Mahnbescheid & Mahnverfahren So kommst Du an Dein Geld

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit einem gerichtlichen Mahnverfahren kannst Du einfach und kostengünstig den Druck auf jemanden erhöhen, der Dir Geld schuldet. Zudem verhinderst Du damit, dass Deine Forderung verjährt.
  • Auf den Mahnantrag ergeht in einem automatisierten Verfahren ein Mahnbescheid, dem der Antragsgegner aber widersprechen kann.
  • Ohne Widerspruch erlässt das Mahngericht einen Voll­stre­ckungs­be­scheid. Damit kann ein Gerichtsvollzieher die Forderung eintreiben.

So gehst Du vor

  • Nutze das Mahnverfahren, wenn Du von jemandem noch Geld bekommst. Über das Online-Formular kannst Du in wenigen Schritten einen Mahnbescheid beantragen.
  • Besonders sinnvoll kann das kurz vor Jahresende sein, wenn Dein Anspruch ansonsten verjährt.

Hast Du schon mal einen Mahnbescheid bekommen? Oder schuldet Dir noch jemand Geld, will aber nicht zahlen? Dann könntest Du mit einem Mahnbescheid den Druck erhöhen. Oder kurz vor Jahresende die Verjährung stoppen.

Was ist ein Mahnverfahren?

Im Jahr 2020 gab es rund 4,5 Millionen Mahnverfahren in Deutschland – alle mit dem Ziel, eine Geldforderung einfach und günstig durchzusetzen. Denn dazu dient das formelle Verfahren vor allem.

Vollstreckungstitel - Damit dieses Ziel erreicht werden kann, steht am Ende des Mahnverfahrens der Voll­stre­ckungs­be­scheid. Ein sogenannter Titel, mit dem der Gläubiger seine Geldforderung über einen Gerichtsvollzieher eintreiben lassen kann (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

Kostengünstig und schnell - Das Mahngericht prüft nicht, ob die Geldforderung zu Recht besteht. Es entscheidet ohne mündliche Verhandlung oder Beweiserhebung, weitgehend voll automatisiert. Dementsprechend sind die Kosten geringer als bei einer Klage. Es ist auch kein Rechtsanwalt erforderlich. Vom Antrag bis zum gerichtlichen Mahnbescheid vergehen in der Regel keine zwei Wochen.

Verjährung hemmen - Mit der Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens und Zustellung des Mahnbescheides kannst Du die Verjährung hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Das bietet sich an, wenn kurz vor Jahresende keine Zeit mehr für eine Klage und deren Begründung bleibt. Denn mit der Zustellung eines Mahnbescheides wird die Frist gewahrt. Wie Du durch andere Maßnahmen die Verjährung stoppen kannst, erklären wir im Ratgeber Verjährungsfristen.

Das Mahnverfahren ist nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen Mahnungen durch ein Unternehmen, Rechtsanwälte oder Inkasso-Dienstleister. Die wollen den Schuldner dazu bringen, freiwillig zu zahlen. Weigert der sich allerdings, hilft oft nur noch der Gang zum Gericht.

Ablauf des Mahnverfahrens

So läuft ein Mahnverfahren ab:

  1. Der Antragsteller beantragt beim zuständigen Gericht einen Mahnbescheid.
  2. Der Mahnbescheid wird dem Schuldner durch das Gericht zugestellt.
  3. Der Schuldner hat dann drei Möglichkeiten:
  • Er kann zahlen.
  • Er kann innerhalb von zwei Wochen Widerspruch einlegen.
  • Wird nicht gezahlt und kein Widerspruch eingelegt, erlässt das Amtsgericht auf Antrag einen Voll­stre­ckungs­be­scheid.

Wie beantragst Du einen Mahnbescheid?

Als Gläubiger kannst Du auf zwei Wegen zu einem Mahnbescheid kommen. Du stellst einen schriftlichen Antrag oder Du nutzt den Online-Antrag.

In Schreibwarenläden findest Du amtliche Formulare für den schriftlichen Antrag. So sieht der Vordruck für den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids aus, wie er im Bundesanzeiger veröffentlicht ist. Das gilt allerdings nicht für Rechtsanwälte oder Inkasso-Dienstleister; die müssen den Online-Antrag verwenden.

Die Ausfüllhinweise erklären Dir, was Du in die einzelnen Felder im Formular schreiben musst. Auf Seite 1 des Antrags trägst Du Angaben zu Dir als Antragsteller ein und machst Angaben zum Antragsgegner.

Wichtig ist, dass Du die Person oder das Unternehmen, die Dir noch etwas schulden, genau bezeichnest. Gerade bei gewerblichen Schuldnern solltest Du auf das Handelsregister oder das Gewerberegister zurückgreifen, um falsche Bezeichnungen zu vermeiden. Fehler können zur Folge haben, dass sich das Verfahren erheblich verzögert, unnötige Kosten entstehen oder der ganze Mahnbescheid wertlos ist.

