Unterhaltsreform 2023 Wer soll weniger Unterhalt zahlen?

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Wie Ihr nach der Trennung die Betreuung der Kinder organisiert, hat Auswirkungen auf den Kindesunterhalt.
  • Es gibt im Unterhaltsrecht zwei klassische Modelle zur Kinderbetreuung – das Residenzmodell und das Wechselmodell.
  • Durch die Unterhaltsreform soll die Person, die sich mehr als nur an jedem zweiten Wochenende und in der Hälfte der Ferien um die Kinder kümmert, weniger Unterhalt zahlen.

So gehst Du vor

  • Überlegt Euch, bei wem die Kinder nach der Trennung wohnen sollen und wer sich wann um sie kümmert.
  • Haltet Eure Vereinbarungen schriftlich fest – am besten für ein Jahr. Legt darin fest, wie viele Nächte die Kinder wo übernachten sollen. Ihr könnt dazu unsere Mustervereinbarung nutzen.

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  • Rechnet selbst aus, wie sich Euer Betreuungsmodell auf die Unterhaltszahlungen auswirkt.

Ernsthafte Krise in der Beziehung? Manchmal ist eine Trennung die beste Lösung. Ein klarer Schnitt und allen geht es besser. Ganz so einfach ist es nicht, wenn Ihr gemeinsame Kinder habt. Doch auch dann gilt: Klare Absprachen sind wichtig, die ein faires Miteinander garantieren. Überlegt Euch, wie Ihr die Betreuung der Kinder organisieren wollt. Wichtig ist dabei, wie sich Euer Betreuungsmodell finanziell auswirkt. Denn durch die Trennung wird Euer Leben erstmal teurer. Wir erklären, wer in welchem Modell wie viel Unterhalt zahlen muss und was die Unterhaltsreform 2023 finanziell für Euch bedeuten kann.

Was bedeutet Residenzmodell?

Wenn Ihr Euch dazu entscheidet, dass die Kinder nach der Trennung bei einem Elternteil wohnen und der andere sie an jedem zweiten Wochenende und in der Hälfte der Ferien sieht und betreut, dann lebt Ihr das klassische Residenzmodell. Der eine betreut die Kinder zu mehr als 70 Prozent, der andere verbringt weniger als 30 Prozent seiner Zeit mit den Kindern. Er oder sie übt damit das sogenannte Umgangsrecht aus.

Der überwiegende Teil der Trennungsfamilien hat sich für das Residenzmodell entschieden. Nach einer älteren Studie lebten rund 61 Prozent der Trennungskinder in Deutschland bei ihrer Mutter mit regelmäßigem Kontakt zum Vater. 23 Prozent der Trennungskinder hatten keinen persönlichen Kontakt zum getrennt lebenden Vater (Studie zu Trennungsfamilien, 2018).

Residenzmodell und Unterhalt

Finanziell bedeutet das Residenzmodell: Das Kind hat Anspruch auf Unterhaltszahlungen vom getrennt lebenden Elternteil – und zwar entsprechend dem Einkommen nach der Düsseldorfer Tabelle. Das nennt sich Barunterhalt.

Beispiel: Ariane und Bruno sind geschieden und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von fünf und sieben Jahren. Die Kinder wohnen bei Ariane. Sie arbeitet Teilzeit und verdient 2.500 Euro netto. Bei Bruno sind die Kinder an jedem zweiten Wochenende. Zudem teilen sich Ariane und Bruno die Betreuung der Kinder in den Ferien. Bruno verdient rund 3.000 Euro netto, woraus sich der Kindesunterhalt ableitet.

Ariane und Bruno betreuen die Kinder im Residenzmodell. Ariane leistet durch die Betreuung den sogenannten Betreuungsunterhalt. Sie bekommt das Kindergeld in Höhe von 500 Euro. Zudem muss Bruno nach der Düsseldorfer Tabelle 378 Euro für den Fünfjährigen und 453 Euro für die Siebenjährige, also insgesamt 831 Euro im Monat an Barunterhalt für die Kinder zahlen. 

Selbst wenn die Kinder häufiger beim anderen Elternteil übernachten, hat das grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Höhe der Unterhaltszahlungen.

