Mehr Elterngeld durch Steuerklassenwechsel

  • Die Situation ist folgende:

    Meine Frau war bis Ende Oktober auf 520 Euro Basis beschäftigt.

    Ab November (dieser Monat 🙃) verdient sie 2256 Brutto/Monat.

    Ich verdiene rund 7080 Brutto/Monat.

    Aktuelle Steuerklasse: 3 (ich) / 5 (Frau)



    Wir wollten nun eigentlich in die Steuerklasse 4/4 Faktor wechseln. Meine Frau ist aber nun Schwanger geworden. Das geplante Entbindungstermin ist der 17.7.2025. Ab diesem Zeitpunkt würden wir wahrscheinlich wieder in 3/5 wechseln wollen, da es auch in der Vergangenheit sehr gut mit 3/5 (bei einer person kein Einkommen wegen Elternzeit) geklappt hat.


    Nun wird ja empfohlen bei Schwangerschaft in eine andere Steuerklasse zu wechseln, da man dadurch mehr Elterngeld bekommt. Das Elterngeld berechnet sich ja anhand vom Netto einkommen der letzten 12 Monate.


    Wir fragen uns nun, da wir eben im Juli/August wieder in 3/5 gehen wollen, ob sich "der aufwand überhaupt lohnt".

    Gerne möchte wir natürlich etwas mehr vom Staat bekommen durch den "Steuerklassen trick". Allerdings haben wir Angst das sich dies nicht unbedingt lohnt. Der zweimalige Wechsel (aufwand) für "ein paar Euros".


    Das ding ist, für uns ist wirklich sehr schwer auszurechnen um wieviel Euro es sich hier überhaupt handelt. Dadurch, dass sie eben von 7/24-10/24 nur einen 520 Euro job hatte und im November nun auch eine 5er Steuerklassen Abrechnung bekommen hat (ihr lohn durchlauf ist schon durch).


    Daher meine Frage, weiß jemand wie ich das gut ausrechnen kann ob sich das ganze lohnt?


    Wenn ich eine einfache Rechnung mache und von 2256 Euro bei 12 Monaten ausgehe und dies in einen Steuerrechner eingebe (https://www.lohnsteuer-kompakt…/steuerklassenwahlrechner), dann komme ich auf ca 200 Euro mehr Elterngeld/Monat.

    Das würde sich natürlich schon lohnen! Aber wie gesagt, wieviel drücken denn die 4 Monate 520 Euro Job und der eine Monate Stkl 5?


    Hat da vielleicht jemand mehr Erfahrung?

    Oder was meint ihr generell? Einfach mal 4/4 Faktor für dieses Jahr machen und nächstes Jahr wieder in 3/5 gehen, weil "mehr wird es aufjedenfall"? 🤔


    Danke fürs feedback und eure Meinung!

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Meine Frau war bis Ende Oktober auf 520 Euro Basis beschäftigt.

    Ab November (dieser Monat 🙃) verdient sie 2256 Brutto/Monat.

    Ich verdiene rund 7080 Brutto/Monat.

    Aktuelle Steuerklasse: 3 (ich) / 5 (Frau)

    Prinzipiell sinnvoll bei fairer Finanzaufteilung in der Ehe, für eventuelles Elterngeld nachteilig.

    Wir wollten nun eigentlich in die Steuerklasse 4/4 Faktor wechseln. Meine Frau ist aber nun schwanger geworden. Der geplante Entbindungstermin ist der 17.7.2025.

    Beginn des Mutterschutzes also etwa am 1. Juni.


    Für die Berechnung des Elterngeldes zählt die Steuerklasse, die in den 12 Monaten vor Beginn des Mutterschutzes überwiegend gegolten hatte. Ihr seid also bereits zu spät dran.


    Hier beispielsweise steht:

    Der Steuerklassenwechsel vor der Geburt eines Kindes ist vom Gesetzgeber sehr schwer gestaltet worden. Der Antrag auf den Wechsel der Steuerklasse muss nämlich spätestens sieben Monate vor dem Monat gestellt werden, in dem der Mutterschutz beginnt. Demnach bleiben nach der Empfängnis nur zwei Monate Zeit, um den Steuerklassenwechsel für das Elterngeld zu machen. Zu diesem Zeitpunkt haben viele Frauen noch nicht einmal einen Mutterpass oder ihren Freunden von der freudigen Nachricht berichtet.


