimmrechte der Fondsgesellschaften und verliere Einfluss. Die Anlagen werden dankend von denen aufgekauft, die sich um SRI keine Gedanken machen.

    Andreas Beck ist auch ein großer Anhänger von Mr. Kettensäge (Milei aus Argentinien). Und die Logik erschließt sich mir gar nicht, da der Einfluss auf Hauptversammlungen das eine, die wesentlich wichtigeren Kapitalkosten als Einflussfaktor auf Unternehmen eben das andere sind. Und die steigen eben tendenziell, wenn sich Investoren von Unternehmen abwenden, deren Geschäftsmodelle sie nicht unterstützen wollen. Da sehe ich den deutlich größeren Hebel als bei Wortmeldungen auf Hauptversammlungen.


    Ansonsten Argumentiert Beck in Punkto SRI eher auch anders, nämlich dass es gerade die "kaputten" Unternehmen wären, die Geld bräuchten für Erneuerung, Innovation und neue Patente, die ihm so wichtig sind. Also praktisch mehr Mittel an Shell, BP und co., damit wir den Klimawandel gebremst kriegen...

  • Und die Logik erschließt sich mir gar nicht, da der Einfluss auf Hauptversammlungen das eine, die wesentlich wichtigeren Kapitalkosten als Einflussfaktor auf Unternehmen eben das andere sind. Und die steigen eben tendenziell, wenn sich Investoren von Unternehmen abwenden, deren Geschäftsmodelle sie nicht unterstützen wollen. Da sehe ich den deutlich größeren Hebel als bei Wortmeldungen auf Hauptversammlungen...

    Ich fand diesen Gastbeitrag von Niederer in der Züricher Zeitung sehr einleuchtend. Es geht um Nachhaltigkeit, aber das trifft es m.E. sehr gut.


  • Alan Niederer? Der Arzt mit den Abnehm-Tipps? (https://www.nzz.ch/wissenschaf…halten-teil-15-ld.1766791)


    Er stellt genau den Vorteil des Investments als Nachteil für die Rendite dar, nur belegt er damit ja genau den zentralen Mechanismus argumentativ: Wenn weniger Geld in Unternehmen und Geschäftsmodelle fließt, die Investoren nicht als nachhaltig ansehen, wird es für diese Unternehmen teurer. Ob beim IPO, durch Aktienrückkäufe "am Sekundärmarkt" oder bei Kapitalerhöhungen ist doch ökonomisch gesehen der gleiche Effekt: Kapitalkosten steigen und das hat eine Lenkungswirkung...


    Er argumentiert dann weiter, dass die Rendite ggü. den Investoren in die "schmutzigen" Unternehmen fallen würde. Das Argument kann man machen, so lange man die Insolvenz dieser Unternehmen ausschließt. Schumpeter (kein Arzt!) hat das mal als die schöpferische Kraft der Zerstörung des Kapitalismus bezeichnet. Und darum geht es doch im Grunde genommen: Wenn kein Mensch mehr Shell, BP und co. braucht, steigt dieser Logik nach vll. nochmal kurz die Rendite, sie geht aber gegen Null, wenn solche Unternehmen und Geschäftsmodelle vom Markt verschwinden. ;) Und das scheint dieser Niederer völlig auszublenden.


    Zumal: Schau dir doch meine Auswahlkriterien oben nochmal an! Was davon betrifft mögliche Renditeunterschiede (die in der Praxis aktuell sehr gering und eher zu Gunsten der SRI-Investments ausfallen)? Solche Unterschiede und auch die Frage nach der Effekt-Stärke von SRI-Investments sind bei meiner ethisch/moralischen Unterscheidung (Aktien: Von was bin ich bereit zu profitieren?) und bei Staatsanleihen (Welche Handlungen der Staaten bin ich bereit mitzufinanzieren?) völlig unerheblich.


    Aber lasst uns ansonsten beim Thema "SRI-Emerging-Markets-Staatsanleihe-ETF" bleiben! Beim Aspekt der Währungssicherung (ja oder nein?) wäre ich mir im Fall eines für mich investierbaren ETFs auch noch nicht sicher...

  • Er stellt genau den Vorteil des Investments als Nachteil für die Rendite dar, nur belegt er damit ja genau den zentralen Mechanismus argumentativ: Wenn weniger Geld in Unternehmen und Geschäftsmodelle fließt, die Investoren nicht als nachhaltig ansehen, wird es für diese Unternehmen teurer.

    Ich weiss auf was du hinaus willst und ich war auch lange der Meinung, dass es genau so funktionieren sollte. Heute denke ich aber, dass die Realität eine andere ist. Ich glaube das ist die Denke aus der europäischen Bubble. In den meisten Ländern spielt ESG überhaupt keine Rolle. Auch in den USA rudern viele zurück. Was also passieren wird ist, dass die ,,guten Investoren" ihre ,,dreckigen Investments" günstig an die (vielen) ,,bösen Investoren" verkaufen werden und dann noch weniger in Richtung ESG läuft. Wenn fast alle mitziehen würden, okay. Aber das ist ja nicht der Fall.


