Abfindung Arbeitslosengeld Volles Arbeitslosengeld nach Aufhebungsvertrag

Expertin Recht
Das Wichtigste in Kürze
Eine Abfindung, die Du durch einen Aufhebungsvertrag bekommst, wird nicht auf Dein Arbeitslosengeld angerechnet.
Scheidest Du mit Abfindung früher aus dem Job aus, ohne den Ablauf der Kündigungsfrist einzuhalten, dann ruht zunächst Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dadurch bekommst Du aber insgesamt nicht weniger Arbeitslosengeld. Denn der Beginn wird nur hinausgeschoben.
Bekommst Du zusätzlich noch eine Sperrzeit, weil Du zum Beispiel Deinen Job selbst aufgegeben hast, dann bekommst Du auch weniger Arbeitslosengeld. Die Anspruchsdauer verkürzt sich um die Sperrzeit.
So gehst Du vor
Achte beim Aufhebungsvertrag darauf, dass Dein Arbeitsverhältnis nicht früher endet als im Fall einer Kündigung. Sonst riskierst Du eine Sperrzeit.
Kläre mit der Agentur für Arbeit, ob und wie sich die Entlassungsentschädigung konkret auf Dein Arbeitslosengeld auswirkt.
Verhandelst Du gerade mit Deinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag samt Abfindung? Dann stellst Du Dir wahrscheinlich die Frage, ob Du direkt nach Beendigung Deines Jobs Arbeitslosengeld bekommst oder ob die Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird. Die Fragen sind wichtig, falls Du nicht sofort eine neue Stelle findest. Damit Du keine Probleme bekommst, findest Du die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Abfindung und Arbeitslosengeld schnell und einfach in diesem Ratgeber.
Trennst Du Dich von Deinem Arbeitgeber und bekommst laut Aufhebungsvertrag eine Abfindung, dann kann das Auswirkungen auf Dein Arbeitslosengeld haben. Auch wenn sich Dein Arbeitgeber umstrukturiert, dazu Mitarbeiter betriebsbedingt kündigt und Du deshalb laut Sozialplan eine Entlassungsentschädigung bekommst, kann die Zahlung sich auf Dein Arbeitslosengeld auswirken.
Aber: Abfindung und Entlassungsentschädigung werden nicht einfach auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Wie sich eine Entlassungsentschädigung genau auswirkt, erklären wir weiter unten. Wichtig ist zunächst immer die Frage, wann Du ausscheidest und ob dabei eine Frist beachtet wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht.
Wie lang Deine Kündigungsfrist ist, ergibt sich aus Deinem Arbeitsvertrag oder dem anwendbaren Tarifvertrag. Wenn dort keine Frist vereinbart wurde, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 622 BGB). Je nachdem, wie lange Du schon bei Deinem Arbeitgeber gearbeitet hast, liegt die gesetzliche Frist zwischen einem und sieben Monaten.
Es gibt auch unkündbare Arbeitnehmer. Das sind zum Beispiel Mitglieder des Personalrats oder des Betriebsrats, Datenschutzbeauftragte oder Beschäftigte im Mutterschutz oder in der Elternzeit. All diese Mitarbeiter sind für eine gewisse Zeit nicht kündbar. Unkündbarkeit ergibt sich aber auch oft aus einem Tarifvertrag.
Beispiel: Ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, der älter als 40 Jahre ist und mindestens 15 Jahre für seinen Arbeitgeber tätig war, ist unkündbar. Und zwar dauerhaft.
Trennt sich ein Arbeitgeber von einem solchen dauerhaft unkündbaren Mitarbeiter zum Beispiel durch einen Aufhebungsvertrag, dann tritt an die Stelle der ordentlichen Kündigungsfrist die im Gesetz genannte fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten (§ 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB).
Bietet Dir Dein Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag an, solltest Du auf jeden Fall eine Sperrzeit vermeiden. Denn dadurch bekommst Du insgesamt weniger Arbeitslosengeld, als Dir sonst zustünde. Unterschreibst Du einen Aufhebungsvertrag früher, als es bei Kündigung durch den Arbeitgeber geendet hätte, und gibst Du freiwillig Deinen Job auf, kann Dich die Arbeitsagentur sperren (§ 159 SGB III). Kannst Du allerdings nachweisen, dass Dich ansonsten Dein Arbeitgeber ohnehin betriebsbedingt gekündigt hätte, kann es anders aussehen. Wie Du eine Sperrzeit verhinderst, erklären wir ausführlich im Ratgeber Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
Endet Dein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, dann ruht Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der ursprünglichen Kündigungsfrist, längstens ein Jahr (§ 158 Abs. 2 SGB 3).