Auf Seite 2 des Antrags gibst Du an, welche genaue Summe Du einforderst. Den Grund für Deine Forderung gibst Du mit einer Nummer an. Welche Nummer in Deinem Fall die richtige ist, ergibt sich aus einem Katalog, in dem jedem Anspruch eine Nummer zugeordnet ist. Hier ein paar Beispiele:

Beispiele aus dem Katalog für Hauptforderungen

Darlehensrückzahlung:4Schadensersatz aus Unfall:29
Dienstleistungsvertrag:5Unterhaltsrückstände:38
Kaufvertrag:11Werkvertrag:44
Miete für Wohnraum:19Zeitungsbezug:45
Reparaturleistung:26Zinsrückstände:46

Quelle: Infobroschüre gerichtliches Mahnverfahren 2021 (Stand: Februar 2021)

Zusätzlich musst Du noch angeben, wann der Anspruch entstanden ist oder wann die Forderung zur Zahlung fällig war. Neben der Hauptforderung kannst Du noch Zinsen oder Nebenforderungen eintragen.

Das ausgefüllte Formular schickst Du dann an das zuständige Mahngericht – ohne Belege. Die würdest Du postwendend zurückbekommen.

Antragsteller mit Wohnsitz in Deutschland müssen sich beim Mahnverfahren immer an das zuständige Gericht wenden.

Zuständige Mahngerichte

Sitz oder Wohnsitz inzuständiges Gericht
Baden-Württemberg

Amtsgericht Stuttgart

70154 Stuttgart

Bayern

Amtsgericht Coburg
96441 Coburg

Berlin und Brandenburg

Amtsgericht Wedding
13343 Berlin

Bremen

Amtsgericht Bremen
28184 Bremen

Hamburg und
Mecklenburg-Vorpommern

Amtsgericht Hamburg-Altona
22765 Hamburg

Hessen

Amtsgericht Hünfeld
36084 Hünfeld

Niedersachsen

Amtsgericht Uelzen
Postfach 1363
29503 Uelzen

NRW: OLG-Bezirke Hamm,
Düsseldorf

Amtsgericht Hagen
58081 Hagen

NRW: OLG-Bezirk Köln

Amtsgericht Euskirchen
53878 Euskirchen

Rheinland-Pfalz und
Saarland

Amtsgericht Mayen
56723 Mayen

Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Thüringen

Amtsgericht Aschersleben
Lehrter Straße, 15
39418 Staßfurt

Schleswig-Holstein

Amtsgericht Schleswig
Postfach 1170
24821 Schleswig

Quelle: Die maschinelle Bearbeitung der gerichtlichen Mahnverfahren (Stand: Februar 2021)

Bei Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis sind die Arbeitsgerichte zuständig (§ 46a ArbGG ). Das arbeitsgerichtliche Mahnverfahren weicht wesentlich vom zivilprozessualen Mahnverfahren ab.

Online-Mahnantrag

Du kannst die Formulare auch im Internet direkt ausfüllen. Den Antrag findest Du auf der Website der Mahngerichte: www.online-mahnantrag.de. Das Online-Formular leitet Dich als Nutzer Schritt für Schritt durch alle Eingaben, die notwendig sind. Deine Eingaben werden daraufhin überprüft, ob sie plausibel sind.

Ein vollständiger Online-Antrag besteht immer aus

  1. einem Anschreiben an das Gericht, das Du unterschreiben musst,
  2. einer Darstellung der Antragsdaten in Klarschrift,
  3. einem Barcode-Ausdruck.

Beispiel für einen Mahnantrag

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Den Antrag solltest Du unterschreiben und mit der Post in einfacher Ausfertigung (das grüne Exemplar) an das Gericht schicken. Das graue Exemplar ist für Deine Unterlagen gedacht. Eine Übermittlung per Fax oder E-Mail ist nicht zu empfehlen, da es zu Verzögerungen kommen kann, weil der Antrag eventuell nicht automatisch lesbar ist.

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht unverzüglich den Mahnbescheid erlassen.

Beispiel für einen Mahnbescheid

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Das Mahngericht informiert Dich als Antragsteller darüber, dass der Mahnbescheid dem Antragsgegner zugestellt wurde.

Was kostet das gerichtliche Mahnverfahren?

Mit Eingang des Antrags beim Mahngericht entstehen Gerichtskosten, aber relativ geringe. Die Gebühren richten sich nach der Höhe des Streitwertes, also nach der Höhe der offenen Geldforderung. In der Regel schickt das Mahngericht zeitgleich mit der förmlichen Zustellung des Mahnbescheids an den Antragsgegner die Kostenrechnung an den Antragsteller. An diesem Beispiel kannst Du sehen, wie eine Kostenrechnung aussieht.

Für das Mahnverfahren stellt das Gericht eine halbe Gerichtsgebühr in Rechnung (§ 3, 34, Nr. 1100 KV GKG). Seit 1. Januar 2021 beträgt die Mindestgebühr 36 Euro. Willst Du einen Mahnbescheid über 1.000 Euro beantragen, kostet Dich das 36 Euro Gerichtskosten. Bei einem Streitwert von 2.000 Euro fallen 49 Euro an. Forderst Du 5.000 Euro ein, musst Du 80,50 Euro an Gerichtsgebühren begleichen. Wie viel Du in bezahlen musst, kannst Du mit diesem Gerichtskostenrechner selbst berechnen.

