Portfolio umschichten und vereinfachen sinnvoll?

  • Hallo,

    Ich bin neu hier. Ich habe dieses Forum gefunden, da mich eine Frage schon seit längerem beschäftigt und ich mir nicht sicher bin was ich am besten machen soll.


    Ich investiere seit 13 Jahren in Finanzprodukte. In dieser Zeit habe ich natürlich auch viele Fehler gemacht und viel lernen müssen. So habe ich Anfangs noch versucht zu “traden”. Seit ungefähr 9 Jahren habe ich aber fast nichts mehr nennenswertes verkauft. Also nur mehr Buy-And-Hold. (Gewisse aktiv gemanagte Fonds mit sehr hohen laufenden Kosten habe ich aber im Laufe der letzten Jahre noch verkauft.)


    Die Performance könnte natürlich besser sein, aber ich bin generell zufrieden. Mein Problem ist aber, dass ich jetzt ein Sammelsurium aus 45 Wertpapieren habe und prozentmäßig ein sehr großer Teil in Einzelaktien steckt.


    Das ist meine aktuelle Portfolioverteilung anhand der Anlageklassen. In Klammern sind jeweils die Anzahl der Wertpapiere je Anlageklasse.


    Einzelaktien (28): 41,32%

    Aktien ETF Fonds (13): 44,21%

    Anleihen ETF Fonds (2): 2,58%

    Rohstoffe Fonds (1): 5,07%

    Gold Zertifikate (1): 6,81%


    Würde ich heute von vorne Anfangen, würde ich nur in 1 oder 2 Aktien-ETFs investieren.

    Auch wenn einige Einzelaktien sehr gut performt haben, will ich davon weg. Das Risiko ist mir zu groß. Denn innerhalb der 28 Einzelaktien dominieren auch nur einige wenige Super-Performer. Die meisten Einzelaktien sind verhältnismäßig gering weil sie schlecht oder negativ performt haben.

    Nur Neuinvestitionen auf Aktien-ETFs zu verteilen hat in meiner Situation eine zu geringe Auswirkung um das Protfolio umzuschichten.


    Steuerrelevant ist das Portfolio aktuell 67% im Plus. (Mit den Ausschüttungen welche ich in den Jahren bekommen habe ist es etwas mehr. Aber für die musste ich ja schon Steuern bezahlen.)


    Würde ich alles Verkaufen wären die Steuern (27,5% in Österreich) bezogen auf den Gesamtwert 11%.

    Würde ich nur alle Einzelaktien verkaufen wären die Steuern (27,5% in Österreich) bezogen auf den Gesamtwert 6%.


    Durch einen Verkauf würde ich einen relevanten Teil Steuern bezahlen, der mir beim Zinseszinseffekt langfristig abgeht.


    Meine Frage ist also:

    Macht es Sinn große Teile meines Portfolios zu verkaufen und zu restrukturieren? (Und dabei den Verlust durch Steuern für den Zinseszinseffekt in Kauf zu nehmen.)

    Oder ist es besser die Hold-Strategie weiter zu fahren?


    Wahrscheinlich gibt es kein Richtig und kein Falsch, aber eure Meinungen und Inputs würde mich sehr interessieren und sicher auch weiterhelfen.

    Danke für die Inputs!

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Ahem: Wozu braucht man 13 verschiedene Aktien-ETFs?

    Würde ich heute von vorne Anfangen, würde ich nur in 1 oder 2 Aktien-ETFs investieren.

    Auch wenn einige Einzelaktien sehr gut performt haben, will ich davon weg.

    ...

    Macht es Sinn große Teile meines Portfolios zu verkaufen und zu restrukturieren? (Und dabei den Verlust durch Steuern für den Zinseszinseffekt in Kauf zu nehmen.)

    Oder ist es besser die Hold-Strategie weiter zu fahren?

    Auf diese Frage kannst Du keine Antwort erwarten, weil das jeder Anleger individuell sieht. Ich würde mein Portfolio vermutlich vereinfachen, aber ich kenne auch Leute, die nur mit 100 Aktien + glücklich sind.


