Hebelprodukte Aktien sind Dir zu lahm? Hier kommt der Turbo

Hendrik Buhrs
Finanztip-Experte für Bank und Börse

Das Wichtigste in Kürze

  • Hebelprodukte sind Wertpapiere, die sich an einem anderen Kurs orientieren, aber die Kursschwankungen verstärken. Deine Gewinnchance und das Verlustrisiko steigen.
  • Hebelprodukte gehören zur höchsten Risikoklasse von Wertpapieren.
  • Du kannst Hebelprodukte zu fast allen Wertpapieren kaufen, zum Beispiel zu Aktien, zu Währungen, Indizes wie dem Dax oder zum Bitcoin.

So gehst Du vor

  • Spekuliere nie mit Geld, auf das Du angewiesen bist. Die meisten Anleger machen mit kurzfristigen Käufen und Verkäufen deutliche Verluste. Finanztip rät hingegen zu einer langfristigen Geldanlage ohne Hebel und über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte.
  • Du brauchst ein Depot und musst online sein, um Hebelprodukte traden (also handeln) zu können. Informiere Dich gründlich, falls Du es ausprobieren willst, und steige mit kleinen Hebeln und Beträgen ein.
  • Empfehlenswerte Depots mit den niedrigsten Gebühren findest Du bei den Online-Brokern Finanzen.net Zero, Justtrade, Scalable Capital (Free Broker), Trade Republic und Flatex.

Du kennst vielleicht die Berichte von Freunden und Bekannten: von dem einen Investment, das über 100 Prozent Gewinn oder sogar noch mehr eingebracht hat. Richtig in Fahrt kommen solche Gespräche, wenn es um Hebelprodukte geht. Sie verwandeln einen Aktien-Kursanstieg von wenigen Prozent in das Zehn- oder sogar Hundertfache – aber nur eventuell.

Wie das funktioniert, wo die Haken sind und warum wir bei Finanztip lieber zu langfristigen Geldanlagen raten, erfährst Du in diesem Ratgeber. Eines solltest Du bei Erzählungen von unglaublich erfolgreichen Investments mit Hebelprodukten beachten: Von Verlusten berichtet einfach niemand sehr gerne.

Was sind Hebelprodukte?

Hebelprodukte sind hochriskante Wertpapiere zum Handeln, die sich auf andere Kurse wie zum Beispiel von Dax, Bitcoin, Rohstoffen, aber auch Aktien beziehen und deren Kursveränderungen verstärken. Der Hebel ist dabei der Faktor, um den sich die Kursveränderung verstärkt. Hebelprodukte spielen beim sogenannten Trading eine wichtige Rolle. Trading bedeutet, Wertpapiere zu kaufen und zu verkaufen und dabei auf kurzfristige Kursschwankungen zu wetten. Es ist also eine riskante Form der Geldanlage.

Da sich Hebelprodukte auf einen anderen Kurs (Basiswert) beziehen, handelt es sich um sogenannte Finanzderivate (vom lateinischen Wort derivare, also „ableiten“). Du kannst Hebelprodukte aber wie Aktien kaufen und verkaufen. Im Gegensatz zur Aktie ist das Gewinn- und Verlustrisiko viel höher, sie werden nicht umsonst auch Turbos genannt. Je nach Größe des Hebels, kannst Du ein Vielfaches an Gewinn oder Verlust erzielen. Das macht ihren Reiz für viele Anleger aus, es winkt der schnelle Gewinn.

Der Faktor des Hebels bildet das Verhältnis von Hebelprodukt und Basiswert ab. In der Theorie funktioniert das so: Du kaufst ein Hebelprodukt, das sich auf den Dax bezieht, aber einen Hebel von fünf hat. Wenn der Dax-Kurs nun um 1 Prozent steigt, erhöht sich Wert des Hebelproduktes aber gleichzeitig um 5 Prozent. 

Dabei wirkt der Hebel für Dein Investment wie ein Verstärker in Deiner Stereoanlage. Wenn Du den Lautstärkeregler aufdrehst, wird die Musik lauter, aber es bleibt die gleiche Musik. Sowohl schöne Passagen wie auch unharmonischer Krach werden intensiver. Genauso verstärkt der Hebel überproportional die Auswirkungen von Kursschwankungen des Basiswertes im Positiven – aber eben auch im Negativen. 

