Altersvorsorgedepot Riester 2.0: So funktioniert das neue staatlich geförderte ETF-Sparen
Finanztip-Experte für Vorsorge
Aktuell: Der folgende Ratgeber basiert auf Programmen und den aktuellen Reformplänen der amtierenden Bundesregierung. Bitte beachte, dass sich diese Inhalte kurzfristig ändern können, da die Ampel-Koalition gescheitert ist. Dies könnte auch die Umsetzung der geplanten Reformen und Programme beeinträchtigen oder gefährden. Sobald sich etwas ändern sollte, informieren wir Dich in unserem Newsletter, unserer App und in diesem Ratgeber.
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Inhalt
Nach über 20 Jahren sollte die private Altersvorsorge in Deutschland reformiert werden. Das Herzstück der Pläne der Bundesregierung war ein Altersvorsorgedepot. Damit sollte das staatlich geförderte Konzept Riester weiterentwickelt werden.
Es sieht derzeit so aus, als würde die Reform nach dem Ende der Ampel-Koalition nicht umgesetzt werden. Wir erklären Dir in diesem Ratgeber, wie das Prinzip funktionieren sollte und wie die Förderung geplant war. Es ist möglich, dass eine zukünftige Regierung Teile davon übernimmt.
Das Altersvorsorgedepot ist eine Weiterentwicklung und Vereinfachung der bisherigen Riester-Rente. Als Teil der Reform der privaten Altersvorsorge befindet es sich aktuell im Gesetzgebungsprozess.
Grundsätzlich unterteilt sich das Sparen für die private Altersvorsorge in zwei Teile: In der Einzahl- oder Ansparphase investierst Du – meist während Deines Arbeitslebens – einen bestimmten Betrag und erwirtschaftest mit der Anlage eine Rendite. In der Entspar- oder Auszahlphase bekommst Du dann Geld ausgezahlt, zum Beispiel monatlich in Deinem Ruhestand. Mit einem Altersvorsorgedepot wirst Du die Möglichkeit haben, privat Geld für den Ruhestand anzusparen. Zusätzlich bekommst Du dabei eine Förderung vom Staat. Und für viele Verbraucher wird sie im Vergleich zum vorherigen Riester-Konzept eine Verbesserung sein.
Die Basis für das Altersvorsorgedepot ist ein vom Staat zertifiziertes Wertpapierdepot, das Du voraussichtlich ab 2026 bei einer Vielzahl von Anbietern eröffnen kannst. Im Altersvorsorgedepot wirst Du in verschiedene Wertpapiere oder Fonds investieren können.
Finanztip empfiehlt, in Deinem Altersvorsorgedepot einen Sparplan – zum Beispiel monatlich oder jährlich – auf einen weltweiten ETF einzurichten. ETF steht für Exchange Traded Fund und ist eine kostengünstige Möglichkeit, breit gestreut in Aktien von vielen Unternehmen gleichzeitig zu investieren. Klassische Beispiele für ETFs, auch passive Fonds genannt, sind der MSCI World oder der FTSE All-World.
Für Einsteiger: Wie ein Depot grundsätzlich funktioniert, liest Du in unserem Ratgeber zum Wertpapierdepot. Wenn Du mehr über Fonds erfahren willst und wissen möchtest, warum wir weltweite Aktien-ETFs als langfristige Anlage für die Altersvorsorge empfehlen, lies in unserem Ratgeber zum Thema ETF weiter.
Die Bundesregierung plant, die Reform der privaten Altersvorsorge Anfang 2025 umzusetzen und in ein Gesetz zu überführen. Das Altersvorsorgedepot ist ein Teil der Reform.
Seit Anfang Oktober 2024 liegt der Gesetzesentwurf des Bundesfinanzministeriums vor, über den SPD, FDP und Grüne derzeit diskutieren. Ob der Zeitplan eingehalten werden kann, hängt davon ab, wie viel Gesprächsbedarf es bei dem Thema innerhalb der Ampel-Koalition noch gibt.
