Erbe ausschlagen Wann es sich lohnt, ein Erbe auszuschlagen
Hast Du nur Schulden geerbt, solltest Du das Erbe ausschlagen. Dazu kannst Du unser Musterschreiben für eine Erbausschlagung nutzen.

Wenn es ums Erben geht, haben viele Menschen eine romantische Vorstellung: Nach dem Tod eines geliebten Angehörigen tun sich plötzlich ungeahnte Reichtümer auf – Häuser in bester Lage, teurer Schmuck und prall gefüllte Bankkonten für die Nachkommen. Doch in der Realität sieht das oft anders aus: Wer via Testament oder kraft gesetzlicher Erbfolge erbt, wird längst nicht immer reich. Denn manchmal hinterlässt der Verstorbene auch Schulden – oder baufällige Immobilien.
In solchen Fällen hast Du die Möglichkeit, das Erbe innerhalb einer Frist von sechs Wochen komplett auszuschlagen. Oder Du nutzt die Alternativen zur Begrenzung der Erbenhaftung.

Musterschreiben Erbe ausschlagen
von der Experten-Redaktion von Finanztip
Hast Du nur Schulden geerbt, solltest Du das Erbe ausschlagen. Dazu kannst Du unser Musterschreiben für eine Erbausschlagung nutzen.
Dann ist die Ausschlagung sinnvoll
Niemand ist dazu verpflichtet, ein Erbe anzutreten. Jeder hat die Möglichkeit, Nein zu der Hinterlassenschaft zu sagen. Das dient vor allem zum Schutz des Erben, denn er bekommt nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden des Verstorbenen – für die er mit seinem eigenen Privatvermögen haftet. Und das kann unter Umständen den finanziellen Ruin bedeuten.
Nachlass überschuldet - Nach dem Tod des Erblassers solltest Du Dir rasch einen genauen Überblick über dessen Vermögensverhältnisse und Schulden machen. Prüfe seine Konten, hole Erkundigungen bei Ämtern ein, durchforste die Papiere des Verstorbenen. Mache anschließend eine Liste, auf der Du das Vermögen den Schulden gegenüber stellst.
Zum Erbe gehören Bankguthaben, Wertpapiere, Wertgegenstände, Grundstücke und Immobilien. Aber auch Bestattungskosten, Kredite, Unterhaltsrückstände oder Pflichtteilsansprüche. Die Kosten für eine Testamentseröffnung oder eine Nachlassverwaltung können ebenfalls hinzukommen. Wenn sich abzeichnet, dass der Verstorbene mehr Soll als Haben hinterlassen hat, solltest Du die Erbschaft ausschlagen.
Sanierungsbedürftige Immobilie - Wenn Du beispielsweise ein Haus erbst, das alt ist und lange nicht renoviert wurde, solltest Du Dir genau überlegen, ob Du die Immobilie haben willst. Wenn Du das Erbe annimmst, musst Du auch für die Folgekosten (beispielsweise ein neues Dach, moderne Elektrik, eine energiesparende Heizung oder eine Altlasten-Entsorgung) aufkommen.
Prüfe also genau, ob Du Dir das leisten kannst. Wenn die Erb-Immobilie Deinen finanziellen Rahmen überschreitet, bleibt letztendlich oft nur noch der Verkauf. Und einen Käufer musst Du erstmal finden. Dass der Erlös dann entsprechend gering ausfällt, dürfte jedem klar sein.
Erbe verschuldet - Ist der Erbe selbst überschuldet, hat er spontan meist wenig Lust, den Nachlass seinen Gläubigern zukommen zu lassen. Verständlich, dass er zunächst darüber nachdenkt, das Erbe auszuschlagen. Seinen Anteil bekäme dann der nächste in der Erbfolge und nicht die Gläubiger. Trotzdem sollte man sich in dieser Situation bewusst machen, dass die Erbschaft auch die Chance auf einen Neustart sein kann. Schließlich können die Schulden (teilweise) mithilfe des Erbes getilgt werden.
Erbe ist in der Privatinsolvenz - Befindet sich der Erbe im Verfahren der Verbraucherinsolvenz, fällt eine Erbschaft in der Wohlverhaltensperiode zur Hälfte an den Insolvenzverwalter (§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Wenn Du das nicht möchtest, ist es möglich, das Erbe abzulehnen.