Ausnahme: Wer sich stärker an der Betreuung beteiligt, kann wegen der Mehrausgaben um eine Einkommensgruppe in der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft werden. Das steht im Ermessen des Gerichts (BGH, 12.03.2014, Az. XII ZB 234/13). Die Person wird so behandelt, als ob sie weniger Einkommen hätte. Das reduziert den monatlichen Unterhalt für ein Kind je nach Einkommen zwischen 22 und 50 Euro.  

Was bedeutet Wechselmodell?

Von einem Wechselmodell spricht man nur, wenn die Eltern sich wirklich zu gleichen Teilen um das Kind kümmern, beide etwa 15 Tage im Monat. Deshalb liegt kein Wechselmodell vor, wenn ein Elternteil das Kind an zehn Tagen im Monat bei sich hat und das andere sich an 20 Tagen um das Kind kümmert (BGH, 21.12.2005, Az. XII ZR 126/03).

Das Wechselmodell stellt hohe Anforderungen an die Eltern und an die Kinder, die zwischen zwei Haushalten pendeln und sich auf zwei Lebensumgebungen ein- beziehungsweise umstellen müssen. 

Damit das Wechselmodell funktioniert, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Eltern sollten auch nach der Trennung am gleichen Ort oder in der Nähe wohnen, damit zum Beispiel der Schulweg für das Kind von beiden Wohnorten nicht zu weit ist. 
  2. Die Eltern müssen miteinander sprechen und kooperieren.
  3. Das Kind muss den Wechsel zwischen den Haushalten wollen. Je älter das Kind wird, desto wichtiger ist der Wunsch des Kindes. Das kann sich auch im Laufe der Jahre verändern.

Nur rund 4 Prozent der getrennten Eltern realisieren ein symmetrisches Wechselmodell mit einer hälftigen Aufteilung der Übernachtungen nach einer Studie zu Trennungsfamilien aus dem Jahr 2018. In Schweden liegt der Anteil bei fast 21 Prozent. Neuere Daten gibt es für Deutschland nicht.

Wechselmodell und Unterhalt

Im Gesetz findet sich keine klare Regelung dazu, welche Auswirkungen das Wechselmodell auf die Höhe des Unterhalts hat. Aber die Gerichte haben einige Grundsätze festgelegt (BGH, 21.12.2005, Az. XII ZR 126/03). Beide Eltern müssen anteilig Unterhalt zahlen. Die Rechnung ist kompliziert. Im Ratgeber zum Barunterhalt findest Du eine vereinfachte Beispielrechnung in sieben Schritten.

Beispiel: Caro und David sind geschieden und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von fünf und sieben Jahren. Die Kinder wohnen abwechselnd bei David und Caro. Sie arbeitet Teilzeit und verdient 2.500 Euro netto. Sie bekommt auch das Kindergeld von 500 Euro. Bruno verdient rund 3.000 Euro netto.

Caro und David betreuen die Kinder im richtigen Wechselmodell. Der Unterhalt wird anteilig berechnet. Dafür wird zunächst das Einkommen von beiden zusammengerechnet, also insgesamt 5.500 Euro. Nach der Düsseldorfer Tabelle bedeutet das für den Fünfjährigen 575 Euro und für die Siebenjährige 679 Euro Regelbedarf, insgesamt also 1.254 Euro. Mehrkosten werden nicht berücksichtigt. Vom Einkommen wird jeweils der angemessene Selbstbehalt abgezogen, also jeweils 1.650 Euro. Das bedeutet, dass bei Caro nur 850 Euro ihres Einkommens für den Unterhalt berücksichtigt werden; bei David sind es 1.350 Euro. Insgesamt werden bei Caro und David für die Betreuung der Kinder 2.200 Euro berücksichtigt. Die Einkommen werden zu einander ins Verhältnis gesetzt (1.350 : 850). Mit anderen Worten: David schuldet 1.350/2.200 x 1.254 Euro = 769,50 Euro. Caro schuldet 850/2.200 x 1254 Euro = 484,50 Euro. Da Caro das Kindergeld bekommt, werden die 500 Euro noch hinzugerechnet, so dass Caro 984,50 Euro schuldet. Nach Verrechnung der beiderseitigen Leistungen ist nur noch die verbleibende Unterhaltsspitze zu zahlen (984,50 Euro – 769,50 Euro) : 2 = 107,50 Euro. Im Ergebnis unseres vereinfachten Beispiels im symmetrischen Wechselmodell muss Caro an David monatlich 107,50 Euro an Unterhalt bezahlen. 