    Ich mag das Gejammer über hohe Steuern nicht. Ich halte mich selbst nicht eben für einen leidenschaftlichen Steuerzahler, aber vor die Wahl gestellt, hohe Steuern auf hohe Gewinne zu bezahlen oder keine Steuern auf keine Gewinne oder gar Verluste, wüßte ich, was ich wählen würde.

  • Steuerthemen sind immer nur der zweite oder dritte Punkt. Die (einmalige) Steuerwirkung auf die (langfristige) Strategie wird oft überschätzt. Je länger Du wartest, desto größer wird Dein "Steuerproblem".


    Deine neue Strategie klingt sinnvoll. Ich würde sie umsetzen, zunächst bei den Einzelaktien.

  • Ahem: Wozu braucht man 13 verschiedene Aktien-ETFs?

    Die braucht man nicht. Desshalb will ich das Portfolio vereinfachen und wie oben geschrieben, jetzt auch nur mehr in 1-2 Aktien ETFs investieren.


    Ich würde mein Portfolio vermutlich vereinfachen, aber ich kenne auch Leute, die nur mit 100 Aktien + glücklich sind.

    Ok, Danke für deine Meinung dazu.


    Ich mag das Gejammer über hohe Steuern nicht. Ich halte mich selbst nicht eben für einen leidenschaftlichen Steuerzahler, aber vor die Wahl gestellt, hohe Steuern auf hohe Gewinne zu bezahlen oder keine Steuern auf keine Gewinne oder gar Verluste, wüßte ich, was ich wählen würde.

    Ich habe kein Problem mit dem Bezahlen der Steuern. Die muss ich früher oder später so und so bezahlen. Ich würde das Kapital nur lieber für den Zinseszinseffekt arbeiten lassen um später noch mehr Steuern (auf Grund von mehr Gewinn) bezahlen zu können. :)



    Steuerthemen sind immer nur der zweite oder dritte Punkt. Die (einmalige) Steuerwirkung auf die (langfristige) Strategie wird oft überschätzt. Je länger Du wartest, desto größer wird Dein "Steuerproblem".


    Deine neue Strategie klingt sinnvoll. Ich würde sie umsetzen, zunächst bei den Einzelaktien.

    Ok, verstehe. Danke für die Einschätzung.

  • Natürlich ist es seriös überhaupt nicht möglich bezüglich von Einzelaktien irgendwelche Tipps oder auch nur Hinweise zu geben. Warum ? Weil diese ohne nähere Einblicke in die gesamte Vermögenssituation nur Verwirrung schaffen würden.


    Eine zentrale Frage, solltest du dir trotzdem stellen: würdest du das Engagement in die jeweilige einzelne Firma heute in der Gegenwart nochmals machen?

    Bist du vom Geschäftsmodell dieser Firma überzeugt und möchtest du die nächsten Jahre an dieser Firma beteiligt sein?

  • Natürlich ist es seriös überhaupt nicht möglich bezüglich von Einzelaktien irgendwelche Tipps oder auch nur Hinweise zu geben.

    ... zumal der Threadstarter ihre Namen noch nicht einmal nennt, sondern nur ihre Zahl.


    "Ich habe hier 28 Einzelaktien und 13 Aktien-ETFs im Depot? Haltet Ihr das für sinnvoll?"


    Äh?

  • Im grundsätzlichen Kontext dieses Strangthemas (Steuern bei Portfolioumschichtung) aber auch bezüglich anderer Stränge (Beispiel: Wegzugssteuer bei ETFs)

    Ich mag das Gejammer über hohe Steuern nicht.

    Jeder kann selbstverständlich mögen oder nicht mögen, was immer ihm beliebt


    Zum Realitätsbezug gehört aber generell, daß die Steuer- und Abgabebelastung in Deutschland für Private extrem hoch ist (in der letzten mir bekannten Studie der OECD lag nur noch ein Land (Belgien) diesbezüglich vor Deutschland; wenigstens bei dem Thema rangiert man hierzulande also noch in der Spitzengruppe ...) und auch für Unternehmen sind die Steuern - im internationalen Vergleich - hoch (die letzte Unternehmenssteuerreform stammt nach meiner Erinnerung aus 2008, das ist mithin 16 Jahre her (eine Reform diesbezüglich ist seit Jahren überfällig)).