Die Gerichtskosten nimmt das Mahngericht von Amts wegen in den Mahn- und Voll­stre­ckungs­be­scheid auf. Du musst die Kosten als Antragsteller nicht berechnen, und musst sie auch nicht zur Hauptforderung hinzurechnen. Der Antragsgegner muss sie Dir erstatten, wenn er Deine Forderung akzeptiert.

Wie kannst Du Dich gegen einen Mahnbescheid wehren?

Hast Du einen Mahnbescheid bekommen, gibt es für Dich zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren: Ist die Forderung gerechtfertigt, dann solltest Du Deine Schulden zahlen, um nicht noch weitere Kosten auszulösen. Ist der Anspruch aus Deiner Sicht nicht gerechtfertigt, dann solltest Du innerhalb von zwei Wochen Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.

Der Mahnbescheid enthält dazu eine Aufforderung, dem Gericht mitzuteilen, ob und in welchem Umfang Du dem geltend gemachten Anspruch widersprechen willst (§ 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Fällt der 14. Tag nach Zugang des Mahnbescheides auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Widerspruchsfrist am darauffolgenden Werktag.

Legst Du als Schuldner Widerspruch ein, geht das Mahnverfahren in ein Klageverfahren über. Das Mahngericht gibt das Verfahren an das zuständige Prozessgericht ab. Das fordert den Antragsteller auf, innerhalb von zwei Wochen die Klage zu begründen. Es wird in einem normalen zivilrechtlichen Verfahren geklärt, ob und in welcher Höhe die Forderung rechtmäßig besteht.

Was ist ein Voll­stre­ckungs­be­scheid?

Zahlt der Antragsgegner aufgrund des gerichtlichen Mahnbescheides nicht und legt er auch innerhalb von zwei Wochen keinen Widerspruch ein, erlässt das Mahngericht auf Antrag einen Voll­stre­ckungs­be­scheid. Für den Antrag hat der Gläubiger sechs Monate Zeit. 

Beispiel für einen Voll­stre­ckungs­be­scheid

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Mit diesem Voll­stre­ckungs­be­scheid kann der Gläubiger dann die Zwangsvollstreckung einleiten. Der Voll­stre­ckungs­be­scheid wird vom Gericht automatisch dem Antragsgegner an die im Mahnbescheid angegebene Adresse zugestellt. Der Antragsteller kann auch Parteizustellung beantragen. In diesem Fall wird der Voll­stre­ckungs­be­scheid durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt. Dann kann es schneller gehen, weil der Gerichtsvollzieher zeitgleich schon die Zwangsvollstreckung betreiben kann.

Hat der Schuldner in der Zwischenzeit seinen Aufenthalt gewechselt und ist seine neue Anschrift unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter nicht möglich, so kann das Mahngericht den Voll­stre­ckungs­be­scheid im Wege der öffentlichen Zustellung durch Anheften an die Gerichtstafel oder Einstellung in das Informationssystem des Gerichts zustellen (§ 185 ZPO).

Wie funktioniert das europäische Mahnverfahren?

Das europäische Mahnverfahren funktioniert ähnlich wie das Mahnverfahren in Deutschland. Das Verfahren ist möglich, wenn Du Geld einforderst von einer Person oder einer Firma mit Sitz im europäischen Ausland außer in Dänemark.

Typische zivilrechtliche Streitigkeiten sind: 

  • Ärger beim Online-Kauf, wenn der Verkäufer im europäischen Ausland sitzt
  • Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätung oder Flugannullierung gegen eine europäische Airline
  • Buchung einer Reise über ein Reiseportal mit Sitz in einem anderen Land in Europa

Europäisches Musterformular

Um das Mahnverfahren einleiten zu können, musst Du ein Formular ausfüllen, das Du auf der Website der Europäischen Kommission findest. Es nennt sich Formular A oder Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls.

Beispiel für einen Antrag auf einen europäischen Zahlungsbefehl

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Dieses Formular kannst Du ausfüllen, ausdrucken, unterschreiben und an das zuständige Gericht verschicken. Für Verbrauchersachen ist das Gericht zuständig, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz hat – für das europäische Verbraucher-Mahnverfahren ist bundesweit das Amtsgericht Berlin Wedding zuständig (§ 1087 ZPO).

Das Gericht prüft den Antrag und erlässt innerhalb von 30 Tagen den europäischen Zahlungsbefehl, wenn das Formblatt korrekt ausgefüllt ist.

Ab der Zustellung hat die Gegenseite 30 Tage Zeit, die geforderte Geldsumme zu zahlen oder Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zu erheben. Soweit kein Einspruch erhoben wird, erteilt das Mahngericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Zahlungsbefehls, mit dem die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden kann.

Tipp: Wenn Du Fragen zum europäischen Mahnverfahren hast, kannst Du Dich an das Europäische Verbraucherzentrum in Kehl wenden.

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