Tatsächlich passiert folgendes: Bei einem Hebel von fünf kauft der Anbieter fünfmal so viele Anteile wie Du bezahlst. Er leiht Dir also Geld und dafür erhebt er eine Gebühr. Wenn Du ein solches Hebelprodukt für 1.000 Euro kaufst, bewegt der Anbieter für Dich eigentlich 5.000 Euro. Er kann sich dabei vertraglich bei einem anderen Handelspartner so absichern, dass er Dir eine fünffache Kurssteigerung weitergeben könnte.

Auch wenn es für das erste Verständnis anschaulich ist, von einem festen Hebel wie fünffach oder zehnfach zu sprechen: Bei den meisten Hebelprodukten bildet sich der Hebel dynamisch vom aktuell gültigen Kurs des Basiswertes her. Dann garantiert Dir der Anbieter kein festes Hebelverhältnis, sondern eine bestimmte Kreditsumme, die die Hebelwirkung erst ermöglicht – in unserem Beispiel 4.000 Euro. Wenn Du vor dem Kauf etwas abwartest und sich der Kurs des Basiswerts verändert hat, ist der neue Hebel möglicherweise 5,1-fach oder 4,95-fach.

Welche Hebelprodukte gibt es?

Es gibt verschiedene Wertpapiere, die mit einem Hebel ausgestattet sind. Allen gemein ist: Das Produkt bezieht sich jeweils auf einen anderen Kurs und verstärkt dessen Kursschwankungen, im Positiven wie im Negativen. Je größer der Hebel, umso mehr werden Kursveränderungen verstärkt. 

Bevor Du Dich entscheidest, ein Produkt zu kaufen, solltest Du das Basisinformationsblatt lesen. Dieses PDF-Dokument liegt jedem Finanzprodukt verpflichtend bei und übernimmt sozusagen die Funktion eines Beipackzettels. Meist werben Broker mit attraktiven Hebeln und Preisen, doch nur im Basisinformationsblatt werden die anfallenden Kosten erwähnt. Das können auch mal über 50 Prozent sein – pro Tag.

Optionsscheine

Die sogenannten Warrants sind ein Klassiker unter den Hebelprodukten. Mit einem solchen Optionsschein kaufst Du die Möglichkeit, später eine Aktie oder ein anderes Wertpapier zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Einen solchen Vertrag nennt man Termingeschäft. Doch der Optionsschein bietet mehr und ist mit einem Hebel – Omega genannt – ausgestattet. Je größer der Hebel, desto größer sind Deine Gewinne oder Verluste im Vergleich zum normalen Aktienkauf. Du wettest also auf steigende (call) oder – bei bestimmten Finanzprodukten – gegebenenfalls auch auf fallende Kurse (put). Liegst Du richtig, erhältst Du mehr Gewinn als beim normalen Aktienkauf. Liegst Du falsch und die Aktie entwickelt sich entgegen Deiner Vermutung, brauchst Du die Option nicht zu nutzen und bleibst nur auf den Optionskosten sitzen. 

Nutze einen Optionsscheinfinder, dann kannst Du Deine Option entweder in einem Zeitraum oder zu einem bestimmten Datum ausführen. Mehr Flexibilität für Dich bedeutet aber meist auch höhere Kosten, die den Wert Deines Optionsscheins verringern und den Kurs nach unten ziehen – wie ein Gewicht, das an der Renditekurve hängt. Läuft Dein Optionsschein über einen Zeitraum und der Kurs zunächst gegen Deine Vermutung, kannst Du abwarten, dass er sich erholt und dann erst verkaufen. Verluste kannst Du also in einem gewissen Rahmen aussitzen. Diese Möglichkeit bieten Dir nicht alle Hebelprodukte. 

Knock-Out-Produkte

Wertpapiere, die einen Knock-Out haben, verfallen, sobald der Kurs eine zuvor festgelegte Schwelle erreicht hat. In diesem Moment wird das Produkt wertlos – selbst wenn sich der Kurs des Basiswertes, auf den es sich bezieht, kurz danach wieder erholt. Knock-Outs machen ihrem Namen also alle Ehre. Ein Schlag reicht, und Du gehst zu Boden und bist k. o. Dafür sind die Kosten meist etwas geringer als bei Optionsscheinen.