Ein Altersvorsorgedepot anbieten, das sollen unterschiedliche Unternehmen können, beispielsweise Banken, Versicherer, Fondsgesellschaften, Depotanbieter und Neo-Broker. Abschließbar sollen die Altersvorsorgedepots dann ab dem 1. Januar 2026 sein.
Da es eine neue Produktart mit einigen Vorgaben ist, müssen die Anbieter die Depots zunächst auf Basis des Gesetzes entwickeln. Anschließend steht noch der Zertifizierungsprozess durch die Bundesaufsicht für Finanzen (Bafin) an. Es ist also nicht gesagt, dass bereits zum Jahreswechsel 2026 alle Anbieter ihre neuen Produkte auf den Markt bringen können.
Für das Altersvorsorgedepot und auch für die neuen staatlich geförderten Garantieprodukte wird es laut dem Gesetzesentwurf ein komplett überarbeitetes Zulagensystem geben.
Das Grundprinzip: Du zahlst Geld in ein spezielles Altersvorsorge-Produkt ein, beispielsweise mit einem ETF-Sparplan in Dein Altersvorsorgedepot. Der Staat unterstützt Dich dabei. Das kann auf drei verschieden Arten geschehen:
Die Zulagen gibt es pro Jahr und sie sind abhängig davon, wie viel Geld Du in Dein Depot in dem jeweiligen Jahr einzahlst. Für jeden eingezahlten Euro erhältst Du 20 Cent Grundzulage vom Staat. Die maximale Grundzulage pro Jahr beträgt dabei 600 Euro.
Laut dem aktuellen Entwurf liegt die Höchstgrenze für Deine jährlichen Einzahlungen von 2026 bis 2029 bei 3.000 Euro. Das entspricht 250 Euro pro Monat. Ab 2030 steigt die maximale Einzahlungshöhe auf 3.500 Euro. Das sind circa 292 Euro pro Monat. Der Mindestbeitrag liegt bei 120 Euro pro Jahr, also zehn Euro pro Monat.
Darüber hinaus gibt es Kinderzulagen für Eltern. Für jedes kindergeldberechtigte Kind, das Deinem Vertrag zugeordnet ist, bekommst Du zusätzlich 25 Cent pro eingezahltem Euro. Das Maximum pro Jahr beträgt hier 300 Euro pro Kind.
Beispiel: Amie hat in einem Jahr 2000 Euro in ihr Altersvorsorgedepot eingezahlt. Dafür erhält sie 400 Euro Grundzulage. Da sie ein Kind hat, bekommt Sie noch einmal 300 Euro Kinderzulage dazu, ergibt insgesamt 700 Euro Zulage. In ihren Vertrag fließen also 2700 Euro.
Quelle: Finanztip, Stand: 2024
Je nachdem, wie viel Du einzahlst und wie viel Zulage Du vom Staat bekommst, fließt unterschiedlich viel Geld in Dein Altersvorsorgedepot. Das zeigen wir Dir anhand der folgenden Beispiele.
Auch Amies Brüder, Albert und Johannes, eröffnen ein Altersvorsorgedepot und zahlen jedes Jahr Beiträge ein. Albert als alleinerziehender Vater von zwei Kids etwas weniger, Johannes als Berufstätiger ohne Kinder etwas mehr.
Die Tabelle zeigt, wie viel Geld bei wem im Depot landet und wie hoch die Förderquote jeweils ist. Das ist das Verhältnis der jährlichen Förderung vom Staat zu Deinen eigenen Einzahlungen.
Zulagen und Förderquoten nach Einzahlungshöhe
Albert | Amie | Johannes | |
Einzahlungen p.a. | 1.000 € | 2.000 € | 3.000 € |
Grundzulage | 200 € | 400 € | 600 € |
Kinderzulage 1 | 250 € | 300 € | - |
Kinderzulage 2 | 250 € | - | - |
Summe im Depot | 1.700 € | 2.700 € | 3.600 € |
Förderquote | 70 % | 35 % | 20 % |
Quelle: eigene Berechnungen, Stand: 2024
Die Höhe der Zulagen ist für Albert, Amie und Johannes mit 600 beziehungsweise 700 Euro pro Jahr recht ähnlich. Die Förderquote unterscheidet sich allerdings deutlich.