Gibt es andere Betreuungsmodelle?

Neben dem Residenzmodell und dem klassischen Wechselmodell könnt Ihr die Betreuung Eurer Kinder auch so organisieren, dass die Kinder in der alten häuslichen Umgebung bleiben, Ihr Euch aber mit der Betreuung abwechselt.

Nest-Modell

Vielleicht ist das sogenannte Nestmodell für Eure Familie das richtige: Eure Kinder bleiben in der bisherigen Wohnung oder im Haus wohnen. Ihr betreut die Kinder dann abwechselnd in der alten familiären Umgebung – und zwar zu gleichen Teilen. Das kann günstiger sein, da Ihr zusätzlich nur eine kleinere Wohnung benötigt, in der Ihr dann abwechselnd wohnen könntet, wenn Ihr nicht gerade bei den Kindern seid. Die Kinder müssen nicht regelmäßig pendeln, haben denselben Schul- oder Kindergartenweg und bleiben in ihrer Umgebung. 

Kindesunterhalt wird im Wesentlichen durch die Betreuung vor Ort geleistet. Er kann durch tatsächliche Anschaffungen oder Geldzahlungen ergänzt werden, gerade wenn einer von Euch viel weniger verdient als der andere. Wenn Ihr Euch die Betreuung wirklich teilt, dann kann ähnlich wie im Wechselmodell derjenige, der mehr Geld zur Verfügung hat, an den anderen nur noch einen geringen Unterhalt zahlen. 

Beispiel: Enno und Francine haben zwei Kinder. Bis zur Trennung lebten sie im eigenen Haus mit Garten. Die Kinder sollen im Haus auch nach der Trennung wohnen bleiben. Die Eltern wohnen wochenweise bei den Kindern. Zusätzlich hat Enno eine kleine Wohnung für sich angemietet, in der er die Wochen ohne Kinder verbringt. Francine wohnt bei ihrem neuen Partner, wenn sie sich nicht um die Kinder kümmert. 

Erweiterter Kontakt oder asymmetrisches Wechselmodell

Ihr könnt Euch auch für ein Betreuungsmodell entscheiden, das zwischen dem Wechselmodell und dem Residenzmodell liegt. Die Kinder leben zwar hauptsächlich bei einem Elternteil, der andere hält aber intensiven Kontakt zu den Kindern. Dies umfasst auch regelmäßige Übernachtungen in der Woche und längere Ferienaufenthalte. Um den Betreuungsanteil zu ermitteln, zählt man die Übernachtungen.

Beispiel: Gordon und Hanna haben eine Tochter, die nach der Trennung hauptsächlich bei Hanna wohnt. An einem Tag in der Woche übernachtet die Tochter bei Gordon. Zusätzlich verbringt sie jedes zweite Wochenende bei ihrem Vater. Er kümmert sich um seine Tochter also viel intensiver als das im Residenzmodell vorgesehen ist. Tatsächlich betreut er seine Tochter im Jahr an 125 Tagen

Die Eltern in diesem Beispiel haben sich für das sogenannte asymmetrische Wechselmodell entschieden, denn jeder betreut die Kinder zu mehr als 29 Prozent.

Was soll die Unterhaltsreform bewirken?

Das Unterhaltsrecht soll reformiert werden. Wer sich mehr in die Kinderbetreuung einbringt, soll weniger Unterhalt zahlen müssen. Dazu hat das Bundesjustizministerium ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt. Ziel der Reform ist, klare gesetzliche Regelungen zu schaffen für Eltern, die sich weder für das klassische Residenz- noch für das symmetrische Wechselmodell (50:50) entscheiden. Also für Eltern, die ihre Kinder im sogenannten asymmetrischen Wechselmodell betreuen: Das Kind wohnt hauptsächlich bei einem Elternteil, der andere Elternteil übernimmt aber zwischen 30 und 49 Prozent der Betreuung.