    Zum Realitätsbezug gehört auch, daß - jedenfalls die meisten - Menschen Zahlungen in Relation zum dafür Gebotenen sehen. Das gilt auch für Steuer- und Abgabenzahler. Schaue ich auf meine Steuerhistorie (durchgängig in Steuerklasse 1 und mit nahezu 50 Jahren dem jeweils gültigen Höchststeuersatz) dann wirkt diese Relation wenig überzeugend, um es noch möglichst subtil zu formulieren (da sind die sogenannten steuerlichen "Nebengeräusche" (Beispiel: Grunderwerbssteuerzahlungen in Millionenhöhe - um nur ein Beispiel zu nennen) noch gar nicht berücksichtigt).


    Das eigentliche Faszinosum: Trotz derart hoher Steuer- und Abgabenbelastungen als Gesamtpakt (direkte und indirekte Steuern, (Sozial)Abgaben, Gebühren) scheint hierzulande dennoch für Basics wie Bildung (Schulen, Universitäten), Infrastruktur, Klimaschutz, Steuerentlastungen zwecks Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigungsfähigkeit etc. pp. nicht genug oder kein Geld vorhanden zu sein ... ? Noch dazu bei einem Haushalt von inzwischen einer Billion (nach der Eins kommen da meines Wissens noch 12 Nullen ...).


    Da drängt sich mir zum einen die Frage auf, wie hoch denn meine Steuern hätten sein müssen, damit es wenigstens für die Basics reicht - ohne sich immer weiter zu verschulden zu müssen (= die Steuern von morgen) oder Sonder"vermögen" zu implementieren ... ? Einerseits. Und andererseits drängt sich die Frage auf, wer dann bei einer solchen konfiskatorischen Steuer- und Abgabenlast (von in Summe vermutlich 70% aufwärts) noch gerne, gut und viel - und das hierzulande und nicht woanders - arbeiten will und würde ... ?

  • Auf das Thema Steuer- und Abgabehöhe in D möchte ich an dieser Stelle nicht tiefer eingehen, denn das ist im Rahmen eines solchen Forums nicht erschöpfend und in der gebotenen Tiefe und Sachkichkeit zu diskutieren. Nur soviel: Unsere Staatsquote ist nicht so außergewöhnlich hoch und man muss stets aufpassen mögliche Vergleiche korrekt zu ziehen und beide Seiten (Abgaben- und Leistungen) zu beachten Was am Ende aber entscheidend für den Verbraucher ist, dass man sich hier für das, was übrig bleibt im Verhältnis viel leisten kann. Das sieht bei den europäischen Nachbarn schon anders aus. Der Anteil des Grundbedarfs an den verfügbaren Einkommen ist recht niedrig und das auch in unteren Einkommen. Es ist bei genauer Betrachtung vieles nicht so schlecht, wie es geredet oder empfunden wird. Aber genug davon und zur Frage des Threaderstellers:


    Ein wildes Sammelsurium hast Du da angesammelt. Zu beurteilen, ob eine komplette Neustrukturierung Sinn macht kommt es nicht nur auf den Barwertvorteil durch Dir Steuerstundung an. Vielmehr ist entscheidend, ob das Portfolio zu Deinen Zielen und Deiner Anlagestrategie passt und welchen Erwartungswert Du siehst. Daher musst Du auch eine mögliche schlechtere Entwicklung in der Zukunft und im Vergleich zu einer vernünftigen Strategie und auch das mögliche höhere Risiko sehen. Was sind das für ETF? Themen, Branchen, Wetten? Die Einzeltitel siehst Du selbst ja im Hinblick auf die künftige Entwicklung kritisch.


    Von jetzt auf gleich 11% Portfoliowert einzubauen ist schmerzlich, aber, wie Du schon erkannt hast verlierst Du ja "nur" den Zinseszins...