Grundsätzlich gilt: Je mehr Du ins Altersvorsorgedepot einzahlen kannst, desto besser für Deine spätere Zusatzrente. Bei Johannes, der das Maximum einzahlt, kann sich über die Jahre bis zum Ruhestand am meisten Geld entwickeln. Doch auch, wenn Du wie Albert oder Amie nicht so viel sparen kannst, sorgt die hohe Zulagenförderung dafür, dass deutlich mehr Geld in Dein Depot fließt als beim Anlegen ohne Förderung.
Junge Menschen, die vor dem 25. Geburtstag mit dem Altersvorsorgedepot starten, erhalten drei Jahre lang noch jeweils 200 Euro in ihr Depot. Insgesamt also 600 Euro Bonus.
Für Geringverdiener mit einem Bruttojahreseinkommen von bis zu 26.250 Euro gibt es darüber hinaus noch weitere 175 Euro pro Jahr in den Vertrag.
Dein Altersvorsorgedepot wird vom Staat unter Umständen auch steuerlich gefördert. In Deiner Steuererklärung gibst Du an, wie viel Geld im vergangenen Jahr in Dein Altersvorsorgedepot geflossen ist. Dazu addierst Du Deine Einzahlungen und die erhaltenen Zulagen und bekommst als Summe den Wert heraus, den Du bei der Steuer angeben kannst.
Im obigen Beispiel bekommt Amie bei 2.000 Euro Einzahlung 700 Euro Zulage. Sie kann also 2.700 Euro bei der Steuer angeben. Angenommen, Amie hat einen Grenzsteuersatz von 33 Prozent, dann beträgt ihre theoretische Steuererstattung rund 900 Euro. Nun folgt im nächsten Schritt die Günstigerprüfung.
Wie auch bei der bisherigen Riester-Förderung gibt es im neuen Fördersystem eine Günstigerprüfung. Dabei vergleichen Finanzamt und Zulagenstelle Deine Zulagenhöhe und Deine berechnete Steuerersparnis miteinander.
Fall A: Deine Zulagen sind höher als Deine Steuerersparnis
In diesem Fall bekommst Du die Zulagen in den Vertrag gezahlt. Das geschieht in der ersten Hälfte des Folgejahres. Darüber hinaus erhältst Du kein Geld über die Steuer zurück, denn die Zulagen sind für Dich der bessere – sprich günstigere – Förderweg.
Fall B: Deine Zulagen sind niedriger als Deine Steuerersparnis
Auch in diesem Fall bekommst Du die Zulagen in den Vertrag gezahlt. Darüber hinaus erhältst Du noch die Differenz zwischen Deiner Zulagenhöhe und der berechneten Steuerersparnis. Allerdings wird diese nicht in Dein Altersvorsorgedepot gezahlt, sondern mit Deinen Steuern verrechnet. Sie verringert also entweder die Summe, die Du an Steuern zahlen musst, oder sie erhöht Deine Steuerrückerstattung.
Schauen wir uns zum besseren Verständnis noch einmal unser Beispiel an. Amie bekommt 700 Euro Zulagen, das ist weniger als ihre errechnete Steuerersparnis in Höhe von 900 Euro. Dementsprechend erhält sie zusätzlich die Differenz der beiden Werte, also 200 Euro. So wird sichergestellt, dass sie die insgesamt höchstmögliche Förderung bekommt, die ihr zusteht – nämlich 900 Euro.
Fall C: Sollten beide Werte exakt gleich sein, erhältst Du nur die Zulagen.
Ob es wie im bisherigen Riester-System die Möglichkeit geben wird, auf die Zulagen komplett zu verzichten und die gesamte Förderung über die Steuerersparnis zu erhalten, ist aktuell noch nicht klar.