Musterschreiben Erbausschlagung
Hier kannst Du unser Musterschreiben für eine Erbausschlagung herunterladen:
Beim Ausschlag Form und Frist beachten
Wer ein Erbe ausschlägt, muss sich an bestimmte Vorschriften halten. Es reicht nicht aus, der Familie zu sagen, dass man nichts haben will oder sich einfach nicht zu rühren.
Form - Die Ausschlagungserklärung muss gegenüber dem Nachlassgericht entweder zur Niederschrift oder in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden (§ 1945 BGB). Ein einfacher Brief reicht nicht. Du kannst persönlich zum Nachlassgericht gehen und Dein Anliegen dort erklären. Der Rechtspfleger hält das schriftlich fest und gibt Dir die Aufzeichnung zur Unterschrift. Bringe die Sterbeurkunde am besten gleich mit.
Zuständig ist jeweils das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte. Lebst Du in einer anderen Stadt, kannst Du die Ausschlagungserklärung aber auch bei dem Nachlassgericht abgeben, dem Du selbst zugeteilt bist (§ 344 Abs. 7 FamFG).
In Baden-Württemberg gibt es eine Sonderregelung: Dort musst Du Dich an das staatliche Notariat wenden. Ist der Verstorbene Deutscher, hatte aber seinen Wohnsitz im Ausland, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg Dein Ansprechpartner.
Inhalt - Es empfiehlt sich, die Gründe für das Nicht-Antreten des Erbes anzugeben. Zum Beispiel kann dort stehen, dass die Hinterlassenschaft überwiegend aus Schulden besteht. Du kannst dazu dieses Muster verwenden oder einen Notar in Deinem Wohnort um Hilfe bitten.
Sechs-Wochen-Frist - Du hast nicht viel Zeit, sich für oder gegen die Erbschaft zu entscheiden. Wenn Du es nicht haben willst, muss die entsprechende Erklärung innerhalb von sechs Wochen beim zuständigen Nachlassgericht vorliegen (§ 1944 BGB). Sonst gilt das Erbe als angenommen.
Als Stichtag gilt dabei der Tag, an dem Du von der Erbschaft erfahren hast, was bei nahen Angehörigen meist mit dem Todestag zusammenfällt. Nur in Ausnahmefällen wird die Frist verlängert: Nämlich dann, wenn der Verstorbene im Ausland gelebt hat oder Du zum Zeitpunkt des Erbfalls selbst im Ausland warst.
Außerdem ist es so, dass das Nachlassgericht nicht in der Bringschuld ist. Du wirst nur dann angeschrieben, wenn es ein Testament gibt oder wenn Du als Erbe nachrückst, weil es bereits jemand anderes ausgeschlagen hat. Ansonsten geht das Gericht davon aus, dass Du selbst weißt, ob Du etwas erbst, wenn ein naher Verwandter gestorben ist.
Schlägst Du ein Erbe aus, gibt es auch keinen Pflichtteil
Das Wertpapierdepot nehmen und die sanierungsbedürftige Wohnung ablehnen? Das geht nicht! Du kannst immer nur das ganze Erbe ausschlagen. Dann bekommsst Du aber auch nicht den Pflichtteil, der Dir per Gesetz zusteht. Stattdessen rückt jemand anderes an Deine Stelle (§ 1953 BGB). Wer das ist, legt das Testament oder die gesetzliche Erbfolge fest.
Möchte niemand die Hinterlassenschaft haben, landet das überschuldete Erbe beim Staat. Er wird das Vermögen (sofern vorhanden) verwerten und damit vielleicht einen Teil der Schulden tilgen. Für den Rest haftet der Staat nicht. Die Gläubiger gehen folglich leer aus.
Das kostet eine Ausschlagung
Ist das Erbe überschuldet, kommst Du relativ günstig weg: Die Gebühr für die Ausschlagung beim Nachlassgericht beträgt pauschal 30 Euro (KV 21201 Nr. 7 GNotKG). Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Du ein Erbe ablehnst, das sich für Dich lohnt, fallen Kosten nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz an. Das Verfahren wird umso teurer, je höher der Nachlasswert ist (§ 103 Abs. 1 GNotKG).

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