Die Finanztip-Community ist nicht klein, aber auch nicht riesengroß. Liest man quer, so entsteht (bei mir) der Eindruck, dass sich hier eher gebildete Menschen (Allgemein- und Finanzbildung) mit einem gesunden Menschenverstand austauschen, als das für gewöhnlich im erweiterten privaten Umfeld der Fall ist.
Wenn relativ viele „von uns“ mit Angeboten von Strukturvertrieben „verwöhnt“ werden, müsste dies bei der „selten selbst denkenden Bevölkerung“ noch viel massiver vorkommen.
Ich hatte beruflich (Unternehmens- und Marketingberatung - wir hatten seinerzeit u.a. Sales Script für ein Schweinegeld erstellt) das Vergnügen Strukturvertriebe von der Spitze bis zum Fußvolk kennen lernen zu dürfen.
Auch heute sind die Struckis mit Steuerspar- und Renditegeschwafel unterwegs... und (leider) sogar recht erfolgreich... aus Sicht der „Oberstruckis“ (ohne „leider“)!
Damit ihr mal eine Idee bekommt, wie man mit einem Strukturvertrieb reich werden kann, will ich hier mal rudimentär ein Bastelbuch für einen solchen Vertrieb skizzieren.
Man suche sich einen mittelmäßig bis schlecht performenden Lebensversicherer mit einem umsatzgeilen Vorstand, ändert ein LV-Produkt (mit Höchstprovisionen von bis zu 50 Promille) geringfügig ab und vereinbart ein Exklusivrecht für den Vertrieb.
Bei einem „kleinen“ Neuabschluss (100€ monatlich für 30 Jahre Laufzeit) fließen ca. 1.800€ als Abschlussprovision, wovon maximal ca. 1500€ an die Vermittler-Struktur gezahlt werden. Circa 300€ bleiben den Initiatoren.
Der „kleine“ Berater/Vermittler bekommt anfangs rund 500€ pro Vertrag (Basis 100€ x 12 x 30) und kann sich bis auf 1.500€ „hochdienen“, wenn bestimmte Umsatzziele erreicht werden... was meist nur dann möglich ist, wenn von ihm weitere „Untervermittler“ angeworben werden.
Dass die Produkte eher selten auf maximalen Kundennutzen hin entwickelt werden, versteht sich von selbst.
Solche Produkte bekommt man trotzdem an den Mann, weil ein Teil der Bevölkerung schlicht zu doof ist (wenn’s ums Geld geht) und weil die Verkaufsgespräche richtig (psychologisch) aufgebaut und den Vermittlern eingetrichtert werden.
Eine weitere Voraussetzung ist, möglichst viele Vermittler zu finden, die entsprechend geldgeil sind und möglichst wenig Ahnung von der Materie haben (Finanzbildung nahe Null). Sollten Leute mit Finanzbildung und Geldgeilheit mitmachen wollen, müssen sie entsprechend skrupellos sein und potentielle Kunden und/oder potentielle neue Untervermittler wider besseres Wissen „beraten“...
Bei nur 100 Vermittlern, die monatlich je 4 neue Verträge „anschleppen“, verdient der „Kopf“ schon gegen 4 Mio pro Jahr!
Bei 1.000 Vermittlern bzw. 4.000 Neuverträgen pro Monat fließen dem „Kopf“ schon um die 30m p.a. zu...
und bei 10.000 Vermittlern oder gut und gerne 400.000 Neuverträgen pro Jahr reden wir mindestens von 120 Millionen an Overhead.
Dafür lohnt es sich kreativ zu sein ?
Ob und wieviele Kunden dabei über den Tisch gezogen werden und ob und wieviele an Vermittlern dabei Freunde verlieren, ist den Initiatoren gerade mal egal.
Wie seht ihr das und wie steht ihr (jetzt) zu den Strukturvertrieben?