Knock-Outs solltest Du innerhalb eines Tags kaufen und wieder verkaufen. In der Nacht könnte der Kurs fallen und die Knock-Out-Schwelle erreicht werden, ohne dass Du zuvor verkaufen kannst.

Beispiel: Der Dax steigt um 0,5 Prozent. Dein Knock-Out-Schein hat einen Hebel von zehn. Der Kurs steigt also um 5 Prozent. Fällt der Dax nun um 1 Prozent und reißt damit die Knock-Out-Schwelle, hast Du Dein eingesetztes Geld verloren: Totalverlust. 

Manchmal sieht es so aus, als ob Knock-Out-Punkte scheinbar willkürlich eintreten oder ausbleiben, obwohl der Kurs, den Du nachgesehen hast, anders verläuft. Das kann an den unterschiedlichen Zeitzonen und Börsenöffnungszeiten liegen, zum Beispiel bei Aktien aus den USA als Basiswert. Hier ist es wichtig zu prüfen, wie das konkrete Knock-Out-Ereignis des Produkts definiert ist.

Mit Knock-Outs kannst Du große Gewinne innerhalb kürzester Zeit erzielen. Durch den Hebel sehen risikofreudige Anleger eine Abkürzung gegenüber normalen Wertpapieren. Das macht für viele den großen Reiz aus. Doch es handelt sich um hochriskante Spekulation.

Wie kannst Du mit Hebelprodukten handeln?

Wenn Du mit Hebelprodukten traden willst, solltest du bereits an der Börse gehandelt haben, also eine gewisse Erfahrung mitbringen. Um loszulegen, brauchst Du ein Depot: In unserem großen Ratgeber findest Du die besten Depots. Möchtest Du viele Transaktionen machen – vielleicht sogar täglich – bist Du bei spezialisierten Brokern meist noch besser aufgehoben, denn unsere Emp­feh­lungen sind eher für langfristige Investitionen geeignet. 

Dein Broker bietet Dir dann Tausende von Hebelprodukten an, aus denen Du Dir das passende aussuchen kannst. Achte dabei auch auf die Kosten, die Dein Broker in Rechnung stellt.

Mit Hilfe einer Trading-Software oder Trading-App kannst Du online jederzeit Hebelprodukte kaufen und wieder verkaufen. Da kleine Kursbewegungen groß ausfallen, solltest Du den Kurs in Echtzeit beobachten, um den richtigen Moment zu finden, an dem Du verkaufen willst – das klingt einfacher, als es ist. Nicht umsonst machen die meisten Anleger Verluste mit solchen kurzfristigen Anlagestrategien. Zudem ist es sehr zeitaufwendig und für viele Anleger stressig, permanent Kurse zu beobachten und um das eigene Geld fürchten zu müssen.

Grundsätzlich sollte Dir bewusst sein, dass Du nicht mit jedem Trade Gewinn machen wirst. Stattdessen solltest Du kleine Verluste in Kauf nehmen und bei Kursanstiegen nicht zu früh verkaufen, um andere Verluste ausgleichen zu können und insgesamt in der Gewinnzone zu landen.

Am Ende des Jahres musst Du Deine Gewinne in der Steu­er­er­klä­rung angeben. Meist handelt es sich dabei um Kapitalerträge, die der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent (zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls Kirchensteuer) unterliegen. Pro Person und Jahr bleiben aber 801 Euro steuerfrei.

Welche Wertpapiere sind besser als Hebelprodukte?

Wir von Finanztip sind der Meinung, dass Du Dein Geld – einfacher und mit deutlich weniger Aufwand – langfristig in einen guten Indexfonds (ETF) anlegen solltest. Dafür kannst Du auch einen Sparplan einrichten, sodass jeden Monat eine feste Summe in Deinen Indexfonds investiert wird – ganz ohne Aufwand für Dich. Du musst dabei auch nicht auf eine gute Rendite verzichten: Unsere Berechnungen haben ergeben, dass unsere Emp­feh­lungen seit 1975 durchschnittlich 8 Prozent pro Jahr zugelegt haben. Ein Depot für einen ETF-Sparplan kannst Du mit wenigen Klicks eröffnen.

Autor
Florian Machnow

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