    Mit meinen biologischen Kenntnissen paßt das noch nicht einmal zusammen: Eine Schwangerschaft dauert normalerweise 9 Monate (rechnerisch 40 Wochen minus 2) , der vorgeburtliche Mutterschutz 6 Wochen. In dem Moment, in dem die Frau von der Schwangerschaft erfährt (weil nämlich die Regelblutung nicht einsetzt), ist es nach meinem Dafürhalten für einen (rechnerisch ggf. wünschenswerten) Steuerklassenwechsel bereits zu spät.


    In Eurem Fall wäre es sogar sinnvoll, daß Deine Frau auf 3 geht und Du auf 5. Das kostete zwar aktuell Liquidität, aber gegen die allgemeine Überzeugung haben Steuerklassen so gut wie keinen Einfluß auf die letztlich zu zahlende Steuer*.


    *Für die Haarspalter: Die Steuerklasse kann Einfluß haben auf die Höhe des Elterngeldes - darum geht es hier ja. Elterngeld ist Lohnersatzleistung und unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Bekommt man durch passenden Steuerklassenwechsel also mehr Elterngeld, führt das letztlich zu einer höheren Steuer. Aber sicherlich kassieren Eltern mehr Elterngeld, als daß sie mehr Steuer dadurch bezahlen müssen.

    Ab diesem Zeitpunkt würden wir wahrscheinlich wieder in 3/5 wechseln wollen, da es auch in der Vergangenheit sehr gut mit 3/5 (bei einer Person kein Einkommen wegen Elternzeit) geklappt hat.

    Es ist nie von Schaden, wenn man von der Sache Ahnung hat.


    Jedem Menschen steht steuerlich ein Grundfreibetrag zu. Erst für Einkünfte darüber geht die Versteuerung los. Das ist auch die reale Situation bei den Steuerklassen I und IV. Die Lohnsteuertabellen (Lohnsteuer ist der Steuerabzug vom Lohn) berücksichtigen das.


    Ehepaare können gemeinsam veranlagt werden. Das heißt: beider Einkommen wird zusammengerechnet, dann halbiert, dann die Steuer berechnet und diese wieder verdoppelt. Das bringt dem Ehepaar einen Vorteil, weil unser Steuersystem progressiv ist. Verdienen beide Eheleute zusammen 80 T€, kostet das weniger Steuer, als zwei Ledige für 20 T€ und 60 T€ zahlen müssen. Das nennt man Splittingverfahren, der Vorteil daraus ist der Splittingvorteil.


    Verdient einer von beiden nichts (meist die Ehefrau) kann man den Grundfreibetrag (siehe oben) gleich unterjährig an den anderen übertragen. Der Ehepartner mit dem doppelten Grundfreibetrag (Steuerklasse III) zahlt dann gleich weniger Steuer als der andere Ehepartner (Steuerklasse V), der seinen Grundfreibetrag abgegeben hat. Auf die Gesamtsteuer, die beide zu zahlen haben, hat das normalerweise keinen Einfluß (Ausnahme siehe oben).


    Solange Deine Frau nichts verdient hat, waren die Steuerklassen III und V für Euch sinnvoll. Schon in der aktuellen Situation kann man geteilter Meinung sein, da Du Deine Steuer mächtig unterzahlst, Deine Frau sie aber überzahlt. Ich kann jede Ehefrau verstehen, die das nicht für fair hält, wenngleich man das in einer gerechten Ehe natürlich problemlos ausgleichen kann.


    Rechnerisch wäre es günstig, wenn Deine Frau in der relevanten Zeit Steuerklasse III hätte, weil sie so bei gegebenem Bruttoeinkommen das höchste Nettoeinkommen hat - und der Wert ist relevant.


    Sobald das Kind da ist, ist es für Euch natürlich sinnvoll, daß Du wieder auf III gehst, solange Deine Frau nichts verdient. Nur fürs Elterngeld war das unpraktisch, aber soweit ich das überblicke, könnt Ihr das jetzt nicht mehr ändern.


    Wenn ich mit dieser Einschätzung falsch liege, würde mich das für Euch freuen. Dann bekommt Ihr nämlich mehr Elterngeld.

    Wir fragen uns nun, da wir eben im Juli/August wieder in 3/5 gehen wollen, ob sich "der Aufwand überhaupt lohnt".

    Gerne möchte wir natürlich etwas mehr vom Staat bekommen durch den "Steuerklassentrick". Allerdings haben wir Angst, dass sich dies nicht unbedingt lohnt. Der zweimalige Wechsel(aufwand) für "ein paar Euros".

