Sonderkündigungsrechte So kommst Du aus langfristigen Verträgen raus
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Inhalt
Versicherungen, Energieverträge, Abos, Handy- und Internetverträge – all das sind in der Regel Verträge mit einer fest vereinbarten Laufzeit. Ärgerlich, wenn Du das Angebot nicht mehr nutzen kannst, zum Beispiel weil Du umziehen musst und deshalb nicht mehr in Deinem Fitnessstudio trainieren kannst. Oder wenn Dein Vertrag deutlich teurer wird. Das Gute: Oft kannst Du früher aussteigen, weil Du ein Sonderkündigungsrecht hast. Wie das funktioniert und worauf Du achten solltest, erfährst Du in diesem Ratgeber.
Du kannst Deinen Strom- und Gasliefervertrag, Dein Theaterabo oder Deine Versicherung nicht zu jeder Zeit beenden, wie es Dir gefällt. Bei allen langfristigen Verträgen gibt es ordentliche Kündigungsfristen oder sogar feste Laufzeiten, auf die sich beide Seiten verständigt haben. Das kann ungerecht sein, wenn Du zum Beispiel umziehen musst und der Vertrag über den DSL-Anschluss noch acht Monate läuft. Deshalb hast Du in einigen Fällen ein sogenanntes Sonderkündigungsrecht.
Langfristige Verträge oder Dauerschuldverhältnisse kannst Du aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder vor Ablauf der Vertragszeit kündigen. Allerdings nur wenn es für Dich unzumutbar ist, bis zum Ende der Kündigungsfrist oder der Laufzeit zu warten. Für ein Sonderkündigungsrecht gibt es zwei Auslöser: ein besonderes Ereignis oder eine einseitige Änderung des Vertrages (§ 314 Abs. 1 BGB).
Ernsthafte Erkrankungen oder Unfälle können solche besonderen Ereignisse sein. Einseitige Änderungen sind Preiserhöhungen, Erhöhungen eines vereinbarten Selbstbehalts oder Mieterhöhungen. Auch die Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zählt dazu.
Bei allen Beitragserhöhungen oder Erhöhungen des Selbstbehalts, bei denen sich nichts am Umfang des Versicherungsschutzes ändert, hast Du als Versicherungsnehmer grundsätzlich ein Sonderkündigungsrecht (§ 40 VVG). Dabei musst Du eine Kündigungsfrist von einem Monat beachten. Das gilt auch, wenn die Versicherung ihre Leistungen kürzt.
Auch wenn Du die Wechselphase im Herbst verpasst hast, kannst Du Deine Kfz-Versicherung kündigen. Erhöht der Autoversicherer den Beitrag in der Kfz-Haftpflicht, der Teilkasko oder Vollkasko für das kommende Jahr, ohne dass er zugleich die Leistungen verbessert, steht Dir ein Sonderkündigungsrecht zu. Das gilt auch dann, wenn der Beitrag wegen einer geänderten Typ- oder Regionalklasse steigt.
Verlangt die Autoversicherung nach einem Schaden einen höheren Beitrag, kannst Du ebenfalls kündigen. Gleiches gilt bei versteckten Beitragserhöhungen. Das kann der Fall sein, wenn etwa die Schadensfreiheitsklasse hochgestuft wird, ohne dass die Versicherung einen Schaden reguliert hat.
Bei einem Verkauf Deines Autos kannst Du ebenfalls den bestehenden Kfz-Versicherungsvertrag mit einem kurzen Schreiben an Deinen Versicherer beenden. Mehr Informationen dazu findest Du im Ratgeber Kfz-Versicherung kündigen.
Hat Deine Kasse den Zusatzbeitrag erhöht, kannst Du außerordentlich kündigen und zu einer anderen Krankenversicherung wechseln (§ 175 Abs. Abs. 4 Satz 6 SGB V).