Im Gegensatz zu einem normalen Depot, das Du komplett frei gestalten und aus dem Du Dir auch jederzeit Geld auszahlen lassen kannst, wird es beim Altersvorsorgedepot ein paar Vorgaben geben. Damit möchte der Staat sicherstellen, dass Dir Dein Altersvorsorgedepot und die Förderung auch wirklich dabei helfen, Deine Rentenlücke zu schließen.
Während Du bei einem klassischen Depot jeden bei Deinem Anbieter angebotenen Fonds beziehungsweise jedes verfügbare Wertpapier kaufen und besparen kannst, soll es beim Altersvorsorgedepot Beschränkungen geben. Geld anlegen können, wirst Du laut dem Gesetzesentwurf grundsätzlich nur in Fonds, Anleihen oder Einzelaktien. Sie müssen allerdings bestimmte Bedingungen erfüllen.
Bei Fonds wird die Risiko-Einstufung auf Basis der sieben Risikoklassen des Synthetic Risk Reward Indicator (SRRI) vorgenommen. Im Altersvorsorgedepot sollen Fonds der Risikokategorie eins bis fünf von insgesamt sieben erlaubt sein. Je höher die Zahl, desto höher die Volatilität, also die Schwankungsbreite des Fonds. Welchen Risikoindikator ein bestimmter Fonds hat, kannst Du dem Produktinformationsblatt, auch Fact Sheet genannt, entnehmen.
Einzelaktien sollen im Altersvorsorgedepot ebenfalls erlaubt sein. Allerdings nur, wenn sie in der EU oder im europäischen Wirtschaftsraum gehandelt werden können. Darüber hinaus wirst Du in Anleihen investieren können, die von EU-Staaten sowie von deutschen Ländern oder Gemeinden ausgegeben werden.
Nicht erlaubt sein werden laut dem Gesetzesentwurf unter anderem Zertifikate und Kryptowährungen sowie andere komplexe und spekulative Wertpapiere. Diese wirst Du nicht in Deinem Altersvorsorgedepot besparen können.
Jeder Anbieter wird darüber hinaus verpflichtet sein, ein Referenzdepot anzubieten. Es soll zwei vorausgewählte Fonds beinhalten, die Du zusammen als Anlage für Dein Altersvorsorgedepot auswählen können wirst. Gedacht ist das Referenzdepot für Einsteiger oder Aktien-Neulinge, die sich noch nicht selbst zutrauen, eine Anlageentscheidung zu treffen.
Wenn Du regelmäßig Finanztip liest und unseren Newsletter verfolgst, weißt Du bereits, dass langfristiges Anlegen am Aktienmarkt kein Hexenwerk ist. Am besten eignet sich dafür ein weltweit gestreuter Aktien-ETF auf den MSCI World. Einen solchen gibt es bei allen großen Fondsanbietern, zun Beispiel bei iShares, Vanguard und xTrackers. In unserem ETF-Finder kannst Du darüber hinaus nach verschiedenen Kriterien filtern, die Dir bei der Auswahl Deines ETF besonders wichtig sind.
Das Referenzdepot ist vom Grundsatz her etwas defensiver und nicht komplett auf Aktien ausgelegt. Es soll neben einem Fonds der Risikokategorie drei bis fünf auch einen Fonds der Kategorie eins oder zwei beinhalten. Zudem gibt es für das Referenzdepot im Gesetzesentwurf bestimmte Vorgaben, wie der Anbieter Dein Guthaben ab einem gewissen Zeitpunkt vor dem angedachten Rentenbeginn aufteilen muss. Wir bei Finanztip empfehlen Dir aber, Dein Altersvorsorgedepot selbst zu gestalten. So bist Du frei in Deiner Depotzusammensetzung.
Wie Dein Guthaben im Altersvorsorgedepot ist auch die Förderung für Deinen Ruhestand gedacht. Dementsprechend darfst Du die Zulagen und Steuerersparnisse nur behalten, wenn Du das Geld aus dem Depot auch wirklich erst ab einem Alter von 65 Jahren beziehungsweise Deinem Renteneintritt schrittweise entnimmst. Du kannst Dir das Geld zwar auch vorher komplett oder teilweise auszahlen lassen. Das nennt sich förderschädliche Verwendung. In diesem Fall musst Du allerdings alle erhaltenen Zulagen und auch eventuell darüber hinaus gewährte Steuerersparnisse zurückzahlen. Die Gewinne, die aus der Anlage der Zulagen entstanden sind, darfst Du dabei aber behalten.