    Also ich persönlich würde die Einzeltitel raushauen, wenn ich nicht 100% dahinter stehen würde. Bei den ETF würde ich schauen, welche zu meiner Strategie passen und aus meiner Sicht noch Sinn ergeben und vieleicht nur soviel aufräumen, wie es Sinn macht. Bei den Rohstoffen und Gold ist es auch eine Frage Deines Geschmackes und, ob Du diese im Portfolio wünschst. Wahrscheinlich liefen die Rohstoffe jetzt zeitweilig ganz gut (nach etlichen Jahren schlechter Performance) und Gold erst recht.


    Also zusammengefasst: Ich würde mich freuen, dass einige Einzeltitel und Wetten aufgegangen sind und die Gewinne realisieren und nicht darüber ärgern nun Steuern zu zahlen. ETF die eine solide Anlagestrategie ermöglichen (Regionen und Welt ETF) würde ich halten und mein Portfolio mit diesen gestalten und neu aufsetzen. Alle anderen müssten für mich weg.


    Aber das kannst nur Du entscheiden.


    Viel Erfolg und Glück bei Deiner Entscheidung.

  • Danke sovereign für deine Meinung. Ich finde das ist ein sehr wichtiges Thema. Ich wünsche mir, dass solche kritischen Fragen viel häufiger aufgeworfen und bei den Entscheidungsträgern gehört und berücksichtigt werden.

  • Danke sovereign für deine Meinung. Ich finde das ist ein sehr wichtiges Thema. Ich wünsche mir, dass solche kritischen Fragen viel häufiger aufgeworfen und bei den Entscheidungsträgern gehört und berücksichtigt werden.

    Auch wenn das einfache Sachgesetzlichkeiten sind - "gerne gehört" wird das von so manchen "Entscheidungsträgern" eher nicht ...


    Nach meinen Erfahrungen (das gilt nicht nur für Staaten sondern auch für Unternehmen, Organisationen, Verbände usw.) müssen (leider) Dinge oft noch schlimmer werden - bevor sie die Chance bekommen wieder besser zu werden sprich überhaupt die Bereitschaft zu Veränderungen besteht.


    Zum Realitätsbezug gehört jedenfalls zum einen, daß ohne eine wenigstens halbwegs florierende sprich prosperierende Wirtschaft ein Sozialstaat wie hierzulande nur schwer bis kaum zu halten sein wird. Ebenso schwer wird dies dann mit der Finanzierung anderer wichtiger Themen werden (wie Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz, Migration bzw. Integration, Digitalisierung, Verteidigungsfähigkeit etc. pp.).


    Zum Realitätsbezug gehört zum anderen, daß in einer international und überwiegend globalisierten Welt einzelne Länder keine "Inseln" darstellen und damit bei solchen Fragen (wie Steuern, Abgaben, Energiekosten, Lohnkosten usw. sprich den Rahmenbedingungen des Standorts) reine "Insellösungen" wenig sinnvoll sind. Diese sind zwar möglich haben dann aber entsprechende Folgen und Auswirkungen. Den Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren ist schon für größere Unternehmen sehr problematisch - für Staaten kann es auf längere Sicht fatal sein.


    Solche Sachgesetzlichkeiten sind längere Zeit (hierzulande aber auch insbesondere in der EU) etwas aus dem Fokus geraten. Die sich verändernden (auch geopolitischen) Rahmenbedingungen werden diesbezüglich für zusätzlichen Realitätsbezug sorgen (die Zeiten extrem billiger Energie aus Russland, einem einfachen Absatzmarkt in China und militärischem Schutz von Dritten - um einige Beispiele zu nennen - scheinen sich dem Ende zuzuneigen).


    Schon die anstehenden Wahlen in den USA könnten bzw. dürften (und zwar fast gleichgültig, wer das Rennen dort macht) Deutschland aber auch der EU ein weiteres "Rendezvous mit der Realität" bescheren. Was in aller Regel umso unangenehmer ist, desto intensiver und länger man zuvor an Wünschen und Illusionen festgehalten hat.