Anleihen-ETF abstoßen?

  • Liebe Finanz-Weisen,

    ich habe vor einigen Jahren als die Zinsen noch sehr niedrig waren, Geld in den SPDR Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond gesteckt, einen großen Anleihen-ETF. Leider hat er seitdem an Wert verloren. Ich möchte diesen nun verkaufen und mir einen Geldmarkt-ETF zulegen. Meine Fragen:

    1. Gibt es Gründe den Anleihen-ETF noch zu behalten, z.B. weil es positive Signale gibt?

    2. Was kann ich tun, um die Verluste steuerlich günstig zu nutzen? Ich dachte daran, den ETF zu Beginn des Jahres zu verkaufen. Dann kann ich einige gut laufende ETFs verkaufen und gleich wieder kaufen, damit ich die darin bisher aufgelaufenen Gewinne mit den Verlusten des Geldmarkt-ETFs verrechnen kann und mir so Steuern sparen kann. Ist das vernünftig? Worauf muss ich achten?

    Vielen Dank für Eure Weisheit und frohe Weihnachten!

    Daniel

  • Also als es kaum Zinsen gab, investiertest Du in Zinspapiere und jetzt, wo die Zinsen höher sind, möchtest Du da wieder raus?! Andersherum wäre vieleicht besser gewesen.


    Zu Aggregate Bonds wird aktuell an anderer Stelle hier intensiv diskutiert.


    So, wie ich das sehe handelt es sich bei Deiner Wahl um ungehedgte globale Anleihen. Was war der Grund dieses Investment zu tätigen. Hat sich dieser Grund nun erledigt?


    Aggregate Bond ETF haben für mich persönlich etwas zu lange Duration. Ob man das Währungsrisiko und die Währungschance eines ungehedgten Investments eingehen will, muss man auch selbst entscheiden.


    Wenn sich Deine Anlagestrategie geändert hat und der ETF da nicht reinpasst, dann weg, wenn nicht, dann bestehen lassen. So würde ich das machen. Man würde ja auch einen ACWI IMI nicht veräußern, wenn er eine Zeit lang negativ rentierte, oder?

  • Ich kann mich der Empfehlung anschließen, sich in einer ruhigen Stunde, diesen Thread durchzulesen:


    Da wird alles diskutiert, was man zum Global Aggregate ETF schon immer mal wissen wollte (und nicht wissen wollte ;) ) .


    Die Entscheidende Frage wäre tatsächlich, was Deine Gründe dafür waren, in den Global Aggregate zu gehen und welche Funktion er erfüllen sollte.

    Der Geldmarkt ETF ist ein völlig anderes Produkt. Ob der besser passt, kommt auf die Zielsetzung an.

  • Meine Motivation für den Anleihen-ETF war es, etwas bessere Zinsen für den "sicheren" Anlagebaustein zu haben. Dass der Baustein nicht sicher ist, habe ich inzwischen auch bemerkt :( Jetzt denke ich, dass der Geldmarkt-ETF die beste Idee für den sicheren Anlagebaustein ist und möchte eben den Anleihen-ETF und mein Tagesgeld dahingehend umschichten. Macht das Sinn?

  • In älteren Texten kann findet man zum Global Aggregate tatsächlich noch die Zuordnung zum sicheren Portfolioteil. Wie Du leider gemerkt hast, sollte er aber dem risikoreichen Teil zugeordnet werden. (vgl. dazu auch den o.g. thread).

    Langfristig würde ich schon erwarten, dass er sich aus den roten Zahlen wieder herausarbeitet. Selbst wenn die Zinsen nicht mehr so tief fallen sollten (und damit wieder Kursgewinne erzielt werden), sollten die Zinsen in einem normalen Zinsumfeld langfristig wieder höher sein als im Geldmarkt.


    So wie es sich liest, hast Du aber versehentlich das falsche Produkt gekauft.

    Ein Geldmarkt-ETF oder ein ETF auf den eb.rexx 0-1 wird auf jeden Fall besser in den risikoarmen Baustein passen.


    Aktuell ist die Zinskurve noch invers. Deshalb bekommt man im Geldmarkt noch vergleichsweise hohe Zinsen. Das wird sich allerdings ändern und dann wird der Geldmarkt im Vergleich zu den längeren Laufzeiten die niedrigsten Renditen abwerfen.

    Der Wunsch nach mehr Rendite im sicheren Portfolioteil führt allerdings meistens dazu, dass die Produkte die Kriterien für den Sicherheitsbaustein nicht mehr erfüllen.

  • Ein global aggregate Bond ist an sich kein schlechtes Produkt. Es kommt darauf an was damit im Portfolio erreicht werden soll. Anleihen sind nicht gleich Anleihen und können unterschiedliche Rollen einnehmen. Es stellt sich bei Anleihen auch immer die Frage nach Ausfallrisiko (Rating), Wechselkursrisiko und Zinsänderungsrisiko.


    Ein global aggregate Bond ETF ist aufgrund seiner Duration und dem Zinsänderungsrisiko dem risikoreichen Portfolioanteil zuzuordnen.