Mit Deinem Altersvorsorgedepot wirst Du innerhalb der Ansparphase beliebig oft zu einem anderen Anbieter wechseln können. Zum Beispiel, wenn ein günstigeres Produkt auf den Markt kommt. Innerhalb der ersten fünf Jahre des Vertrags kostet der Wechsel Geld. Maximal dürfen die Unternehmen dafür 150 Euro verlangen. Läuft Dein Vertrag bereits fünf Jahre oder länger, soll der Wechsel kostenfrei sein.
Beim Wechsel eines klassischen Depots hingegen dürfen Anbieter für den Depotübertrag keine Gebühren verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof 2004 entschieden (Az. XI ZR 200/03).
Wie früher bei Riesterverträgen wirst Du das Guthaben Deines Altersvorsorgedepots grundsätzlich auch für Deine eigene Immobilie verwenden können. Eine solche wohnwirtschaftliche Entnahme gilt nicht als förderschädliche Verwendung. Das heißt, Du musst in diesem Fall keine Steuerersparnisse und/oder Zulagen zurückzahlen. Allerdings wird diese Option nicht mehr in jedem Vertrag automatisch eingeschlossen sein. Die Anbieter können zukünftig entscheiden, ob sie diese Möglichkeit in ihr Produkt aufnehmen wollen oder nicht.
Als wohnwirtschaftliche Entnahme gelten übrigens nicht nur der Kauf oder Bau einer Immobilie, sondern Du kannst das Geld aus Deinem Altersvorsorgedepot auch für energetische Sanierungen oder altersgerechten Umbau verwenden.
Mit der Reform der privaten Altersvorsorge werden sich die Bedingungen für wohnwirtschaftliche Entnahmen deutlich verbessern. Unter anderem wirst Du flexibler bei der Entnahmehöhe und Du musst nachgelagert weniger Steuern zahlen.
Welche Möglichkeiten es aktuell bei der Verwendung Deines Riester-Guthabens für Dein Eigenheim gibt und wie die neuen Regelungen konkret lauten sollen, liest Du in unserem Ratgeber zum Thema Wohnriester.
Gegenüber Deinem klassischen ETF-Depot wird das Altersvorsorgedepot ein paar große Vorteile haben. So sollst Du dort beispielsweise beliebig oft verändern können, wie Du Dein Geld anlegst. Denn das Shiften, also das Umschichten Deines Guthabens von einem Fonds in einen anderen, soll komplett steuerfrei sein. Beim klassischen Depot musst Du beim Umschichten neben Kauf- und Verkaufsgebühren auch Steuern auf die Gewinne zahlen.
Im Altersvorsorgedepot wirst Du einen Teil Deines Guthabens daher zum Beispiel in den letzten Jahren vor Deinem Ruhestand in einen Geldmarktfonds umschichten können, ohne Steuern zu zahlen. Hast Du mehrere Fonds in Deinem Altersvorsorgedepot, kannst Du in der Ansparphase auch steuerfreies Rebalancing betreiben.
Rebalancing beschreibt den Prozess, eine bestimmte Gewichtung von mehreren Anlagen, beispielsweise zwei Fonds mit je 50 Prozent des Gesamtguthabens, regelmäßig wiederherzustellen. Das machst Du durch turnusmäßiges Verkaufen von Fondsanteilen, die sich gut entwickelt haben und den Kauf von Fondsanteilen, die sich weniger gut entwickelt haben.
Ein weiterer Vorteil des Altersvorsorgedepots wird sein, dass Du während Der Laufzeit keine Steuer auf die Vorabpauschale zahlen musst. Dadurch entwickelt sich Dein Geld besser als in einem klassischen ETF-Depot bei gleicher Rendite. Noch mehr macht allerdings die Wertentwicklung aus, die Du auf die staatlichen Zulagen bekommst.