Ruhen bedeutet, dass sich der Zahlungsbeginn für das Arbeitslosengeld in die Zukunft verschiebt. Denn der Gesetzgeber möchte nicht, dass Du doppelt kassierst: Abfindung und Arbeitslosengeld. Der Anspruch auf das volle Arbeitslosengeld bleibt aber grundsätzlich erhalten – anders als bei einer Sperrzeit, bei der Dich die Arbeitsagentur dafür sanktioniert, dass Du Deinen Job freiwillig aufgegeben hast. Um diese Fälle geht es hier nicht.
Wie es sich auswirkt, wenn Du ohne Sperrzeit einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen hast und dabei die Kündigungsfrist nicht beachtet wurde, erklären wir anhand von zwei Beispielen:
Beispiel 1: Die Firma A-GmbH kann ihrem Mitarbeiter Bastian frühestens zum 30. September kündigen. Bastian vereinbart mit der Personalabteilung, dass bereits am 31. Juli Schluss sein soll. Zusätzlich soll Bastian zwei Gehälter als Abfindung bekommen. Eine Sperrzeit verhängt die Arbeitsagentur nicht. Folge: Bastian bekommt Arbeitslosengeld erst ab dem 1. Oktober, aber die Gesamtdauer, in der er Arbeitslosengeld bekommt, verkürzt sich nicht. Ist Bastian jünger als 50, gibt es höchstens zwölf Monate Arbeitslosengeld. Ist Bastian älter als 50, gibt es bis zu 24 Monate lang Geld.
Beispiel 2: Caro ist schwanger. Ihr Arbeitgeber bietet ihr aber einen sofortigen Aufhebungsvertrag samt Abfindung in Höhe von 8.000 Euro zum 31. Januar an. Eine Kündigung während der Schwangerschaft ist bis vier Monate nach der Geburt des Kindes nicht erlaubt. Das ist im Mutterschutzgesetz geregelt. Da die Kündigung nur zeitlich begrenzt ausgeschlossen ist, gilt für das Arbeitslosengeld die ordentliche Kündigungsfrist (§ 158 Abs. 1 Nr. 2 SGB 3). Die beträgt laut Caros Arbeitsvertrag vier Wochen zum Ende des Quartals. Frühestmöglicher Kündigungstermin wäre der 31. März. Diese Frist hat Caros Arbeitgeber nicht eingehalten. Folge: Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Arbeitslosengeld bekommt Caro erst ab dem 1. April.
Wichtig: Ruht Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld, bist Du durch die Agentur für Arbeit nicht sozialversichert, sie zahlt also weder Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung noch in die Rentenversicherung. Um Nachteile zu vermeiden, solltest Du Dich umgehend an Deine Krankenkasse wenden.
Wie lange Du kein Arbeitslosengeld bekommst, wenn die Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde, hängt von drei Kriterien ab:
der Höhe der Entlassungsentschädigung,
dem Alter des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin und
der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Im Ergebnis werden mindestens 25 Prozent und höchstens 60 Prozent der Entlassungsentschädigung oder Abfindung beim Arbeitslosengeld berücksichtigt (§ 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB 3). Je älter Du bist und je länger Du bei Deiner Firma tätig warst, desto geringer ist der Teil der Abfindung, der beim Arbeitslosengeld berücksichtigt wird und desto kürzer ruht der Anspruch. Um diese komplizierte Regel zu veranschaulichen zwei Beispiele:
Beispiel 1: Dirk ist 48 Jahre alt und war zwölf Jahre bei demselben Betrieb beschäftigt. Dirk schließt am 15. April einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis am 30. April endet. Hätte der Arbeitgeber die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten, wäre das Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni beendet worden. Er geht also drei Monate eher als er eigentlich müsste. Dirk bekommt 10.000 Euro Abfindung. In den letzten zwölf Monaten hat er monatlich 3.000 Euro brutto verdient.
Von der Abfindung sind nach der folgenden Tabelle nur 40 Prozent zu berücksichtigen, also 4.000 Euro, da er zehn und mehr Jahre zum Unternehmen gehörte und am Ende des Arbeitsverhältnisses älter als 45 Jahre war.
