Hohe Verschuldung (von Staaten) durch Corona - Konsequenzen

  • Hallo,


    wegen Corona (aber auch für die Herausforderungen des Klimawandels etc.) werden ja gigantische Summen an Schulden aufgenommen. Ich dachte, dass so viel neues Geld zu einer höheren Inflationsrate führen würde. Bisher ist dies aber noch nicht wirklich der Fall. Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, wie Ländern wie Italien oder Griechenland die Schulden je begleichen sollen. Wobei ich jetzt auch gehört habe, dass das Vermögen pro Person z. B. in Italien sogar höher ist, als in Deutschland (unter anderem weil es dort in der Bevölkerung mehr Immobilienbesitz gibt als in Deutschland). Und das viel Vermögen von Deutschland aufgrund seines starken Exports nur in "Büchern" besteht, da Deutschland hier durch Target-2 zwar billionenschwere Forderungen hat, aber im Zweifel darauf sitzen bleibt. Das wird alles sehr kontrovers diskutiert. Und ich bin da auch noch sehr unschlüssig. Aber mich würden mal eure Meinungen und Einschätzung dazu interessieren. Wie seht ihr das? Was sind eure Konsequenzen?

  • ... auch wenn einige Volkswirte hinter vorgehaltener Hand von einer niedrigen zweistelligen Inflationsrate sprechen (Geldmengenzuwachs minus Zuwachs an Wirtschaftsleistung), glaube ich lieber unserer vertrauenswürdigen Regierung, die uns eine irre niedrige Inflationsrate verkauft.


    Demnach braucht man sein Verhalten (im Umgang mit dem lieben Geld) gar nicht ändern?

  • Das mit dem Reichtum der einzelnen Länder bezogen auf die einzelnen Haushalte ist mit großer Vorsicht zu genießen, da auch die Altersvorsorge sehr unterschiedlich ist. Mein Eindruck ist, dass man da alles beweisen kann.


    Das Target-2-System bedeutet, dass bei Auslandstransfers das Geld nicht fließt sondern als Saldo stehen bleibt. Aufgebracht wurde es als Problem von Hans-Werner Sinn. Entgegen der Zitierungen stellt er es für mich (subjektiv) in neueren Interviews eher als ein Problem von vorenthaltenem Reichtum für die Volkswirtschaft dar.


    Beim Thema Schulden sehe ich nicht so schwarz. Durch die Aufkaufprogramme der EZB kaufen die nationalen Notenbanken die Staatspapiere auf. Sofern überhaupt noch Zinsen darauf zu zahlen sind liegen die auch für die genannten Länder im Bereich unter 1% und davon wird die EZB auch erstmal nicht abweichen (und die FED auch nicht). Insofern gibt es zumindest mittelfristig nicht das Problem der Zahlungsunfähigkeit einzelner Euro-Länder. Da de Staatsschulden immer mehr bei der jeweiligen Notenbank liegt wird dann eben die Forderung ausgebucht bzw. berichtigt.


    Langfristig kann man sich sorgen um den Außenwert machen, da aber auch USA und Japan auf Schuldensause sind bin ich noch gelassen.


    Mein Szenario sind dauerhaft niedrige / negative Zinsen bei erhöhter Inflation. Sowohl EZB als auch FED haben das 2% Inflationsziel als Durchschnittswert umgedeutet und signalisiert, dass ein temporäres Überschreiten toleriert würde. Wenn man mal mit 7% p.a. Inflation rechnet sind die Schulden nach 10 Jahren halbiert. Die 7% sind nicht so ganz aus der Luft gegriffen, da waren wir nahe dran zu D-Mark-Zeiten in den Siebziger und Achtziger Jahren. Quelle https://www.destatis.de/DE/The…sx?__blob=publicationFileAllerdings erinnere ich mich, dass es dann Sparbriefe für 1 Jahr mit über 10% gab.