Ebenfalls einen nennenswerten Einfluss auf die Wertentwicklung Deines Geldes haben die Zulagen vom Staat. Sie erhöhen Deinen Depotwert, daher machst Du bei positiver Rendite mehr Gewinn. Über die Jahre kommt da ordentlich etwas zusammen. Vor allem, da der Vorteil aufgrund des Zinseszins-Effekts stetig größer wird. In Deinem Altersvorsorgedepot vermehrt sich Dein Geld also schneller als in einem klassischen Depot.
Johannes, der Berufstätige ohne Kids aus unserem Beispiel, zahlt 3.000 Euro pro Jahr in sein Altersvorsorgedepot ein. Dafür bekommt er vom Staat 600 Euro Zulage in sein Depot. Aufgrund der Steuerersparnis, für die wir einen Grenzsteuersatz von 35 Prozent annehmen, beträgt seine effektive Einzahlung 2.340 Euro pro Jahr. Das entspricht 195 Euro pro Monat. Da er noch etwas mehr für seinen Ruhestand vorsorgen möchte, zahlt Johannes die gleiche Summe auch in sein klassisches ETF-Depot ein.
Über das Geld in seinem Altersvorsorgedepot möchte Johannes im Ruhestand frei verfügen können – wie beim klassischen ETF-Depot. Daher nehmen wir an, dass er sein Altersvorsorgedepot kurz vor Rentenbeginn förderschädlich kündigt. Er zahlt also alle Zulagen und Steuerersparnisse zurück.
Die folgende Grafik zeigt die Netto-Entwicklung der beiden Depots bei sechs Prozent Rendite p.a. im Zeitverlauf. Im Altersvorsorgedepot von Johannes liegen nach 30 Jahren nach Abzug von Steuern circa 25.000 Euro mehr als in seinem klassischen Depot. Und das, obwohl er die gesamte staatliche Förderung zurückgezahlt hat. Grund dafür sind die zusätzliche Rendite auf die Zulagen, die nicht anfallenden Steuern auf die Vorabpauschale und der Zinseszins-Effekt als Verstärker der beiden Vorteile.
Quelle: eigene Berechnungen, Stand: 2024
Laut dem Gesetzesentwurf hast Du für die Auszahlung des Depot-Guthabens folgende Möglichkeiten:
Ab dem 65. Geburtstag kannst Du in die Auszahlphase Deines Vertrags wechseln. Beziehst Du schon vorher eine gesetzliche Altersrente oder eine Beamten-Pension, darfst Du auch schon früher in die Auszahlphase gehen.
Zu Beginn der Auszahlphase hast Du einmalig die Option, bis zu 30 Prozent Deines Depotwerts auf einen Schlag zu entnehmen. Das heißt Teilkapitalisierung und geht bei beiden Auszahl-Varianten. Die Einmalzahlung musst Du ganz normal als Einkommen versteuern. Solltest Du in dem Jahr noch gearbeitet haben, ist es meist sinnvoll, die Auszahlung der Summe beim Übergang in die Auszahlphase auf den 1. Januar des Folgejahres zu legen. So erhältst Du Arbeitslohn und die Einmalzahlung nicht im selben Jahr und zahlst daher weniger Steuern.
Auch auf die monatlichen Auszahlungen im Ruhestand musst Du Steuern zahlen. Du versteuerst sie ganz normal als Einkommen, egal welche der beiden Varianten Du wählst.
Ein Beispiel: Amar hat zum Wechsel in die Auszahlphase mit 67 Jahren 300.000 Euro in seinem Depot. Er entnimmt als Teilkapitalisierung einmalig 30 Prozent des Depotwertes, also 90.000 Euro. Die verbleibenden 210.000 Euro werden dann auf 18 Jahre, also 216 Monate aufgeteilt. Dabei nehmen wir an, dass sich das Kapital durch die Anlage beim Anbieter im Ruhestand weiterhin mit drei Prozent pro Jahr verzinst. Amar bekommt dann brutto jeden Monat rund 1.252 Euro bis er 85 Jahre alt ist.