    Das Kind ist nun bereits in den Brunnen gefallen aufgrund des Kurverlustes bedingt durch die Zinserhöhung und der Duration von ca. 7 Jahren. Ich bin kein Fan davon, sich von seiner Strategie und Investmentphilosophie abzubringen wenn es am Kapitalmarkt mal nicht so läuft. Jede Assetklasse hat mal ihre Höhen und Tiefen. Und die lange Sicht ist entscheidender als die kurze Sicht am Kapitalmarkt. Nur habe ich das Gefühl du warst dir dem Zinsänderungsrisiko und auch dem Währungsrisiko (ungehegdeter etf) nicht bewusst ? Von daher gilt immer nur in etwas zu investieren was man versteht.


    Den eingetreten Kursverlust kann man n der Regel aussitzen auch wenn dass nun eine gewisse Zeit dauert. Das Problem ist: wir wissen nicht wie sich die Inflation entwickelt und folglich auch die Zinsen.


    Ein Szenario kann sein, dass die Zinsen aufgrund der Inflation wieder zunehmen wird mit der Folge, dass der Anleihe ETF weiterhin bzw wieder im Kursverlust hängt und die Dauer bis zur Kurserholung neu beginnt (vereinfacht) gesagt. Das solltest du bedenken.


    Die Entscheidung kannst nur du beurteilen ob der Anleihen ETF noch zu deiner Strategie, Risikotragfähigkeit und Anlagehorizont passt und wie du das Risiko einer weiteren Zinserhöhung einschätzt. Ich gehe auch davon aus, dass ist ein Einmalinvest gewesen und kein Sparplan?

  • Den eingetreten Kursverlust kann man n der Regel aussitzen auch wenn dass nun eine gewisse Zeit dauert. Das Problem ist: wir wissen nicht wie sich die Inflation entwickelt und folglich auch die Zinsen.

    Leider ist es bei Anleihe ETF mit dem Aussitzen nicht so einfach wie bei Anleihen, die man sich ins Depot geholt hat und dann einfach abwartet, bis es die 100 zurück gibt.

  • Leider ist es bei Anleihe ETF mit dem Aussitzen nicht so einfach wie bei Anleihen, die man sich ins Depot geholt hat und dann einfach abwartet, bis es die 100 zurück gibt.

    Das sehe ich etwas anders. Hätte er vor 3 Jahren eine Anleihe mit 7 Jahren Restlaufzeit erworben, würde er in 4 Jahren halt hundert zurück erhalten, hätte dann aber dann auf die gesamten Jahre, also auch auf die verbleibenden 4 Jahre nur die ursprüngliche und damit geringe Rendite erzielt. Stand heute wäre er ebenso im Minus. In 4 Jahren müsste er dann in eine neue Anleihe gehen, deren Umlaufrendite heute nicht bekannt ist. Außerdem ist das der gleiche emotionale Fehler, wie die Betrachtung der persönlichen Dividendenrendite. Es zählt immer das aktuelle Vermögen bzw der aktuelle Wert und die hierauf in die Zukunft gerichtete Anlagestrategie. Und jetzt hätte er halt noch eine Anleihe mit 4 Jahren Restlaufzeit und entsprechendem Kurs.


    Im ETF nimmt er ab sofort die neuen Zinsen mit und hält die Duration konstant. Wenn der Fonds die Anleihen rollt, kauft er ja auch die neuen dann zu den dann gültigen Kursen, also in diesem Fall halt auch günstiger bzw. mit neuer Umlaufrendite.


    Eine einzelne Anleihe ist aus meiner Sicht nur dann vorteilhaft, wenn ich zu einem konkreten Zeitpunkt einen genau definierten Nominalbetrag erreichen muss. In diesem Fall wäre diese Gewissheit dann mit niedrigeren, als aktuell gültigen Zinsen erkauft gewesen. Wenn man aber mittel- oder langfristig die Anleiherenditen vereinnahmen möchte sind Anleihe-Fonds bzw ETF ein passendes Vehikel. Unsicherer sind die dann nicht.


    Ich persönlich glaube, dass dieses "Hauptsache 100% zurück erhalten" eine Scheinsicherheit ist. Ich weiß zwar, dass ich 100 zurück erhalte, aber dafür lasse ich dann ggfls. Rendite liegen und habe Opportunitätskosten. Auch ist ja garnicht klar, zu welchem Kurs und mit welchem Kupon die Anleihen erworben wurden. Vor 3 Jahren handelte eine Bundesanleihe mit 5% Kupon und 7 Jahren Restlaufzeit bei ca. 135%.


    Nehmen wir an Du hättest 2020 eine 10 jährige Bundesanleihe zur Emission zu 100 gekauft. Kupon war 0. Dann bekommst Du 2030 deine 100 zurück. Dann hast Du zwar die versprochene Rendite von 0% auf 10 Jahre bekommen, aber was hast Du davon? Defacto stehst Du heute bei ca. 10% Verlust und einer Rendite in den kommenden ca. 5 Jahren von ca. 2% p.a.