    Das sind russische Sanktionen in ETF-Form. Wie gut hat das funktioniert? Überhaupt nicht. Weil sich die Masse der Menschen und Länder nicht für sowas interessiert.

  • Interessant, sobald "SRI" irgendwo beteiligt ist, triftet jede Diskussion nur auf diesen Aspekt ab, statt dass man sich über die anderen Aspekte (Sinn von EM-Staatsanleihe-Investments, Währungshedging, ...) unterhält. Aber Ok, dann nochmal dazu:


    Heute denke ich aber, dass die Realität eine andere ist. Ich glaube das ist die Denke aus der europäischen Bubble. In den meisten Ländern spielt ESG überhaupt keine Rolle. Auch in den USA rudern viele zurück.

    Diesem Glauben könnte man die Tatsache entgegenhalten, dass SRI/ESG-Fonds seit Jahren massiv zunehmen, die Nachfrage also offenbar massiv steigt und die ETFs in Europa und den USA einen immer größeren Marktanteil einnehmen.


    Was also passieren wird ist, dass die ,,guten Investoren" ihre ,,dreckigen Investments" günstig an die (vielen) ,,bösen Investoren" verkaufen werden und dann noch weniger in Richtung ESG läuft.

    Warum wird das deiner Meinung nach passieren? Der auch im NZZ dargelegte Mechanismus ist doch geradezu gegenläufig: Den "dreckigen Investments" wird das Wasser (sprich die Mittel) abgegraben, sie trocknen also tendenziell aus, da sie zunehmend höhere Kapitalkosten haben...


    Wenn fast alle mitziehen würden, okay. Aber das ist ja nicht der Fall.

    Auch hier wieder: Es gibt kein schwarz/weiß (alle/keiner ziehen mit), es gibt, wie bei allen komplexen Fragestellungen nur einen Graubereich dazwischen. Wenn man den o.g. auch im NZZ-Artikel beschriebenen Mechanismus akzeptiert, dann ist es zwangläufig so, dass der Effekt (=steigende Kapitalkosten) umso stärker ausfällt, je mehr mitziehen und in entsprechende SRI-ETFs investieren. Alle müssen dafür sicher nicht mitziehen...


    Das sind russische Sanktionen in ETF-Form. Wie gut hat das funktioniert? Überhaupt nicht. Weil sich die Masse der Menschen und Länder nicht für sowas interessiert.

    Das Argument und den Vergleich verstehe ich nicht: In bestimmte Unternehmen bewusst weniger oder gar nicht zu investieren, das ist keine Sanktion, die irgendwie umgangen werden könnte. Es ist bzw. führt im Ergebnis nur zu einer geringeren Nachfrage nach Aktien und ggf. auch Anleihen der entsprechenden Unternehmen. Nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage müssen die Unternehmen dann eben mehr bieten (=steigende Kapitalkosten), wenn das Interesse am Markt an ihrem Unternehmen fällt. Das sind Marktmechanismen und ihre Folgen und keine politischen Eingriffe wie Sanktionen im Fall von Russland.


    Aber wie gesagt: Lasst uns den Thread doch nutzen um zu diskutieren über...


    -> Erfahrungen mit EM-Staatsanleihe-Investments?

    -> Konkrete Auswahl an ETFs (welche und warum)?

    -> Jemand auch interessiert an EM-Staatsanleihe-ETFs mit Ländern ohne Todesstrafe?

    -> Wie haltet ihr es mit der Währungssicherung von EM-Staatsanleihe ETFs (ja/nein)?

  • Interessanter Hinweis, das würde mich auch näher interessieren.


    Ich habe einen kleinen Teil im L&G ESG EM Govt Bond (USD) 0-5 Yr UCITS DIS investiert (ISIN: IE00BLRPQP15):
    https://www.comdirect.de/inf/e…SEARCH_VALUE=IE00BLRPQP15


    Dort lese ich u.a.:
    "Der Index wendet eine ESG-Scoring- und -Screening-Methode an, um zu Emittenten zu tendieren, die in Bezug auf ESG-Kriterien und die Emissionen grüner Anleihen höher eingestuft werden, und um Emittenten, die niedriger eingestuft sind, geringer zu gewichten und auszuschließen."


    Das deutet ja bereits darauf hin, dass keine absolute Nachhaltigkeit erwartet werden kann, sondern nur eine tendenziell etwas größere als im Durchschnitt.


    Entsprechend werden als größte Länderpositionen angegeben (max. 5,1%): Indonesien, Türkei, Cayman Islands, Oman, Ungarn (alles keine Champions der Menschenrechte, aber wahrscheinlich auch nicht die Allerschlimmsten, wobei es in Indonesien und Oman wohl die Todesstrafe gibt).


    Als größte aktuelle Einzelpositionen werden Einzel-Anleihen aus Argentinien, Kuwait, Qatar, Ungarn, Rumänien oder Brasilien aufgelistet. Kuwait und Qatar dürften ebenfalls kritisch sein.


    Bin gespannt, ob es bessere Vorschläge gibt.