Die genauen Konditionen der Auszahlphase werden bei jedem Anbieter und Produkt unterschiedlich sein. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Unternehmen auch spezielle Finanzprodukte nur für die Auszahlphase anbieten dürfen. Insofern wird es sinnvoll sein, vor dem Übergang in die Auszahlungsphase noch einmal über einen Anbieterwechsel nachzudenken. Zu gegebener Zeit findest Du bei uns einen Vergleich der besten Angebote, sodass Du Dir das für Dich passende Auszahlprodukt raussuchen kannst.
Merret hat wie Amar 300.000 Euro im Depot und entnimmt 90.000 Euro zu Beginn ihres Ruhestands mit 67 Jahren als Einmalzahlung. Sie entscheidet sich für die lebenslange Verrentung der verbleibenden 210.000 Euro. Bei einem Rentenfaktor von 35 würde Merret monatlich 735 Euro Bruttorente erhalten. Beträgt der Rentenfaktor ihres Vertrags allerdings nur 30, startet sie mit 630 Euro. Liegt er bei 25, sind es nur 525 Euro im ersten Monat.
Für die beiden schlechteren Rentenfaktoren haben wir einen leichten Anstieg der Rente mit einberechnet. Denn der Versicherer kann Merrets Guthaben über den Verlauf des Ruhestandes anlegen und damit Rendite erwirtschaften. Beim höheren Rentenfaktor von 35 ist diese Entwicklung aus unserer Sicht bereits vom Anbieter eingeplant, daher nehmen wir hier keine Steigerung an.
In allen drei Fällen erhält Merret monatlich deutlich weniger Geld als Amar. Mit seinem Auszahlplan bekommt er rund 1.252 Euro brutto. Allerdings enden Amars Auszahlungen, wenn er 85 ist. Merrets Zahlungen laufen weiter, bis sie stirbt. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Auszahlungen über die Jahre im Ruhestand.
Quelle: eigene Berechnungen, Stand: 2024
Bei einem Rentenfaktor von 30 übersteigen Merrets gesamte Auszahlungen nach 27 Jahren die kumulierten Auszahlungen, die Amar bekommen hat. Sie ist dann 94 Jahre alt. Bei einem Rentenfaktor von 25 müsste sie 95 Jahre alt werden, um mehr Geld ausgezahlt zu bekommen als Amar. Bei einem Rentenfaktor von 35 erreicht Merret erst mit 97 Jahren die Höhe von Amars Auszahlungen, die er bis 85 erhalten hat. Hierbei ist die Inflation aber nicht berücksichtigt. Die folgende Grafik zeigt, wie sich die Gesamtsumme der Auszahlungen entwickelt.
Quelle: eigene Berechnungen, Stand: 2024
Unsere Beispielrechnung ist lediglich eine grobe Orientierung. Wie genau die Anbieter die lebenslange Rentenzahlung gestalten werden, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar.
Doch schon am Beispiel wird ersichtlich: Ob die lebenslange Rente eine echte Alternative zum Auszahlplan darstellt, wird auf die konkrete Gestaltung der neuen Produkte und darüber hinaus auf die individuellen Konditionen der Verträge ankommen. Vor allem auf den Rentenfaktor, die Rendite und die Kosten im Ruhestand. Welche Auszahlvariante für Dich besser ist, hängt aber nicht nur von der letztlichen Höhe der Auszahlungen ab, sondern auch von Deinen Präferenzen und Deinem Gesundheitszustand.
Optional wird es bei der lebenslangen Rente auch die Möglichkeit geben, Deine Familie abzusichern – zumindest ein bisschen. Die Unternehmen dürfen als Zusatzbaustein eine Rentengarantiezeit von zehn Jahren anbieten. Das bedeutet: Du kannst Dich für eine etwas niedrigere Rente entscheiden. Dafür wird sie die ersten zehn Jahre nach Übergang in die Auszahlphase aber garantiert ausgezahlt. Also auch, wenn Du bereits verstorben bist. Sie geht dann an Deine Hinterbliebenen.