    Dieses Fixieren auf die 100 ist meiner Meinung nach wenig konstruktiv.


    Das Aussitzen sollte daher mit einer Einzelanleihe genau das selbe sein, wie mit einem ETF. Im vorliegenden Fall ist es hakt die Duration, die das etwas erschwert (und das Wechselkursrisiko).


    Die 100 (die auch nicht unbedingt der Kaufkurs sein müssen) bringen einem rein garnichts, wenn man am Ende dann die Rückzahlung wieder investieren muss/möchte.


    Die Frage, die sich dem TE lediglich stellen sollte, ist die, ob er auf diese Weise in den Weltanleihemarkt investieren will. Wenn ja, wäre es zyklisch und grotesk das Ding jetzt, wo es besser verzinst ist, rauszuhauen. Ein Aggregate Bond unterliegt einer gewissen Vola. Wenn man das nicht will bleibt nur Geldmarkt oder sehr kurzfristige Staatsanleihen. Die künftige Wertentwicklung steht aber auch da in den Sternen. Sie wird jedoch geringer sein, als bei Aggregate Bonds. Ob das der eigenen Definition von "Sicherheit" gerecht wird (nominal und real) kann nur jeder für sich beurteilen. Sowohl die Zinsentwicklun, wie auch die Inflation bleiben ungewiss und ein Vermögensendwert zu einem definierten Zeitpunkt ist weder real, noch nominal verlässlich zu prognostizieren.


    Aktuell ist die Zinsstrukturkurve noch recht "anormal" und Laufzeiten werden nicht besonders gut prämiert. Dennoch liegt die Umlaufrendite des Aggregate Bond ca. 1% und damit ca. 38% über dem der kurzlaufenden Bundesanleihen. Natürlich kann man sich auf der Anleihenseite in Market Timing und Zinsspekulationen üben, aber ob das zuverlässig klappt? Prognosefrei wäre es den Markt zu kaufen und laufen zu lassen, also einen Aggregate Bond ETF zu halten/kaufen. Wer keine Schwankungen im Anleihe-/Nominalteil des Portfolios ertragen will, für den ist das natürlich nichts. Dann muss man aber auch mit weniger Rendite rechnen.


    Das Einzelanleihen (im Falle des Aggregate Bond auch Unternehmensanleihen!) "sicherer" sind, dem widerspreche ich. Unternehmensanleihen gehören gestreut, finde ich. Und bei Einzelanleihen habe ich eine fortlaufende Durationsänderung und damit auch eine Veränderung des Risikos.


    Ich finde es merkwürdig, dass hier bezüglich Aktien immer argumentiert wird, dass man den Markt weder schlagen noch timen kann, bei Anleihen aber davon ausgegangen wird, dass man das schon könnte.

  • Es scheint mir momentan sinnvoll, den Anleihen-ETF abzustoßen und halt die Verluste mitzunehmen. Was kann ich tun, um die Verluste wenigstens steuerlich sinnvoll zu nutzen?

  • 1. Gibt es Gründe den Anleihen-ETF noch zu behalten, z.B. weil es positive Signale gibt?

    Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du Dich versehentlich für das falsche Produkt entschieden und hättest lieber einen Overnight ETF oder einen DBX0T8 genommen.

    Ich weiß nicht, welcher prozentuale Anteil Dein GA ausmacht.

    Eine Grund ihn zu behalten wäre, dass Du damit Deinen riskoreichen Teil weiter diversifizierst. Du könntest ihn einfach liegen lassen und künftig Deinen risikarmen Teil mit den passenden Produkten aufbauen.

    Wenn die Zinserwartungen stabil bleiben, wird er mit ca. 2,7% p.a. zurückkommen (für die Laufzeit der Duration, also 6,5 p.a. und vorausgesetzt es ist die € gehedgte Variante). Falls die Zinsen steigen, gehts entsprechend weiter bergab, wenn sie wieder auf 0 fallen, bist Du deutlich schneller wieder im grünen Bereich.


    Wenn Du die Verluste realisieren möchtest, kannst Du sie mit späteren Gewinnen verrechnen, die zum entsprechenden Verlustverrechnungstopf (sonstiges) passen.

    Dazu musst Du nichts beachten. Wenn Dein Broker zuverlässig arbeitet, wird der Verlust im entsprechenden Topf gespeichert (kann auch bei Depotübertrag mitgenommen werden) und wenn Du irgendwann einmal einen ETF mit Gewinn verkaufst, wird der Topf als erstes aufgebraucht, noch bevor der Freistellungsauftrag greift.


    Hier gibt es einen Überblick über die Verlustverrechnungstöpfe:

    Verlusttöpfe und Verrechnung von Verlusten im Depot erklärt
    Die Verlustverrechnung mit Verlust- und Gewinntöpfen im Depot einfach erklärt. Wir zeigen, wie du deine Verlusttöpfe überrtragen kannst.
    www.finanzfluss.de