    Zusätzlich Leistungseinschränkungen und Abgabenerhöhungen seitens des Staates. Es wird ja schon jetzt schwadroniert von einer Steuererhöhung (Scholz), Vermögensabgabe (Esken) und härteren Maßnahmen.


    Die Konsequenz ist die gleiche wie die ganze Zeit schon. Geldwerte wie Sichteinlagen, Anleihen, Versicherungen meiden bis auf das für die Liquidität notwendige Maß und ein Stück Puffer obendrauf. In Sachwerte anlegen, allerdings ohne die Erwartung nach Steuern tatsächlich eine Realverzinsung zu erhalten.

  • Hallo,


    die Situation sehe ich genauso wie von Kater.Ka beschrieben. In einem Punkt sind meine Erwartungen allerdings noch etwas niedriger. Wenn die Zentralbanken einmal die Schulden „ausbuchen“ müssen, werden wohl auch irgendwo Guthaben ausgebucht werden. Dann dürfte es auch zu nominalen Wertberichtigen bei den Sachanlagen kommen. Insofern wäre ich mit dem Szenario nach der „Ausbuchung“ Geldanlagen 1/10 und Sachanlagen ¼ neuer Wert schon zufrieden. Allerdings hoffe ich auch, dass es noch eine lange Zeitspanne bis dahin ist. In Japan funktioniert das System immerhin schon 20 Jahre so und eine besonders große Verarmung hört man bisher auch nicht.


    Gruß Pumphut

  • Kater.Ka danke, durch dich bin ich wieder mal etwas klüger. Verstehe ich das richtig, mit ETF würde man dann besser fahren als mit Festgeld? Ich würde ja gerne in eine Immobilie investieren, aber aktuell sind die Preise noch zu hoch bzw. ich konnte noch nicht so viel ansparen und überlege wie risikoreich es ist, dass dann das angesparte Geld durch die Inflation aufgefressen wird. Aber es beruhigt mich schon mal, dass du mittelfristig auch noch keinen großen Kollaps siehst.

  • Pumphut nur noch 10 % bleiben dann vor Spareinlagen übrig, das wäre ziemlich bitter. Dafür dann gespart zu haben, da würden sich manche Freunde von mir, die ihr Geld immer nur raus gehauen haben freuen.

    Danke auf jeden Fall für dein Feedback!

    PS. Aber wenn man dann sagen wir mal 10 000 von 100 000 € hat und viele haben gar nichts, dann könnte man damit doch wieder gut z. B. in eine Immobilie investieren, die günstig auf den Markt kommt, oder in ETF. So als kleine Hoffnung.

  • Verstehe ich das richtig, mit ETF würde man dann besser fahren als mit Festgeld?

    Wenn die Preise steigen und entsprechende Nachfrage da ist - das ist bei Inflation der Fall - werden die Unternehmen mehr erlösen und auch die Gewinne steigen. Damit sollten auch die Kurse steigen. Generell sollte auch unabhängig von dieser fundamentalen Betrachtung die Kurse allein durch die Nachfrage aus dem Geldüberhang steigen. Daraus sollte man nicht unbedingt einen absoluten Inflationsschutz ableiten, weil beim ersten Punkt die Marge mit entscheidet und beim zweiten Punkt die Marktpsychologie. Es gibt auch ein Video von Saidi dazu, kann mich an den genauen Inhalt aber nicht mehr erinnern. Habe auch gerade einen Beitrag der Redaktion entdeckt https://www.finanztip.de/inflation/#c90258


    Wenn die kurzen Zinsen (das sind die veröffentlichen EZB Zinssätze s. https://www.bundesbank.de/reso…mL/s510ttezbzins-data.pdf) und die langen Zinsen (durch das Kaufprogramm für Staatsanleihen) niedrig gehalten werden ist zu viel Geld da und damit ist Geld billig und niemand muss viel für Tages./Festgeld anbieten.