2024 soll der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,6 Prozent auf 1,7 Prozent steigen.Erhöht Deine Krankenkasse zum Jahreswechsel, muss sie Dir das nicht wie sonst üblich per Brief mitteilen. Eine Info über die Beitragserhöhung auf der Kassen-Webseite oder im Mitgliedermagazin reicht aus. Du solltest deshalb besonders aufmerksam sein, um Dein Sonderkündigungsrecht nicht zu verpassen.
Unabhängig vom Sonderkündigungsrecht darfst Du die Krankenkasse nach zwölf Monaten Mitgliedschaft jederzeit wechseln, in einigen Fällen sogar früher. Alles Wichtige dazu erklären wir Dir in unserem Ratgeber zum Krankenkassenwechsel.
Bei Service, Zusatzleistungen und Beitrag gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Krankenkassen.
Von uns empfohlene Anbieter sind: HKK, TK, Audi BKK, HEK, Energie-BKK und Big direkt gesund.
Ausführliche Informationen findest Du in unserem passenden Ratgeber.
Bist Du angestellt und privat versichert und sinkt Dein Einkommen unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG), dann kannst Du außerordentlich kündigen und in die GKV wechseln. Das gilt allerdings nur, sofern Du nicht älter als 55 Jahre bist. Du kannst die Kündigung innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht rückwirkend aussprechen. Allerdings musst Du Deiner privaten Krankenkasse nachweisen, dass Du jetzt versicherungspflichtig bist – und zwar innerhalb von zwei Monaten, nachdem die PKV Dich dazu aufgefordert hat (§ 205 Abs. 2 VVG).
Strom- oder Gasverträge haben oft eine Mindestvertragslaufzeit und eine Kündigungsfrist. Der Kündigungstermin hat aber mittlerweile an Bedeutung verloren. Kündigst Du nicht rechtzeitig, verlängert sich wie bisher Dein Vertrag zwar automatisch, allerdings bei neuen Verträgen ab März 2022 nicht mehr um ein weiteres Jahr, sondern nur noch auf unbestimmte Zeit. Einen so verlängerten Vertrag kannst Du mit einer Frist von höchstens einem Monat kündigen. Es ist also nicht mehr dramatisch, wenn Du den Kündigungstermin verpasst hast. Worauf Du achten musst, erfährst Du in unseren Ratgebern Stromanbieter wechseln und Gasanbieter wechseln.
Wechseln kannst Du im Fall einer Preiserhöhung selbst dann, wenn Dein Vertrag eigentlich noch länger läuft. Dies gilt auch, wenn eine Preiserhöhung auf gestiegenen Steuern, Entgelten oder Umlagen beruht. Gibt der Energieanbieter aber lediglich eine höhere oder niedrigere Mehrwertsteuer an Dich weiter, muss er über diese Preisänderung nicht informieren und Dir steht auch kein Sonderkündigungsrecht zu (§ 41 Abs. 6 EnWG).
Der Lieferant muss Dich vorab über die höheren Preise informieren. In einem Sondervertrag gilt dafür eine Frist von einem Monat (§ 41 Abs. 5 EnWG), in der Grundversorgung von sechs Wochen (§ 5 Abs. 2 StromGVV). Was Du dabei beachten musst, liest Du in unserem Artikel Sonderkündigungsrecht Strom.
Wenn Du umziehst, hast Du ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht. Bedingung: Du informierst den Strom- oder Gasanbieter mindestens sechs Wochen vorher.
Noch mehr sparen mit Finanztip Deals!
200 € Neukundenbonus für die Eröffnung eines Wertpapierdepots, kostenlose Zeitschriften im Jahresabo und Bahntickets zum Super-Sparpreis. Solche und andere heiße Deals findest Du in unserem Schnäppchen-Portal.
DSL-, Kabel- und Telefonverträge sehen im Regelfall Vertragslaufzeiten zwischen zwölf bis 24 Monaten vor (§ 56 Abs. 1 TKG). Du kannst einen Vertrag, der sich nach Ablauf der Mindestlaufzeit verlängert hat, jederzeit mit einer Frist von einem Monat kündigen.