Es soll dabei bleiben: Je mehr der mitbetreuende Elternteil verdient im Verhältnis zum hauptbetreuenden, desto mehr Unterhalt muss er zahlen. Neu ist: Wer sich bei der Betreuung mehr als 30 Prozent einbringt, muss weniger zahlen als bisher. Entscheidend ist die Anzahl der Übernachtungen der Kinder. Nach dem Eckpunktepapier wirkt es sich finanziell nicht aus, wenn der mitbetreuende Elternteil mehr als 33 Prozent an Betreuung übernimmt, da nur ein pauschaler Abschlag von einem Drittel beim Unterhalt vorgesehen ist. Die pauschale Kürzung des Unterhalts von 33 Prozent soll es für alle geben, die zwischen 30 und 49 Prozent der Betreuung übernehmen.  Auch wer 45 Prozent der Betreuung übernimmt, kann den Unterhalt nicht um 45 Prozent kürzen, sondern auch nur pauschal um 33 Prozent. Dadurch soll Streit zwischen den Eltern vermieden werden. 

Wichtig: Für Familien, die sich für das Residenzmodell entscheiden, soll sich durch die Unterhaltsreform nichts ändern. Auch für die Eltern, die sich die Betreuung teilen und sich für das Wechselmodell entschieden haben, gelten die bekannten Regelungen weiter.

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Wie vereinbart Ihr Euer individuelles Betreuungsmodell?

Ihr müsst nach der Trennung gemeinsam entscheiden, in welchem Familienumfeld Eure Kinder leben sollen und wie Ihr die Betreuung organisieren wollt. Das schafft Klarheit und Verlässlichkeit – sowohl im Hinblick darauf, wer sich in welchem Ausmaß um die Kinder kümmert und wer wie viel Unterhalt zahlt. Seid Ihr Euch einig, könnt Ihr Euch einen Gang zum Gericht und damit Kosten und Ärger sparen. Habt Ihr Euch für ein Modell entschieden, solltet Ihr das schriftlich festhalten. Da sich an den Lebensumständen schnell etwas ändern kann, reicht es, für ein Jahr Euer Betreuungsmodell festzulegen. 

So könnt Ihr die Betreuungsquoten ermitteln

Entscheidend ist die Zahl der Übernachtungen der Kinder. Es wird gezählt, wie viele Nächte das Kind bei welchem Elternteil verbringt. Die gesetzlichen Schulferien von 14 Wochen im Jahr werden grundsätzlich zwischen den Eltern zur Hälfte aufgeteilt. Das bedeutet: Jeder kümmert sich sieben Wochen lang um die Kinder. Das ergibt 49 Übernachtungen. 

Beispiel: Ines und Jakob haben einen gemeinsamen Sohn. Nach der Trennung übernachtet der Sohn im Wechsel bei Ines und Jakob. Bei Jakob verbringt er jedes zweite Wochenende von Freitag bis Sonntag und zwei Nächte in den jeweils dazwischen liegenden Wochen. 

Von den 52 Wochen des Jahres werden 14 Wochen für die Ferien abgezogen. Es bleiben 38 Wochen. An 19 Wochenenden übernachtet der Sohn bei Jakob von Freitag bis Sonntag, also insgesamt an 38 Tagen beziehungsweise Nächten. Zusätzlich verbringt er noch zwei Tage die Woche bei seinem Vater in den dazwischen liegenden Wochen. Das sind weitere 38 Nächte. Außerhalb der Ferien übernachtet der Sohn insgesamt an 76 Tagen bei Jakob. Rechnet man die 49 Übernachtungen in den Ferien hinzu, betreut Jakob seinen Sohn im Jahr an 125 Tagen. Bei Ines übernachtet der Sohn an 240 Tagen. Jakob betreut seinen Sohn damit zu 34 Prozent. Die beiden haben damit ein asymmetrisches Wechselmodell vereinbart.