Neben Banken, Fondsgesellschaften und Neobrokern werden auch Versicherer Altersvorsorgedepots anbieten können. Aber Achtung: Das sind keine echten Depots. Die Versicherer verpacken die Fonds in einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Dieser Versicherungsmantel ist im Vergleich sehr teuer und war in der Vergangenheit selten eine gute Wahl.
Wie bei allen anderen Lebens- oder Rentenversicherungen musst Du bei solchen Produkten Provisionen in Form von Abschlusskosten zahlen. Dazu kommen noch jährliche Verwaltungskosten, die bei einem solchen Versicherungsvertrag deutlich teurer sind als bei einem Depot.
Im Kern wird allerdings nichts anderes stecken als bei einem echten Altersvorsorgedepot. Und Garantien gibt es weder bei den Versicherungsverträgen noch den anderen Altersvorsorgedepot-Produkten. Selbst die Besteuerung – ein Aspekt, der Rentenversicherungen und Depots in anderen Bereichen unterscheidet – soll beim Altersvorsorgedepot identisch sein. Daher raten wir davon ab, Altersvorsorgedepots bei Versicherern abzuschließen.
Wenn Du bereits einen bestehenden Riester-Vertrag hast, wirst Du die Möglichkeit bekommen, ins neue Fördersystem zu wechseln. Zum Beispiel in das neue Altersvorsorgedepot.
Der Wechsel des Anbieters kostet unter Umständen Geld. Maximal dürfen die Anbieter für den Prozess 150 Euro verlangen. Hast Du Deinen Riester-Vertrag schon fünf Jahre oder länger, soll der Wechselvorgang an sich kostenfrei sein. Es können dennoch Kosten entstehen, zum Beispiel wenn Du Dich für einen neuen Versicherungsvertrag entscheidest. Für diesen musst Du Verwaltungskosten und Abschlusskosten, also Provisionen an den Vermittler, zahlen.
Wir bei Finanztip erwarten, dass viele Versicherer und Versicherungsvermittler die Reform und die damit einhergehenden Änderungen nutzen werden, um Dich zu einem Wechsel in einen neuen Vertrag zu bewegen. Denn damit verdienen sie ihr Geld. Und zwar unabhängig davon, ob der neue Vertrag und das neue Fördersystem für Dich besser oder schlechter sind als bisher. Sei daher bei zukünftigen Änderungsvorschlägen besonders auf der Hut und informiere Dich selbst.
Ob Du wechseln solltest – und wenn ja, in welches Modell – hängt von vielen Faktoren ab. Wie die neuen Produkte konzipiert sein werden und was sie kosten, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Auch relevant ist, welche Konditionen Dein alter Vertrag hat und wie gut er bisher gelaufen ist.
Das neue Fördersystem scheint auf den ersten Blick eher ein Modell für Gut- und Besserverdiener zu sein. Ob es sich trotzdem auch für Geringverdiener lohnen wird, in das neue System zu wechseln, kommt auf Deine individuelle Situation an. Für bestimmte Personen wird es nach unserer Einschätzung des Gesetzesvorschlags besser sein, im alten System zu bleiben. Deinen alten Riester-Vertrag kannst Du natürlich behalten. Nur neue Verträge im alten Fördersystem wirst Du ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr abschließen können.
Zum Altersvorsorgedepot und zu allen anderen Entwicklungen im Zuge der Reform halten wir Dich selbstverständlich bei Finanztip auf dem Laufenden – unter anderem über unseren Newsletter und unsere Finanztip-App.
Wenn Du bisher noch keine eigene private Altersvorsorge hast, warte nicht auf die Reform der Bundesregierung, sondern starte schon jetzt mit Deinem Vermögensaufbau für den Ruhestand. Denn jedes Jahr zählt. Alle Infos zum Loslegen findest Du in unserem Ratgeber zum ETF-Sparen.