Ein Umzug während der Laufzeit des Vertrages allein ist noch kein Kündigungsgrund. Falls Du umziehst, muss Dein Anbieter die vertraglich vereinbarte Leistung auch am neuen Wohnort erbringen (§ 60 Abs. 1 TKG). Kann er das nicht, weil das Unternehmen die Leistung am neuen Wohnsitz nicht anbietet, hast Du ein Sonderkündigungsrecht (§ 60 Abs. 2 TKG). Du darfst dann mit einer Frist von einem Monat kündigen.
Kündigt Dein Anbieter eine Preiserhöhung während der Vertragslaufzeit an, hast Du ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht (§ 57 TKG). Du kannst dann innerhalb von drei Monaten außerordentlich kündigen, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne zusätzliche Kosten. Beendet ist der Vertrag jedoch frühestens ab dem Zeitpunkt, zu dem die Vertragsänderung auch wirksam wird.
Mit dem Finanztip-Handyrechner findest Du besonders verbraucherfreundliche Mobilfunktarife.
Vergleichsrechner: Finanztip-Handy-Tarifrechner
Beste Allnet-Flats: Smart XL (1 Monat) mit 8 GB von Otelo (Vodafone), Allnet Flat 5 GB - 1 Monat von web.de Mobilfunk (1&1), Prepaid Smart mit 10 GB von Ja!Mobil (Telekom)
Auch bei einem Mietvertrag kann es Sonderkündigungsrechte für Mieter geben. Damit kannst Du einen Zeitmietvertrag vorzeitig beenden oder die Kündigungsfrist von drei Monaten, die Du bei einem unbefristeten Mietvertrag zu beachten hast, verkürzen.
Erhöht Dein Vermieter die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete oder nach einer Modernisierung, hast Du im Gegenzug ein Sonderkündigungsrecht (§ 561 BGB). Innerhalb einer Überlegungsfrist von zwei Monaten kannst Du prüfen, ob die Mieterhöhung gerechtfertigt ist und ob Du überhaupt noch in der Wohnung bleiben willst. Hast Du dich dagegen entschieden, kannst Du mit einer Frist von zwei Monaten kündigen. Die angekündigte Mieterhöhung gilt dann nicht. Was Du außerdem wissen solltest, liest Du in unserem Ratgeber Mieterhöhung.
Kündigt Dein Vermieter an, dass er die Wohnung modernisieren will, musst Du diese Arbeiten zwar hinnehmen, hast aber auch das Recht, das Mietverhältnis zu beenden (§ 555e BGB).
Unter bestimmten Voraussetzungen hast Du das Recht, für Deine Wohnung einen Untermieter zu suchen. Dazu brauchst Du aber die Erlaubnis des Vermieters. Der muss zustimmen, wenn Du als Mieter ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hast. Lehnt der Vermieter Deine Anfrage ab, steht Dir ein Sonderkündigungsrecht zu (§ 540 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mehr Informationen findest Du in unserem Ratgeber Untermiete.
Da ein Mietverhältnis nicht mit dem Tod des Mieters endet, steht den Erben ein Sonderkündigungsrecht zu. Das ermöglicht eine Kündigung innerhalb eines Monats nach dem Tod des Mieters (§ 564 Satz 2 BGB). Die gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten müssen auch die Erben beachten. Dieses Kündigungsrecht hat Bedeutung bei Mietverträgen, die für eine feste Dauer geschlossen sind, sogenannte Zeitmietverträge. So haben die Erben die Möglichkeit, den Vertrag vorzeitig zu beenden und müssen nicht bis Ablauf des Mietvertrags zahlen.