Anhand der folgenden Tabelle könnt Ihr die unterschiedlichen Betreuungsquoten bei den Modellen ablesen:

BetreuungsmodellArbeitsalltag: 38 WochenFerien: 14 WochenBetreuungsquote
Residenzmodelljedes 2. Wochenende: 19 x 2 Nächte = 38 Nächte7 Wochen: 
7 x 7 Nächte = 49 Nächte
87 von 365 Nächten: 23,8 %
Wechselmodell (asymmetrisch)Jedes 2. Wochenende und 2 Nächte in der dazwischenliegenden Woche: 19 x 2 Nächte (WE) + 19 x 2 Nächte (W) =76 Nächte 7 Wochen: 
7 x 7 Nächte = 49 Nächte 
125 von 365 Nächten: 34,2 %
WechselmodellJede zweite Woche: 19 x 7 =133 Nächte7 Wochen: 
7 x 7 Nächte = 49 Nächte
182 Nächte von 365: rund 50 %

Quelle: Bundesjustizministerium, Anlage 1 Eckpunktepapier Unterhaltsreform (Stand: September 2023)

Nachdem Ihr Euch darauf geeinigt habt, wer in welchem Umfang die Kinder betreuen soll, könnt Ihr eine Vereinbarung aufsetzen. Darin legt Ihr Euer Betreuungsmodell fest und schreibt, an wie vielen Nächten die Kinder wo übernachten sollen.

Elternvereinbarung

Legt Euer individuelles Betreuungsmodell fest. Das schafft Klarheit und Verlässlichkeit. Ihr könnt dazu unsere Mustervereinbarung nutzen.

Zum Download

Wie berechnet Ihr, wer wie viel Unterhalt zahlt?

Habt Ihr Euch für das Residenzmodell entschieden, weil die Kinder von einem Elternteil zu weniger als 30 Prozent betreut werden können oder sollen, dann ergibt sich der Unterhalt nach dem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle. Wie viel tatsächlich an Barunterhalt monatlich zu zahlen ist, findet Ihr mit dem Ratgeber zur Düsseldorfer Tabelle heraus. 

Wenn jeder die Hälfte der Kinderbetreuung übernimmt, findet Ihr im Ratgeber zum Barunterhalt eine vereinfachte Beispielrechnung für den Unterhalt im symmetrischen Wechselmodell.

Habt Ihr Euch für ein asymmetrisches Wechselmodell entschieden, berechnet sich nach aktueller Rechtslage der Barunterhalt wie folgt: 

Beispiel: Kelly und Leo haben sich auf ein asymmetrisches Wechselmodell geeinigt. Sie haben einen Sohn, der zwölf Jahre alt ist. Er wohnt hauptsächlich bei Kelly; Leo betreut seinen Sohn an 146 Nächten (Betreuungsquote von 34 Prozent). Kelly verdient monatlich 2.200 Euro und Leo 3.000 Euro. 

Der Unterhalt wird vereinfacht in drei Schritten berechnet. Nach der Rechtsprechung ist es möglich, die Mitbetreuung zu berücksichtigen, indem bei der Berechnung des Unterhalts der Zahlende so behandelt wird, als ob er weniger verdienen würde. Er kann in der Einkommensgruppe nach der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft werden. Das steht im Ermessen des Gerichts (BGH, 12.03.2014, Az. XII ZB 234/13). 

Berechnung des Unterhalts bei asymmetrischem Wechselmodell

1. KindesbedarfLeo verdient mtl. 3.000 € (Unterhaltsstufe 4)Unterhalt nach Düsseldorfer Tabelle: 677 €
2. Abzug der Hälfte des Kindergelds677 € - (250 € / 2)mtl. Unterhalt: 552 €
3. Herabstufung wegen Mitbetreuung (mehr als 30 %)Leo wird so behandelt, als ob er zwischen 2.301 und 2.700 € verdienen würde (Unterhaltsstufe 3).Unterhalt nach Herabstufung: 647 €
4. Abzug der Hälfte des Kindergelds647 € - (250 € / 2)Unterhalt: 522 €

Leo zahlt monatlich 522 Euro an Kindesunterhalt. Die Mitbetreuung wirkt sich so aus, dass er monatlich 30 Euro weniger Barunterhalt zahlen muss. Würde er sich nicht um seinen Sohn kümmern, würde er monatlich 30 Euro mehr zahlen.