Zugehörigkeit zum Unternehmen | Alter am Ende des Arbeitsverhältnisses | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
unter 40 | ab 40 | ab 45 | ab 50 | ab 55 | ab 60 | |
10 und mehr Jahre | 50 % | 45 % | 40 % | 35 % | 30 % | 25 % |
Quelle: Finanztip-Recherche, § 158 Abs. 2 Satz 2 SGB 3 (Stand: Februar 2025)
Rechnet man das zuletzt verdiente Gehalt von 3.000 Euro auf einen Kalendertag herunter, ergibt sich ein Betrag von 98,63 Euro (3.000 Euro x 12 Monate : 365 Tage = 98,63 Euro). Der zu berücksichtigende Teil der Entlassungsentschädigung von Dirk sind aufgrund seines Alters und seiner Betriebszugehörigkeit nur 4.000 Euro – das sind nach dem Gesetz nur 40 Prozent von seiner Abfindung in Höhe von 10.000 Euro. Dieser Betrag von 4.000 Euro wird durch das kalendertägliche Arbeitsentgelt geteilt (4.000 Euro: 98,63 Euro = 40,55 Tage). Das ergibt 40 volle Kalendertage.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld von Dirk ruht daher ab dem 1. Mai für 40 Tage. Erst danach bekommt Dirk Arbeitslosengeld.
Anhand der folgenden Tabelle kannst Du selbst berechnen, welcher prozentuale Anteil der Abfindung in Abhängigkeit von Deinem Alter berücksichtigt wird und wie lange der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht.
Zugehörigkeit zum | Alter am Ende des Arbeitsverhältnisses | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
unter 40 | ab 40 | ab 45 | ab 50 | ab 55 | ab 60 | |
weniger als 5 Jahre | 60 % | 55 % | 50 % | 45 % | 40 % | 35 % |
5 und mehr Jahre | 55 % | 50 % | 45 % | 40 % | 35 % | 30 % |
10 und mehr Jahre | 50 % | 45 % | 40 % | 35 % | 30 % | 25 % |
15 und mehr Jahre | 45 % | 40 % | 35 % | 30 % | 25 % | 25 % |
20 und mehr Jahre | 40 % | 35 % | 30 % | 25 % | 25 % | 25 % |
25 und mehr Jahre | 35 % | 30 % | 25 % | 25 % | 25 % | 25 % |
30 und mehr Jahre | 30 % | 25 % | 25 % | 25 % | 25 % | 25 % |
35 und mehr Jahre | 25 % | 25 % | 25 % | 25 % | 25 % | 25 % |
Quelle: § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 SGB 3 (Stand: Februar 2025)
Du siehst: Es ist kompliziert zu berechnen, wie sich die Abfindung und das Alter des Betroffenen darauf auswirken, ab wann die Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld zahlt. Daher haben wir Dir noch ein weiteres ausführliches Beispiel zum besseren Verständnis aufgeschrieben.
Beispiel 2: Elke ist 55 Jahre alt und seit 14 Jahren bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Ihr Lohn pro Kalendertag betrug zuletzt 120 Euro brutto. Elke hat eine Abfindung in Höhe von 25.000 Euro erhalten. Im Gegenzug hat sie sich damit einverstanden erklärt, dass das Arbeitsverhältnis 90 Tage früher endet als bei Anwendung der ordentlichen Kündigungsfrist.
Eigentlich müsste der Arbeitslosengeldanspruch von Doris für die vollen 90 Tage ruhen – bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Die Abfindung wird aber nur zum Teil berücksichtigt:
Im ersten Schritt wird der Prozentsatz für die Anrechnung der Abfindung für Elke in der Tabelle abgelesen: 30 Prozent.
Zugehörigkeit zum Unternehmen | Alter am Ende des Arbeitsverhältnisses | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
unter 40 | ab 40 | ab 45 | ab 50 | ab 55 | ab 60 | |
10 und mehr Jahre | 50 % | 45 % | 40 % | 35 % | 30 % | 25 % |
Quelle: Finanztip-Recherche, § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 SGB 3 (Stand: Februar 2025)
Nur 30 Prozent von 25.000 Euro Abfindung darf die Agentur für Arbeit bei Elke berücksichtigen, also 7.500 Euro. Im nächsten Schritt wird berechnet, wie lange Elke hätte arbeiten müssen, um diesen Anrechnungsbetrag von 7.500 Euro zu verdienen. Bei 120 Euro brutto pro Kalendertag muss sie 62,5 Tage arbeiten, um den Anrechnungsbetrag zu erreichen. Statt 90 Tage ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld in diesem Beispielsfall bei Elke nur 62,5 Tage. Danach bekommt sie ihr reguläres Arbeitslosengeld.
Weitere Informationen zu den Auswirkungen der Entlassungsentschädigung auf den Arbeitslosengeldanspruch findest Du in den fachlichen Weisungen auf der Seite der Agentur für Arbeit. Auch das Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit zu den Entlassungsentschädigungen ist hilfreich.
Wenn die Abfindung in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbart wurde und der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt bereits Bürgergeld erhält, wird die Abfindung als Vermögen berücksichtigt. Die Abfindung verringert dann eventuell den Anspruch auf Sozialleistungen (BSG, 03.03.2009, Az. B 4 AS 47/08 R).
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