Auch Baufinanzierungen haben meist lange Laufzeiten. Nach zehn Jahren Laufzeit kannst Du Deine Baufinanzierung ordentlich kündigen und eventuell umschulden (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Das gilt auch, wenn Du eine längere Zinsbindung als zehn Jahre vereinbart hast. Dein aktueller Kreditgeber darf Dir bei einer ordentlichen Kündigung keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen.
Eine Sonderkündigung vor Ablauf der zehn Jahre ist nur dann zulässig, wenn der Kreditnehmer die Immobilie verkaufen muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob das aus privaten Gründen geschieht oder wegen eines beruflichen Umzugs. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Allerdings hat die Bank dann Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung (§ 490 Abs. 2 Satz 3 BGB). Wie diese berechnet wird, steht nicht im Gesetz. Die Rechtsprechung hat dazu Leitlinien festgelegt und diese auch wiederholt bestätigt (BGH, 01.07.1997, Az. XI ZR 197/96). Mehr Informationen dazu findest Du in unserem Ratgeber Vorfälligkeitsentschädigung überprüfen.
Wer im Fitnessstudio Sport treibt, hat meist einen Vertrag mit einer Laufzeit von zwölf oder gar 24 Monaten abgeschlossen. In dieser Zeit kann aber viel passieren. Möglicherweise wirst Du krank, hast keine Zeit mehr oder musst wegen des Jobs in eine andere Stadt ziehen. Den Vertrag kannst Du wegen eines Umzugs dennoch nicht ohne Weiteres kündigen (BGH, 04.05.2016, Az. XII ZR 62/15). Das gilt auch für den Fall, dass Du aus beruflichen oder familiären Gründen umgezogen bist.
Es lohnt sich aber, zu verhandeln. Womöglich entlässt Dich das Studio früher aus dem Vertrag. Kundenfreundliche Verträge erlauben eine Kündigung auch bei Umzug an einen anderen Wohnort, falls sich keine Filiale des Studios dort in der Nähe befindet.
Anders sieht es aus, wenn das Fitnessstudio umzieht und Du deshalb einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen musst. Dann darfst Du den Vertrag außerordentlich kündigen (AG Brandenburg, 15.10.2015, Az. 34 C 5/15).
Wirst Du ernsthaft krank und kannst deshalb keinen Sport mehr machen, kannst Du den Vertrag vorzeitig beenden. Deine Sportuntauglichkeit muss allerdings ein Arzt per Attest bestätigen. Konkrete Angaben, an welcher Krankheit Du leidest, sind nicht notwendig (BGH, 08.02.2012, Az. XII ZR 42/10).
Aber nicht bei jeder Krankheit kannst Du aus wichtigem Grund kündigen. Es kommt auf den Einzelfall an. Bei einem Meniskusschaden hielt etwa das Amtsgericht Hamburg die Kündigung für unzulässig (20.11.1998, Az. 4 C 411/97), in einem anderen Fall konnte der Verbraucher, der unter einer chronischen Depression litt, den Vertrag vorzeitig beenden (AG Geldern, 20.03.2006, Az. 4 C 428/05). Auch eine Schwangerschaft kann eine vorzeitige Kündigung rechtfertigen (BGH, 04.05.2016, Az. XII ZR 62/15).
* Was der Stern bedeutet:
Finanztip ist kein gewöhnliches Unternehmen, sondern gehört zu 100 Prozent zur gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.
Wir wollen mit unseren Empfehlungen möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig die für sie richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).
Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links jedoch anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion ausführlich analysiert und empfohlen wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.
Für uns als gemeinwohlorientiertes Unternehmen hat es natürlich keinen Einfluss auf die Empfehlungen, ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Dich als Verbraucher ist.
Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.
Klickst Du auf eine Empfehlung mit *, unterstützt das unsere Arbeit. Finanztip bekommt dann eine Vergütung. Empfehlungen sind aufwändig recherchiert und basieren auf den strengen Kriterien der Finanztip-Expertenredaktion. Mehr Infos