Hallo an alle,
ich gehe davon aus, dass ein Großteil der hier anwesenden Community pro ETF eingestellt ist, wie ich es selbst auch bin. Allerdings versuche ich auch die Augen offen zu halten vor Problemen, die man eventuell nicht sehen möchte, weil man sich mit den Risiken nicht beschäftigen will und stattdessen lieber daran glaubt, dass schon immer alles gut laufen wird. Also so wie es Investoren vor 2008 oder der Dotcom-Blase sicher auch gehandhabt haben. Mit anderen Worten: Ich bin auf der Suche nach Fehlern im System, bei denen hinterher jeder sagt: "Das hätte man doch sehen können", die aber zuvor niemand bemerkt.
Ich weiß nicht, ob ich so einen Aspekt tatsächlich im Zusammenhang mit ETFs gefunden habe und wollte dies daher mit informierten Personen hier in der Community besprechen. Mein Freundes- und Familienkreis hilft mir hier leider nicht weiter, da niemand auch nur im Ansatz genügend Ahnung von der Thematik hat.
Folgendes Szenario: Die eigene Geldanlage sei stark in ETFs gehalten. Es gibt natürlich den üblichen Notgroschen und Absicherung durch Tagesgelder, aber darum soll es im Weiteren nicht gehen. Einzelaktien sind weitestgehend aus dem Portfolio verbannt. Nun sagen wir es käme zum weltweiten Crash und die Aktienmärkte stürzen ein. Normalerweise würde ein ausreichend erfahrener Investor mit einer langfristig tragbaren Vermögensverteilung versuchen den Crash auszusitzen. Soweit so Standard. Was passiert aber nun, wenn die im Portfolio liegenden ETFs aufgrund zu geringer Nachfrage in Verbindung mit zu geringer Liquidität geschlossen werden? Ja, selbstverständlich gehören einem die Wertpapiere, die innerhalb der ETF-Hülle liegen. Diese sind aber im besprochenen Szenario (--> Crash!) aktuell stark im Wert eingeschränkt, möglicherweise sogar weitestgehend wertlos. Selbst wenn also nach Schließen des ETFs diese verkauft würden, um die ETF-Anteilseigner auszuzahlen, wäre der Verlust für die Eigner zementiert. Eine Möglichkeit zur Erholung gäbe es nicht mehr. Alle Verluste wären realisiert worden ohne Aussicht auf Erholung. Im Vergleich dazu bei Einzelaktien: Hier kann natürlich das einzelne Unternehmen pleite gehen, was zum default führt. Aber das schlichte "schließen" einer Aktie, analog einer ETF-Hülle, kann hier nicht passieren.
Gründe für ein Schließen des ETFs gibt es in diesem Szenario aus Sicht des ETF-Anbieters genügend. Um nur ein paar zu nennen: Unzureichendes Restvermögen im Fonds, aufgrund Geldmittelabzug eines Großteils der bisherigen Investoren --> Fortführung unwirtschaftlich. Kein ausreichendes Handelsvolumen institutioneller Anleger mehr. Diese bezahlen in aller Regel die notwendigen Gebühren, um einen ETF überhaupt wirtschaftlich tragfähig werden zu lassen. Unwillen des ETF-Anbieters einen schlecht performenden ETF weiter im Angebot zu halten, da dies dem eigenen Ansehen Schaden zufügen könnte. Und es gibt sicherlich noch weitere Gründe.
Ich frage mich daher, ob es ausreichend Sicherheitsmechanismen gibt, die einen ETF-Anbieter davon abhalten schlichtweg während eines Crashs die angebotenen ETFs einfach zu schließen und damit die Verluste der Anleger unaufhaltsam zu zementieren. Ich habe dazu absolut keine verbraucherschützenden Regularien gefunden.
Habe ich hier einen Denkfehler oder besitzen ETFs somit tatsächlich einen, wenn auch ggf. theoretischen, Nachteil gegenüber Einzelaktien?!
P.S. Das müsste eigentlich analog auch für "normale" Fonds gelten.
Über eure Einschätzung dazu, würde ich mich sehr freuen! Danke!