    Du verdienst 7080 € brutto. Der (ziemlich gute, vor allem schnelle) Brutto-Netto-Rechner des Handelsblatts sagt: Netto III 4823, IV 4235, V 3623.


    Sie verdient 2256 € brutto, das wären netto III 1781, IV 1623, V 1372. Elterngeld jeweils 65 % davon, also III 1157; IV 1054; V 892.


    Bevor Du nun in Ohnmacht fällst, weil Dein Nettoeinkommen um satte 1200 € fällt: Das Geld würde Dir in der Tat laufend fehlen, aber Du wirst es mit der Steuererklärung wiederbekommen. Die Steuerklassenwahl beeinflußt die Jahressteuer nicht. Aber es wird halt ein oder zwei Jahre dauern, bis das Geld zurückkommt.


    Hättet Ihr das Geld, um die Zeit zu überbrücken, würde sich das sehr wohl lohnen. Der Unterschied beim Elterngeld kann pro Monat 250 € ausmachen.

    Aber wie gesagt, wieviel drücken denn die 4 Monate 520 Euro Job und der eine Monat Stkl 5?

    Das würde nichts ausmachen.

  • Stunning! Erst einmal vielen lieben Dank Achim für den unglaublich Guten und aufschlussreichen Kommentar!


    Das mit 3/5 (als ich 5), hatten wir bereits so besprochen. Das klappt leider so nicht. Bzw wir wollen nicht soviel von unserem Notgroschen dafür investieren. Dann lieber etwas weniger mit 4/4 Faktor 🙃.


    Die Zahlen zum Elterngeld hatte ich ebenfalls mal irgendwo rausbekommen, also die III 1157; IV 1054; V 892.

    Das Problem war glaube ich, dass das zahlen für volle 12 Monate sind! Und das ich glaub ich einfach falsch. Wie du beschrieben hast, zählen 12 Monate zurück ab Mutterschutz. Also Mai 25 inklusive. D.h. Juni - Oktober 24 (5 Monate) sind es eben nur 520 Euro gewesen. Und ich glaube das reflektiert sich "irgendwie" auf das Elterngeld. Ich meine mal was gelesen zu haben, dass dort nur die Werbungspauschale von 102 Euro / Monat abgezogen wird... Aber sicher bin ich mir das nicht.


    Und "ob das überhaupt klappt" bzw ob wir schon zu spät sind, da blicke ich auch iwie nicht wirklich durch. Was ich meine gelesen zu haben war, dass wenn zwei Steuerklassen mit gleichen Vielen Monaten angerechnet werden, die jeweils letzte gewinnt. Und mit Juni - Nov 24 und Dez - Mai 25 wären wir genau da drin... 🤷‍♂️


    Nach einem tag drüber nachdenken glaube ich, dass wir einfach mal den Antrag auf 4/4 Faktor stellen und schauen was passiert... Im Notfall sind wir auch nicht schlechter als jetzt (also gleich), bekommen aber dann ein paar mehr Euros bei der steuer zurück 🙃.


    Und ja, deine Biliogischenkenntnisse und die Kommentare dazu im Internet sind soweit alle korrekt. Man muss es quasi gleich, wenn nicht sogar gestern machen. Wir sind in Woche 5 😳...(wahrscheinlich) Und ab Dezember wäre der Wechsel bereits zu spät!

  • Das mit 3/5 (als ich 5), hatten wir bereits so besprochen. Das klappt leider so nicht. Bzw wir wollen nicht soviel von unserem Notgroschen dafür investieren. Dann lieber etwas weniger mit 4/4 Faktor 🙃.

    Nach meiner Kenntnis kannst Du Dir das sparen.


    Für die Berechnung des Elterngelds summiert man das Bruttoeinkommen über 12 Monate (am Bruttoeinkommen kann man mit der Steuerklasse nichts drehen!), dividiert es durch 12 und rechnet dann fiktiv Steuern und Sozialabgaben ab, um ein fiktives Nettoeinkommen zu ermitteln. Hierbei kommt die Steuerklasse ins Spiel. Es wird die Steuerklasse berücksichtigt, die in diesem Zeitraum am längsten galt.


    Meines Erachtens bist Du mit dem Steuerklassenwechsel bereits zu spät dran, aber ich bin nicht Dein Elterngeldrechner.