Bedarfsgemeinschaft Ar­beits­lo­sen­geld 2 Ar­beits­lo­sen­geld (ALG) II: Anrechnung von Einkommen und Vermögen

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Eine Voraussetzung für den Bezug von Ar­beits­lo­sen­geld (ALG) II ist das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit. Es ist also eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen.

Hilfebedürftig ist nach Paragraf 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann.

Rechtsvorschriften zu Einkommen und Vermögen

Paragraf 11 SGB II (zu berücksichtigendes Einkommen) und Paragraf 12 SGB II (zu berücksichtigendes Vermögen) regeln die Vorschriften zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Als Einkommen werden grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder in Geldes Wert angerechnet.

Neben den Regelungen in den beiden langen Rechtsvorschriften 11 und 12 des SGB II ist auch eine besondere Verordnung zu berücksichtigen: Die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Ar­beits­lo­sen­geld II/Sozialgeld oder kurz Alg II-V. Die Rechtsgrundlage für diese Verordnung findet sich in Paragraf 13 SGB II.

Haben Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen im Sinne des Paragrafen 33 SGB II über.

Ausgewählte Regelungen zur Anrechnung von Einkommen

Das Einkommen ist um die in Paragraf 11 Abs. 2 SGB II genannten Teile zu vermindern. Übt der erwerbsfähige Hilfebedürftige eine Beschäftigung als Arbeitnehmer oder eine selbstständige Tätigkeit aus, verbleiben ihm ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 Euro, mit dem pauschal Ver­si­che­rungsaufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit abgegolten sind (§ 11 Abs. 2 S. 2 SGB II).

Nach Absatz 5 dieser Rechtsvorschrift gehören kleine Geldgeschenke (seit 1. April 2011) nicht zum anrechenbaren Einkommen. Die finanzielle Zuwendung darf aber den üblichen Rahmen nicht überschreiten. Wie hoch die Zuwendung sein darf, ist im Einzelfall zu klären.

Das Gesetz sagt hierzu lapidar: Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

  1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
  2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben ALG II-Leistungen nicht gerechtfertigt wären.

Eine Steuererstattung ist als Einkommen beim Ar­beits­lo­sen­geld II anzurechnen. Eine dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen die Anrechung einer Einkommensteuererstattung auf Ar­beits­lo­sen­geld II ist mit Beschluss vom 8. November 2011, Az. 1 BvR 2007/11, vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) abgewiesen worden.

Außerdem wird der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach Paragraf 30 SGB II abgezogen. Dieser Freibetrag beläuft sich für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 800 Euro beträgt, auf 20 vom Hundert und für den Teil des monatlichen Einkommens, das 800 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.200 Euro beträgt, auf 10 vom Hundert. Bei einem Arbeitsentgelt in Höhe von 400 Euro verbleiben danach einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen damit 160 Euro. Die restlichen 240 Euro werden auf das Ar­beits­lo­sen­geld II angerechnet.

Ausgewählte Regelungen zur Anrechnung von Vermögen

Zum Vermögen gehört das Geld und alles Geld Wertes, das zu Beginn des Bedarfsmonats vorhanden ist. Nach Paragraf 12 Abs. 3 SGB II sind hiervon noch Freibeträge abzusetzen. Dazu zählen der altersabhängige Grundfreibetrag und weitere Freibeträge für die Altersvorsorge und die Anschaffung von Haushaltsgeräten. Als Vermögen wird nur berücksichtigt, was wirtschaftlich und rechtlich verwertet werden kann. So nehmen Paragraf 12 Abs. 3 SGB II und Paragraf 7 Alg II-V einige Vermögensgegenstände im angemessenen Rahmen (Hausrat, Kraftfahrzeug, Hausgrundstück) von der Vermögensberücksichtigung aus.

Sofern ein Vermögensgegenstand zunächst nicht verwertet werden kann oder wenn die Verwertung eine besondere Härte bedeuten kann, soll dies keinen Einfluss auf die Hilfebedürftigkeit haben (§ 9 Abs. 4 SGB II). Das typische Beispiel hierfür ist ein Ver­si­che­rungsvertrag, der nach den Ver­si­che­rungs­be­din­gungen nicht so einfach aufgelöst werden kann. In derartigen Fällen wird die Leistung der Grundsicherung als Darlehen gewährt.

Einkommen und Vermögen in einer Bedarfsgemeinschaft

Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 SGB II).

Es ist also festzustellen, wer Mitglied in der Bedarfsgemeinschaft ist. Paragraf 7 Abs. 3 SGB II listet die zu einer Bedarfsgemeinschaft zählenden Personen auf. Dazu kann auch der Lebenspartner oder der „Lebensabschnittspartner“ zählen. Paragraf 7 Abs. 3a SGB II definiert hierzu eine Vermutungsregel. Auf den Bedarf der erwerbsfähigen hilfebedürftigen Person wird dann das Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten beziehungsweise des Lebenspartners beziehungsweise des eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partners angerechnet.

Bei unverheirateten Kindern bis 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern wohnen, ist das Einkommen und Vermögen der Eltern gemäß Paragraf 9 Abs. 2 SGB II anzurechnen. Das Einkommen und Vermögen der Kinder wird dagegen nicht bei den Eltern angerechnet.

Nach dem BSG-Urteil vom 18. Februar 2010 (Az. B 4 AS 49/09 R) wird das Einkommen eines Ehepartners auch dann berücksichtigt, wenn beide Eheleute bereits bei der Eheschließung vereinbart hatten, eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (gemeinsame Wohnung) zu führen. Im Urteilsfall wurde trotz getrennter Wohnung eine Bedarfsgemeinschaft bei einer „Versorgungsehe“ angenommen.

Angerechnet wird also auch das Einkommen und Vermögen von Verwandten und Verschwägerten (zum Beispiel Großeltern), wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit diesen Personen eine Haushaltsgemeinschaft bildet und aufgrund des Einkommens und Vermögens der Verwandten beziehungsweise Verschwägerten zu erwarten ist, dass sie den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen unterstützen. Details enthält Paragraf 1 Abs. 2 Alg II-V.

Die gleichen Regelungen gelten für den Bezug von Sozialgeld (3 28 Abs. 2 SGB II und § 19 S. 3 SGB II).

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13. Dezember 2012


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