Neu: Nach der Unterhaltsreform soll es klare Vorgaben geben, wie sich die Mitbetreuung finanziell auf den Unterhalt auswirkt. Zudem sollen mitbetreuende Elternteile stärker als bisher entlastet werden. Die neue Berechnung soll nach dem Eckpunktepapier des Justizministeriums in sechs Schritten erfolgen.

  1. Kindesbedarf: Ihr ermittelt den Bedarf Eurer Kinder, indem Ihr Eure beiden Einkommen zusammenrechnet und nach dem Alter Eurer Kinder und der Unterhaltsgruppe den Unterhalt in der Düsseldorfer Tabelle ablest.
  2. Abzug Mehrbedarf: Wegen der Mitbetreuung zieht Ihr pauschal 15 Prozent vom Bedarf der Kinder ab. 
  3. Ermittlung der Haftungsanteile nach dem Einkommen beider Eltern: Jeder Elternteil darf den angemessenen Selbstbehalt in Höhe von 1.650 Euro von seinem Einkommen abziehen. Dann wird das jeweilige Einkommen ins Verhältnis zum Gesamteinkommen gesetzt und damit sein Haftungsanteil ermittelt.
  4. Abänderung des Haftungsanteils: Wegen der Betreuungsleistungen wird pauschal immer ein Drittel angesetzt, also 33 Prozent. Es kommt also nicht darauf an, ob der eine 31 Prozent oder 48 Prozent der Betreuungsleistungen übernimmt. 
  5. Berechnung: Der modifizierte Haftungsanteil wird mit dem angepassten Kindesbedarf aus Schritt 2 multipliziert.
  6. Kindergeld: Die Hälfte des Kindergelds wird vom Haftungsanteil abgezogen und zwischen den Eltern aufgeteilt.

Übertragen auf unser Beispiel mit Kelly und Leo würde das wie folgt aussehen. 

Berechnung nach der geplanten Unterhaltsreform

1. Kindesbedarf: Beide zusammen verdienen mtl. 5.200 €Düsseldorfer Tabelle: 941 €
2. Abzug MehrbedarfAbzug 15 % von 941 Euro (141,15 €)799,85 €
3. Ermittlung Haftungsanteil(3.000 € - 1.650 €) / (5.200 € -3.300 €)
Leo haftet für den Bedarf im Verhältnis 1.350 € /1.900 €
Haftungsanteil: 0,71 
4. Abänderung Haftungsanteil wegen Mitbetreuung(0,71 + 0,671)) / 2 
1,38 / 2
0,69
5. Berechnung0,69 x 799,85 €551,90 €
6. Unterhalt nach Abzug Kindergeld551,90 € - 125 €426,90 €

1) Der Betreuungsanteil von Leo wird pauschal mit 33 Prozent angesetzt. Er muss deshalb nicht den gesamten Barunterhalt zahlen (also 100 %), sondern weniger. Zum Haftungsanteil, der sich aus Schritt 3 ergeben hat, wird nur 0,67 addiert (100 % - 33 %). Das Ergebnis wird sodann halbiert. 
Quelle: Erläuterung Eckpunktepapier des BMJ (Stand: September 2023)

Statt monatlich 522 Euro müsste Leo nach der Unterhaltsreform nur noch 427 Euro zahlen. Er würde damit etwa 100 Euro im Monat sparen.

Ihr könnt den Unterhalt anhand der sechs Schritte selbst berechnen, um zu sehen, was die Reform finanziell für Euch bedeuten würde. Über die Unterhaltsreform und das entsprechende Gesetzgebungsverfahren halten wir Euch auf dem Laufenden. 

Euch hält übrigens nichts davon ab, den Unterhalt bereits jetzt nach dem neuen Modell aus der geplanten Unterhaltsreform zu vereinbaren. Die entsprechende Möglichkeit findet Ihr daher auch schon in unserem Muster für eine Elternvereinbarung.