  • Diesem Glauben könnte man die Tatsache entgegenhalten, dass SRI/ESG-Fonds seit Jahren massiv zunehmen, die Nachfrage also offenbar massiv steigt und die ETFs in Europa und den USA einen immer größeren Marktanteil einnehmen.

    Klar, die Regularien und Gesetze in der EU haben diesbezüglich auch erheblich zugenommen. Ich frage mich jedoch welche konkreten positiven Auswirkungen das hatte. Wir hatten ja 2023 in allen relevanten ESG-Bereichen Negativrekorde. Oder wurde ein Gramm CO2 eingespart? Weniger Menschen umgebracht? Oder dauert das noch? Ich habe da meine Zweifel. Der Investor überschätzt seine Macht. Nur der Kunde und der Bürger können das ändern. Und global betrachtet ist ist dem Kunden und dem Bürger das Schnuppe (siehe Konsumverhalten - auch du und ich kaufen aus China. Mehr als jemals zuvor).


    Aber ich glaube wir zwei kommen bei dem Thema zu keiner Einigung. Ich bin ziemlich überzeugt, dass der Europäer (insbesondere de Deutsche) in einer bubble lebt und mehr Schaden anrichtet als Gutes tut. Jetzt glaubt er halt, dass er mir einem andern Fonds die Richtung wechseln kann. Das ist einfach. Viel schwerer wäre es sein Konsumverhalten und seine Lebensweise zu ändern. Aber eigentlich ist es das was sofort wirken würde.


    Grundsätzlich bin ich dafür in der Hinsicht etwas zu tun. Ich bin nur nicht sicher was das Richtige ist.


    Um zum Thema zurückkommen. Hier ein Beitrag von Kommer (falls das noch niemand gelesen hat).


    Schwellenländer-Staatsanleihen – eine bedenkenswerte Asset-Klasse?
    In diesem Beitrag befassen wir uns mit dem Rendite-Risiko-Profil der bisher wenig erforschten Asset-Klasse Emerging-Markets-Staatsanleihen in Hartwährung.
    gerd-kommer.de

  • Ich habe einen kleinen Teil im L&G ESG EM Govt Bond (USD) 0-5 Yr UCITS DIS investiert (ISIN: IE00BLRPQP15)

    Der ist ökonomisch vor allem dahingehend interessant, dass er als m.W.n. einziger EM-Staatsanleihe-ETF auf so kurze Laufzeiten setzt. Also praktisch der einzige ETF, mit dem man sich von Zinsänderungsrisiken besser abkoppeln könnte. Was ich mich hierbei fragen würde: a) Werden diese möglichen Zinsänderungsrisiken durch die Streuung über EM-Länder weltweit nicht ohnehin schon relativ stark aufgefangen und b) welche Rolle spielen Zinsänderungsrisiken bei Staatsanleihen, die einen so hohen Kupon zahlen überhaupt?


    Ich würde bezüglich der Zusammensetzung gerade auch nach den Erfahrungen oben mit dem Xtrackers oben nur noch auf die Angaben der Fondsgesellschaft und nicht mehr auf Plattformen wie justETF (https://www.justetf.com/de/etf…0BLRPQP15#zusammensetzung) oder extraETF setzen. Daher:

    https://api.fundinfo.com/document/0f3f9b418a5cb801c76aff574ecaa52e_431114/MR_DE_de_IE00BLRPQP15_YES_2024-10-31.pdf

    LGIM Fund Centre


    Fazit: Auch hier wieder steht Saudi-Arabien laut Fact-Sheet mit 6,7% wieder an erster Stelle der Länder. :rolleyes:


    Ich suche bessere ETFs für das Investment in Emerging-Markt Staatsanleihen, wahrscheinlich werden wir dafür noch etwas warten müssen...

  • b) welche Rolle spielen Zinsänderungsrisiken bei Staatsanleihen, die einen so hohen Kupon zahlen überhaupt?

    Ich denke, wenn die Zinsen in den USA steigen sollten, werden viele Emerging Markets Schwierigkeiten bekommen, noch neues Geld zu vertretbaren Konditionen aufzunehmen oder ihre Schulden zu tilgen. Insofern ist das Zinsänderungsrisiko m.E. beträchtlich.


    Bei sinkenden Zinsen verbessern sich die Aussichten umgekehrt natürlich deutlich.


    Ich würde bezüglich der Zusammensetzung gerade auch nach den Erfahrungen oben mit dem Xtrackers oben nur noch auf die Angaben der Fondsgesellschaft und nicht mehr auf Plattformen wie justETF (https://www.justetf.com/de/etf…0BLRPQP15#zusammensetzung) oder extraETF setzen. Daher:

    https://api.fundinfo.com/docum…RPQP15_YES_2024-10-31.pdf

    https://fundcentres.lgim.com/d…Year/?search=IE00BLRPQP15


    Fazit: Auch hier wieder steht Saudi-Arabien laut Fact-Sheet mit 6,7% wieder an erster Stelle der Länder. :rolleyes:

    Interessant - das scheint ja irgendwie System zu haben, dass Saudi-Arabien versteckt wird, obwohl es die größte Position ist. In der Tat habe ich damit nicht gerechnet.