    Wenn ich die beiden Punkte abwäge tendiere ich mehr zum ETF, halte aber wie oben ausgeführt trotzdem einen Liquiditätspuffer über meine eh schon konservative Liquiditätsreserve hinaus.

  • Kater.Ka ok danke. Ja, ich habe auch immer mehr Puffer an Liquiditätsreserve, als meist empfohlen wird, weil ich mich damit wohler fühle. Und psychologisch wäre es für mich glaube ich schlimmer, ETF-Anteile mit Verlust zu verkaufen, als die Inflation bei meinem Tagesgeld oder Festgeld (weil ich die nicht so direkt wahrnehme). Ich hoffe einfach, dass ich bis es wirklich schlimm wird schon etwas in Sachwerte wie eine Immobilie oder so investieren konnte. Und ansonsten diversifiziere ich wie bisher: ein Teil Festgeld/Tagesgeld, eine Teil in ETF und den Rest in Leben.

  • danke für dein Feedback. Ziehst du für dich Konsequenzen daraus?

    Nun... das mit den hohen Staatsverschuldungen hatten wir auch schon vor Corona; inzwischen halt noch‘n bisschen doller. Ich ziehe schon seit über 30 Jahren meine Konsequenzen, wenn du so willst. Das heißt, ich kümmere mich selbst um meine Finanzen. Dies handhabe ich allerdings nicht so, wie es von FT empfohlen wird... weil es sich zu Zeiten ohne FT einfach anders entwickelt hatte.

    Meine Quoten (Geld-/Sachwerte), wenn du darauf abzielst, sind vermutlich etwas a-typisch. Prinzipiell habe ich eine Reserve cash gehalten, mit der ich unvorhergesehene Ausgaben und den Lebensunterhalt für 3 bis 6 Monate (normal bis frugal) bestreiten kann. Zusätzlich habe ich noch ein bisschen Tafelgold im Schränkchen. Der Rest (für meine private Altersversorgung) steckt/e immer im Depot respektive in Aktien.


    Nüchtern betrachtet ist die von dir beschriebene Situation imho nicht wirklich neu; daher keine „neuen“ Konsequenzen.


    Ach... meinen Post, auf den du dich bezogen hast, nimmst du bitte nicht wörtlich ?

  • Wobei ich jetzt auch gehört habe, dass das Vermögen pro Person z. B. in Italien sogar höher ist, als in Deutschland (unter anderem weil es dort in der Bevölkerung mehr Immobilienbesitz gibt als in Deutschland).

    Ja, das ist so. Die Italiener haben mehr Eigenheime als die Deutschen. Allerdings sollten die Staatschulden und das Vermögen von Privatpersonen getrennt betrachtet werden.

  • JDS was ist denn an deinem Verhalten atypisch zu den Empfehlung von FT? FT emphielt doch auch einen Puffer, so wie du einen hast und etwas Tafelgold und ansonsten den Großteil ins Depot, wird doch auch unterstützt. Oder meinst du, dass du nicht in ETF investierst?

    Keine Sorge, soviel Ironie verstehe ich schon noch ;)

    Beruhigt mich auf jeden Fall, deine Einschätzung. Wobei ich immer noch finde, dass diese Summen die jetzt investiert werden sollen (weit mehr als nach der Finanzkrise) ganz andere Dimensionen sind, als früher. Aber ich bin halt auch noch jünger und habe deswegen noch nicht so den praktischen Abgleich zu anderen Zeiten.

  • winter danke für dein Feedback. Wieso? Ich dachte, dass im Ernstfall alle Bürgerinnen und Bürger für die Staatsschulen haften müssen (also die richtig Reichen werden ihr Geld irgendwo in Steueroasen oder so verstecken), oder habe ich da was übersehen?

  • Ich dachte, dass im Ernstfall alle Bürgerinnen und Bürger für die Staatsschulen haften müssen

    Nein, nur die Anleger in Staatsanleihen verlieren in erster Näherung ihr Geld. Deswegen war z.B. die Griechenlandkrise eine Bankenkrise außerhalb Griechenlands, weil diese Banken die Papiere von Griechenland hielten, u.a. Frankreich und Zypern, was bei letzterem zu einer Streichung von Bankguthaben der Zyprioten (!) geführt hat. Analoges gilt für Italien, weil die Staatspapiere bei den italienischen Banken lagen. Das ist der Unterschied durch die Kaufprogramme, dass jetzt die Papiere im großem Umfang zu den Notenbanken gewandert sind.


    Wenn Du nun einen Bond-ETF hast oder einen Robo, der die hat oder ein Mischportfolio, das im Hintergrund Bond-ETF hat. dann hast Du das Problem in Deinem Portfolio. Weil wenn man dann in den Staatsanleihen-ETF schaut sind dann plötzlich 40% Südländer drin. Willkürliches Beispiel https://www.ishares.com/de/pri…produkte/251738/#holdings Da kommt u.a. die Aussage her, dass Aktien-ETF ggf. sicherer sind als Staatsanleihen-ETF.


    Oben hatte ich in erster Näherung geschrieben. Ein Zahlungsausfall bringt natürlich Probleme weitere Kredite zu bekommen, was dann zu Einschränkungen im Staatshaushalt und in der Folge zu Steuern und Leistungseinschränkungen für die Bürger führt. Das ist der Sekundäreffekt, den man in GR sieht.

  • Kater.Ka aber ich dachte, dadurch dass dann so viel neues Geld ausgeschüttet wird, kommt es zur Inflation, die dann alle Bürgerinnen und Bürger zahlen müssen. Aber gut, selbst wenn es die von dir genannten Sekundäreffekte sind, kommt ja aufs selbe raus. Alle haben dann weniger Geld. Trotzdem beruhigt es mich, dass ich keine BOND-ETF oder so habe und jetzt weiß ich auch was du und winter meinten.

  • Inflation ist ein anderer Effekt. Da geht es darum, dass die Geld-Rücklagen inkl. Lebens- und Rentenversicherungen entwertet werden, da die Verzinsung nicht ausreicht, um die Inflation i.S.v. Steigerung der Lebenshaltungskosten auszugleichen.

  • also die richtig Reichen werden ihr Geld irgendwo in Steueroasen oder so verstecken

    Mit Steueroasen oder Steuerhinterziehungen kenne ich mich jetzt nicht so richtig aus... Imho waren/sind Steueroasen für diejenigen (Dumbos) interessant, die - meist mit Hilfe cleverer Consultants und Bankster - ihr Graugeld in „Sicherheit“ brachten/bringen, teils so sicher, dass sie gar nicht mehr an ihre Kohle kommen, ohne in den Bau zu wandern (bisschen übertrieben). Dabei reden wir aber nicht von den Superreichen, sondern von Handwerkern und Unternehmer von KMUs... und von seriösen Politikern.


    Die Superreichen, die vielleicht einige Tax-Loopholes nutzten/nutzen, um „schneller“ - und dennoch rechtlich sauber - Vermögen zu generieren, brauchen keine Oasen. Sie haben ihre Öcken im Land und/oder durch Sachwerte gestreut... wie du und ich. Immobilien kannst du ja auch nicht mal so eben schnell verstecken, Aktien und Cash ja auch nicht, letzteres jedenfalls nicht in fetten Dimensionen.


    Die Suppe, die uns die Politik zubereitet, dürfen wir alle auslöffeln! Die breite Masse mit Familieneinkommen unter 3k, die als nicht-reich gilt, die Reichen (mit mehr als 3k netto), und die Superreichen ebenfalls.


    Ist es nicht so, dass die Regierung in D bereits intensiv neue Steuern erfindet, bei denen auch an die Vermögenden gedacht wird?